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Piglhein, Elimar Ulrich Bruno

Mädchen am Weiher liegend mit einem Zigeunerknaben

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Leinwand
Maße 71 cm x 140,5 cm
Münchener-Nr. 10689
Linz-Nr. 561/475
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Elimar Ulrich Bruno Piglhein1 wurde 1848 in Hamburg geboren. Zunächst wurde er bei Julius Lippelt in Hamburg und anschließend bei Johannes Schilling in Dresden zum Bildhauer ausgebildet. Danach wandte er sich dem Studium der Malerei zu, zunächst bei Ferdinand Pauwels in Weimar und seit 1870 bei Wilhelm Diez in München, wo er fortan ansässig war. Studienreisen führten ihn 1885/86 nach Paris und 1886 im Zusammenhang mit dem Auftrag für sein berühmtestes Werk „Jerusalem am Tag der Kreuzigung Christi“ nach Palästina. Im selben Jahr wurde er auch Professor an der Münchner Akademie. 1892 war Piglhein Mitbegründer der Künstlergruppe „Die Elf“, aus der im selben Jahr die Münchner Sezession hervorging, deren erster Präsident er war. 1891 wurde Piglhein mit der Großen Goldene Medaille in München geehrt. Piglhein starb 1894 in München, im Jahr darauf wurde in Berlin eine Gedächtnisausstellung gezeigt.
Piglhein war anfänglich spezialisiert auf Salonthemen und Dekorationsmalerei im Stil Makarts, später widmete er sich insbesondere Porträts in Pastell und religiösen Inhalten. Berühmt wurde er 1886 durch sein riesiges Panorama-Bild „Jerusalem am Tag der Kreuzigung Christi“.

Das hier in Rede stehende Gemälde zeigt folgendes: auf einer zart blühenden nahsichtig das gesamte Querformat ausfüllenden Wiese liegt lang ausgestreckt halb auf der Seite mit aufgestütztem Kopf ein junges hellhäutiges blumenbekränztes Mädchen. Fasziniert beobachtet sie das Leben am Rand eines kleinen Weihers vor ihr. Neben ihr hockt ein nackter sonnengebräunter Knabe und wendet dem Betrachter den Rücken zu, über seiner Schulter hängt ein erlegter Vogel. Er blickt wie das Mädchen aufmerksam nach links. Im Vordergrund rechts liegt ein Wasserkrug schräg im Gras und bildet einen Kontrast zu den horizontalen und vertikalen Kompositionsachsen.

Das vorliegende Gemälde spiegelt das von Piglhein besonders gepflegte Genre des Salongemäldes wider. In den 1880er Jahren widmete sich der Künstler des öfteren der Darstellung von weiblichen und männlichen jugendlichen Akten in der Landschaft, meist mythologisch verbrämt, beachtet wurden vor allem seine großformatigen Pastellzeichnungen. Durch vielfache Reproduktion waren seine Kompositionen weit verbreitet und prägten seinen Ruf als Künstler.

Provenienz

Zeittafel
zu einem nicht bekannten Zeitpunkt von der Kunsthandlung Max Michels, München an die Galerie Almas München veräußert von dort 
vermutlich 1939 an die Sammlung "Sonderauftrag Linz" weiterveräußert2  

In der Kartei wird das Bild geführt als: „Mädchen an einem Weiher liegend mit einem Zigeunerknaben“; in der Datenbank erscheint es als: „Mädchen am Weiher mit Zigeunerknaben“.3

Die TVK München ermittelte, dass das vorliegende Gemälde von der Galerie Almas, München, angekauft wurde, die es ihrerseits von der Kunsthandlung Michels, München, erworben hatte.4

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes: Alle Querverweise bestätigen nach umfassender Recherche im Bundesarchiv die vorliegenden Angaben, fördern jedoch keine neuen Erkenntnisse zutage.5

Die Recherchen zur Galerie Maria Almas-Dietrich ergaben, dass keine zur Provenienz des Gemäldes relevanten Akten in Münchener Archiven überliefert sind.6 Die Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München sind nicht überliefert.7 Akten der Reichskammer der bildenden Künste sind im Bestand der Reichskulturkammer und ihrer Einzelkammern im Bundesarchiv Berlin 8 und im Zentralen Staatsarchiv nicht überliefert. Im Bundesarchiv Berlin sind keine personenbezogenen Unterlagen zu Maria Dietrich überliefert.9

Maria Dietrich wurde am 28. Juli 1892 in München geboren, ihr Vater war Jude. 1910 bekam sie ein uneheliches Kind von einem deutsch-amerikanischen Juden. 1921 heiratete sie Ali Almas-Diamant, einen türkischen Maler, und erhielt dadurch die türkische Staatsangehörigkeit. Nach ihrer Scheidung 1937 nahm sie 1940 wieder ihre deutsche Staatsangehörigkeit an, behielt aber den Namen Almas für ihre Galerie. Sie handelte seit 1919 mit Kunst und meldete im November 1937 die Kunsthandlung Almas offiziell an. 1940 stieg ihr Einkommen mit der Besetzung Frankreichs auf eine halbe Million Reichsmark. Maria Dietrich erwarb vor allem ab 1940 Kunstwerke aus dem besetzten Frankreich und aus Österreich.10
Insgesamt verkaufte Frau Dietrich über 900 Werke an Hitler. Sie hatte engen Kontakt zu Heinrich Hoffmann, er ermöglichte ihr ab 1936 den Zugang zu Hitler und verkaufte mit ihr bis 1940 Bilder an Hitler. Später konnte sie selbstständig, ohne die Zustimmung von Hans Posse oder Hermann Voss Gemälde an Hitler einliefern. Sie hatte zahlreiche Kontakte zu Kunsthändlern und Versteigerungshäusern, unter anderem auch zum Auktionshaus Hans W. Lange, Berlin, das als Verkäufer für die Berliner Finanzbehörden agierte. Zu ihren Lieferanten in München gehörte unter anderem die Galerie Maria Gillhausen. Nachdem Hermann Voss die Leitung des Sonderauftrages Linz übernommen hatte, verkaufte sie weniger Bilder an Hitler.11
1944 brannte ihr Geschäft in der Ottostraße nach Luftangriffen auf München aus, und 1945 wurde ihr Privathaus zerstört. 12 Nach dem Zweiten Weltkrieg führte Maria Dietrich die Kunstgalerie weiter, die später von ihrer Tochter übernommen wurde.13

Geschäftsunterlagen sowie Ausstellungskataloge für das vorliegende Gemälde der Kunsthandlung Michels 14 konnten nicht ermittelt werden. Die Kunsthandlung Max Michels verkaufte bis zu 10 Kunstwerke an den Sonderauftrag Linz15 . Die Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München sind nicht überliefert.16
Die kunsthistorischen Recherchen ergaben Folgendes: Piglheins Oeuvre ist weder durch den Künstler selbst dokumentiert noch durch die kunsthistorische Forschung in einem Werkverzeichnis aufgearbeitet worden, das vorliegende Gemälde läss sich in der Literatur vor 1945 nicht sicher nachweisen. 17 Es könnte identisch sein mit einem der beiden 1895 in der Münchener Gedächtnis-Ausstellung für Piglhein gezeigten Gemälde „Frühlings-Idylle“ von 1892 oder „Nymphe“ von 1889.18

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft.

Stand: 2011

1 Für Folgendes vgl. ADB 53, 1907, S. 790f.; Müller/Singer 3, 1921, S. 439; Thieme/Becker 27, 1933, S. 35; Münchner Maler 3, 1982, S. 279-282; DBE 7, 1998, S. 669; Bénézit 10, 1999, S. 922f.
2 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 10689.
3 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 10689. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Nummern lauten Aussee 5903 und K 298.
4 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 10689. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Nummern lauten Aussee 5903 und K 298.
5 BArch Koblenz, B 323/45/559; B 323/79/62; B 323/331/65 (Aussage Maria Almas vom 14. 8. 1951).
6 Nach Recherchen des BADV zu mü 9458 besitzen folgende bayerischen Archive keine Akten zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Stadtarchiv München, Bayrisches Hauptstaatsarchiv München und Wirtschaftsarchiv München.
7 Boberach, 1991.
8 BArch Berlin, R 56
9 Mitteilung des Bundesarchvs Berlin. Vgl. E-Mail vom 12. 11. 2008.
10 Eichhorn 2003, S. 272.
11 Löhr 2005, S. 127f.
12 BArch Koblenz, B 323, 436.
13 Eichhorn 2003, S. 272.
14 Auk.kat. Helbing 1931, 1. Teil Max Michels, Kunsthandlung München, Karolinenplatz 6, Nr. 1-49.
15 Vgl. Datenbank „Sammlung des Sonderauftrages Linz“ http://www.dhm.de/datenbank/linzdb/ (unter Provenienz «Michels»).
16 Boberach, 1991.
17 Die in den in Anm. 2 genannten Nachschlagewerken und in der Bibliographie zur Bayerischen Kunst, vgl. Wichmann, Bibl. 4, 1973, verzeichneten Erwähnungen Piglheins haben sich als nicht relevant erwiesen.
18 AK Berlin 1895, unpag. (S. 17) Nr. 102, 105.

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