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Koekkoek, Hendrik Pieter

Bauernhaus unter Bäumen mit Staffage

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Leinwand
Maße 92 x 117 cm
Münchener-Nr. 10658
Linz-Nr. 545/461
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das hier interessierende Gemälde zeigt ein kleines, hinter Bäumen verstecktes Bauernhaus. Unter einem Wasserrad windet sich ein Bach in den Vordergrund. Parallel verläuft ein Weg mit drei Bauern und Kind, die auf einen biedermeierlich gekleideten Wanderer mit Spazierstock treffen.

Das in Rede stehende Gemälde ist mit "H.P.Koekkoek" signiert.

Provenienz

Zeittafel
17.02.1930 Versteigerung Dorotheum, Wien, Höchstgebot Schilling 1.200 
zu einem unbekannten Zeitpunkt 

Erworben von Galerie Almas aus deutschem Besitz (laut Nachricht Almas-Dietrich v. 12.3.1949) und an das Deutsche Reich weiterveräußert1

 

Die Ermittlungen der Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt (TVK) zur Provenienz des Gemäldes ergaben, dass das Bild zu einem nicht genau bezeichneten Zeitpunkt, vielleicht im Jahr 1939, von einer Grete Wuzder, Wien, an das Auktionshaus Dorotheum, ebenda, zur Versteigerung gegeben wurde.2 Später sei es zu einem ebenfalls nicht bezeichneten Zeitpunkt aus deutschem Besitz von der Galerie Almas-Dietrich, München, erworben worden.3 Besitzer war danach laut Property Card Adolf Hitler4 , Standort der Münchner Führerbau.5

Die Angaben der Property Cards zur Herkunft des Bildes konnten verifiziert werden. Eine frühere Besitzerin Grete Wuzder aus Wien war nicht nachzuweisen. Ebenfalls war eine Einlieferin dieses Namens für das Gemälde zu keinem Zeitpunkt für das Dorotheum, Wien, zu belegen. Entgegen der Aussagen der Karteikarten wurde das Bild bereits 1930 im Dorotheum angeboten.

Dieses Ergebnis ist so zu präzisieren: Das Auktionshaus Dorotheum, Wien, vergab für jedes von einem Einbringer zur Versteigerung eingebrachte Objekt bzw. jede Gruppe von Objekten eine sogenannte Kosignationsnummer zur internen Bearbeitung. Diese Nummer ist auf der Karteikarte der Alten Ministerpräsidentenkartei vermerkt: „207765-2“. Die sechsstellige Nummer weist auf das Jahr 1939, da Objekte mit der Konsignationsnummer 210.717 im März 1939 versteigert wurden. Der Zusatz „-2“ bedeutet, dass zumindest zwei Objekte von einem Einlieferer zur Versteigerung gegeben wurden. Dabei ist zu bedenken, dass natürlich nicht alle Objekte sofort versteigert, sondern mehrmals und über einen längeren Zeitraum angeboten oder auch im Freihandel verkauft wurden. Die zweite mit diesem Vorgang in Zusammenhang stehende Nummer „457-B-99 Dorotheum“ 6 dürfte sich auf die noch in der Nachkriegszeit vorhandene Aufstellung zu den Konsignationsnummern, die später vernichtet wurden, und die das Objekt betreffende Akte, beziehen.7 Eventuell ist darin aber auch eine Akte des Bundesarchivs aus dem Bestand 323 zu erkennen, die die Nachricht des Dorotheums vom 1.12.1950 über die Herkunft des Bildes enthält.8 Diese Nachricht konnte nicht ermittelt werden.

Diese früheren Angaben können nicht bestätigt werden. Da zudem die Provenienzmerkmale der Rückseite des Objektes nicht sichtbar bzw. erhalten sind, kann man das Bild nicht zwingend mit diesen verknüpfen. Es steht zu vermuten, dass bei der Vielzahl von Bildern mit ähnlichen Motiven der Künstlerfamilie Koekkoek, die damals kursierten,9 bei der Erwerbung durch das NS-Regime wie durch spätere Besitzer, Bilder irrtümlich vertauscht wurden.

Nachzuweisen ist, dass eine Frau Grete Wuzder, Wien, die vermeintliche Einbringerin des Bildes, im Wiener Adressbuch nicht genannt wird.10 Auch in den Ausfuhrformularen konnte sich der Name „Wuzder“ in dieser oder ähnlicher Schreibweise nicht finden.11 Zu belegen ist weiterhin, dass das Bild „H.P. Koekoek. Baumlandschaft mit Mühle. Auf dem Weg im Vordergrund Figuren. Öl auf Leinwand. Bezeichnet: H. P. Koekoek. 92 : 117 cm“ mit dem Bild der Karteikarten zu identifizieren ist und, dass dieses Bild auf der 401. Auktion des Auktionshauses Dorotheum am 17. Februar 1930 als Los Nr. 62 zu 800 Schilling angeboten wurde und einen Preis von 1.200 Schilling erzielt hat. Dieses Bild wurde später, zwischen 1938 und 1944, im Dorotheum nicht wieder angeboten.12

In der weiterführenden Literatur zur Künstlerfamilie Koekkoek,13 in der Provenienzforschungsliteratur14 sowie relevanten Datenbanken15 konnten keine zusätzlichen Hinweise zur Provenienz des Gemäldes ermittelt werden.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft.

Stand: 2011

1 Karteikarte des BADV
2 BArch B323/664: „Laut Nachricht v. 1.12.50 Dorotheum: Einbringer Grete Wuzder, Wien.“
3 Ibm.: „durch Almas aus deutschem Besitz Aussage Almas 12.III.49“.
4 BArch B 323/619.
5 BARch B 323/664.
6 Karteikarte des BADV
7 Die Erläuterungen über Nummernvergabe des Dorotheum und die Informationen in diesem gesamten Abschnitte gehen aus einer schriftlichen Mitteilung (22.8.2011) von Leonhard Weidinger, Museum für angewandt Kunst, Wien, hervor.
8 Vgl. Karteikarte des BADV
9 Vgl. Gorissen, B.C. Koekkoek 1803-1862, Düsseldorf 1962, o. S. Galerie Heinemann online, Stichwort „Koekkoek“. Sowohl Hitler als auch Göring erwarben Bilder von „Koekkoek“. Die Beliebtheit von Bildern der Koekkoeks mag beleuchten, daß Hitler eines (Linz 3185/Mü 3070) sogar aus Görings Sammlung übernahm: „Bemerkenswert ist, daß innerhalb des Bestandes an Kunstwerken, den der Sonderauftrag zusammentrug, sich auch vier Gemälde befinden, die Hitler direkt aus der Sammlung von Hermann Göring übernahm.“ Löhr 2005, 148.
10 Lehmann's Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Handels- und Gewerbe-Adreßbuch für die k.k. Reichshaupt und Residenzstadt Wien und Umgebung, Wien 1859-1942, hier: 1930 bis 1939 (Fehlschreibungen, wie „Wutzder“, „Wuzler“ etc. wurden berücksichtigt).
11 Schriftliche Mitteilung vom 23.8.2011 vom Büro der Kommission für Provenienzforschung, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Wien.
12 Auk.kat. Dorotheum Wien, 401. Kunstauktion, 17.-19. Februar 1930, Los Nr. 62. Annotationen im Katalog des Dorotheum; schriftliche Mitteilung von Mag. Katja Fischer, Dorotheum v. 22.8.2011.
13 Nollert, Angelika, Barend Cornelis Koekkoek: (1803-1862); seine Familie, seine Schule und das Haus Koekkoek in Kleve, Kleve 1994; Dies., Barend Cornelis Koekkoek 1803-1862: ein Landschaftsmaler der niederländischen Romantik, Frankfurt a. M. 2000; te Rijdt, Robert Jan, Landschappen door B.C. Koekkoek en W.J.J. Nuyen in de prijskampen biy Felix Meritis in 1829 en 1830, In: The Rijksmuseum bulletin 56.2008, 1/2, S.160-173; Netherlandish art in the Rijksmuseum, Bd. 4: 1800-1900, hrsg. v. Gijs van Ham und Ronald de Leeuw u.a., Amsterdam 2009. de Werd, Guido, Barend Cornelis Koekkoek, 1803-1862: Zeichnungen, Kleve 1983.
14 Schwarz 2004; Löhr 2055; Yeide, Nancy, Beyond the dreams of avarice: the Hermann Göring collection, Dallas 2009;
15 RKD, Galerie Heinemann online

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