Blechen, Carl
Schlafender Faun im Schilf
Entstehungsjahr | ohne Jahr |
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Technik | Öl auf Holz |
Maße | 30,5 x 25,5 cm |
Münchener-Nr. | 10503 |
Linz-Nr. | 2316 |
Lost Art-ID | 218823 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Karl Blechen (1798–1840) war ein deutscher Maler und Zeichner der Romantik.[1] Nach einer Anstellung im Bankenwesen, besuchte Blechen ab 1822 die Akademie der Bildenden Künste in Berlin, wo er unter Peter Ludwig Lütke studierte. Eine mehrmonatige Reise nach Dresden, dem damaligen Zentrum romantischer Malerei, folgte eine Anstellung als Bühnenmaler am Königstädtischen Theater. Einen Wendepunkt im künstlerischen Schaffen Blechens, stellte eine ausgedehnte Italienreise ab Herbst 1828 dar. Nach der Rückkehr des Künstlers nach Berlin, erhielten seine Werke erstmals die Aufmerksamkeit eines größeren Kreises. 1831 wurde er als Nachfolger seines einstigen Lehrers Lütke zum Lehrer der Landschaftsklasse an der Berliner Akademie ernannt. Im Jahre 1835 folgte die Aufnahme als Akademiemitglied. Blechen verstarb an schwerer Krankheit bereits im Alter von 42 Jahren. Er gehört zu den herausragenden Vertretern der romantischen Landschaftsmalerei.
Das Gemälde zeigt einen am Ufer liegenden Faun, umgeben von Schilf, Buschwerk und dichtstehenden Bäumen. Das Motiv erfreute sich im 19. Jahrhundert großer Beliebtheit.[2] Ein ähnliches Werk von der Hand des Künstlers befindet sich heute in der Nationalgalerie Berlin.
Das Werk ist weder signiert noch datiert.
Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden.
Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: „2316“ (Linz-Nummer); in Rot „ERR Winterthur“ (nicht identifiziert); „Kunstmuseum Luzern KH 167“ (Kunstmuseum Luzern); „Besitzer: Julius Freund Berlin W 30, Haberlandstr. 7“ (Provenienznachweis, vor 1945).
[1] Für das Folgende vgl. Paul Ortwin Rave, Blechen, Karl, in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 295. URL: www.deutsche-biographie.de/pnd118511645.html#ndbcontent [Abruf: 07.09.2018]. Vgl. auch: Günter Meißner (Hg.), Saur. Allgemeines Künstlerlexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Bd. 2, Berlin 1995, S. 472–275.
[2] Für das Folgende vgl. museum-digital, SMB, Nationalgalerie, Karl Blechen, Schlafender Faun im Schilf, 13.02.2020. URL: https://smb.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=143735 [Abruf: 28.04.2020].
Provenienz
(…) | |
Spätestens ab September 1933–11.03.1941 | Julius Freund (1869–1941), Berlin, als Dauerleihgabe an das Schweizer Museum Winterthur |
11.03.1941–21.03.1942 | Erben nach Julius Freund |
Ab 21.03.1942 | Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“), erworben auf Auktion bei Galerie Fischer, Luzern |
Ab Sommer 1943 | Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee |
18.10.1945 | Eingang in den Central Collecting Point München |
1949–2009 | Bundesvermögen |
2009 | Restitution |
Das Gemälde war einst Teil der Sammlung des Berliner Kaufmanns Julius Freund (1869–1941). Als Person jüdischen Glaubens gehört Freund zum Kreis der während der Zeit des Nationalsozialismus rassisch Verfolgten.[1] Seine Sammlung umfasste vornehmlich Zeichnungen und Gemälde des 19. Jahrhunderts, darunter Werke von Caspar David Friedrich (1774–1840), Karl Blechen, Franz Krüger (1797–1857), Theodor Hosemann (1807–1875), Eduard Gärtner (1801–1877), Carl Gustav Carus (1789–1869), Adolph von Menzel (1815–1905), Anselm Feuerbach (1829–1880), Hans von Marées (1837–1887) und Hans Thoma (1839–1924).[2] Infolge der Wirtschaftskrise sowie der Liquidierung seiner Firma standen Teile der Sammlung Freund bereits im Jahre 1930 zum Verkauf.[3] An einer angestrebten Übernahme der Kollektion durch das Museum Winterthur zeigte dieses jedoch zunächst kein Interesse. Erst im September 1933 änderte das Museum seine Haltung und übernahm über 350 Werke aus der Sammlung Freund als Dauerleihgabe, darunter das Gemälde „Schlafender Faun im Schilf“ von Blechen.[4] Es wurde am 14. September 1933 von Berlin an das Kunstmuseum Winterthur übersandt und von dort am 3. Dezember 1941 an die Galerie Fischer, Luzern übergeben.
Im Februar 1939 emigrierte Julius Freund zusammen mit seiner Ehefrau Clara Freund (1878–1947), geborene Dresel, nach Großbritannien, wo er am 11. März 1941 verstarb.[5] Seine Tochter Dr. Gisèle (Gisela) Freund (1908–2000) bemühte sich im Folgenden gemeinsam mit dem Schweizer Kunsthändler Fritz Nathan (1895–1972) um den Verkauf der Sammlung.[6] Am 21. März 1942 fand in der Galerie Fischer in Luzern die Versteigerung von über 350 Objekten aus der Sammlung Freund statt, darunter Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafiken sowie Buchminiaturen. Das Geleitwort zum zugehörigen Auktionskatalog verfasste Dr. Gisèle Freund selbst. Das Gemälde von Blechen ist hier als Los Nummer 36 gelistet und abgebildet.[7]
Im Rahmen der Auktion wurde das Werk durch das Deutsche Reich für CHF 7.400,- für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nummer 2316.[8]
Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 18. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[9] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.
Die Provenienz ist geklärt. Ein früherer NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust wurde ermittelt. Die Emigration und die damit einhergehenden finanziellen Einbußen der Eheleute Freund standen in Zusammenhang mit der Verfolgungssituation in Deutschland. Hinzu treten die bereits in Deutschland, aufgrund der gegen Juden gerichteten Maßnahmen des NS-Regimes, erlittenen Vermögensschäden. Auf Empfehlung der Beratenden Kommission bei der Koordinierungsstelle des Bundes, der Länder und der Kommunalen Spitzenverbände wurde das Werk aus der früheren Sammlung von Julius Freund im Jahr 2009 an die legitimierten Rechtsnachfolger zurückgegeben.[10]
Bearbeitungsstand: 2020
[1] Vgl. Schreiben des Centrum Judaicum, Berlin an die OFD, Berlin vom 13.12.2000.
[2] Vgl. Auk.kat. Sammlung Julius Freund. Aus dem Besitz von Frau Dr. G. Freund, Buenos Aires. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgraphik, Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942, o. S., Geleitwort.
[3] Für das Folgende vgl. Kommission für Provenienzforschung Österreich, Beiratsbeschluss, Julius Freund, 23.06.2016. URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Freund_Julius_2016-06-23.pdf [Abruf: 09.11.2018].
[4] Für das Folgende vgl. Schreiben des Kunstmuseums Winterthur an die OFD, Berlin vom 18.09.2000.
[5] Für das Folgende vgl. Kommission für Provenienzforschung Österreich, Beiratsbeschluss, Julius Freund, 23.06.2016. URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Freund_Julius_2016-06-23.pdf [Abruf: 09.11.2018].
[6] Dr. Gisèle Freund emigrierte bereits 1933 nach Paris und lebte zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters in Buenos Aires. Einen Teil der Sammlung schenkte Julius Freund der Tochter wohl noch zu Lebzeiten. Um welche Werke es sich im Einzelnen handelte, ist nicht bekannt. Vgl. ebd.
[7] Vgl. Auk.kat. Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942, S. 12, Los Nr. 36, Tafel 7.
[8] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 10503.
[9] Vgl. ebd.
[10] Zur Begründung der Empfehlung der Beratenden Kommission siehe: https://www.beratende-kommission.de/Content/06_Kommission/DE/Empfehlungen/05-01-12-Empfehlung-der-Beratenden-Kommission-im-Fall-Freund-Deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=6