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Menzel, Adolph von

Kavalier im Renaissance-Kostüm mit Umhang, Spitzenkragen und Degen

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Bleistift auf Papier
Maße 17,0 x 11,0 cm
Münchener-Nr. 9297
Linz-Nr. 2502
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Adolph von Menzel (1815–1905) war ein deutscher Maler, Zeichner und Grafiker.[1]

Die Bleistiftzeichnung zeigt eine männliche Person im Renaissancekostüm im Dreiviertelprofil nach rechts. Der Dargestellte trägt einen Spitzenkragen und Degen sowie einen Mantel über seinem linken Arm.

Das Werk ist unten rechts signiert „A. M.“, jedoch nicht datiert.

Die Rückseite weist keine Provenienzhinweise auf.

Ein Werkverzeichnis der Zeichnungen des Künstlers konnte nicht ermittelt werden.

[1] Für weitere Informationen zum Künstler siehe: Ulrich Thieme/Felix Becker (Hgg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 23/24, Leipzig 1999, S. 400ff. und Jens Christian Jensen, Menzel, Adolph von, in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 102–104 [Online-Version], URL: www.deutsche-biographie.de/pnd118580914.html#ndbcontent  [Abruf: 24.10.2018].

Provenienz

Chronologie der Provenienz
(…)Ungeklärt
Spätestens ab 18.08.1942–13.11.1942Prof. Dr. Guido Kern (1878–1953) und Dr. Franziska Kern (?–?), Berlin, Erwerbsweg ungeklärt
Ab 13.11.1942Deutsches Reich („Sonderauftrag Linz“), Ankauf über Galerie Almas, München
Ab 15.10.1945Amerikanische Militärregierung, Central Collecting Point München, Sicherstellung
Seit 1949Bundesrepublik Deutschland, Übergang gemäß Art. 134 GG

Spätestens ab dem 18. August 1942 befand sich die Zeichnung im Besitz von Prof. Dr. Guido Joseph Kern (1878–1953) und seiner Ehefrau Dr. Franziska Kern (?–?), geborene Müller.[1] Guido Kern war ein deutscher Kunsthistoriker, Maler und Grafiker.[2] Er studierte Kunstgeschichte an den Universitäten in München, Leipzig und Berlin.[3] Zugleich absolvierte Guido Kern eine künstlerische Ausbildung, unter anderem an der Leipziger Akademie für Graphische Künste und der Technischen Hochschule Berlin. Im Jahre 1904 wurde er zum Dr. phil. promoviert und begann ein Volontariat am Wallraf-Richartz-Museum in Köln. Ein Jahr später erfolgte der Wechsel an die Berliner Nationalgalerie, wo er unter Hugo von Tschudi (1851–1911) zunächst als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter und ab 1913 als Kustos tätig war. Als Ludwig Justi (1876–1957) im Jahre 1909 die Leitung des Hauses übernahm, kam es wiederholt zu Streitigkeiten zwischen ihm und Guido Kern, sodass dieser im Jahre 1923 aus dem Staatsdienst entlassen wurde. Der Grund für die andauernden Konflikte war Guido Kerns ablehnende Haltung gegenüber modernen Tendenzen in der Kunst. Im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ war er später zusammen mit der staatlichen Beschlagnahmekommission an der Durchführung von Beschlagnahmungen in Museen in Chemnitz, Bautzen, Dresden, Halle an der Saale sowie Soest  beteiligt. Zudem trat er in den 1920er und 30er Jahren wiederholt als Kunsthändler in Erscheinung, obwohl er im „Dritten Reich“ nicht als Kunsthändler registriert war. Unterlagen der Galerie Heinemann belegen Angebote sowie Verkäufe von Werken durch Guido Kern, wobei nicht bekannt ist, ob diese aus seiner eigenen Kunstsammlung stammten. Als Experte für Karl Blechen (1798–1840) war Guido Kern auch als Gutachter für die Werke des Künstlers tätig. Er legte zahlreiche Publikationen zu Blechen vor. Bereits 1911 veröffentlichte Guido Kern eine Standardmonografie zum Künstler.[4] Zugleich beriet er die Stadt Cottbus beim Aufbau einer eigenen Blechen-Sammlung. Im Jahre 1921 richtete Guido Kern in Zusammenarbeit mit dem Künstler Max Liebermann (1847–1935)  eine große Blechen-Schau in der Berliner Akademie aus. Zudem traten sie als Herausgeber des Kataloges zur Ausstellung „Adolf Menzel. 50 Zeichnungen, Pastelle und Aquarelle aus dem Besitz der Nationalgalerie“ auf, die ebenfalls im Jahre 1921 in Berlin stattfand.[5]

Zu einem unbekannten Zeitpunkt übernahm die Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich (1892–1971), geborene Dietrich, das Werk aus der Sammlung Kern als Kommissionsware zum Zwecke des Verkaufs.[6] Laut Property Card des Central Collecting Point München bot sie es am 18. August 1942 dem Deutschen Reich zum Erwerb an.[7]

Almas-Dietrich, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.[8] Im Jahre 1921 heiratete sie den türkischen Staatsbürger Ali Almàs-Diamant und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebten sie jedoch in Trennung, 1937 erfolgte die Scheidung. Der Name „Almas“ blieb jedoch für die Galerie erhalten. Nach eigenen Angaben lernte Almas-Dietrich im Jahre 1936 Heinrich Hoffmann (1885–1957), den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen erste Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Fortan entwickelte sie sich zu den aktivsten Vermittlern von Kunst an die Nationalsozialisten. Zwischen 1936 und 1944 verkaufte Almas-Dietrich über eintausend Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas-Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet.[9]

Am 13. November 1942 kaufte das Deutsche Reich schließlich 34 Werke von Menzel sowie weitere 20 Werke von Blechen „von Frau F. Kern“ für insgesamt RM 160.000,- an, darunter auch die Zeichnung „Kavalier im Renaissance-Kostüm mit Umhang, Spitzenkragen und Degen“.[10] Gegenüber der US-amerikanischen Alliierten gab Guido Kern am 12. Januar 1951 an, den Verkauf „aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten“ getätigt haben.[11] Weiterhin teilte er mit, dass er die Werke in seiner mehr als dreißigjährigen Sammlertätigkeit auf Auktionen und im Kunsthandel erworben hatte. Ein Teil der Blätter stammte demnach aus der Kunsthandlung Victor Rheins, die als Haupthändlerin von Menzel-Zeichnungen einen guten Ruf genoss.

Victor Franz Karl Rheins (1872–1938) betätigte sich zunächst als marchand amateur bevor er am 19. Dezember 1935 eine eigene Kunsthandlung mit Geschäftsräumen in Berlin-Mitte anmeldete. Im Februar 1936 folgte die Gründung einer offenen Handelsgesellschaft mit Otto Feindt.[12] Die Galerie Victor Rheins war spezialisiert auf Werke der deutschen Romantik sowie des deutschen Impressionismus. Nach Rheins Tod im April 1939 übernahm seine Witwe Emma Hedwig Rheins (1900–?), geborene Walta, die Geschäfte.[13] Im Oktober heiratete diese Otto Feindt, der 1942 der alleinige Inhaber der Firma wurde. Die Galerie Victor Rheins war bis mindestens 1943 aktiv.[14]

Neben der Galerie Victor Rheins gab Kern an, einige Blätter aus Privatbesitz erworben zu haben. Unterlagen hierzu seien aufgrund eines Atelier-Brandes jedoch nicht mehr vorhanden.[15] Für die vorliegende Zeichnung ist auf der Property Card der Restitutionskartei im Bundesarchiv Koblenz zudem handschriftlich vermerkt, dass sie sich bereits seit 1910 im Eigentum von Kern befand.[16] Diese Information wurde wohl pauschal für sämtliche Menzel-Zeichnungen aus der Sammlung Kern auf den zugehörigen Property Cards notiert. Im Falle einzelner Werke aus dem Konvolut ließ sie sich im Rahmen von Provenienzrecherchen bereits widerlegen.[17]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 15. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[18] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Über die angegebenen Quellen hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler[19] sowie Datenbanken zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge überprüft.[20]

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.

Bearbeitungsstand: 2021

[1] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes (KVdB), Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9297.

[2] Für das Folgende vgl. Kai Artinger, Bilder „ohne Herkunft“. Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Guido Joseph Kern und die Bilder von Carl Blechen in den Kunstsammlungen Chemnitz. Ein Beitrag zur Provenienz- und Blechen-Forschung, in: Kunstgeschichte, Open Peer Reviewed Journal, 2014 (urn:nbn:de:bvb:355-kuge-403-9), URL: www.kunstgeschichte-ejournal.net/403/ [Abruf: 24.10.2018].

[3] Kerns Nachlass wird heute vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte (ZIKG) in München verwahrt. Vgl. ZIKG München, Photothek, Bestände, Prof. Dr. Guido J. Kern, URL: www.zikg.eu/photothek/bestaende/prof-dr-guido-j-kern [Abruf: 22.10.2018]. Laut Auskunft des ZIKG umfasst der Nachlass von Guido Kern mehrere hundert Schwarz-Weiß-Fotografien zur europäischen Kunstgeschichte.

[4] Siehe: Guido Joseph Kern, Karl Blechen. Sein Leben und seine Werke, Berlin 1911.

[5] Vgl. Ausst.kat. Adolf Menzel. 50 Zeichnungen, Pastelle und Aquarelle aus dem Besitz der Nationalgalerie, Nationalgalerie Berlin, Berlin 1921.

[6] Vgl. Bundesarchiv (BArch), Koblenz, B 323/332, Schreiben von Kern an den CCP München, Wasserburg am Inn, 12.01.1951.

[7] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, KVdB, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9297.

[8] Vgl. Bayerisches Wirtschaftsarchiv (BWA), München, K1, XVA, 10c, 264, Akt Fall 33.

[9] Vgl. NARA, College Park, Maryland, Record Group 260, 519, Box 445.

[10] Für das Folgende vgl. Vgl. Bundesrepublik Deutschland, KVdB, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9297.

[11] Für das Folgende vgl. BArch, Koblenz, B 323/332, Schreiben von Guido Kern an den CCP München, Wasserburg am Inn, 12.01.1951.

[12] Vgl. Landesarchiv Berlin (LAB), A Rep. 242-02, Nr. 27738, Handelsregisterakte Victor Rheins.

[13] Vgl. LAB, A Rep. 243-04, Nr. 7153, Personenakte Emma Rheins.

[14] Vgl. Aktives Museum: Faschismus und Widerstand in Berlin e.V., “Gute Geschäfte. Kunsthandel in Berlin 1933‒1945”, URL: www.aktives-museum.de/ausstellungen/gute-geschaefte/ [Abruf: 19.11.2018].

[15] Vgl. BArch, Koblenz, B 323/332, Schreiben von Guido Kern an den CCP München, Wasserburg am Inn, 21.01.1951.

[16] Vgl. BArch, Koblenz, B 323/651, Restitutionskartei, Property Card, Mü-Nr. 9792.

[17] Siehe  u. a. Mü-Nr. 1496/3, 1496/4, 2902/19, 2902/20, 2902/21, 2902/22, 2902/25, 9292.

[18] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

[19] Ohne Treffer: Max Jordan/Robert Dohme, Das Werk Adolph Menzels vom Künstler autorisierte Ausgabe, 3 Bde., München 1890. Hugo von Tschudi, Adolf von Menzel. Abbildungen seiner Gemälde und Studien, München 1906. Hans Wolff, Zeichnungen von Adolph Menzel, Dresden 1920. Auk.kat. Das fast vollständige graphische Werk von Adolph von Menzel. Darunter zahlreiche Probedrucke und Seltenheiten, Originalzeichnungen und Aquarelle, Autographen, illustrierte Bücher aus dem Besitz des Herrn Ginsberg, Berlin, Paul Graupe, Berlin, 05.12.1930. Ausst.kat. Adolph von Menzel. 1815–1905. Ölgemälde, Gouachen, Pastelle, Aquarelle und Zeichnungen, Galerie Caspari, München, August–September 1932. Heidi Ebertshäuser, Adolph von Menzel. Das graphische Werk, München 1976. Elfriede Bock, Adolph Menzel. Verzeichnis seines graphischen Werkes. Catalogue of His Graphic Work, San Francisco 1991.

[20] Überprüft wurden: (1) Lost Art-Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 03.01.2019].

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