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Unbekannt, Katalonien, 12. Jahrhundert

Unbekannt, Katalonien, 12. Jahrhundert, Mandorla mit den Symbolen der Evangelisten Matthäus und Johannes (oberer Teil eines Frescos)

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Freskomalerei auf Leinwand
Maße 164 x 365 cm
Münchener-Nr. 13620/1
Linz-Nr. Keine
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Die Freskomalerei entstand im 12. Jahrhundert in Katalonien.[1] Es handelt sich um das Teilstück einer romanischen Wandmalerei, die sich ursprünglich in der Kirche in Santa Coloma im heutigen Fürstentum Andorra befand.[2]

Das Werk bildet den oberen Strappoteil einer Freskomalerei.[3] Es zeigt mittig in der Mandorla Christus, seine rechte Hand segnend erhoben. Links ist Matthäus mit Engelsflügeln dargestellt, rechts ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen. Über der Darstellung befindet sich eine ornamentierte Leiste. Die Freskomalerei trägt die Inschrift „SCS-IOANES-EVG“ und stammt von der nordwestlichen Tonnenwölbung des Sanktuariums der Kirche.

[1] Laut Schreiben an die OFD, Berlin vom 13.05.2001. Auf der zugehörigen Property Card ist fälschlicherweise eine Entstehung im 10./11. Jahrhundert verzeichnet.

[2] Insgesamt befanden sich bis zu ihrer Restitution im Jahre 2007 sechs Freskomalereien aus der Kirche in Santa Coloma d’Andorra aus ehemaligem Reichsbesitz in Bundeseigentum. Siehe: Mü-Nr. 13620/1–6.

[3] Der untere Teil der Freskomalerei wurde im CCP München unter der Mü-Nr. 13620/2 inventarisiert.

Provenienz

Zeittafel
Bis 1932Kirche Santa Coloma d‘Andorra
Ab 1933Josep Bardolet i Solé (?–?), Barcelona
(…) 
1935Sammlung S. I., ausgestellt in Aix-en-Provence
(…) 
1938Privatbesitz, Barcelona
(…) 
Bis 1944Baron Jean Germain Léon Cassel van Doorn (1882–1952), Brüssel
Ab 1944Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Nach 1944Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
22.11.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949–2007Bundesvermögen
2007Restitution

Die Freskomalerei befand sich einst in der Kirche in Santa Coloma im heutigen Fürstentum Andorra.[1] Auf Anordnung des Bischofs von Seo d‘Urgell wurde sie im Jahre 1932 von der Kirchenwand abgenommen und zunächst in der Pfarrei eingelagert.[2] Im März 1933 erfolgte mit Genehmigung der Diözesanbehörden der Verkauf an Josep Bardolet i Solé (?–?) in Barcelona, der das Werk zusammen mit weiteren Freskomalereien aus der Kirche in Santa Coloma d‘Andorra für Pts 15.000 erwarb.[3]

Für das Jahr 1935 konnte eine Ausstellung der Freskomalerei in Aix-en-Provence nachgewiesen werden.[4] Im zugehörigen Ausstellungskatalog ist als Provenienz „Collection S. I.“ angegeben. Weiterhin erwähnt der amerikanische Kunsthistoriker Chandler Ranthfon Post (1881–1959) die Fresken im siebten Band seiner „History of Spanish Painting“ aus dem Jahre 1938 als zumindest zu einem großen Teil in Privatbesitz in Barcelona befindlich.[5]

Zu einem unbekannten Zeitpunkt gelangten die Freskomalereien in die Sammlung von Baron Jean Germain Léon Cassel van Doorn (1882–1952), Brüssel, der sie in seiner Villa in Cannes aufstellte.[6] Der Bankier gründete im Jahre 1935 das Bankhaus Cassel & Cie. Sein Vermögen setzte er unter anderem für den Aufbau einer umfangreichen Kunstsammlung ein, die Gemälde, Zeichnungen, wertvolle Möbel sowie Glas- und Silbergegenstände umfasste. Bereits ab 1939 schien Baron Cassel van Doorn Vorkehrungen getroffen zu haben, seine Sammlung vor den Kriegswirren zu schützen. Er selbst emigrierte im Jahre 1941 über Spanien und Portugal in die USA. Teile seiner Sammlung hatte er zuvor in verschiedene Aufbewahrungslager in Frankreich gebracht, die jedoch zwischen Ende 1943 und August 1944 von der Gestapo aufgesucht und geplündert wurden. Im Rahmen der „Aktion Berta“ gelangte das beschlagnahmte Eigentum von Baron Cassel van Doorn von Frankreich in die Bergungsorte Alt-Aussee und Schloss Thürntal in Österreich.[7]

Die Aussee-Nummer 8439 auf der Property Card zur Freskomalerei belegt deren Einlagerung im Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark.[8] Vorgesehen war das Werk offenbar für den „Sonderauftrag Linz.[9] Eine Inventarnummer erhielt es jedoch nicht. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 22. November 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht. Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Auf Antrag der Republik Frankreich wurde die Kunstsammlung des Baron Cassel im Rahmen der Äußeren Restitution an Frankreich zurückgegeben. Die Fresken wurden damals nicht beantragt und wurden durch die US-amerikanische Besatzungsmacht schließlich an die Bundesrepublik Deutschland übergeben.

Im Jahre 1966 erhielt  die Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Fresken zu Ausstellungszwecken. Dort wurden sie mit großem Aufwand restauriert.[10] Das Fürstentum Andorra hatte die Fresken im Jahre 2003 für eine Kunstausstellung ausgeliehen. Die Provenienz der Fresken wurde erneut untersucht. Schließlich kam es zu einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, den Erben nach Baron de Cassel und dem Fürstentum Andorra, in deren Folge sich die restaurierten Fresken heute in Andorra befinden.

Die Provenienz ist geklärt. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug an diesem Kulturgut und die Rechtsnachfolge des ursprünglichen Eigentümers wurden ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt. 

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 13620/1.

[2] Für das Folgende vgl. Schreiben an die OFD, Berlin vom 13.05.2001.

[3] Siehe: Mü-Nr. 13620/1–6.

[4] Für das Folgende vgl. Ausst.kat. Exposition d’Art roman organisée par la Decoration Architecturale, Aix-en-Provence, 16.03.–08.04.1935, Nr. 88–90, S. 67f.

[5] Vgl. Chandler Ranthfon Post, A History of Spanish Painting, Bd. 7, Cambridge 1938, S. 721: “The major part of the Santa Coloma cycle is at present writing, in private hands at Barcelona.”

[6] Für das Folgenden vgl. Ausst.kat. Andorra Romànica. Katalanische und westeuropäische Wandmalereien des 12. Jahrhunderts, Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Berlin, 29.03.–31.08.2003, S. 53–61.

[7] Siehe auch: Anneliese Schallmeiner, Schloss Thürnthal, 07.01.2019, in: Lexikon der österreichischen Provenienzforschung. URL: www.lexikon-provenienzforschung.org/th%C3%BCrnthal-schloss [Abruf: 30.07.2020].

[8] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 13620/1.

[9] So vermerkt auf der Property Card. Vgl. ebd.

[10] Wegen der mit Restaurierung verbundenen erheblichen Wertsteigerung wurden die Aufwendungen bei der Rückgabe der Fresken kompensiert.

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