Navigation und Service

Ritter von Max, Gabriel Cornelius

Mutter und Kind

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Leinwand
Maße 100 x 66,5 cm
Münchener-Nr. 10680
Linz-Nr. 841/659
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Der Figuren- und Bildnismaler sowie Illustrator Gabriel Cornelius Ritter von Max (1840 – 1915) entstammte einer böhmischen Künstlerfamilie.1 Er studierte zunächst in seiner Geburtsstadt Prag und ging 1859 als kaiserlicher Stipendiat nach Wien. Entscheidenden Einfluss erhielt er durch die Ausbildung bei Karl Piloty in München in den Jahren von 1864 bis 1867. Insbesondere seine Illustrationen zu Goethes Faust ebenso wie zu Märchen und Volksliedern gehören zu den Besten, was die Illustration der Spätromantik hervorgebracht hat. Obwohl Max vom Publikum beachtet wurde, trat er öffentlich kaum hervor. Seine Vorliebe galt einem melancholisch-träumerischen Frauentypus, den er in psychologisch interessanten Situationen und ekstatisch-visionären Zuständen schilderte.
Dargestellt ist eine junge Frau in einfacher Tracht mit ihrem Säugling, den sie liegend auf dem Schoß hält. Während sie versunken nach oben blickt, schaut das Kind den Betrachter an.
In Bundesbesitz befinden sich 8 Gemälde des Künstlers.

Provenienz

Zeittafel
Unbekannt Kunsthandlung Eysser, München 
Unbekannt Ankauf von dort durch die Galerie Maria Almas-Dietrich, München 
Unbekannt Weiterverkauf an den „Sonderauftrag Linz“

Den Angaben der Property Card ist zu entnehmen, dass die Münchener Galerie Almas-Dietrich das Gemälde zu einem nicht näher angegebenen Zeitpunkt von der Kunsthandlung Eysser, München erworben hat.2 Zu einem ebenfalls unbekannten Zeitpunkt wurde es dann von der Galerie Almas an die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ weiterverkauft.3 Dies gab die Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich am 14. August 1951 gegenüber den Mitarbeitern des Central Collecting Point (CCP), München zu Protokoll.

Die erneuten Recherchen ergaben folgendes:4 Der Literatur zum künstlerischen Werk des Gabriel von Max konnten keine eindeutigen Hinweise auf das hier betitelte Gemälde „Mutter und Kind“ entnommen werden.5 Das Gemälde trägt auf der Vorderseite links unten lediglich die Künstlersignatur: „G. v. Max“. Auf die Angabe des Titels und die Datierung verzichtete der Künstler. Dadurch erschwert sich die Identifizierung des Gemäldes unter anderem in den frühen von Nicolaus Mann 1890 erstellten Listen, der bis 1890 entstandenen Kunstwerke des Gabriel von Max.6 Mann wiederum verzichtet bei den insgesamt acht in der Darstellung vergleichbaren Gemälden betitelt als „Madonna mit Kind“, „Mutter und Kind“ auf die Angabe der Maße, was eine Identifizierung zusätzlich erschwert.7

In Friedrich von Boettichers Beitrag über die Kunst des Gabriel von Max aus dem Jahre 1898 findet sich eine weitere Liste von Ölgemälden, Aquarellen und Zeichnungen.8 Laut Boetticher existierten 1898 insgesamt acht Gemälde mit Darstellungen der Madonna/Maria mit dem Kind.9 Aber auch Boetticher verzichtet zumeist auf die Maßangabe der Gemälde. In der Darstellung mit dem heute in Bundesbesitz befindlichen Gemälde vergleichbar ist einzig das von Boetticher erwähnte Gemälde „Madonna mit dem Kinde, in der Höhle Schutz suchend“ aus dem Jahre 1862.10 Auf die Angabe der Maße und entsprechende Ausstellungen verzichtet der Autor. Ob es sich hier um das heute in Bundesbesitz befindliche Gemälde handelt, kann somit nicht eindeutig beantwortet werden.

Da Gabriel von Max’ Wirkungskreis neben Prag und Wien vor allem auch München war, konzentrierte sich die weitere Recherche auf die Durchsicht von Münchener Ausstellungskatalogen der Jahre von 1885 bis 1945. Aber auch hier ließ sich kein konkreter Anhaltspunkt ermitteln.

Die weiterführenden Recherchen zur Provenienz des Gemäldes „Mutter mit Kind“ im Deutschen Künstlerarchiv „Künstlernachlass Gabriel von Max“ im Archiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg verliefen ergebnislos.11 Ein Hinweis auf ein vergleichbares Gemälde konnte dann jedoch in dem ebenfalls im Bestand des Deutschen Künstlerarchivs befindlichen Nachlasses der Münchener Galerie Heinemann ermittelt werden.12 Nachdem eine vorgenommene Verifizierung der auf der Rückseite des Gemäldes angebrachten Nummern im Nachlass der Galerie Heinemann kein Resultat erbrachte13 , wurde versucht, das Gemälde anhand des Titels und der Maße in den Lagerbüchern und in der „Kartei der verkauften Bilder nach Künstlern“ nachzuweisen. Im Lagerbuch der Jahre von November 1903 bis September 1911 ist der Eingang des Bildes „Max, Gab.: Mutter und Kind / Bildgröße ohne Rahmen: H: 100 B: 67 / Ankaufspreis 4.500.-“ am 10. Februar 1909 verzeichnet.14 Titel und Maße dieses hier von Heinemann im Februar 1909 erworbenen Gemäldes sind mit dem heute in Bundesbesitz befindlichen Gemäldes identisch. Von wem der Münchener Kunsthändler Heinemann das Gemälde erworben hat, ist im Lagerbuch nicht angegeben. Den Verkauf des Gemäldes verzeichnet schließlich die Kartei der „Verkauften Bilder nach Künstlern“. Demnach wurde das hier betitelte Gemälde „Madonna (Mutter & Kind) / 100 x 67“ aus dem Lagerbestand der Galerie Heinemann am 7. Juni 1914 an „Charles H. Frye, Seattle“ verkauft.15 Den Verkaufspreis von 8.000 Mark vermerkt die Käuferkartei der Galerie Heinemann für den 7. Juni 1914.16

Charles H. Frye (1859-1940), der das Gemälde im Juni 1914 in der Münchener Galerie Heinemann erwarb, war ein in Seattle lebender Unternehmer. Gemeinsam mit seiner Frau Emma unternahm er mehrere Reisen nach Europa und erwarb hier zahlreiche Kunstwerke für seine Sammlung. Nachdem seine Frau Emma 1934 verstorben war, verfügte Charles F. Frye in seinem Testament, dass für seine Kunstsammlung ein Museum in Seattle gebaut werden sollte. Das Frye Art Museum wurde 1952 eröffnet.17 Die „Collection List“ des 232 Gemälde umfassenden Sammlungsbestandes des Frye Art Museum führt insgesamt zehn Gemälde des Gabriel von Max auf. Darunter das Gemälde „Madonna mit Kind“, datiert 1905 mit den angegebenen Maßen 39,5 x 26,5 inch. Umgerechnet identisch mit den von der Galerie Heinemann angegebenen Maßen 100 x 67 cm. Da sich dieses Gemälde demnach noch heute im Sammlungsbestand des Frye Art Museum in Seattle befindet, ist das von 1909 bis 1914 im Galeriebestand Heinemann verzeichnete Gemälde nicht mit dem heute in Bundesbesitz befindlichen Gemäldes „Mutter und Kind“ identisch.18

Um die von Maria Almas-Dietrich am 14. August 1951 getätigte Aussage, sie habe das Gemälde von der Kunsthandlung Eysser, München erworben, zu verifizieren, wurde in der Folge recherchiert, ob zu der hier erwähnten Kunsthandlung Eysser Unterlagen in Münchener Archiven überliefert sind. Im Stadtarchiv München findet sich eine Gewerbekarte dieser Kunsthandlung.19 Die Kunsthandlung von Karl Eysser in der Prinzregentenstraße in München bestand demnach seit dem 15. November 1928 und wurde von Karl Eysser, geboren am 2. November 1887 und dessen Frau Margarete, geborene Michels geführt. Beide waren laut Angabe katholisch und „nichtjüdisch“. Laut Eintrag meldete Karl Eysser seine Kunsthandlung am 1. September 1942 ab. Geschäftsunterlagen sowie Ausstellungskataloge der Kunsthandlung Eysser konnten nicht ermittelt werden. Dem 1991 erschienen „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ konnte darüber hinaus entnommen werden, dass keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.20 Hier wurden alle Kunsthandlungen registriert und mussten darüber hinaus ihre Ausstellungen und Auktionen anmelden. Da diese Unterlagen fehlen, konnte nicht ermittelt werden, wann sich das Gemälde „Mutter und Kind“ von Gabriel von Max in der Münchener Galerie befand und zu welchem Zeitpunkt es hier von der Galerie Almas erworben wurde. In Bundesbesitz befinden sich noch zwei weitere Gemälde mit der Provenienz „Kunsthandlung Karl Eysser“. Ein Gemälde von Christian Morgenstern „Nordsee und Düne bei Helgoland mit Segelschiff“ (1855), welches 1938 von der Kunsthandlung Eysser an die Hamburger Galerie Commeter verkauft wurde und von dieser schließlich an die Sammlung „Sonderauftrag Linz“.21 Sowie ein Gemälde Carl Spitzwegs „Der Schmetterlingsfänger“, welches 1938 von der Kunsthandlung Eysser an die Galerie Almas verkauft wurde. Die Galerie Almas verkaufte das Gemälde dann weiter an das Deutsche Reich.22

Hanns Christian Löhr bezeichnet die Kunsthandlung Karl Eysser in München in seinem 2005 publizierten Buch „Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“ als „Zulieferer“ der Münchener Galerie Almas-Dietrich: „Maria Almas Dietrich konnte Hitler zahlreiche Bilder anbieten, weil sie mehrere Handelsströme in ihren Händen vereinigte. Zu ihren Lieferanten gehörten die Münchener Galerien Nicolaus, Maria Gillhausen und Eysser, die sonst gar nicht an Hitler verkauften.“23

Ebenso wie die Recherchen zur Kunsthandlung Karl Eysser, München verliefen auch die Forschungen nach Unterlagen zur Galerie Almas-Dietrich ergebnislos, da keine für die Provenienz relevanten Akten in Münchener Archiven vorhanden sind.24 Dem 1991 erschienenden „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ konnte darüber hinaus entnommen werden, dass keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.25 Da diese Akten fehlen, konnte die im August 1951 von Maria Almas-Dietrich getätigte Aussage zur Herkunft des Gemäldes nicht verifiziert werden.26

Die weitere Recherche in einem vom Lenbachhaus, München im Sommer 2008 ersteigerten wissenschaftlichen Nachlass über die geplante Erstellung eines Werkverzeichnisses des Künstlers erbrachte ebenfalls keine konkreten Hinweise zur Provenienz dieses Gemäldes.27

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft.

Stand: ohne

1 Für das Folgende vgl. Thieme/Becker 1999, Bd. 24, S. 288f
2 Vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 10680. Sowie: Aussage von Maria Almas-Dietrich vom 14.08.1951, BArch, B 323/331, Kunsthändler A-J, Almas-Dietrich.
3 Aussage von Maria Almas-Dietrich vom 14.08.1951, BArch, B 323/331, Kunsthändler A-J, Almas-Dietrich.
4 Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV von Frau Dr. Vanessa Voigt, München, durchgeführt.
5 Nicolaus Mann, Gabriel von Max – eine kunsthistorische Skizze, Leipzig 1890. Agathon Klemt, Gabriel von Max und seine Werke, hrsg. von der Gesellschaft für moderne Kunst, Wien 1886; Friedrich von Boetticher, Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte, Band 2, Dresden 1898; Franz H. Meißner, Gabriel von Max, München 1899; F. H. Meißner, Gabriel Max, in: Die Kunst unserer Zeit, 10, 1899, S. 30 ff.; Theodor Lamprecht, Gabriel Max. Eine Studie zu seinem 70. Geburtstag, in: Der Sammler, 79, 1910, S. 2-4; Ausst.-Kat. Der Geister Bahnen. Eine Ausstellung zu Ehren Gabriel von Max 1849-1915, hrsg. von Johannes Muggenthaler, München 1988; Ausst.-Kat. Gabriel von Max, Haus Ammerland, Ammerland, 3.-30. Juli 1990; Andrea Zistl, Gabriel von Max: Der Anatom, unveröffentlichte Magisterarbeit, Ludwig-Maximilians-Universität München 1990; Harald Siebenmorgen, Gabriel von Max und die Moderne, in: Festschrift für Johannes Langner zum 65. Geburtstag am 1. Februar 1997, Karlsruher Schriften zur Kunstgeschichte 1, S. 215-240; Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begr. von Ulrich Thieme und Felix Becker, München 1999, Bd. 24, S. 288 f.
6 Nicolaus Mann, Gabriel von Max – eine kunsthistorische Skizze, Leipzig 1890.
7 Ebd.
8 Friedrich von Boetticher, Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte, Band 2, Dresden 1898, S. 952-958.
9 Vgl. ebd., Nr. 4, 12, 55, 70, 73, 117, 118, 128.
10 Vgl. ebd., Nr. 4.
11 Bestand des künstlerischen Nachlasses Gabriel von Max, I, B – 6 b-d, Archiv des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg.
12 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Deutsches Künstler Archiv (DKA), NL Heinemann, David.
13 Auf der Rückseite des Gemäldes finden sich folgende Nummer: 9 in Blau; K 320; 5787 in Blau; 2485 in Rot.
14 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Deutsches Künstler Archiv (DKA), NL Heinemann, David, Signatur I, B Nr. 10, Blatt 95.
15 Ebd., Signatur I, B Nr. 20.
16 Ebd., Signatur I, B Nr. 20.
17 Vgl. hierzu die Angaben des Frye Art Museum zur Entstehungsgeschichte der Sammlung Frye, www.fryemuseum.org.
18 Eine Abbildung des im Frye Art Museum, Seattle befindlichen Gemäldes bestätigt diese Tatsache. Mitteilung von Donna Kovalenko, Curator of Collections, Frye Art Museum, Seattle vom 13.09.2008.
19 Gewerbekarte der Kunsthandlung Karl Eysser, Stadtarchiv München.
20 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.
21 Vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 9252. Sowie Fundmeldung unter: www.lostart.de, Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Magdeburg.
22 Vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 2241/1. Sowie Fundmeldung unter: www.lostart.de, Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Magdeburg.
23 Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz, Berlin 2005, S. 117, 128.
24 Folgende in Frage kommenden Münchener Archive besitzen keine Unterlagen zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Wirtschaftarchiv München. Lediglich das Stadtarchiv verfügt über eine Gewerbekarte der Galerie Almas. Mitteilung des Stadtarchivs München vom 8.05.2008.
25 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.
26 Eine Anfrage zu dieser Angabe an Münchener ProvenienzforscherInnen erbrachte ebenfalls keinen konkreten Hinweis.
27 Das Lenbachhaus in München konnte 2008 eine Sammlung zusammengetragener Recherchen für ein geplantes Werkverzeichnis Gabriel von Max erwerben.

Kontakt

Bei Fragen und Anregungen nutzen Sie bitte unser Kontaktformular

Zum Kontaktformular