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Feselen, Melchior

Beschneidung Christi

Entstehungsjahr um 1512/17
Technik Öl auf Holz
Maße 70,5 x 55 cm
Münchener-Nr. 4916
Linz-Nr. keine
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Melchior Feselen1 (zwischen 1490 und 1495 vermutlich Nördlingen, bis 10.4.1538 Ingolstadt) kam vermutlich anhand der stilistischen Einflüsse in der Gewand-Gestaltung und in den Figurentypen mit der Kunst von Hans Schäufelein in Berührung. Ab 1521 wird er in Ingolstadt als selbstständig verheirateter Meister geführt, wo er den Status eines Stadtmalers erlangte. Zwischen 1529 und 1536 stand Feselen wechselweise in den Diensten des Herzogs Karl Wilhelm IV. von Bayern und des Pfalz-Neuburger Pfalzgrafen Ottheinrich. 1536 wurde er von dem Pfalzgrafen mit heute nicht mehr erhaltenen Wandfresken für das Schloß Neuburg an der Donau beauftragt. Die durch Schäufelein geprägte figürliche Gestaltung und Szene von narrativem und volkstümlichem Charakter setzte Feselen in Stilsynthese mit der besonders durch W. Huber beeinflussten Auffassung von Landschaft. Im Gegensatz zu Werken von der Donauschule ist bei Feselen die Landschaft jedoch stets der figürlichen Szene untergeordnet. Wie in der zeitgenössischen Malerei und Buchmalerei üblich, verarbeitete er in seinen Gemälden Motivzitate der Druckgraphik Albrecht Dürers. Innerhalb der süddeutschen Renaissance–Malerei etablierte sich Feselen neben L. Refinger, H. Schöpfer und Barthel Beham.
Das vorliegende Gemälde entstand um 1512/17 vermutlich in Passau, wo er sich wohl während seiner Lehrjahre aufhielt. Es zählt neben zwei 1520 datierten Flügeln in Passau mit der Almosenspende der Hl. Elisabeth und der Heilung des Hl. Rochus durch einen Engel möglicherweise zu den frühesten Werken des Malers.

Provenienz

Zeittafel
Früher Graf Wilcek, Wien
Kunsthandlung Graupe, Berlin
1932Kunsthandlung J. Hinrichsen, Berlin
22.9.1944 An Sonderauftrag Linz für RM 55.000

Die TVK München ermittelte, dass das vorliegenden Gemälde 1932 von der Kunsthandlung Hinrichsen, Berlin über die Kunsthandlung Graupe nach einer Aussage von Johannes Hinrichsen am 8.4.1951 gegenüber der TVK erworben wurde und am 22.9.1944 an den Sonderauftrag Linz für RM 55.000 verkauft wurde. Es befand sich zuvor im Besitz des Grafen Wilcek in Wien.2

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes: Die Aussage von Hermann Uhde-Bernays und das Erwerbsjahr konnte in Unterlagen im Bundesarchiv Koblenz im Bestand Treuhandverwaltung für Kulturgut der OFD München noch nicht nachgewiesen werden.3

Das vorliegende Gemälde wurde nicht von Hermann Voss im „Dresdner Katalog"4 mit einer Linzer–Nummer inventarisiert. Hermann Voss inventarisierte, vermutlich kriegsbedingt, zahlreiche Erwerbungen nicht mehr. Die TVK fassten diese Erwerbungen erst 1952 im sogenannten "Linz-Anhang" zusammen.

Die kunsthistorischen Recherchen ergaben keine weiteren Hinweise zur Provenienz des vorliegenden Gemäldes.5

Johann Nepomuk Graf Wilczek (7. 12. 1837 Wien - 27. 1. 1922 Wien), genannt Hans Graf Wilczek, war ein österreichischer Polarforscher und Kunstmäzen. Er heiratete 1858 die Gräfin Emma Emo-Capodilista (1833 Padua - 1924 Wien). Sein Ururenkel ist der Regierende Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein (1945 Zürich)6

Paul Graupe eröffnete 1907 ein Buchantiquariat in der Kochstraße 3 in Berlin. 1927 erweiterte er sein Geschäft um Kunstwerke und Antiquariate. Er liquidierte ab 1935 zahlreiche Kunstfirmen, bis seine Kunsthandlung 1937 auch „arisiert“ wurde. Er führte von 1935 bis 1937 in Berlin eine Reihe von Auktionen jüdischer Sammlungen durch. Graupe besaß auf Grund seiner geschäftlichen Kontakte Sondergenehmigung zur Durchführung von Kunst-Auktionen und war noch nach 1935 Mitglied der Reichskulturkammer. Er emigrierte 1937 nach Paris.7 Der Berliner Auktionator Hans W. Lange „arisierte“ das von Paul Graupe bis 1937 betriebene Auktionshaus und agierte als Verkäufer der Berliner Finanzbehören. Er kaufte unter anderem von französischen Kunsthändlern 1944 zahlreiche Gemälde auf, um sie für den „Sonderauftrag Linz“ weiterzuverkaufen.8

Johannes Hinrichsen erwarb nach dessen Aussage 1932 das vorliegende Gemälde und verkaufte es 1944 an den „Sonderauftrag Linz“. Die Kunsthandlung J. Hinrichsen befand sich in der Bellevuestraße 3 in Berlin. Johannes Hinrichsen verkaufte auch an Hermann Göring zahlreiche Kunstwerke.9

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Weitere Recherchen werden vorgenommen.

Stand: 2010

1 Saur, Bd. 39, 2003, S. 191 bis 193.
2 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 4916. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Inventarnummern lauten Aussee 3565, HJN2.
3 BArch Koblenz, B323/ 331.
4 BArch Koblenz, B 323/49; BArch Koblenz, B 323/82.
5 Greiselmayer 1996, Marcuardt 1996.
6 Koerbel 2003.
7 Enderlein 2006, S. 34, 86.
8 Feliciano 1998, S. 118 f.
9 Haase 2000, S. 101.

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