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Feuerbach, Anselm Friedrich

Begräbnis des Hofnarren (Hofnarr)

Entstehungsjahr 1877
Technik Aquarellmalerei auf Papier
Maße 32,0 x 52,5 cm
Münchener-Nr. 45139
Linz-Nr. Keine
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Anselm Feuerbach (1829–1880) war ein deutscher Maler und bedeutender Vertreter der Malerei des deutschen Idealismus im 19. Jahrhundert.[1] Der Künstler wurde als Sohn eines Philologen in Speyer geboren. Ersten Zeichenunterricht erhielt er ab 1843 an der Universität Freiburg. Ab April 1845 studierte er bei Wilhelm von Schadow (1788–1862), Johann Wilhelm Schirmer (1807–1863) und Carl Friedrich Lessing (1808–1880) an der Düsseldorfer Akademie. Seine Studien setzte er 1848 in München und 1850 in Antwerpen fort. Von Mai bis Sommer 1852 war Feuerbach in Paris, wo er im Louvre die alten Meister kopierte und von Eugen Delacroix (1798–1863), Gustav Courbet (1819–1877) sowie Thomas Couture (1815–1879) beeinflusst wurde. Der Künstler lebte ein Jahr in Basel, bevor er, finanziert durch ein Stipendium des Großherzogs von Baden, im Mai 1855 zusammen mit dem Dichter Josef Victor von Scheffel (1826–1886) nach Italien reiste. Hier entstanden seine wichtigsten Werke, darunter die beiden Fassungen der Iphigenie, das Gastmahl des Plato und die großformatige Amazonenschlacht. Feuerbach blieb von 1856 bis 1873 in Rom. Im Jahre 1872 erhielt er eine Professur an der Akademie der Künste in Wien als Vorstand und Leiter der Meisterklasse für Historienmalerei, die er jedoch erst 1873 antrat. Seit längerer Zeit erkrankt, bat Feuerbach 1876 um seine Entlassung und siedelte noch im selben Jahr nach Venedig über, wo er im Jahre 1880 verstarb.

Das Aquarell zeigt einen Leichenzug im Freien. In Richtung des linken Bildrandes wird der verstorbene Hofnarr mit gelber Kappe von vier Hirten in roten Gewändern zu Grabe getragen. Vorweg schreitet der Totengräber mit einer Lampe in der linken Hand. Dem Leichenzug folgt eine alte Frau mit braunem Umhang und Krückstock. Als Titel ist sowohl „Begräbnis des Hofnarren“[2] als auch „Hofnarr“[3] überliefert.

Das Werk ist links unten signiert und datiert „AF 77“.

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: in blauer Fettkreide „45139“ (Mü-Nr.); „Iv. 2219“ (nicht identifiziert); „KG661“ (Kremsmünster); „T. F. 808“ (nicht identifiziert, möglicherweise T. F. = Theodor Fischer); weißes Etikett, in Tinte „Basel“ (Deponierung bzw. Ausstellung in Basel, 1933/1942);[4] auf dem Glas „102“ (Los Nr. Auktion Fischer 1942); Etikett „F.G. Conzen, Hoflieferant, Düsseldorf“ (Rahmenmanufaktur).[5]

[1] Für das Folgende vgl. Irmgard Wirth, Feuerbach, Anselm, in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 111–113. URL: www.deutsche-biographie.de/pnd118532731.html#ndbcontent [Abruf: 13.03.2019].

[2] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 45139.

[3] Vgl. BArch Koblenz, B323/690.

[4] Das Aquarell war bis zum 30.08.1941 als Dauerleihgabe  im Kunstmuseum Basel deponiert gewesen. Weiterhin wurde das Werk im Rahmen der Auktion bei der Galerie Theodor Fischer am 21.03.1942 zunächst in Basel und später in Luzern zur Ansicht ausgestellt. Vgl. Auk.kat. Sammlung Julius Freund. Aus dem Besitz von Frau Dr. G. Freund, Buenos Aires. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgraphik, Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942.

[5] Laut Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 45139.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
O. J.Arnold Meyer, Hamburg
(…) 
Wohl spätestens seit September 1933–11.03.1941Julius Freund (1869–1941), Berlin, als Dauerleihgabe an Schweizer Museen
Ab 11.03.1941–21.03.1942Erben nach Julius Freund
Seit 21.03.1942Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“), erworben über Auktionshaus Fischer, Luzern
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
29.09.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949–2009Bundesvermögen
2009Restitution

Das Aquarell von Feuerbach war zu einem unbekannten Zeitpunkt Teil der Sammlung Arnold Meyer, Hamburg.[1] Weitere Angaben zur Person Arnold Meyer konnten nicht ermittelt werden.

Der nächste bekannte Eigentümer des Werkes war der Berliner Kaufmann Julius Freund (1869–1941). Als Person jüdischen Glaubens gehört Freund zum Kreis der während der Zeit des Nationalsozialismus rassisch Verfolgten.[2] Seine Sammlung umfasste vornehmlich Zeichnungen und Gemälde des 19. Jahrhunderts, darunter Werke von Caspar David Friedrich (1774–1840), Carl Blechen (1798–1840), Franz Krüger (1797–1857), Theodor Hosemann (1807–1875), Eduard Gärtner (1801–1877), Carl Gustav Carus (1789–1869), Adolph von Menzel (1815–1905), Anselm Feuerbach (1829–1880), Hans von Marées (1837–1887) und Hans Thoma (1839–1924).[3] Infolge der Wirtschaftskrise sowie der Liquidierung seiner Firma standen Teile der Sammlung Freund bereits im Jahre 1930 zum Verkauf.[4] An einer angestrebten Übernahme der Kollektion durch das Museum Winterthur zeigte dieses jedoch zunächst kein Interesse. Erst im September 1933 änderte das Museum seine Haltung und übernahm über 350 Werke aus der Sammlung Freund als Dauerleihgabe. Das Aquarell „Das Begräbnis des Hofnarren“ von Feuerbach war zunächst im Kunstmuseum Basel deponiert gewesen, gelangte jedoch am 30. August 1941 zur weiteren Aufbewahrung ebenfalls in das Kunstmuseum Winterthur.[5]

Im Februar 1939 emigrierte Julius Freund zusammen mit seiner Ehefrau Clara Freund (1878–1947), geborene Dresel, nach Großbritannien, wo er am 11. März 1941 verstarb.[6] Seine Tochter Dr. Gisèle (Gisela) Freund (1908–2000) bemühte sich im Folgenden gemeinsam mit dem Schweizer Kunsthändler Fritz Nathan (1895–1972) um den Verkauf der Sammlung.[7] Am 21. März 1942 fand in der Galerie Fischer in Luzern die Versteigerung von über 350 Objekten aus der Sammlung Freund statt, darunter Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafiken sowie Buchminiaturen. Das Geleitwort zum zugehörigen Auktionskatalog verfasste Dr. Gisèle Freund selbst. Das Aquarell von Feuerbach ist hier unter dem Titel „Das Begräbnis des Hofnarrs“ als Los Nummer 102 gelistet und abgebildet.[8]

Das Deutsche Reich erwarb das Werk im Rahmen der Auktion für RM 6.300,- für den „Sonderauftrag Linz“. Die Nummer KG661 auf der Property Card sowie auf der Bildrückseite weist auf die Lagerung des Aquarells im Depot Kremsmünster hin.[9] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrag Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[10] Aus Sorge vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[11]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 29. September 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[12] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug an diesem Kulturgut und die Rechtsnachfolge des ursprünglichen Eigentümers wurden ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.[13]

Bearbeitungsstand: 2018

[1] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 45139.

[2] Vgl. Schreiben des Centrum Judaicum, Berlin an die OFD, Berlin vom 13.12.2000.

[3] Vgl. Auk.kat. Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942, o. S., Geleitwort.

[4] Für das Folgende vgl. Kommission für Provenienzforschung Österreich, Beiratsbeschluss, Julius Freund, 23.06.2016. URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Freund_Julius_2016-06-23.pdf [Abruf: 09.11.2018].

[5] Vgl. Schreiben des Kunstmuseums Winterthur an die OFD, Berlin vom 18.09.2000.

[6] Für das Folgende vgl. Kommission für Provenienzforschung Österreich, Beiratsbeschluss, Julius Freund, 23.06.2016. URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Freund_Julius_2016-06-23.pdf [Abruf: 09.11.2018].

[7] Dr. Gisèle Freund emigrierte bereits 1933 nach Paris und lebte zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters in Buenos Aires. Einen Teil der Sammlung schenkte Julius Freund der Tochter wohl noch zu Lebzeiten. Um welche Werke es sich im Einzelnen handelte ist nicht bekannt. Vgl. ebd.

[8] Vgl. Auk.kat. Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942, S. 17, Los Nr. 102, Tafel 16.

[9] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 45139.

[10] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[11] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

[12] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

[13] Zur Begründung der Empfehlung der Beratenden Kommission siehe: https://www.beratende-kommission.de/Content/06_Kommission/DE/Empfehlungen/05-01-12-Empfehlung-der-Beratenden-Kommission-im-Fall-Freund-Deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=6

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