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Lenbach, Franz Seraph von

Bildnis Ignaz von Döllinger

Entstehungsjahr 1888
Technik Öl auf Leinwand
Maße 120,5 x 86,5 cm
Münchener-Nr. 11073
Linz-Nr. 638
Lost Art-ID 218920
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Der Maler Franz von Lenbach lebte in der Zeit von 1836 bis 1904 und zählte zu den beliebtesten und erfolgreichsten Porträtmalern seiner Zeit. Das Gemälde zeigt einen der führenden Kirchenhistoriker, Ignaz von Döllinger, der von1799 bis 1890 lebte und in den Jahren 1874 bis 1888 von Lenbach mehrfach porträtiert wurde[1]. Döllinger veröffentlichte eine Vielzahl von Arbeiten zur altkatholischen Kirchengeschichte. Aufgrund seiner konservativen katholischen Einstellung hat Döllinger das vom Papst aufgestellte Unfehlbarkeitsdogma nicht anerkannt und wurde deshalb exkommuniziert.

Das Gemälde ist mit "F. Lenbach 1888" signiert und datiert.

Provenienz

Zeittafel
1904im Nachlass des Malers Franz von Lenbach
1941Ankauf Galerie Almas, München
1941Deutsches Reich, "Sonderauftrag Linz"

Die Ermittlungen der Treuhandverwaltung von Kulturgut in München ergaben, dass das Gemälde von der Münchener Kunsthändlerin Frau Almas- Dietrich angekauft worden war.1 Der Höhe der Inventarisierungsnummer (Linz-Nummer) nach zu urteilen gelangte das es zu Beginn des Jahres 1939 in das Eigentum des Deutschen Reiches. Anlässlich einer Befragung zur Herkunft des von ihr verkauften Gemälde sagte sie am 14.08.1951 aus, dass sie dieses Gemälde von der Witwe des Künstlers erworben hätte. Frau Charlotte (Lolo) von Lenbach lebte von1861 bis 1941.

Zur Provenienz wurde erneut ermittelt. In einer Publikation von R. Oldenbourg und H. Uhde-Bernays 2 , ist das Porträt von Döllinger (oder eine Wiederholung) abgebildet. Der Eigentümer des abgebildeten Gemäldes ist dort nicht genannt worden.[3]

Im Katalog der Münchener Lenbach Ausstellung von 1905 ist das in Rede stehenden Gemälde abgebildet. Eigentümer des ausgestellten Gemäldes war Prof. Dr. Alfred Pringsheim, Mathematikprofessor und Kunstmäzen jüdischer Abstammung. Er wohnte mit seiner Ehefrau der Schauspielerin Hedwig Dohm in München in der Nähe der Lenbach-Villa. Prof. Pringsheim besaß auch Portraits, die Lenbach von seiner Frau und seiner Tochter angefertigt hatte.

Prof. Pringsheim und seine Ehefrau waren jüdischer Abstammung und zählten zum Personenkreis der durch die Nationalsozialisten aus rassistischen Gründen NS-Verfolgten. Zur Bezahlung der diskriminierenden Sonderabgaben waren sie gezwungen ihre wertvolle Majolika-Sammlung in London versteigern zu lassen. Es gelang Ihnen in die Schweiz zu emigrieren. Im November 1938 wurde die Kunstsammlung Pringsheim, bestehend aus 121 Einzelstücken beschlagnahmt. Das in Rede stehende Gemälde war laut einer Aufstellung der Gegenstände jedoch nicht darunter. Es war vermutlich schon vorher verkauft worden. Die Erbengemeinschaft nach dem Ehepaar Pringsheim hatte mittels Anträgen auf Rückerstattung einige Kunstwerke der Sammlung Pringsheim, die im CCP auffindbar waren zurückerhalten. Die Rückerstattung des Gemäldes "Bildnis Ignaz von Döllinger" war nicht beansprucht worden. Andere Vermögensverluste wurden nach dem Bundesrückerstattungsgesetz entschädigt.

Es konnte bislang nicht ermittelt werden, wann und auf welche Weise Prof. Pringsheim das Eigentum an dem in Rede stehenden Gemälde verloren hat. Aus einer Anfrage des Thomas -Mann- Förderkreises München e.V. aus dem Jahre 2007 ergibt sich, dass dort zu dem Verbleib der Gemälde aus der Sammlung Pringsheim - den Schwiegereltern des Schriftstellers Thomas Mann - geforscht wird. Zusätzliche Angaben zur Provenienz wurden bislang nicht bekannt. Jedoch konnte ermittelt werden, dass ein weiteres Lenbach - Gemälde "Dame mit Federhut" (Hedwig Dohm) aus dem früheren Eigentum Pringsheim, das für den Sonderauftrag Linz erworben wurde nach 1945 irrtümlicher Weise an Österreich restituiert wurde. Es ist dann in der "Mauerbach- Auktion" verkauft worden.

Maria Almas, geborene Dietrich, geboren am 28. Juni 1892 in München, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München. 1921 heiratete sie Ali Almàs-Diamant, türkischer Staatsbürger, und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebte sie von ihm getrennt und ließ sich 1937 scheiden. Sie behielt aber den Namen Almas für ihre Galerie. Nach ihren Angaben lernte sie 1936 Heinrich Hoffmann, den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen die ersten Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Sie wurde eine der aktivsten Personen im Kunsthandel, die für die Nationalsozialisten tätig waren. Maria Almas-Dietrich verkaufte zwischen 1936 und 1944 mindestens 270 Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet.4

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft.

Stand: 2009

Die Provenienz des Gemäldes wird aktuell erneut überprüft (2024).

1 BVA Archiv, vgl. property card München-Nummer 11179.

2 Die Autoren bedanken sich für die Freigabe der Bildrechte für konkret genannte Bilder bei verschiedenen Verlagen. Das in Rede stehende Gemälde ist dort nicht aufgeführt.

3 Sonja Mehl, heute Dr. Sonja von Baranow, "Franz von Lenbach in der Städtischen Galerie München, München 1980.

4 NARA, RG 260, 519, Box 445.

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