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Lenbach, Franz Seraph von

Bildnis des Grafen Schack

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Holz
Maße 67,5 x 51,5 cm
Münchener-Nr. 8960
Linz-Nr. 778
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Der zu den Münchener "Malerfürsten" zählende Franz von Lenbach lebte von 1836 bis 1904. Er zählte zu den beliebtesten und erfolgreichsten Porträtmalern seiner Zeit.

Das mit "F.Lenbach" signierte Gemälde zeigt den als Mäzen bekannten Dichter, Literatur-und Kunsthistoriker Adolf Friedrich Graf von Schack (1815-1894).

Provenienz

Zeittafel
1927Ankauf durch die Galerie D. Heinemann
1938/39F.H. Zinckgraf, Galerie am Lenbachplatz
1939über Galerie Almas an das Deutsche Reich, "Sonderauftrag Linz"

Die Münchener Kunsthändlerin Frau Almas–Dietrich sagte nach einer Besichtigung der Gemälde mit den Linz-Nummern 600 bis 1.100 im Central Collecting Point München am 16.03.1949 aus, dass sie das Gemälde „Graf Schack“ aus deutschem Besitz erworben habe. Es ist von Ihr dann an den Sonderauftrag Linz veräußert worden, wo es die Inventarnummer Linz 778/627 erhielt.

Eine genauere Feststellung der ursprünglichen Eigentümer erfolgte zu diesem Zeitpunkt nicht.

Im Nachlass der Galerie Heinemann, München; der sich im Archiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg befindet, werden Dokumente aufbewahrt, die Auskunft über An- und Verkäufe der Kunsthandlung geben. Das Germanische Nationalmuseum teilte auf Anfrage mit, dass das o.g. Gemälde am 05.11.1927 vom Vorbesitzer Herrn Mainzer aus München erworben wurde. Eine weitere Suche in diesen Listen ergab, dass das Gemälde „Graf Schack“ von Franz von Lenbach (Maße 67,5 x 51,5cm) am 07.07.1939 an Frau Almas, München, verkauft worden ist. Vorher sei es im Wege eines Tauschgeschäfts am 23.3.1934 aus der Galerie Hansen, Luzern/Schweiz, an die Galerie Heinemann, München, gegeben worden.

Laut den Feststellungen in einem späteren Wiedergutmachungsverfahren der Erbengemeinschaft nach Frau Franziska Heinemann, besaß diese Geschäftsanteile an der Galerie Hansen. Gemälde wurden zwischen Luzern und München ständig ausgetauscht, je nach dem, wo die größere Chance gesehen wurde, das Gemälde zu verkaufen.

Das Bayerische Wirtschaftsarchiv teilte auf Anfrage am 25.01.2001 mit, dass die Münchener Galerie Heinemann im Jahre 1939 durch einen Verkauf an Herrn Friedrich H. Zinckgraf „arisiert“ wurde. Genauere Angaben hierzu übermittelte das Stadtarchiv München. In seinem Schreiben vom 31.01.2001 teilte es mit, dass Frau Franziska Heinemann, zum Zeitpunkt der Schädigung, Alleineigentümerin der Kunsthandlung war. Herr Zinckgraf, ein langjähriger Angestellter der Galerie Heinemann, stellte am 18.11.1938 beim städtischen Gewerbeamt einen Antrag auf Übernahme des Geschäfts, wofür er am 17.01.1940 die Genehmigung erhielt. Der formale Geschäftsübergang wurde mit Eintrag in die Gewerbekartei auf den 10.11.1938 zurückdatiert.

Am 17.02.1939 wurde zwischen Frau Heinemann, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Leiprecht, und Herrn F. H. Zinckgraf ein Vertrag über den Verkauf der Firma Galerie D. Heinemann, einschließlich des Warenlagers abgeschlossen. An Herrn Zinckgraf verkauft wurde auch das Grundstück Lenbachplatz 5 in München, auf dem die Galerie betrieben wurde, das aber kein Betriebsvermögen war. Der Kaufpreis gelangte nicht in die freie Verfügung der Geschädigten, sondern wurde u.a. für die Begleichung diskriminierender Sonderabgaben verwandt.

Am 25.11.1938 wurde von der GESTAPO die Wohnung von Frau Heinemann geplündert und Kunstwerke im Wert von ca. 40.000,- RM, die privates Eigentum waren, entwendet.Im Dezember 1938 wurde Frau Heinemann wegen angeblicher Devisenvergehen inhaftiert und erst nach Zahlung von 25.000,- US-Dollar und 5.000,- Pfund  im Februar 1939 in die Schweiz entlassen.Frau Franziska Heinemann ist am 17.11.1940 in New York verstorben. Erben sind ihre Söhne Dr. Fritz Heinemann, Kunsthistoriker und Paul Heinemann, Kaufmann. Ansprüche u.a. auf Rückerstattung der Gemäldegalerie wurden von den Erben mit Anmeldung vom 02.07.1948 geltend gemacht.Am 17.10.1949 haben die Erben mit Herrn F. H. Zinckgraf vor der Wiedergutmachungsbehörde I Oberbayern in München einen Vergleich abgeschlossen. Es wurde eine Einigung dahingehend erzielt, dass der Verpflichtete grundsätzlich die Rückerstattungsansprüche der Berechtigten anerkennt. Unter anderem wurde die Rückübertragung des Grundstücks Lenbachplatz 5 an die Erbengemeinschaft vereinbart.

Auf die Rückerstattung der durch verfolgungsbedingten Zwangsverkauf in das Eigentum des Herrn Zinckgraf übergegangenen Gemäldegalerie wurde unter folgenden Bedingungen verzichtet: von den zu diesem Zeitpunkt in der Galerie vorhandenen Gemälden erhalten Herr Paul Heinemann, Herr Dr. Fritz Heinemann und Herr Zinckgraf je 1/3 nach einem bestimmten Auswahlprinzip. Weitere 13, im Vergleich bestimmte Gemälde, erhalten die Erben aus dem Besitz des Herrn Zickgraf sofort zurück.

Ansprüche auf Herausgabe von Gemälden, die Herrn Zinckgraf gegen das Deutsche Reich oder seinen Rechtsnachfolger, das Linz-Museum und die Collecting Points zustanden, wurden von ihm an die Erben abgetreten. Eine Liste der beanspruchten Gemälde ist im Vergleichsprotokoll enthalten. In dieser Liste sind ca. 100 Gemälde aufgeführt, die in der Zeit zwischen 1914 und 1944 von der Galerie Heinemann/Zinckgraf erworben und direkt oder über andere Händler an das Neue Museum in Linz verkauft worden sind. Ferner wurde vereinbart, dass sämtliche Geschäftsunterlagen sofort an die Erben zu übergeben sind. Das Gemälde „Graf Schack“ ist in der Aufstellung dieser vorgenannten Liste nicht enthalten. Ob es nur vergessen worden ist oder aus einem anderen Grund dort keine Erwähnung fand, konnte nicht geklärt werden und ist im Ergebnis, wie weiter unten ausgeführt wird, unerheblich. Der an das Deutsche Reich gerichtete Anspruch auf Herausgabe, der im Collecting Point gelagerten Gemälde, die unmittelbar über die Galerie Zinckgraf oder unter Vermittlung über die Kunsthändlerin Almas-Dietrich an das „Führermuseum“ Linz verkauft wurden, war Gegenstand eines über Jahre geführten Rechtsstreits.

Im Beschluß der Wiedergutmachungskammer beim Landgericht München I vom 11.07.1952 wird festgestellt, dass 1.) der Vergleich vom 17.10.1949 rechtswirksam ist und 2.) der Rückerstattungsanspruch auf die aus dem Bestand der Galerie Heinemann verkaufte Gemälde, der gegen das Deutsche Reich und das Land Bayern gerichtet ist, als unzulässig zurückgewiesen wird. Mit Beschluß des Wiedergutmachungssenats beim Oberlandesgericht München vom 16.03.1953 wurde der vorgenannte Beschluß zu 2.) an die Wiedergutmachungskammer zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Anmeldung der Antragsteller auf Rückerstattung des Geschäftsbetriebes genüge den gesetzlichen Anforderungen des § 58 Abs. 1 REG hinsichtlich der genügenden Beschreibung des entzogenen Vermögensgegenstandes. Der Anspruch auf Rückgabe von einzelnen Gemälden aus dem Betriebsvermögen ist daher einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen.

Die 2. Wiedergutmachungskammer beim Landgericht München I hat mit Beschluß vom 22.07.1954 unter

I. den Antrag auf Rückerstattung sogenannter Surrogatsbilder, d.h. aus durch Verkauf von Gemälden der Galerie Heinemann erzieltem Gewinn im Rahmen des Geschäftsbetriebes neu eingekaufte und weiterverkaufte Gemälde, als unbegründet abgewiesen und unter

II. auch den Antrag auf Rückerstattung der unmittelbar zum Zeitpunkt des Zwangsverkaufs im Warenbestand der Galerie Heinemann befindliche Bilder, die dann weiterverkauft wurden, als unbegründet abgewiesen.

„Sinn und Zweck des § 29 Abs. 3 REG ist nach Ansicht der Kammer lediglich der, dem Rückerstattungsberechtigten das in der Hand des Rückerstattungspflichtigen befindliche Geschäftsunternehmen zurückzuerstatten, das wert- und umfangmässig ein Äquivalent für das seinerzeit entzogene sein soll.“

Der Verkauf von Gemälden aus der Kunsthandlung stelle keinen weiteren Entziehungsvorgang dar. “Vom Standpunkt des Rückerstattungsgesetzes gesehen war der F. Zinckgraf sogar verpflichtet, Bilder zu verkaufen, d.h. Umsätze zu tätigen, da der Verpflichtete dem Rückerstattungsberechtigten ersatzpflichtig ist, wenn er es unterlassen hat, Nutzungen zu ziehen, obwohl er solche hätte ziehen können.“

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hin, hat der Wiedergutmachungssenat beim Oberlandesgericht München am 29.12.1954 beschlossen, dass der Beschluß der Kammer zu Punkt II a), das betrifft vier künstlerisch besonders wertvolle Gemälde aus dem Warenbestand der Galerie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages über die Kunsthandlung am 17.02.1939, zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Kammer zurückverwiesen wird. Im übrigen wurden die Beschwerden zurückgewiesen.

In seiner Begründung der Zurückverweisung stützt sich der Senat auf eine in der Entscheidung des Obersten Rückerstattungsgerichts - CORA – Nr. 349 zu Art. 19 REG vertretene Auffassung, die besagt, dass der Schutz durch Art. 19 REG bei Kenntnis der Entziehungshandlung vonseiten des Erwerbers beim Erwerb ausgeschlossen ist...„Guter Glaube im Sinne des REG liegt dann vor, wenn der Erwerber bei seinem Erwerb weder wusste, noch den Umständen nach annehmen musste, dass der entzogene Vermögensgegenstand je im Wege der Entziehung erlangt worden ist.“ Dementsprechend ist der Erwerber, der beim Erwerb von der Entziehung Kenntnis hatte, immer zur Rückerstattung verpflichtet ist. Dem gemäß wurde die Kammer verpflichtet zu prüfen, ob die Erwerber der vier streitbefangenen Gemälde Kenntnis davon hatten, dass die Gemälde entzogen worden waren.

Die Erwerber der Gemälde waren die Kunsthändlerin Frau Almas–Dietrich, die diese Gemälde an das „Führermuseum“ in Linz weiterverkaufte und Prof. Voss vom Sonderauftrag Linz. Beide hatten ganz gewiss Kenntnis von der „Arisierung“ der Galerie Heinemann. In Anerkennung dieser Tatsache und der Rechtslage wurde am 22.08.1956 vor der Wiedergutmachungskammer beim Landgericht München I zwischen den Antragstellern und dem Deutschen Reich vertreten durch die OFD München ein bedingter Vergleich abgeschlossen, in dessen Folge die vier Gemälde restituiert wurden.

Das Gemälde „Graf Schack“ von Lenbach war nachweislich zum Zeitpunkt der Arisierung im Bestand der Galerie Heinemann und ist ebenfalls durch Frau Almas–Dietrich von dort für das „Führermuseum“ erworben worden. Es erfüllt mithin alle die Kriterien, die auf die per Vergleich zurück übertragenen Gemälde zutrafen.

Auf Grundlage der vorstehenden Erkenntnissen zur Provenienzforschung aus dem Jahr 2001 ist ein nationalsozialistisch verfolgungsbedingter Vermögensverlust wahrscheinlich.

Der Sachverhalt wird aktuell abschließend bearbeitet (1/2023).

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