Bettera, Bartolomeo (?)
Halle mit Blumen und Musikinstrumenten, im Hintergrund Straßenszene
Entstehungsjahr | ohne Jahr |
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Technik | Öl auf Leinwand |
Maße | 134,5 x 203,5 cm |
Münchener-Nr. | 9166 |
Linz-Nr. | 112 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Bartolomeo Bettera (1639–nach 1688) war ein italienischer Stilllebenmaler.[1] Nur wenige, jedoch fein ausgeführte Arbeiten des Meisters haben sich erhalten. Sie stellen zumeist Teppiche, musikalische Instrumente, Uhren und Bücher dar. Werke des Künstlers befinden sich heute in seiner Geburtsstadt Bergamo sowie im Residenzschloss zu Meiningen.
Zum Zeitpunkt des Ankaufes für den „Sonderauftrag Linz“ war das Werk dem Künstler Evaristo Bachenis (1617–1677) zugeschrieben.[2]
Das Gemälde zeigt einen Innenraum mit zwei Rundbogenfenstern. Im Vordergrund befindet sich ein Tisch, auf dem ein ornamentierter Teppich liegt. Auf ihm befinden sich zahlreiche Musikinstrumente, darunter eine Trompete und mehrere Zupfinstrumente, sowie ein Globus am rechten Bildrand. Über die vordere Tischkante hinaus ragen zwei Notenhefte. Am linken Bildrand erstreckt sich eine Säule mit attischer Base über die gesamte Bildhöhe, davor ein zurückgeschlagener Vorhang. Die Fensteröffnungen geben den Blick auf eine Straße mit Menschenmenge frei.
Das Werk ist weder signiert noch datiert.
Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden. Darüber hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler überprüft.[3] Eine eindeutige Zuschreibung an Bettera konnte nicht bewiesen werden.
Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: „112“ (Linz-Nr.); „K1185“ (Kremsmünster).[4]
[1] Für das Folgende vgl. Thieme/Becker 1999, Bd. 2, S. 542.
[2] Vgl. BArch Koblenz, B323/159. Schreiben von Dr. Klopfer (Referent NSDAP), München an die Reichskanzlei, Berlin vom 09.03.1938. Bereits in der Fotokartei des Führerbaus ist rückseitig hingegen Bartolomeo Bettera als Künstler vermerkt. Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Führerbau Fotokartei, Linz-Nr. 112.
[3] Ohne Treffer: Marco Rosci, Baschenis, Bettera e Co. Produzione e mercato della natura morta del Seicento in Italia, Mailand 1971. Marco Rosci, Evaristo Baschenis, Bartolomeo e Bonaventura Bettera, Bergamo 1985.
[4] Laut Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9166. Diese Angaben konnten am Original nicht überprüft werden.
Provenienz
(…) | |
Bis März 1938 | Kunsthandlung Eduard Schulte, Berlin oder Hans W. Lange, Berlin |
Ab März 1938 | Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“), erworben über Karl Haberstock, Berlin |
Ab Mai 1941 | Eingang in das Kloster Kremsmünster |
Ab Sommer 1943 | Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee |
15.10.1945 | Eingang in den Central Collecting Point München |
Seit 1949 | Bundesvermögen |
Das Gemälde wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt vom Deutschen Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nr. 112. Ein im Bundesarchiv Koblenz erhaltenes Schreiben der Stabsleitung der NSDAP vom 9. März 1938 bestätigt den Eingang des Werkes im „Führerbau“.[1]
Zur Herkunft des Gemäldes liegen widersprüchliche Informationen vor. So ist auf der zugehörigen Property Card im Archiv der Kunstverwaltung des Bundes vermerkt, dass dieses zu einem nicht genannten Zeitpunkt über Karl Haberstock (1878–1956) von der Kunsthandlung Schulte in Berlin durch das Deutsche Reich erworben wurde.[2] Womöglich handelt es sich um den Kunsthändler Eduard Schulte (1817–1890). Dieser gründete im Jahre 1886 einen Kunstsalon in Berlin, der zunächst akademisch orientierte Künstler präsentierte.[3] Geschäftsunterlagen der Kunsthandlung Schulte konnten nicht ermittelt werden.[4]
Auf der Property Card aus der Restitutionskartei im Bundesarchiv Koblenz ist hingegen vermerkt: „Haberstock Aussage 10.3.49 von Schulte Berlin (oder H. W. Lange)“.[5]
Hans Wolfgang Lange (1904–1945) war ein deutscher Kunsthändler und Auktionator.[6] Nach einer kaufmännischen Ausbildung war er seit Mitte der 1920er Jahre bei dem renommierten Berliner Antiquar und Auktionator Paul Graupe (1881–1953) für die Geschäftsführung zuständig.[7] Am 8. Juli 1937 erhielt Lange die große Versteigerungserlaubnis, mit der er sowohl versteigern als auch frei handeln konnte. Diese setzte zugleich eine Mitgliedschaft in der Reichskulturkammer voraus.Aufgrund der verschärften nationalsozialistischen Maßnahmen gegen jüdische Kunsthändler übernahm und „arisierte“ der langjährige Mitarbeiter Hans W. Lange am 11. August 1937 geplant das Auktionshaus Paul Graupe.[8] Lange gehörte aufgrund der Ausschaltung der jüdischen Konkurrenz und des erhöhten Angebots auf dem Kunstmarkt wegen der unter Verfolgungsdruck verkauften Kunstsammlungen zu den großen Profiteuren im NS–Kunsthandel.[9] Zu seinen Käufern zählten „fast sämtliche deutsche Museen“, alteingesessene Sammler und Händler. Der finanzkräftigste Abnehmer der von ihm angebotenen Kunstwerke war der "Sonderauftrag Linz",[10] der ab 1941, besonders jedoch 1943, äußerst hohe Summen für die ersteigerten Werke ausgab.[11] Im Jahre 1940 stammte laut Berufsverband ein Viertel seines Umsatzes aus Zwangsverkäufen nach Steuerschulden.[12] Lange kaufte selbst bei Sammelversteigerungen wie der Verkaufsstelle ein, in denen Behörden eingezogenes Eigentum in Umlauf brachten. Im März 1941 ordnete das Finanzamt Moabit–West aufgrund Langes hervorragenden Rufes als Kunsthändler an, dass „wertvolle Gegenstände“ aus dem Reich „verfallenem Besitz“ bei Lange zu versteigern seien.[13] Aufgrund der Kriegseinwirkungen in Berlin hielt Lange im Oktober 1943 seine zwei letzten Auktionen in Wien ab. Kurz darauf brannte am 22./23. November 1943 sein Geschäft in Berlin ab.[14] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sein Außenlager in Franken von den Alliierten geräumt und die Kunstwerke in den „Central Collecting Point“ in München transportiert.
In den Katalogen des Auktionshauses Hans W. Lange konnte das Gemälde nicht nachgewiesen werden. Geschäftsunterlagen der Firma haben sich nicht erhalten.[15] Wahrscheinlich wäre ein Erwerb nach Oktober 1937, da das zuvor von H. W. Lange arisierte Berliner Kunstversteigerungshaus Paul Graupe erst ab diesem Zeitpunkt unter dessen Namen firmierte.[16]
Auch in den Geschäftsbüchern sowie der Fotokartei Haberstocks ist das Gemälde nicht verzeichnet.[17] Dies stützt die Annahme, dass Haberstock bei dem Erwerb des Werkes lediglich als Zwischenhändler beziehungsweise Vermittler tätig war.[18]
Die Nummer K1185 auf der Property Card weist auf die Lagerung des Gemäldes im Depot Kremsmünster hin.[19] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrages Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[20] Aus Angst vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[21]
Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 15. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[22] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.
Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[23]
Bearbeitungsstand: 2019
[1] Vgl. BArch Koblenz, B323/159. Schreiben von Dr. Klopfer (Referent NSDAP), München an die Reichskanzlei, Berlin vom 09.03.1938. Hier als Werk des Künstlers Evaristo Bachenis. Siehe auch Fußnote 2.
[2] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9166.
[3] Vgl. Angelika Enderlein, Der Berliner Kunsthandel in der Weimarer Republik und im NS-Staat. Zum Schicksal der Sammlung Graetz, Berlin 2006, S. 33.
[4] Folgende Archive wurden angefragt: BADV-Archiv, BArch Koblenz und LAB.
[5] Vgl. BArch Koblenz, B323/663 und NARA, M1946. URL: www.fold3.com/image/312461179 [Abruf: 24.05.2019].
[6] Vgl. Lost Art–Datenbank, Modul „Provenienzrecherche“, NS-Raubkunst, Beteiligte Privatpersonen und Körperschaften am NS-Kulturgutraub, Hans W. Lange. URL: www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Beteiligte/L/Lange,%20Hans%20W..html [Abruf: 26.07.2019].
[7] Für das Folgende vgl. Caroline Flick, Geschick im System. Der Kunsthändler Hans W. Lange, 2011a. URL: http://carolineflick.de/publikationen/Geschick-im-System.pdf [Abruf: 13.08.2019].
[8] Vgl. Caroline Flick, Zur Übernahme des Auktionshauses Paul Graupe durch Hans W. Lange, 2013, S. 9f. URL: http://carolineflick.de/publikationen/Uebernahme-des-Auktionshauses.pdf [Abruf: 18.09.2019].
[9] Vgl. Caroline Flick, Hans W. Lange. Antiquitäten als Lebensinhalt, in: Ausst.kat. Gute Geschäfte. Kunsthandel in Berlin 1933–1945, Berlin 2011b, S. 59–66.
[10] Für das Folgende vgl. Flick 2011a, S. 20.
[11] Vgl. Enderlein 2006, S. 124–158, S. 147f.
[12] Vgl. Flick 2011b, S. 61.
[13] Vgl. ebd., S. 62.
[14] Vgl. ebd., S. 66.
[15] Vgl. LAB, Rep. 243-04, Reichskulturkammer und Auskunft von Dr. Carlonie Flick, Berlin vom 19.07.2019.
[16] Eine letzte Auktion unter dem Namen Paul Graupe fand vom 4.–6.10.1937 statt. Vgl. Patrick Golenia, Kristina Kratz-Kessemeier, Isabelle le Masne de Chermont (Hg.), Paul Graupe (1881–1953). Ein Berliner Kunsthändler zwischen Republik, Nationalsozialismus und Exil, Köln/Weimar/Wien 2016, S. 130.
[17] Vgl. Horst Keßler, Karl Haberstock. Umstrittener Kunsthändler und Mäzen, München/Berlin 2008.
[18] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9166.
[19] Vgl. ebd.
[20] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.
[21] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.
[22] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.
[23] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 24.05.2019].