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Waldmüller, Ferdinand Georg

Kinderbildnis

Entstehungsjahr 1822
Technik Öl auf Leinwand
Maße 55,5 x 44,5 cm
Münchener-Nr. 10731
Linz-Nr. 900
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Ferdinand Georg Waldmüller (1793–1865) war ein österreichischer Genre- und Landschaftsmaler.[1] Der Künstler studierte an der Wiener Akademie. Ab 1829 wurde er sowohl zum Professor als auch Kustos der Gemäldegalerie an der Kunstakademie in Wien berufen. Der Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens manifestierte sich ab 1830. Ausgiebige Reisen führten Waldmüller nach Italien und in zahlreiche Adels- und Königshäuser in West- und Mitteleuropa. Neben Napoleon III (1808–1873) besaß das englische Königshaus einige seiner Bilder. Sowohl Wilhelm I. von Preußen (1797–1888) als auch der österreichische Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) ehrten ihn mit Orden. Über die Malerei hinaus engagierte sich der Künstler politisch in zahlreichen Schriften für die Abschaffung der staatlichen Ausbildungsstätten. Waldmüller gilt als einer der bedeutendsten Maler im Biedermeier und der Romantik im deutschsprachigen Raum. Er hinterließ etwa 1.200 Ölgemälde, vereinzelt Aquarelle und Zeichnungen in den Skizzenbüchern. Unter seinen Schülern finden sich bedeutende Künstler wie Hans Canon (1829–1885) und Anton Romako (1832–1889).

Das Gemälde zeigt ein Mädchen im Brustbild en face vor einem blauen Vorhang. Mit der linken Hand hält die Dargestellte einen Vorhang, der ihren rechten Arm verdeckt. Ihre linke Schulter ist entblößt. Als Titel sind „Kinderbildnis“[2], „Kinderbildnis vor blauem Vorhang“[3] und „Mädchen mit hellblonden Haaren vor blauem Vorhang“[4] überliefert.

Das Werk ist weder signiert noch datiert, jedoch rückseitig bezeichnet „F. G. Waldmüller 1822“.[5]

Das Kunstwerk ist im Werkverzeichnis von Feuchtmüller (1996) enthalten.[6]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: „Waldmüller / 1822“ (Objektdaten); Zollstempel auf Rahmen und Keilrahmen; Etikett „900“ (Linz-Nummer); Etikett, Ausstellung Salzburg (nicht identifiziert); Zettel, mit Reißzwecke befestigt „10731(900)“ (Mü-Nr., Linz-Nr.); handschriftlich „[…]REPUBLIK[…]“ (vermutlich Provenienzmerkmal, nach 1945); Stempel „Von der Zentralstelle für Denkmalpflege zur Ausfuhr von Kunstwerken“ (Zentralstelle für Denkmalschutz, Wien).[7]

[1] Für das Folgende vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker (Hgg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 35, Leipzig 1999, S. 74f.

[2] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 10731.

[3] Vgl. Auk.kat. Versteigerung der Wohnungseinrichtungen, Wien XIX, Döblinger Hauptstraße 56, Tür 5 und Tür 7 […], Dorotheum, Wien, 24.–26.05.1939, S. 23, Los 408, o. Abb.

[4] Vgl. Sophie Lillie, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003, S. 712.

[5] Laut Auskunft des ehemaligen Leihnehmers vom 23.02.2004 und Auk.kat. Dorotheum, Wien, 24.–26.05.1939, S. 23, Los 408, o. Abb.

[6] Vgl. Rupert Feuchtmüller, Ferdinand Georg Waldmüller, 1793–1865. Leben, Schriften, Werke, München 1996, Kat. 105.

[7] Laut Auskunft des ehemaligen Leihnehmers vom 23.02.2004. Diese Angaben konnten am Original nicht überprüft werden.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
Bis 1938Wilhelm Löw (1860–1945) und Franziska Löw (1866–1940), Wien
1938Beschlagnahme des Gemäldes zugunsten des Deutschen Reiches
Ab 24.–26.05.1939Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“), erworben auf Auktion beim Dorotheum, Wien
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
19.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949–2005Bundesvermögen
2005Restitution

Das Gemälde war einst Teil der Sammlung des Ehepaares Wilhelm Löw (1860–1945) und Franziska Löw (1866–1940), Wien.[1]

Wilhelm Löw besaß eine Vielzahl von Besitzungen in Niederösterreich, darunter die familieneigene Spiritusfabrik und Raffinerie „Gustav & Wilhelm Löw“, an der er zu einem Viertel beteiligt war. Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurden Wilhelm und Franziska Löw als Juden verfolgt und gezwungen, entsprechend der „Verordnung über die Anmeldung jüdischen Vermögens“ vom 26. April 1938 ihr gesamtes Vermögen bei den nationalsozialistischen Behörden anzumelden, insofern es einen Gesamtwert von RM 5.000,- überstieg.[2] In dem Vermögensverzeichnis von Franziska Löw vom 27. Juni 1938 ist das Gemälde von Waldmüller als „Kinderportrait mit blauem Vorhang, unsign.“ gelistet. Zusammen mit weiteren Kunstgegenständen wurde das Werk anlässlich der Flucht des Ehepaares Löw in ihrer Wohnung in Wien zurückgelassen. Ihr Vermögen wurde im Folgenden zugunsten des Deutschen Reiches beschlagnahmt und vom 24. bis 26. Mai 1939 durch das Wiener Auktionshaus Dorotheum versteigert.[3] Im zugehörigen Auktionskatalog ist das Gemälde unter der Losnummer 408 verzeichnet, jedoch nicht abgebildet. Der Schätzpreis für das Werk betrug RM 900,-.

Im Rahmen der Auktion wurde das Gemälde durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben[4] und erhielt die Linz-Nummer 900.[5]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 19. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[6] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt. Ein früherer NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust wurde ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. Lillie 2003, S. 712.

[2] Für das Folgende vgl. ebd., S. 713ff.

[3] Für das Folgende vgl. Auk.kat. Dorotheum, Wien, 24.–26.05.1939, S. 23, Los 408, o. Abb.

[4] Vgl. Lillie 2003, S. 713.

[5] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 10731.

[6] Vgl. ebd.

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