Navigation und Service

Boshart, Wilhelm

Enterrottacher Wasserfälle (Waldlandschaft)

Entstehungsjahr 1846
Technik Öl auf Leinwand
Maße 79,5 x 68,0 cm
Münchener-Nr. 12872
Linz-Nr. Keine
Lost Art-ID 532563
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Wilhelm Boshart (1815–1878) war ein deutscher Landschaftsmaler. Nach dem Studium der Chemie in seiner Heimatstadt München, widmete sich Boshart zunehmend der Malerei. Unter dem Einfluss von Max Haushofer sowie Eduard Schleich d. Ä. schuf er hauptsächlich Ansichten des Alpenvorlands, darunter zahlreiche Chiemsee-Landschaften.[1]

Das Gemälde zeigt eine vorwiegend in Grün- und Brauntönen gehaltene Waldlandschaft. Große Felsen nehmen die untere Bildhälfte nahezu vollständig ein. Durch sie fließt, Baumstämme mit sich führend, ein Wildbach in Richtung des unteren rechten Bildrandes. Das Bachbett ist durch zwei Kaskaden gestaffelt, wobei sich in der unteren das Wasser leicht anstaut. Um die Felsen erstreckt sich ein satter Mischwald mit Windflüchtern in der linken Bildhälfte. Verdeckt durch eine Tanne und hohe Bäume, eröffnet sich im oberen rechten Bildteil die Sicht auf den bewölkten Himmel. Als Werktitel sind „Wildbach“[2], „Waldlandschaft“[3] sowie „Enterrottacher Wasserfälle“[4] überliefert.

Das Gemälde ist unten links signiert und datiert „Boshart.1846“.[5]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: Fragment eines blau umrandeten Etiketts, in Rot „[…]“ (nicht identifiziert); weißes Etikett, in Blau „18“ (Alte und Neue Kunst, München); in Schwarz „365889/18[?]“ (nicht identifiziert); in Blau „A 53[…]“ (nicht identifiziert), „12872“ (Mü-Nr.); weißes Etikett, in Schwarz „Zi 304 / Kto / 0100[…] / Lf. Nr […]“ (Auswärtiges Amt).

[1] Vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 5, Leipzig 1999, S. 395.

[2] Vgl. Auk.kat. Ölgemälde und Handzeichnungen moderner Meister aus verschiedenem Besitz, Hugo Helbing, München, 14.07.1925, S. 3, Los 23, Abb. Tafel 6.

[3] Vgl. BArch Koblenz, B323/667, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 12872.

[4] Vgl. Gerald Steinberg, Wilhelm Boshart und sein Kreis. Die Lebenswelt des Chiemsee-Malers W. Boshart, Traunstein 2015, S. 141.

[5] Das Gemälde gilt heute als Werk Wilhelm Bosharts. Auf der zugehörigen Property Card der Restitutionskartei ist der Münchener Maler Kaspar Boshart als Meister notiert. Vgl. BArch Koblenz, B323/667.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
14.07.1925Angeboten auf Auktion bei Hugo Helbing, München
(…) 
Bis 18.07.1931Lothar Meilinger (1862–?), München
(…) 
O. J.Privatsammlung, Schweiz
Bis 30.11.1941Prof. Hugo Troendle (1882–1955), München, Kauf vermittelt durch Georg Hausmann, München
Ab 30.11.1941Reichsvermögen, erworben für die „Führerresidenz“ Schloss Posen
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
29.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949Bundesvermögen

Das Gemälde „Enterrottacher Wasserfälle (Waldlandschaft)“ von Wilhelm Boshart stand am 14. Juli 1925 beim Münchener Auktionshaus Hugo Helbing zum Verkauf. Im Auktionskatalog ist das Werk unter dem Titel „Wildbach“ als Los 23 gelistet und abgebildet. Laut Katalogtext kamen in dieser Auktion Werke „aus verschiedenem Besitz“ zur Versteigerung.[1] Weder Einlieferer noch Käufer des Gemäldes konnten ermittelt werden.

Der nächste bekannte Eigentümer des Gemäldes ist Lothar Meilinger (1862–?), München.[2] Der Kunsthistoriker war als Volksschullehrer sowie als Schriftleiter der Münchener „Jugendblätter“ tätig.[3] Seine Sammlung umfasste vornehmlich Werke deutscher sowie französischer Künstler. In den Jahren zwischen 1912 und 1931 standen Teile der Sammlung Meilinger in Auktionshäusern in Berlin, Königsberg, Frankfurt am Main sowie München zum Verkauf.[4] Im Rahmen der Auktion am 18. Juli 1931 beim Auktionshaus Alte und Neue Kunst in München wurde auch die Landschaft angeboten. Im zugehörigen Auktionskatalog ist das Gemälde unter dem Titel „Die Enterrottacher Wasserfälle“ als Los Nummer 18 verzeichnet. Es wurde jedoch fälschlicherweise dem Künstler Kaspar Boshart (1823–1887) zugeschrieben.[5] Der Käufer des Gemäldes konnte nicht ermittelt werden.

Spätestens 1941 war das Gemälde im Eigentum von Prof. Hugo Troendle (1882–1955), München.[6] Der Maler und Lithograph war Mitglied der Münchener Neuen Sezession sowie des Deutschen Künstlerbundes und unterhielt eine eigene Malschule in München. Seine Werke galten im Nationalsozialismus als „entartet“ und wurden folglich aus öffentlichen Sammlungen entfernt.[7] Laut eigener Aussage erwarb Prof. Troendle das Gemälde, vermittelt durch Georg Hausmann, von einer schweizerischen Privatsammlerin. Er trat nachweislich in mindestens fünf weiteren Fällen als Verkäufer bzw. Vermittler von Kunstwerken an das Deutsche Reich auf. Drei davon waren für die Ausstattung des Schlosses Posen vorgesehen.[8]

Auch die „Enterrottacher Wasserfälle (Waldlandschaft)“ von Boshart wurde für Schloss Posen angekauft, das von 1940 bis 1944 als „Führerresidenz“ diente. Am 30. November 1941 wurde es für RM 3.000,- von Prof. Troendle vom Aufbaustab für die Neuausstattung des Schlosses erworben und erhielt dort die Posen-Nr. P1.[9]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 29. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[10] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[11]

Bearbeitungsstand: 2018

[1] Vgl. Auk.kat. Helbing, 14.07.1925, S. 3.

[2] Vgl. Steinberg 2015, S. 143.

[3] Vgl. Stadtarchiv München, Online-Archivkatalog, URL: http://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=513631 [Abruf: 07.09.2018] und Auk.kat. Verzeichnis über Gemälde meist moderner Meister. Sammlung des Herrn Lothar Meilinger München, Rudolf Bangel, Frankfurt am Main, 17./18.04.1912, Titelblatt.

[4] Vgl. Auk.kat. Bangel, 17./18.04.1912; Auk.kat. Gemälde und Zeichnungen von Meistern des 19. und 20. Jahrhunderts. Aus den Sammlungen des Herrn Lothar Meilinger München und eines bekannten Münchener Künstlers sowie aus anderem Privatbesitz, Gebrüder Heilbron, Berlin, 10./11.10.1912; Auk.kat. Gemälde-Sammlung aus dem Besitz des Herrn Kunsthistorikers Lothar Meilinger München sowie Gemälde aus anderem Besitz, Kunstsalon Bernhard Teichert, Königsberg, 15.10.1913.

[5] Vgl. ebd. Vgl. auch: Steinberg 2015, S. 143. Lebensdaten des Künstlers laut Thieme/Becker 1999, Bd. 5, S. 404, hier als Caspar Bosshardt geführt.

[6] Für das folgende vgl. NARA, M1946, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 12872. URL: www.fold3.com/image/312631071 [Abruf: 04.09.2018]. Laut Aussage von Prof. Troendle vor dem CCP München am 21.06.1951.

[7] Vgl. Hugo-Troendle-Stiftung, München. Vita. URL: www.hugo-troendle-stiftung.de/vita.html [Abruf: 01.10.2018].

[8] Vgl. Mü-Nr. 11434, 12817, 12899, 13148 und 13364.

[9] Vgl. BArch Koblenz, B323/667, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 12872.

[10] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

[11] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com). [Abruf: 03.09.2018].

Kontakt

Bei Fragen und Anregungen nutzen Sie bitte unser Kontaktformular

Zum Kontaktformular