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Stuck, Franz von

Faun, eine Nymphe (Nixe) durch das Wasser tragend

Entstehungsjahr 1902
Technik Öl auf Holz
Maße 80 x 71 cm
Münchener-Nr. 10684
Linz-Nr. 176
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das 1902 entstandene Gemälde zeigt einen schmunzelnden Faun, der durch seichtes Wasser watet und eine Nixe auf seinen Schultern trägt. Die Nixe umfasst dabei lachend die Hörner des Fauns und lässt ihre Haare im Wind wehen. Im Werk von Franz von Stuck sind zahlreiche mythologische Darstellungen zu finden, wobei er insbesondere Faunen den Vorzug gab. In dem Gemälde „Faun, eine Nymphe (Nixe) durch das Wasser tragend“ variiert er erneut den Dualismus zwischen Mann und Frau, der hier in dem kraftvoll zupackenden Faun einerseits und der sich dem Spaß und der Freude hingebenden Nixe anderseits verkörpert wird.1

Provenienz

Zeittafel
1902 Gekauft von Martin und Florence Flersheim, Frankfurt a.M., direkt vom Künstler2  
Vor Juli 1938 Von dort gelangte es in Reichsbesitz und war für den „Sonderauftrag Linz“ vorgesehen 

Auf der Property Card zum Gemälde befinden sich keine Angaben zur Provenienz des Gemäldes. Die kunsthistorischen Recherchen ergaben, dass das Werk im Jahr 1909 im Besitz der Galerie Flersheim in Frankfurt am Main war.3 Dabei handelte es sich um eine Sammlung von modernen Kunstwerken von Martin und Florence Flersheim, die sie in ihrem Kunstsalon einem größeren Kreis von Interessierten zugänglich machten.4 Flersheim, der durch seine Position als Kaufmann und Mitinhaber einer Importfirma finanziell dazu in der Lage war, engagierte sich aktiv für das Frankfurter Kunstleben und förderte einzelne Künstler. In einem etwa um 1911 maschinenschriftlich erstellten Verzeichnis zum Bestand der Privatsammlung Flersheim, welches sich im Landgericht Frankfurt am Main befindet, konnte unter der Katalognummer 51 das Gemälde „Nixenraub“ von Stuck nachgewiesen werden.5 Entsprechend der Eintragung hatte der Sammler das Werk 1902 vom Künstler persönlich gekauft. Aufgrund der Maße und der Beschreibung des Bildes im Verzeichnis handelt es sich eindeutig um das heute in Bundesbesitz befindliche Gemälde mit dem Titel „Faun, eine Nixe durchs Wasser tragend“.

Das Werk kann mehrfach in der kunsthistorischen Literatur und in Ausstellungskatalogen belegt werden. Zum ersten Mal ist es in der Zeitschrift „Kunst für alle“ des Jahres 1903 abgebildet, allerdings ohne Besitzerangabe.6 Ein weiteres Mal bei Ostini.7 Bei der Durchsicht der Münchener und Berliner Ausstellungskataloge der Jahre 1900 bis 1945 konnte das Gemälde auf der Kunstausstellung in München im Jahre 1929 nachgewiesen werden, die zu Ehren des verstorbenen Künstlers stattfand.8 Zu diesem Zeitpunkt war Flersheim noch der Besitzer des Werkes, wie dem Katalog zu entnehmen ist. Ein Asterix hinter dem Werk bezeichnete es als unverkäuflich.

Als Martin Flersheim 1935 verstarb, emigrierte Florence Flersheim, die US-amerikanische Staatsbürgerin war, aufgrund ihrer jüdischen Abstammung 1938 in die USA. Vor ihrer Auswanderung musste sie eine unbekannte Anzahl von Kunstwerken aus ihrer Sammlung in Frankfurt veräußern, die teilweise von der Stadt Frankfurt erworben wurden.9 Den Restbestand an Bildern konnte sie in das neutrale Ausland, vorwiegend nach Holland, bringen. 1944 sind die dort in Liftvans gelagerten Kunstwerke vom ERR beschlagnahmt worden. In den Listen der beschlagnahmten Objekte ebenso wie in den Listen der Kunstwerke, die in Frankfurt verkauft wurden, ist das betreffende Gemälde nicht enthalten.10

Im Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt am Main, das Flersheim seinerzeit mäzenatisch unterstützt hatte, konnten keine Unterlagen zu dem betreffenden Gemälde gefunden werden.11

In den „Sonderauftrag Linz“ gelangte das Gemälde zu einem unbekannten Zeitpunkt. Aufgrund der niedrigen Linzer Nummer muss die Erwerbung vor Juli 1938 stattgefunden haben.12 Die K-Nr. kennzeichnet, dass das Gemälde für Kremsmünster vorgesehen war.

Wie dem 1991 erschienen „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ zu entnehmen ist, gibt es keinerlei Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München.13 Hier mussten alle Kunsthändler während der NS-Zeit ihr Gewerbe anmelden. Da gerade diese Akten fehlen, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachzuvollziehen, aus welchem Besitz das Werk in den „Sonderauftrag Linz“ gelangte.

Die Villa Stuck, die das künstlerische Erbe von Franz von Stuck bewahrt und wissenschaftlich bearbeitet, besitzt ebenfalls keine Akten aus dem Nachlass des Künstlers.14

Im Jahre 1959 wurde dem Antrag der Erben auf eine Entschädigung der in Holland entzogenen Kunstgegenstände in Höhe von DM 250.000 in voller Höhe stattgegeben. Das fragliche Gemälde von Stuck ist auf diese Weise im Verfahren nach Bundesrückerstattungsgesetz (BRüG) mit entschädigt worden.

Allerdings bleibt bislang ungeklärt, ob das hier interessierende Gemälde von Franz von Stuck erst im Zusammenhang mit einem NS-verfolgungsbedingten Vermögensverlust in das Eigentum des Deutschen Reiches gelangte oder aber unabhängig davon veräußert wurde.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft.

Stand: 2010

1 Abgebildet bei Voss 1973, Kat.Nr. 244/146, Faun und Nixe.
2 Keine Hinweise auf der Property Card. Vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 10684. Weitere auf der Property Card vermerkte Inventarnummern sind Aussee 5898, K 341, F St 427 und 298 (Rotstift). Die Angaben zu Flersheim sind dem maschinenschriftlichen Verzeichnis der Gemälde von Martin und Florence Flersheim, Kat.Nr. 51, entnommen worden. Vgl. dazu die Liste in der Wiedergutmachungskammer beim Landgericht Frankfurt, Rückerstattungssache AZ Wik 5910.
3 Ostini 1909, Abb. 95.
4 Eintrag zu Flersheim, Martin, in: Frankfurter Biographie, Bd. 1 A-L 1994, S. 210. Zur Familiengeschichte von Martin Flersheim (1856-1935) vgl. auch Vloten 2001.
5 Sammlungsverzeichnis der Galerie Martin und Florence Flersheim, Nr. 51, undatiert, in: Wiedergutmachungskammer beim Landgericht Frankfurt, Rückerstattungssache AZ Wik 5910.
6 Kunst für alle, 19. Jg., Oktober 1903, S. 8-40, hier: S. 36.
7 Ostini 1909, Abb. 95.
8 Kunstausstellung München 1929, Kat.Nr. 2671.
9 Im Folgenden dazu die Erklärungen der Florence Flersheim in der Rückerstattungssache F. Flersheim gegen die Stadt Frankfurt a.M., am 16.12.1948. Vgl. die Abschrift des Vergleichs im: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt a.M., Rückerstattungssache F. Flersheim.
10 Liste zur Abschätzung von Kunstgegenständen – Eigentum von Frau Fl. Flersheim, geb. Livingstone, Frankfurt a.M., Mendelsohnstr. 78, durch das Kunsthaus Hahn, Frankfurt a.M., am 6.7.1938. Vgl. die Abschrift in den Akten der Wiedergutmachungskammer beim Landgericht Frankfurt, Rückerstattungssache AZ Wik 5910.
11 Telefonische Auskunft des Städels vom 7.8.2002.
12 Zur Inventarisierung vgl. die Aussage von Reger am 21.7.1951, in: BArch, B 323/332, Reger.
13 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991.
14 Schreiben des Museums Villa Stuck, an die OFD Berlin, München, 8.9.2003.

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