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Schwind, Moritz von

Bildnis eines jungen Mannes

Entstehungsjahr um 1865
Technik Öl auf Karton
Maße 31 x 23,5 cm
Münchener-Nr. 40994
Linz-Nr. 408
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das Gemälde zeigt einen jungen Mann nach halblinks aus dem Bilde sehend mit leicht gesenktem Kopf.

Es ist mit „Schwind“ bezeichnet.

Es wurde zunächst vermutet, dass es sich bei dem Portrait Schwinds um das im Boetticher unter Nr. 104 aufgeführte Portrait des Freiherrn Friedrich von Blittersdorf handeln könnte, das 1881 in der Frankfurter Historischen Kunstausstellung ausgestellt wurde und sich 1911 im Besitz von Fräulein von Blittersdorf befand.1 Dies konnte jedoch nicht bestätigt werden.

Provenienz

Zeittafel
unbekanntFriedrich Zinckgraf, München
unbekanntGalerie Almas Maria Dietrich, München
Vor Sommer 1938Sammlung "Sonderauftrag Linz"

In ihren Aussagen gegenüber Edgar Breitenbach, MFA Officer, 1949, in denen Maria Dietrich Hunderte von Bildern mit ihrer ungefähren Herkunft auflistete, ist das Gemälde Schwinds als von der „Galerie Friedrich Zinckgraf“ erworben aufgeführt.2  
Friedrich Zinckgraf war ein langjähriger Mitarbeiter der Münchener Kunsthandlung D. Heinemann.3
1938/39 „arisierte“ Zinckgraf diese Kunsthandlung, da deren Inhaber Juden waren.4
In den Akten und Karteien der Galerie Heinemann, München, die im Deutschen Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg aufbewahrt werden, konnte das Gemälde Schwinds nicht ermittelt werden.5
Vermutlich kam das Gemälde erst nach der „Arisierung“ der Firma Heinemann in den Besitz von Zinckgraf. In das Handelsregister wurde die „Arisierung“ im Januar 1940 eingetragen. Offenbar ist diese Angabe jedoch falsch, denn Zinckgraf war 1938 noch gar nicht Inhaber der Kunsthandlung D. Heinemann, sondern besaß zunächst nur einen Geschäftsanteil. Erst Ende 1939 hatte er die Galerie vollständig übernommen und sie firmierte auch unter seinem Namen. Die niedrige Linz-Nummer lässt aber auf einen frühen Erwerb vor Sommer 1938 schließen. Entweder Maria Dietrich täuschte sich, als sie Zinckgraf als Vorbesitzer angab, oder die Unterlagen der Galerie Heinemann sind lückenhaft bzw. der Erwerb erfolgte, nachdem Fritz Heinemann im September 1938 ausgeschieden war.6
Möglicherweise war das Gemälde kommissionsweise gehandelt worden, fand keinen Eingang in das Lager der Galerie und damit auch nicht in die Dokumentation der Kunsthandlung.
Maria Almas, geborene Dietrich, geboren am 28. Juni 1892 in München, betrieb nach ihren Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.7
Nach ihren Angaben lernte sie 1936 Heinrich Hoffmann, den Fotografen Adolf Hitlers kennen und erhielt über diesen die ersten Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben.
Sie wurde eine der aktivsten Personen im Kunsthandel, die für die Nationalsozialisten tätig waren. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihrem Geschäft. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA ausgewertet.8 Diese Unterlagen scheinen in der Zwischenzeit verschwunden zu sein.
Der Erwerb durch den „Sonderauftrag Linz“ ist ebenfalls nicht dokumentiert.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle bekannten Quellen ausgeschöpft sind. Ein NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust kann nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2008

1 Friedrich Boetticher, Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte, Bde. 1.1-2.2, Leipzig 1948 (unveränd. Nachdruck Dresden 1891-1901), S. 706.
2 NARA, RG 260, 519, Box 445.
3 BWA, IHK München, Arisierungsakte zur Galerie D. Heinemann München, K1 XV A 10c 272 Akt Fall 20. Die Galerie Heinemann, die zu einer der bekanntesten Einrichtungen ihrer Art gehörte, wurde 1872 von David Heinemann (1819-1902) in München gegründet. Ursprünglich befanden sich die Galerieräume am Promenadeplatz, später wurden sie in die Prinzregentenstraße, ab 1902 an den Lenbachplatz verlegt. Das florierende Unternehmen unterhielt Dependancen unter anderem in Frankfurt am Main, Nizza und New York. Die Galerie Heinemann in München war eine der bedeutendsten deutschen Kunsthandlungen mit weit reichenden internationalen Beziehungen und einem exzellenten Ruf. Speziell der Kunst des 19. Jahrhunderts und französischer Malerei widmete die Galerie Heinemann zahlreiche Ausstellungen. Ab 1890 übernahmen die drei Söhne des Kunsthändlers Heinemann die Geschäfte: Hermann leitete die Münchner Geschäfte, der älteste Bruder Theodor stand der New Yorker Filiale vor, Theobald der Dependance in Nizza. Nach dem Tod der Brüder Hermann (1919) und Theobald (1929) leitete die Witwe des letzteren, Franziska Heinemann, die Galerie gemeinsam mit ihrem Sohn Fritz bis zur „Arisierung“ Ende 1939. Bereits im Januar 1938 war Fritz Heinemann in die USA emigriert und aus der Firma als Gesellschafter ausgeschieden. Im September 1938 wurde sein Anteil von Friedrich Heinrich Zinckgraf (1878-1954), einem Mitarbeiter der Galerie, übernommen. Nach dem Pogrom am 9./10. November 1938 wurde auch der Anteil von Franziska Heinemann, die im Februar 1939 ebenfalls in die USA emigrierte, durch Zinckgraf „arisiert“. Ende 1939 war Zinckgraf zum alleinigen Inhaber der Galerie geworden. Franziska Heinemann verstarb am 17. November 1940 in New York.
4 BWA, IHK München, K1 XXI 16b 15 Akt Fall 14.
5 Auskunft DKA an Facts & Files vom 24. September 2008.
6 BWA, IHK München, K1 XXI 16b 15 Akt Fall 14.
7 BWA, K1 XVA 10c 264 Akt Fall 33.
8 NARA, RG 260, 519, Box 445.

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