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Cranach der Ältere, Lukas

Adam und Eva im Paradiese (Der Sündenfall)

Entstehungsjahr 1527
Technik Öl auf Holz
Maße 86,5 x 58,5 cm
Münchener-Nr. 5807
Linz-Nr. Keine
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Lucas Cranach d.Ä. (1472-1553) ist der Hauptmeister der „sächsischen-mitteldeutschen Schule“. Er ist der Begründer eines außerordentlich erfolgreichen Stils und Werkstattbetriebs sowie einer Künstlerdynastie, deren Dauer und Wirksamkeit über mehrere Generationen in der Epoche ohne Parallele ist.1 Nach mutmaßlicher Wanderschaft arbeitete Cranach ca. 1495-1498 in der Werkstatt seines Vaters. Im Jahre 1504 wurde er als Nachfolger von Jacopo de’Barbari zum Hofmaler des kursächsischen Herzogs, Friedrich III. des Weisen, berufen. Im darauf folgenden Jahr eröffnete er eine Werkstatt in Wittenberg. Neben religiösen Themen traten ab 1509 auch profane hinzu. Weitreichende künstlerische und persönliche Folgen hatte für Cranach die Reformation ab 1517. Er wurde nicht nur zum Porträtist Luthers, dem er auch persönlich verbunden war, sondern auch als Bildschöpfer im Rahmen der (eher bilderfeindlichen) reformatorischen Lehre zu einem Protagonisten der protestantischen Bewegung und zum Begründer der protestantischen Ikonographie.

In Bundesbesitz befinden sich 17 Gemälde, die von Lukas Cranach d.Ä. oder seiner Werkstatt gefertigt wurden.

Dargestellt ist hier die biblische Szene, in der Eva Adam den Paradiesapfel reicht und damit den Sündenfall begeht. Links neben Adam sind ein Hirsch und eine Hirschkuh sowie zwei Rebhühner dargestellt. Im rechten Bildfeld sind ein Löwe und Hasen gezeigt. Hinterfangen wird die Szene von einem dichten Wald. Das Gemälde ist mit der Flügelschlange, dem Markenzeichen Cranachs, unten rechts auf dem Stein vor dem Hasen signiert und darunter mit dem Jahr 1527 datiert.2

Provenienz

Zeittafel
Sammlung Rudolph Chillingworth
5. September 1922Aus der Sammlung Chillingworth durch Fischer, Luzern, und Muller, Amsterdam, für 10.000 (Franken?) verkauft (Lot 43)
1932Breslauer Privatsammlung 
5. Januar 1942Galerie Neupert, Zürich, für sfrs. 39.600 an Galerie Fischer, Luzern
6. Juli 1943Von dort für sfrs. 37.500 an Hermann Göring verkauft, inventarisiert mit RM 1157

Die TVK München ermittelte, dass die Holztafel am 5. Januar 1942 von der Züricher Galerie Neupert für sfrs 39.600 geliefert wurde.3 Am 6. Juli 1943 sei die Tafel „(angeblich von Fischer, Luzern)“ für sfrs 37.500 in den Besitz von Herman Göring gelangt.4 Die Mitarbeiter der TVK äußerten ihre Bedenken, indem sie die Aussage mit einem „angeblich“ versahen. Die erneuten Recherchen konnten diese Unsicherheit klären.

Im Einzelnen ergaben sie folgendes:5 Der "Göring-Vorkriegskartei" kann entnommen werden, dass das Gemälde signiert und mit dem Jahr 1527 auf dem Stein rechts unten im Bild datiert ist.6 Ebendort ist weiter zu entnehmen, dass die Tafel am 5. Januar 1942 für sfrs 39.600 über Frau Hofer, Berlin, durch die Galerie Neupert, Zürich, an Göring verkauft wurde. Die Inventarnummer lautet RM (= Reichsmarschall) 1157. Ferner findet sich dort der Hinweis auf das Werkverzeichnis von Friedländer, in dem das Bild erwähnt wird.7

In der umfangreichen Publikation von Nancy Yeide über die Gemälde der Sammlung Göring ist zu erfahren, dass die Cranach-Tafel tatsächlich 1942 von Neupert zunächst an Fischer verkauft wurde. Und Fischer verkaufte das Gemälde am 6. Juli 1943 für sfrs 37.500 an Göring.8

Friedländer vertritt die Auffassung, dass das Werk um 1527 entstanden ist.9 Als Provenienz der Tafel gibt er an, dass sie sich zum Zeitpunkt der Drucklegung des Werkverzeichnisses, also 1932, in Breslauer Privatbesitz befunden habe. Als weitere Provenienz nennt der Kunsthistoriker die am 5. September 1922 stattgefundene Versteigung der Sammlung Chillingworth in Luzern. Es handelt sich hierbei um die gemeinsam durchgeführte Auktion von Theodor Fischer, Luzern, und Frederik Muller, Amsterdam, in der das besagte Gemälde mit der Katalognummer 43 zur Versteigerung kam.10 Im Auktionskatalog findet sich kein Hinweis auf den Vorbesitzer, wohl aber die Schätz- und Zuschlagspreise. Diese sind mit 4.000 und 10.000 angegeben. Da die Auktion in Luzern stattfand, handelt es sich bei der Währung um Franken. In der Beschreibung des Gemäldes im Katalog ist erwähnt, dass die Schlange, das Zeichen Cranachs (les ailes dressées [die aufgestellten Flügel (mgl. auch: die angelegten Flügel]), und das Jahr 1527 (le dernier chiffre est indistinct [die letzte Zahl ist undeutlich]) auf dem Gemälde gemalt sind.

Der Besitzer des Gemäldes in Breslau konnte nicht ermittelt werden, da auch weitere Werkverzeichnisse über Lucas Cranach d. Ä. nur die Besitzangabe Friedländers zitieren. Obwohl Friedländer unter der Katalognummer 166b keine Maße angegeben hat, kann festgehalten werden, dass es sich um das Cranach-Gemälde in heutigem Bundesbesitz handelt, da die Tafel im Auktionskatalog von 1922 sowohl mit Maßen als auch mit Abbildung angegeben worden ist.

In dem nach Ende des Krieges gefertigten Göring Report gab Andreas Hofer, der für die Erwerbungen von Kunstwerken für Görings Sammlung zuständige Kunsthistoriker, an, das Werk in der Züricher Galerie Neupert zu einem wesentlich höheren Preis gesehen zu haben.11 Dort ist vermerkt, dass es im Jahre 1942 für einen Preis von 35.000 (Franken?) angekauft worden ist. Der Göring-Vorkriegskartei kann – wie oben bereits erwähnt – entnommen werden, dass das Bild am 5. Januar 1942 von der Galerie Neupert durch Vermittlung von Frau Hofer für sfrs 39.600 verkauft worden ist.12 Im Inventarverzeichnis der Sammlung Göring von 1945 ist die Holztafel zusammen mit einer weiteren Cranach-Tafel mit demselben Thema vermerkt.13 Aufgrund der Maßangaben kann das heute in Bundesbesitz befindliche Objekt eindeutig nachgewiesen werden.14 Nicht geklärt werden konnte jedoch, aus welchem Vorbesitz Göring die Cranach-Tafel erworben hat. Ebenso bleibt ungeklärt, wer sich hinter dem Breslauer Privatsammler verbarg.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor. Ein NS-verfolgungsbedingter Verkauf kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2008

1 Vgl. im Folgenden Saur 1999, Bd. 22, S. 169-170.
2 Dies kann dem Restaurierungsbericht des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums im Jahre 1968 entnommen werden.
3 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 5807. Eine weitere auf der Karteikarte vermerkte Inventarnummer lautet B’gaden 759.
4 Ebd.
5 Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV von Facts & Files, Berlin, durchgeführt.
6 Inventar und Fotografien der Kunstwerke aus der "Sammlung Göring", so genannte Göring-Vorkriegskartei. Vgl. BArch B 323, Nr. 57.
7 Friedländer, Rosenberg 1932, Kat.Nr. 166b.
8 Yeide 2009, S. 379, Kat.Nr. A1170. Als Quelle nennt Yeide ebd. Cooper Papers, Box 43, Getty Research Institute and Limberger arrival list for 12 January 1942. NARA/RG260/Box 440. Recorded in Direction Generale des Études et Recherches (DGER), ètat analytique de documents concernant diverses tractations des bureaux de Goering en matière d’oeuvres d’art, RG239, Records of the Roberts Commission, M1944, reel 89.
9 Für das Folgende vgl. ebd., S. 60.
10 Auk.kat. Catalogue de la Collection Chillingworth. Tableaux anciens, Galerie Fischer, Luzern, Frederick Muller, Amsterdam, 5.9.1922, Kat.Nr. 43.
11 Consolidated Interrogation Report Nr. 2: The Goering Collection", Bericht von Th. Rousseau, Office of Strategic Services - Art Looting Investigation Unit, vom 15. Sept. 1945 nebst Anhängen ("Göring-Report"), S. 112, Nr. 9. Vgl. BArch, B 323, Nr. 70.
12 BArch, B 323, Nr. 57.
13 Inventory of Görings’s Art Collection vom 4.8.1945. Abgedruckt bei Haase 2000, S. 276 und S. 294.
14 Ebd., S. 294.

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