Navigation und Service

Lenbach, Franz Seraph von

Erster Entwurf zum Bildnis von Lenbachs Frau und Töchterchen mit späterer Blumenumrahmung von A. Kunz

Entstehungsjahr unbekannt
Technik Öl auf Leinwand
Maße 130 x 116 cm
Münchener-Nr. 8862
Linz-Nr. 3568
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Franz von Lenbach (1836-1904), zählte zusammen mit Franz von Stuck und Friedrich August von Kaulbach zu den Münchener Malerfürsten des 19. Jahrhunderts.1 Das vorliegende Gemälde zeigt einen Entwurf zum Doppelbildnis der Gattin von Lenbach, die die Tochter auf dem Arm trägt. Beide sind nach links gewandt und haben ihre Blicke nach oben gerichtet. Später wurden die Dargestellten von einem Blumenkranz umrahmt, den Adam Kunz hinzufügte.

Provenienz

Zeittafel
Mind. 1939 bis 1944 Im Besitz des jüdischen Antiquitätenhändlers Richard Klein, Wien 
1.2.1944 487. Kunstauktion im Dorotheum, Wien, Kat.Nr. 107, für RM 6.600 verkauft; Einbringer des Bildes war der Restaurator Prof. Josef Hofmann-Altenheim, Wien, im Auftrag von Richard Klein 
1.2.1944 Dort vom „Sonderauftrag Linz“ erworben 

Die Ermittlungen der Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt (TVK) ergaben, dass das Gemälde betitelt als „Erster Entwurf zum Bildnis von Lenbachs Frau mit Töchterchen mit späterer Blumenummrahmung von A. Kunz“ am 1. Februar 1944 auf der 487. Kunstauktion des Wiener Dorotheums mit der Katalognummer 107 für RM 6.600 von der Sammlung „Sonderauftrag Linz“ erworben wurderahmung von A. Kunz“ am 1. Februar 1944 auf der 487. Kunstauktion des Wiener Dorotheums mit der Katalognummer 107 für RM 6.600 von der Sammlung „Sonderauftrag Linz“ erworben wurde.2 Ein aus Wien stammender Restaurator namens Hofmann-Altheim hat das Gemälde nach Angabe der Property Card „angeblich für den jüdischen Kunsthändler Klein, Wien“ in die 487. Kunstauktion des Dorotheums eingeliefert.3

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes: Mit der Nummer 107 wurde das Gemälde Franz von Lenbachs und Adam Kunz’ betitelt „Erster Entwurf zum Doppelbildnis von Lenbachs Gattin und Töchterchen mit späterer Blumenumrahmung von A. Kunz“ auf der 487. Kunstauktion des Wiener Dorotheums am 1. Februar mit einem Rufpreis von RM 4.000 angeboten und erhielt das Meistgebot von RM 6.600.4 Unterlagen zum Käufer des Werkes sind laut Mitteilung des Dorotheums hier nicht überliefert.5

Im Archivbestand des Bundesdenkmalamtes in Wien finden sich allerdings mehrere Verweise auf die Provenienz dieses Gemäldes. Im hier überlieferten „Verzeichnis der bodenständigen Kunstgegenstände, die für das geplante Linzer Kunstmuseum angekauft wurden“ ist das Gemälde von Lenbach und Kunz „Entwurf zum Doppelbildnis von Lenbachs Gattin und Töchterchen mit späterer Blumenumrahmung“ (Öl/Lwd., 130 x 116 cm) verzeichnet.6 Als Verkäufer des Kunstwerkes an die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ wird auch hier das Dorotheum Wien genannt. Laut weiterem Vermerk wurde das Gemälde am 5. Juli 1944 von Wien in den Führerbau nach München verbracht.7 Als Vorbesitzer wird hier - wie auf der Property Card -„Hofmann-Altenheim, Wien“ genannt.8 Mit Schreiben vom 24. Juni 1949 bestätigte das Wiener Dorotheum dem Bundesdenkmalamt in Wien, dass das Gemälde mit der Linzer Nummer 3568 am 1. Februar 1944 von Josef Hofmann-Altenheim, Wien IV., Wiedn. Hauptsr. 40“ in die 487. Kunstauktion des Dorotheums eingeliefert worden ist.9

Weiterführende Hinweise zu Provenienz und den erwähnten Vorbesitzern des Gemäldes finden sich darüber hinaus im Archivbestand Restitutionsmaterialien.10 Demnach beantragte die Österreichische Bundesregierung gemäß des Fünften Teiles des Überleitungsvertrages am 3. Mai 1956 die Restitution des Gemäldes von Franz von Lenbach und Adam Kunz.11 Zur Provenienz des Gemäldes äußerte sich das Bundesamt für Äußere Restitution in Bad Homburg gegenüber der Österreichischen Botschaft in Bonn mit Schreiben vom 14. Mai 1957.12 Die Akten des Central Collecting Point (CCP) bestätigten demnach den Ankauf des Gemäldes durch den „Sonderauftrag Linz” auf der Auktion des Dorotheums in Wien am 1. Februar 1944 für RM 6.600. „Als Einbringer (erschien) der Restaurator Josef Hofmann-Altenheim, Wien IV, Wiedner Hauptstrasse 40 (...), der nach seinen Angaben jedoch das Gemälde in seinem Namen, aber im Auftrag des 1945 gestorbenen Kunsthändlers Richard Klein, zuletzt Wien, Karlsgasse 16, einbrachte, weil dieser aus den bekannten politischen Gründen nicht in Erscheinung treten konnte. Herr Hofmann-Altenheim kann (...) jedoch nicht sagen, wer 1938 Eigentümer des Bildes gewesen ist. Er gibt lediglich an, dass lt. seinem Restaurierbuch im Jahre 1943 als Eigentümer ein Herr Ernst Koreska, damals Wien IV, Blechturmgasse 26 oder 28, erschien. Von diesem soll Herr Klein das Bild nach diesem Zeitpunkt erworben haben.“13
Das Bundesamt für Äußere Restitution bat die Österreichische Botschaft angesichts des nicht eindeutigen Eigentümernachweises für das Jahr 1938, um entsprechende Nachweise, dass sich das Gemälde vor dem Anschluss Österreichs, dem 12. März 1938 tatsächlich in Österreich befunden hat. Das Bundesdenkmalamt in Wien lud daraufhin den von Josef Hofmann-Alt(en)heim erwähnten ehemaligen Eigentümer, Ernst Koreska zu einem klärenden Gespräch. Am 9. Juli 1957 gab dieser folgende Erklärung zur Provenienz des Gemäldes zu Protokoll:
„Das gegenständliche Bild, dessen sich Herr Koreska nur dunkel, als eines angeblichen Lenbachwerkes, eines Bildnisses mit Medaillon und Blumen, erinnert, wurde von dem Genannten über Ersuchen des Kunsthändlers R. Klein für den letzteren ca. i. J. 1940 oder 1941 in dem Kunstauktionshaus Kende (Versteigerungshaus in der Kärntnerstrasse) erworben. Über die Provenienz ist Herrn Koreska nichts bekannt.“14 Das Bundesdenkmalamt prüfte daraufhin alle Versteigerungen des von Ernst Koreska erwähnten Wiener Kunstauktionshauses Kende und befragte zusätzlich ehemalige Mitarbeiter. In den konsultierten Versteigerungskatalogen der Jahre 1940 und 1941 ließ sich das Gemälde Franz von Lenbachs und Adam Kunz’ „Erster Entwurf zum Bildnis von Lenbachs Frau mit Töchterchen mit späterer Blumenumrahmung von A. Kunz“ allerdings nicht nachweisen. Auf der Kunstauktion des Versteigerungshauses Kärntnerstrasse (vormals Kende), Wien vom 10. und 11. Dezember 1940 wurden nach Aussage des ehemaligen Mitarbeiters, F. J. Nagler nachweislich mehrere Gemälde Franz von Lenbachs versteigert. Darunter insgesamt sechs Bildnisse. Ein Doppelportrait von Lenbachs Gattin mit seiner Tochter scheint aber auch hier nicht auf.15 Das Bundesdenkmalamt in Wien mutmaßte daraufhin, dass es sich bei der von Ernst Koreska getätigten Aussage, er habe das Gemälde um 1940/41 über dieses Wiener Auktionshaus im Auftrag des Kunsthändlers Richard Klein, Wien erworben, um eine „Erinnerungstäuschung“ handelte.16

Mit Schreiben vom 17. September 1958 erhielt das Bundesdenkmalamt, Wien vom Bundesamt für Äußere Restitution, Bad Homburg den Ablehnungsbescheid für die von der österreichischen Regierung beantragte Restitution des Gemäldes „Doppelbildnis“ von Franz von Lenbach und Adam Kunz.17 Als Begründung führte das Bundesamt für Äußere Restitution die fehlenden Nachweise, das sich das Bild schon vor dem 12. März 1938 in Österreich befunden hat, an.
Die Nachforschungen des Bundesamtes für Äußere Restitution, Bonn zur Provenienz des Lenbach Gemäldes nach 1938 deckten sich allerdings mit den ermittelten Angaben des Bundesdenkmalamtes in Wien. Bestätigt wurde der Ankauf des Werkes durch die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ auf der 487. Kunstauktion des Wiener Dorotheums am 1. Februar 1944 für RM 6.600. „Einbringer des Bildes war ein Herr Hofmann-Altenheim, Wien, der es für den jüdischen Antiquitätenhändler Klein zur Restaurierung übernommen und, da Klein selbst–als Jude–keine Geschäfte tätigen konnte, für diesen wiederholt Bilder verkauft hatte.“18 Weiterführende Anhaltspunkte zur Provenienz des Gemäldes waren auch die dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht zu entnehmen.

Die im Rahmen dieses Restitutionsverfahrens ermittelten Angaben zur Provenienz und somit zu den Vorbesitzern des Gemäldes wurden daraufhin nochmals genauer verifiziert.
Die aktuellen Recherchen der Autorin in den überlieferten Auktionskatalogen des Wiener Versteigerungshauses Kärntnerstrasse (vorm. Albert Kende) der Jahre von 1935 bis 1944 bestätigen, die schon 1958 vom Bundesdenkmalamt in Wien ermittelten Ergebnisse, dass hierin kein Doppelbildnis von Lenbachs’ Gattin mit Tochter verzeichnet ist. Die Wiener Kunsthandlung Albert Kende in der Kärntnerstraße 4 war seit den 1930er Jahren ähnlich wie das ebenfalls in Wien ansässige Auktionshaus von Samuel Kende, Rotenturmstrasse 1419 und dem Dorotheum bekannt durch sogenannte Hausauktionen, Versteigerungen, die in Privatwohnungen abgehalten wurden. 1936 und 1937 fanden bei Albert Kende jeweils vier solcher Auktionen statt.20 Als Jude gehörte der Kunsthändler Albert Kende nach dem Anschluss Österreichs am 12. März 1938 zu den Verfolgten des NS-Regimes. Seine Kunsthandlung wurde ihm entzogen. Sein ehemaliger Mitarbeiter, Ferdinand Nagler, der 1958 im Rahmen des Restitutionsantrages vom Bundesdenkmalamt, Wien über die Provenienz des Lenbach Gemäldes befragt wurde, übernahm die Kunsthandlung Kende in der Kärntnerstrasse in Wien, die umbenannt wurde in „Kunst und Auktionshaus Kärntnerstrasse“ und fortan als ein Umschlagsplatz für „arisierten“ Kunstbesitz fungierte. Albert Kende wurde nach Theresienstadt deportiert, wo er ermordet wurde.21

Als Ernst Koreska das Gemälde Franz von Lenbachs wie er 1958 gegenüber dem Bundesdenkmalamt in Wien zu Protokoll gab, im Kunstauktionshaus Kärntnerstrasse (vorm. Kende) im Auftrag des Kunsthändlers Richard Klein um 1940/41 erwarb, befand sich die Kunsthandlung demnach bereits im Besitz von Ferdinand Nagler. Ob Ernst Koreska das Gemälde tatsächlich im Kunstauktionshaus Kärntnerstrasse erwarb, konnte angesichts fehlender Quellen zu diesem Unternehmen nach 1938 nicht ermittelt werden.

Ernst Koreska, der am 12. März 1903 in Wien geboren wurde, lebte nach Auskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs als „Reisedisponent“ in Wien und meldete sich 1958 nach Graz ab.22 In welcher Beziehung er zu dem jüdischen Kunsthändler Richard Klein stand, konnte nicht geklärt werden. Da er nach Auskunft der Israelitischen Kultusgemeinde, Wien, in keiner der hier verwalteten verfolgungsrelevanten Archivkarteien nachzuweisen ist, gehörte er somit nachweislich nicht zu den Verfolgten des NS-Regimes.23

Zu Richard Klein, in dessen Auftrag Ernst Koreska das Gemälde nach eigenen Angaben um 1940/41 erworben hat, konnten folgende Hinweise ermittelt werden. In den Historischen Meldeunterlagen des Wiener Stadt- und Landesarchiv scheint Richard Klein, geboren am 1. September 1881 in Wien als Kaufmann bzw. „Magazinarbeiter“ auf. Klein war mosaischen Glaubens und verheiratet mit Antoinette, geborene Schutt, katholisch. Das Ehepaar hatte vier Töchter und lebte seit 1920 in der Wiener Frankenberggasse 4.24 In der Karlsgasse 16 führte Richard Klein eine Antiquitätenhandlung, die laut Eintrag im Wiener Handelsregister am 12. Februar 1937 gelöscht wurde.25 Noch 1941 lebte Richard Klein laut Meldekarte zusammen mit seiner Frau und den Töchtern in der Frankenberggasse 2. Vom 20. Juni 1944 bis zu seinem Tod am 19. Mai 1945 befand sich er sich dann im Spital in der Wiener Malzgasse 16.26 Ob Richard Klein in „geschützter Mischehe“ in Wien überleben konnte, oder sich versteckt hielt, konnte nicht eindeutig beantwortet werden.

Im Oberösterreichischen Staatsarchiv, Wien ist im Bestand Vermögensverkehrsstelle die Vermögensanmeldung des Antiquitätenhändlers Richard Klein vom 14. Juli 1938 überliefert.27 Sein Betriebsvermögen gab Klein hierin mit RM 6.643,45 an. In der Anlage der Vermögenserklärung findet sich ein Schreiben des Richard Klein vom 5. Dezember 1938 an die Vermögensverkehrsstelle Wien. Hierin teilte Klein mit, dass sein Geschäft „Richard Klein. Antiquitäten, Gemälde, antikes und modernes Kunstgewerbe. Einkauf. Verkauf. Kommission.“, Karlsgasse 16 „im Zuge der Absperrungen verschlossen wurde“ und dass aus diesem Grunde „Veränderungen des Vermögens infolge Ein- und Verkaufes von Waren, Entnahmen, Zahlungen etc.“ von ihm persönlich nicht mehr nachvollziehen seien.28 Über diesen Tatbestand informierte Klein in einem weiteren Schreiben vom 12. Dezember 1938 ebenfalls das Reichswirtschaftministerium in Wien und die Steueradministration für den 4. Bezirk, Wien. Wie er im Zuge seiner Vermögenserklärung bereits mehrmals mitgeteilt hat, sähe er sich „infolge der Absperrung meines Geschäftes ausserstande die Veränderungen des Vermögens zeitgerecht mitzuteilen und die Busserate einzuzahlen, weil ich weder Zugang zu den Belegen und Buchungen noch zu den Waren habe, aus denen allein ich das notwendige Geld aufbringen könnte, weil ich Privatvermögen nicht besitze. Ich bitte daher um gütige Stundung bis zur Verwertung der Waren durch mich oder einen behördlich abgestellten Abwickler oder um Erlaubnis in Kommission gegebene Waren zu dem Zweck veräussern zu dürfen, dass ich daraus einen entsprechenden Betrag zur Verrechnung auf die Busse einzahlen kann. (...) Ich bin Frontkämpfer und ausgezeichnet. Ich habe den absolut guten Willen den Anordnungen der Behörden auch unter schwersten Opfern zu entsprechen. Deckung für die Zahlung der Busse und der laufenden Steuerzahlungen ist durch meine Waren auch bei schlechter Verwertungsmöglichkeit zweifellos vorhanden.“29

Obwohl Klein zu diesem Zeitpunkt keinen genauen Überblick über den Warenbestand seines Geschäftes hatte, da dieses bereits geschlossen wurde, griff er im Zuge seiner Vermögensanmeldung auf eine ältere Inventarliste „Lageraufnahme. Stand vom 26. April 1938. Einkaufspreise in Reichsmark“ zurück.30 Mit laufender Lagernummer und dem entsprechenden Wert in Reichsmark ist der Bestand der Kunsthandlung mit oben erwähnten Stand hierin einzeln verzeichnet. Da lediglich Lagernummern angegeben sind, konnte nicht ermittelt werden, um welche Objekte es sich hier konkret handelte. Auf der Rückseite des Gemäldes Franz von Lenbachs „Erster Entwurf zum Bildnis von Lenbachs Frau mit Töchterchen mit späterer Blumenumrahmung von A. Kunz“ konnte zudem keine der hier verzeichneten Lagernummern ermittelt werden.31

Den Einkaufswert seines Lagers „lt. mitfolgender Abschrift aller noch unverkauften Posten“ bezifferte der Antiquitätenhändler auf „RM 18.749,05“.32 Mit der Abwicklung der endgültigen Auflösung des Antiquitätengeschäftes von Richard Klein wurde schließlich im März 1940 der Kommerzialrat, Otto Faltis, Wien I., Tuchlauben 7a bestellt.33 In seinem „Abschlussbericht über die Abwicklung der Antiquitätenhandlung Richard Klein, Wien“ vom 31.03.1940 gab Faltis an, dass die „Kommissionsware (...) soweit sie noch vorhanden war, über Anforderung nach Feststellung des Eigentumrechtes den Eigentümern bezw. deren ausgewiesenen Vertretern gegen Bestätigung ausgefolgt (wurde). (...) Nahezu das gesamte Warenlager wurde in der Pauschalveräusserung nach Schweden (2. Schwedenverkauf) mitverkauft.“ Außerdem wurde ein nicht näher bezeichnetes „Bild (...) zwecks Begleichung dringlicher Forderungen freihändig veräussert.“ Alle Einnahmen wurden dann „zur Deckung sämtlicher angemeldeten, berechtigten Forderungen und der laufenden Abwicklungskosten verwendet. Der Bargeldüberschuss wurde an die Vermögensverkehrsstelle abgeführt.“34 Unter den aufgeführten und erfüllten „Zahlungsverpflichtungen und Spesen zu Lasten der Kunsthandlung Richard Klein“ findet sich erstmals ein Hinweis auf Kleins’ Verbindung zu dem Wiener Restaurator, Professor Hofmann-Altenheim, der das hier zu behandelnde Gemälde Franz von Lenbachs’ „Erster Entwurf zum Doppelbildnis von Lenbachs Gattin und Töchterchen mit späterer Blumenumrahmung von A. Kunz“ nach eigener Aussage im Auftrag von Richard Klein im Februar 1944 im Dorotheum versteigern ließ. Am 9. Oktober 1939 erging demnach eine Zahlung an „Prof. Hofmann für Restaurierung von Bildern in Höhe von RM 245.“35 Zu diesem Zeitpunkt war die Antiquitätenhandlung allerdings bereits geschlossen und Klein hatte als Jude keinerlei Ansprüche mehr.

In einem Fragebogen der Israelitischen Kultusgemeinde, Wien, gab eine Tochter des Richard Klein im Jahre 1998/99 an, dass das Antiquitätengeschäft ihres Vaters im Zuge des Novemberpogroms geplündert wurde.36 In den hier beschriebenen Unterlagen der Vermögensanmeldung von Richard Klein konnte das Gemälde Franz von Lenbachs „Erster Entwurf zum Doppelbildnis von Lenbachs Gattin und Töchterchen mit späterer Blumenumrahmung von A. Kunz“ nicht nachgewiesen werden. Als Ernst Koreska das Gemälde wie er 1958 im Rahmen der Befragung durch das Bundesdenkmalamt in Wien zu Protokoll gab, um 1940/41 im Auftrag von Richard Klein erwarb, war die Antiquitätenhandlung bereits aufgelöst. Da nicht ermittelt werden konnte, wann genau und über welche Kunsthandlung Koreska das Gemälde im Auftrag von Richard Klein erwarb, bleibt die Provenienz weiter ungeklärt. Unbestritten ist, dass Richard Klein als Jude zu den Verfolgten des NS-Regimes gehörte und es nur unter schwersten Bedingungen geschafft hat, bis zu seinem Tod im Mai 1945 in Wien zu überleben.

Weitere Recherchen zu dem Wiener Restaurator Josef Hofmann-Altenheim, der das Gemälde Franz von Lenbachs nach eigener Aussage im Auftrag von Richard Klein zur 487. Versteigerung ins Dorotheum am 1. Februar 1944 einlieferte, da dieser als Jude keine Rechtsgeschäfte mehr tätigen durfte, erbrachten ebenfalls keine aufklärenden Hinweise. Lediglich eine Verzeichnung Hofmann-Altenheims im Wiener Adressbuch des Jahres 1941 als „Gewerbe- und Gemälderestaurator“ konnte ermittelt werden.37

Der kunsthistorischen Literatur zum Werk Franz von Lenbachs konnten keine weiterführenden Hinweise zur Provenienz des Gemäldes entnommen werden.38 Und auch im Werkverzeichnis des Künstlers ist das Gemälde nicht verzeichnet.39

Die Israelitische Kultusgemeinde in Wien steht in Kontakt mit den Nachkommen des Richard Klein. Diese verfügen gegebenenfalls über weitere Hinweise zum Schicksal des Richard Klein während der NS-Herrschaft oder über Materialien, welche zur Klärung der Provenienz des Gemäldes beitragen könnten. Richard Klein gehörte als Jude unbestritten zu den durch das nationalsozialistische Regime verfolgten Personen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle bekannten Quellen ausgeschöpft sind. Ein NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust kann nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2010

1 Thieme/Becker 1999, Bd. 23, S. 43ff.
2 Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 8862. Sowie: LF (Linz Film): XXVII/7/28; Österreichische Claim I; 457-08-55 Hofmann-Altheim; Mit Schreiben vom 24.6.1949 an das Bundesdenkmalamt in Wien bestätigte das Dorotheum, Wien, dass das Gemälde mit der Linz-Nummer 3568 von Josef Hofmann-Altenheim, Wien IV., Wiedn. Hauptstr. 40 mit der Nummer 107 in die 487. Kunstauktion des Wiener Dorotheums gegeben wurde. Vgl. hierzu: BArch, B 323/331, Dorotheum Wien, 457-B-99 Dorotheum, Schreiben vom 24.06.1949.
3 Ebd.
4 Mitteilung Dorotheum Wien vom 12.03.2008.
5 Ebd.
6 Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, K 13/1 M7, fol. 77, 78. Sowie: Photoverzeichnis vom 14.06.1944: Fr. v. Lenbach u. A. Kunz, Entwurf z. Bildnis Frau m. Kind, Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, K 10/1, M2, fol. 70; Photoinventar, Bundesdenkmalamt, Wien, P 1616.
7 Mit Schreiben vom 10. Februar 1944 bestätigte das Dorotheum in Wien dem Institut für Denkmalpflege, Wien, dass verschiedene Kunstwerke, darunter „Kat. Nr. 107 Dorotheum-Konsignations-Nr. 215.917/10, Franz von Lenbach und Adam Kunz: Entwurf zum Doppelbildnis von Lenbachs Gattin und Töchterchen, mit späterer Blumenumrahmung von A. Kunz, Öl auf Leinwand, 130 x 116, RM 6.600.-“ im Auftrag von Prof. Dr. Hermann Voss, Dresden dem Institut für Denkmalpflege in Wien übergeben werden. Diese sollten dann weiter „an Architekt Reger, München 33, Führerbau“ geschickt werden. Vgl. Schreiben vom Dorotheum, Wien an das Institut für Denkmalpflege, Wien vom 10.02.1944, Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, K 10/1, fol. 28 sowie K 10/1, M3, fol. 3.
8 Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, K 13/1 M7, fol. 77, 78.
9 Brief des Dorotheum, Wien an das Bundesdenkmalamt, Wien vom 24.06.1949, Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, K 13/1 M7, fol. 77, 78. Sowie: BArch, B 323/331, Dorotheum Wien, Schreiben vom 24.06.1949.
10 Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, K 37/1: Hofmann-Altenheim, Josef, fol. 1-21. Personen: Koreska, Ernst; Klein, Richard, 1957-1958.
11 Brief der Österreichischen Bundesregierung an das Bundesamt für Äußere Restitution, Bad Homburg vom 03.05.1956, Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, K 37/1: Hofmann-Altenheim, Josef, fol. 1-21. Personen: Koreska, Ernst; Klein, Richard, 1957-1958. Sowie: BArch, LF (Linz Film): XXVII/7/28; Österreichische Claim I; 457-08-55 Hofmann-Altheim.
12 Brief des Bundesamtes für Äußere Restitution, Bad Homburg an die Österreichische Botschaft, Bonn vom 14.05.1957, Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, K 37/1: Hofmann-Altenheim, Josef, fol. 1-21. Personen: Koreska, Ernst; Klein, Richard, 1957-1958. Sowie: BArch, LF (Linz Film): XXVII/7/28; Österreichische Claim I; 457-08-55 Hofmann-Altheim.
13 Brief des Bundesamtes für Äußere Restitution, Bad Homburg an die Österreichische Botschaft, Bonn vom 14.05.1957, Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, K 37/1: Hofmann-Altenheim, Josef, fol. 1-21. Personen: Koreska, Ernst; Klein, Richard, 1957-1958. Sowie: BArch, LF (Linz Film): XXVII/7/28; Österreichische Claim I; 457-08-55 Hofmann-Altheim.
14 Gesprächsprotokoll Bundesdenkmalamt, Wien vom 09.07.1957, Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, K 37/1: Hofmann-Altenheim, Josef, fol. 1-21. Personen: Koreska, Ernst; Klein, Richard, 1957-1958.
15 Auktionskatalog Versteigerungshaus Kärntnerstrasse (vormals Kende), Wien vom 10. und 11.12.1940, Nr. 55-60.
16 Aktennotiz Bundesdenkmalamt, Wien vom 12.02.1958, Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, K 37/1: Hofmann-Altenheim, Josef, fol. 1-21. Personen: Koreska, Ernst; Klein, Richard, 1957-1958.
17 Brief des Bundeskanzleramtes, Auswärtige Angelegenheiten, Bonn an das Bundesdenkmalamt, Wien vom 17.09.1958, Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, K 37/1: Hofmann-Altenheim, Josef, fol. 1-21. Personen: Koreska, Ernst; Klein, Richard, 1957-1958.
18 Brief des Bundeskanzleramtes, Auswärtige Angelegenheiten, Bonn an das Bundesdenkmalamt, Wien vom 17.09.1958, Archiv Bundesdenkmalamt, Wien, Restitutionsmaterialien, K 37/1: Hofmann-Altenheim, Josef, fol. 1-21. Personen: Koreska, Ernst; Klein, Richard, 1957-1958.
19 Das Kunstantiquariat und Auktionshaus S. Kende, Wien wurde 1938 von dem deutschen Kunsthändler Adolph Weinmüller „arisiert“. Vgl. hierzu: Gabriele Anderl, Bilder als stumme Zeugen: Die “Arisierung“ des Kunstantiquariats und Auktionshauses S. Kende durch Adolph Weinmüller, in: David. Jüdische Kulturzeitschrift, Wien 2006.
20 Vgl. hierzu: Tina Walzer / Stephan Templ, Unser Wien. „Arisierung“ auf österreichisch, Berlin 2001, S. 173 f.
21 Österreichisches Staatsarchiv, Wien, Vermögensverkehrsstelle Albert Kende, VVSt 11666.
22 Meldeunterlagen zu Ernst Koreska, geb. 12.03.1900 in Wien, Wiener Stadt- und Landesarchiv, Wien. Mitteilung vom 28.08.2008.
23 Mitteilung der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Wien vom 08.09.2008. Ein Nachlass des Ernst Koreska konnte in österreichischen Archiven nicht ermittelt werden.
24 Historische Meldeunterlagen zu Richard Klein, Wiener Stadt- und Landesarchiv, Wien.
25 Handelsgericht Wien, B 76: A 39/20, Handelsregister, Wiener Stadt- und Landesarchiv, Wien.
26 Historische Meldeunterlagen zu Richard Klein, Wiener Stadt- und Landesarchiv, Wien.
27 Oberösterreichisches Staatsarchiv, Wien, Vermögensverkehrsstelle Richard Klein, VA. 44.156.
28 Brief von Richard Klein an die Vermögensverkehrsstelle, Wien vom 05.12.1938, Oberösterreichisches Staatsarchiv, Wien, Vermögensverkehrsstelle Richard Klein, VA. 44.156
29 Brief von Richard Klein an das Reichswirtschaftsministerium, Wien sowie an die Steueradministration, Wien vom 12.12.1938, Oberösterreichisches Staatsarchiv, Wien, Vermögensverkehrsstelle Richard Klein, VA. 44.156.
30 Oberösterreichisches Staatsarchiv, Wien, Vermögensverkehrsstelle Richard Klein, VA. 44.156.
31 Mitteilung des Lenbach-Museum, Schrobenhausen vom 19.05.2008.
32 Oberösterreichisches Staatsarchiv, Wien, Vermögensverkehrsstelle Richard Klein, VA. 44.156.
33 Oberösterreichisches Staatsarchiv, Wien, Vermögensverkehrsstelle Richard Klein, VA. 44.156.
34 Bericht und Schlussabrechnung über die Abwicklung der Antiquitätenhandlung Richard Klein, Wien vom 31.03.1940, Oberösterreichisches Staatsarchiv, Wien, Vermögensverkehrsstelle Richard Klein, VA. 44.156.
35 Bericht und Schlussabrechnung über die Abwicklung der Antiquitätenhandlung Richard Klein, Wien vom 31.03.1940, Oberösterreichisches Staatsarchiv, Wien, Vermögensverkehrsstelle Richard Klein, VA. 44.156.
36 Mitteilung der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Wien vom 10.09.2008.
37 Eintrag Josef Hofmann-Altenheim in Wiener Adressbuch des Jahres 1941, Meldeunterlagen, Wiener Stadt- und Landesarchiv, Wien. Mitteilung vom 19.08.2008.
38 Isabel Fechter, Treffender als das Leben selbst: ein Ensemble von Portraitstudien Franz von Lenbachs, in: Weltkunst, 77., München 2007; Ausst.-Kat. Franz von Lenbach: Sonnenbilder und Portraits, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, hrsg. von Reinhold Baumstark, München 2004; Ausst.-Kat. Die ganze moderne Kunst über den Haufen werfen: Franz von Lenbach und die Kunst heute, Museum Morsbroich, Leverkusen 2003; Carola Muysers, Das bürgerliche Portrait im Wandel: Bildnisfunktionen und Auffassungen in der deutschen Moderne 1860-1900, Hildesheim 2001; Sonja von Baranow, Franz von Lenbach: Leben und Werk, Köln 1986; Winfried Ranke, Franz von Lenbach: der Münchner Malerfürst, Köln 1986; Ausst.-Kat. Franz von Lenbach: 1836-1904, Städtische Galerie im Lenbachhaus, hrsg. von Rosel Gollek und Winfried Ranke, München 1986; Ausst.-Kat. Franz von Lenbach: 1836-1986, Waaghaus Schrobenhausen, Schrobenhausen 1986; Sonja Mehl, Franz von Lenbach in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München 1980, Kat. Nr. 457; Horst Ludwig, Franz von Lenbach: Malerfürst des Deutschen Kaiserreichs, in: Weltkunst, 49., München 1979, S. 2096-2098; Siegfried Wichmann, Franz von Lenbach 1836-1904: die Gruppe als Gruppenfolge in der Bildnismalerei des Franz von Lenbach und seiner Zeitgenossen, Starnberg 1975; Siegfried Wichmann, Franz von Lenbach und seine Zeit, Köln 1973; Sonja Mehl, Franz von Lenbach (1836-1904): Leben und Werk, Hochschulschrift: München, Univ., Diss., 1972, S. 112 f.; Hermann Behr, Der Malerfürst: Franz von Lenbach und seine Zeit, München 1960; Franz Naager, Franz von Lenbach, in: Die Kunst, 75., 1937, S. 97-106; Hugo Kehrer, Franz von Lenbach: Hundert Jahre Wesen und Welt, München 1937; Ausst.-Kat. Franz von Lenbach, Ausstellungskatalog der IX. veranstalteten Internationalen Kunstausstellung zu München, München 1905; Franz Wolter, Franz von Lenbach, in: Die Kunst, 7., 1903, S. 1-10.
39 Sonja von Baranow, Franz von Lenbach. Leben und Werk, Köln 1986; In ihrer Dissertationsschrift aus dem Jahre 1972 erwähnt Sonja Mehl das Gemälde mit dem Titel „Mutter (Frau Schoen?) mit Kind im Blumenkranz“ als Gemeinschaftsarbeit von Franz von Lenbach und Adam Kunz. Sie datiert das Werk auf 1881. Vgl. hierzu: Sonja Mehl, Franz von Lenbach (1836-1904). Leben und Werk, Hochschulschrift: München, Univ., Diss., 1972, S. 112 f.

Kontakt

Bei Fragen und Anregungen nutzen Sie bitte unser Kontaktformular

Zum Kontaktformular