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Blechen, Carl

Römische Wasserleitung in der Campagna

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Karton
Maße 14 cm x 25 cm
Münchener-Nr. 9510
Linz-Nr. 2531
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das Gemälde zeigt die Bauten der Wasserleitung bildparallel im Mittelgrund. Es ist nicht signiert.

Provenienz

Zeittafel
seit 1939im Besitz von Prof. Dr. Kern
13.11.1942von Frau Dr. F. Kern, Berlin, für RM 160.000,- zusammen mit Linz Nr. 2493-2546 an den "Sonderauftrag Linz" verkauft

Die Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt (TVK) konnte zur Provenienz ermitteln, dass sich das Gemälde 1940 im Besitz von Prof. Dr. Kern befand, am 18.8.1942 von der Galerie Almas-Dietrich, München, angeboten und dann schließlich am 13.11.1942 von Frau Dr. F. Kern, Berlin, für RM 160.000,- zusammen mit Linz Nr. 2493-2546 für den "Sonderauftrag Linz" erworben wurde.1 Als Eingangsdatum ist auf der Property Card der 15.10. 1945 verzeichnet.2  

Die erneuten Recherchen ergaben folgendes:

Eine Rückseitenuntersuchung zu dem Gemälde ergab, dass es sich nicht mehr um den Original-Bildträger handelt, da der Papierbildträger auf eine Pressspanplatte aufkaschiert wurde. Darauf findet sich lediglich der handschriftliche Vermerk ,,Karl Blechen, Eigentum der Bundesrepublik Deutschland, Dauerleihgabe", Klebeetikett vom Leihnehmer und Klebetikett Ausstellung Hamburg Kunsthalle 1976.3

ln der monographischen Literatur zu dem Künstler wird die Studie 1940 im Blechen-Werkverzeichnis mit dem Hinweis auf die Provenienz Prof . Kern, Berlin, und bei Schuster 1990 erwähnt.4

Bei der systematischen Durchsicht von rund 1100 Auktionskatalogen aus der Zeit 1933-1945, ließ sich das Gemälde nicht identifizieren.5

Der Direktor der Nationalgalerie Berlin Dr. Paul Ortwin Rave bat in Vorbereitung für seine Publikation über K. Blechen anlässlich seines 100. Todestages alle Sammler, ihm Auskunft über vorhandene Werke von Blechen zu geben. Daraufhin schrieb der Kunsthistoriker, Maler und Graphiker Prof. Dr. Guido Joseph Kern (1878 Aachen - 1953 Füssen)6 am 3.11.1939 einen Brief mit einem Verzeichnis der ihm gehörenden Arbeiten von Karl Blechen an Dr. Rave.7 Hier wird unter 2) aufgeführt: ,,Römische Wasserleitungen in der Campagna, bei bewölktem Himmel, Öl auf Malpapier (aufgezogen auf Pappe), Masse: H: 14; B: 25 cm".8 Hierbei handelt es sich aufgrund von übereinstimmendem Titel, Technik und weitgehend Maßen rnit großer Sicherheit um dieselbe Arbeit. Die Skizze erwähnt Kern weiterhin in einem Brief an Rave vom 21.1.1940 und bittet sie anlässlich eines geplanten Transports zur Aufnahme der Blechen-Werke aus seiner Sammlung in der Nationalgalerie mit einem Wert von RM 600,- zu versichern.9

Kern hatte 1911 eine Monographie über Karl Blechen publiziert, der weitere Arbeiten über Blechen und auch Adolph von Menzel folgten.10 Aufgrund dieses persönlichen Interesses begann er früh Arbeiten von Blechen und von Menzel zu sammeln, die er im Laufe seiner über dreißigjährigen Sammlertätigkeit über Auktionen und den Kunsthandel erwarb. So schreibt Kern in einem Brief vom 20.1.1951 u.a. zu dieser Arbeit (Mü 9510 und Linz 2527-2546), ,,die in Rede stehenden Blechen-Zeichnungen stammen wohl durchweg ebenfalls von der Firma Victor Rheins und wurden, im Anschluss an die Vorarbeiten zu meinem Werk G. I. Kern: ,,Karl Blechen und sein Werk" 1911 Berlin, Verlag Bruno Cassirer, fast ausnahmslos schon vor Vollendung dieses Werkes, erworben. Und zwar durch Frl. Mathilde Rabl, der Vorgängerin[g] von Victor Rheims..."11 Nachweisen lässt sich diese Herkunft aufgrund von fehlenden Provenienzangaben bislang nicht. Berücksichtigt werden sollte aber, dass Kern trotz seiner Aussage von 1951 mit der Angabe von langjährigem Besitz seiner Werke zwei Arbeiten darunter von Blechen nachweislich erst 1941 erworben hat.12

Am 13.11.1942 verkauft Frau Dr. Franziska Kern, die zweite Ehefrau von Prof. Dr. G. J. Kern, aus dem gemeinsamen Besitz ein Konvolut von zwei Sammlungen mit 34 Arbeiten von Menzel (1 Ölgemälde und 33 Zeichnungen) und 20 Arbeiten von Blechen (6 Ölbilder,4 Ölskizzen, 10 Zeichnungen), darunter wird sich auch dieses kleine Ölgemälde befunden haben.13 Das Geschäft erfolgte durch die Vermittlung der
Münchner Galeristen Maria Almas-Dietrich.14 Diese hatte sich zum Verkauf der Werke aus der Sammlung- Kern bereits am 18. August 1942 an den Reichsleiter Martin Bormann gewandt.15 Laut Rechnung von Frau Dr. F. Kern vom 13.11.1942 an die Reichskanzlei Berlin wurde für die beiden Sammlungen zusammen ein Preis von 160.000,- RM veranschlagt.16 Die Veräußerung der Sammlungen erfolgte laut Prof. Kern 1942 ,,aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten".17 Ein verfolgungsbedingter Entzug ist jedoch bei dem Verkauf aus der Privatsammlung von Prof. G. J. Kern, Berlin, nicht erkennbar.18

Nach den neuerlichen Recherchen könnte bestätigt werden, dass das Gemälde aus dem langjährigen Privatbesitz des Kunsthistorikers und Blechenspezialisten Prof. G. J. Kern, Berlin, stammt und von ihm nachweislich mindestens vor November 1939 erworben wurde. Das Gemälde wurde dann über Frau Dr. F. Kern im November 1942 an die Reichskanzlei verkauft.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund ist die Provenienz ab 1939 geklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.

Stand: 2010

1 Vgl. Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) Berlin, Property Card, Mü-Nr. 9510.
2 Ders.
3 Schreiben vom Leihnehmer, vom 18.8.2009 und 19.8.2009, mit Rückseitenfoto.
4 Thieme-Becker 4 (1910), S. 107-109; Siehe auch P. O. Rave, Karl Blechen. Leben, Würdigung, Werk (National-Galerie, Denkmäler Deutscher Kunst), Berlin 1940, S.273, Nr. 837 (m. Abb,); Gerkens, Gerhard und Meidrich, Ursula (Bearb.), Katalog der Gemälde des 19. und 20. Jahrhunderts in der Kunsthalle Bremen, 2. Bde., Bremen 1973, S. 36, Abb. 36; Turner, Joseph Mallord William und Werner Hoffmann (Hrsg ), Turner und die Landschaft seiner Zeit, Hamburger Kunsthalle 1976; Kat. Ausst. Bremen 1977/78, Zurück zur Natur. Die Künstlerkolonie von Barbizon, Kat. und Abb. Nr.354; Kat. Slg. Bremen 1994, Kat.-Nr. 130; Kat. Ausst., Die Kunsthalle Bremen zu Gast in Bonn. Meisterwerke aus sechs Jahrhunderten, Katalog anlässlich der Ausstellung in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn 1997/98, S. 63, Abb. S.63; Herzogenrath, Wulf und Ortrud Westheider, Kunsthalle Bremen, Gemäldegalerie, Kupferstichkabinett und neue Medien, (Paris) 1998, S. 75, Abb. S. 74, Ausst.-Kat. Carl Blechen. Zwischen Romantik und Realismus, Nationalgalerie Berlin 1990, hg. von P.-K. Schuster, München 1990, S. 109, Nr.25 mit Farbabb.
5 Auswahl von Auktionskatalogen im Kunsthistorischen lnstitut, Universität zu Köln, gesamte Durchsicht während eines Forschungsprojektes zur EDV-Erfassung für den Kölner Universitäts-Gesamtkatalog (KUG) 2009.
6 Zu Kern siehe Biographie, Bd. 11, 1977, S. 521.
7 SMB ZA, l/ NG 1434, Schreiben von G. J. Kern an Dr. Rave, Berlin vom 3.11.1939.
8 Siehe auch SMB ZA, Künstlerdokumentation, Blechen, Römische Wasserleitungen in der Campagna, Foto ohne Datum mit rückseitigem Hinweis Bes.: G. J. Kern, Berlin.
9 SMB ZA, I/ NG 2065, Mappe 3 (Blechen Werkverzeichnis), 2. Campagna mit römischen Wasserleitungen, Skizze, Öl auf Papier. Wert 600 RM.
10 Kern, Guido J, Karl Blechen, Berlin 1911, ders. Karl Blechen in der Gemäldesammlung seiner Vaterstadt Cottbus, Cottbus 1937.
11 BArch. B 323/ 332, B1.5, Schreiben von Prof. Dr. G. I. Kern vom 20.1.1951, Wasserburg/ lnn, an Office of Land Commissioner for Bavaria, München.
12 K. Blechen, Der rauchende Vesuv (Mü-Nr. 10535) und Deutsche Gebirgslandschaft (Mü. 10536).
13 Vgl. auch BADV, Provenienzdokumentation, Blechen, Karl, Landschaft mit dem Kloster San Scholastica bei Subiaco auf einem Hügel, Mü-Nr. 2902/6.
14 BArch. B 3237 331, Liste Almas-Dietrich (Linz), vom 5. Mi 1949, ,,Linz Nr. 2527-2532, Blechen, K.6 Gemälde, = Prof. Kern, Deutsch=".
15 BArch, B 323/ 132, LF XVla/52a, Bl. 171-173, Schreiben Galerie Almas-Dietrich, München, an Bormann vom 18.8.1942.
16 BArch. B 323/ 104, Bl. 257 (LF III/ 62/ 257).
17 BArch. B 323/ 332, Bl. 6, Schreiben von Prof. Dr. G. I. Kern vom 12.1.1951, Wasserburg/ lnn, an Office of Land Commissioner for Bavaria, München.
18 Schreiben BADV, Berlin, vom 28.12.2009 gibt Auskunft darüber, dass sich zu ,,Kern, Franziska, Berlin, Sammlerin und Kern, Prof. Dr. Guido Joseph, Berlin, Sammler, Blechen-Experte", keine Verfahrensakten nach den Alliierten Rückerstattungsgesetzen und dem Bundesrückerstattungsgesetz (BrüG) recherchieren ließen.

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