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Unbekannter deutscher Meister, 19. Jahrhundert

Gebirgslandschaft

Entstehungsjahr um 1850
Technik Öl auf Leinwand
Maße 121,0 x 107,0 cm
Münchener-Nr. 1336
Linz-Nr. 579
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Carl Irmer (1834–1900) war ein deutscher Landschaftsmaler und Radierer.[1] Er erhielt Unterricht in Dessau unter August Becker (1821–1887) sowie an der Akademie in Düsseldorf unter Hans Fredrik Gude (1825–1903). Während einer Reise Gudes im Jahre 1855 übernahm Irmer dessen Vertretung als Leiter der Landschaftsklasse. Es folgten Reisen durch Deutschland sowie nach Wien und Paris. Anschließend ließ sich der Künstler in Düsseldorf niederließ. Trotz zahlreicher Auszeichnungen sowie einer Ernennung zum anhaltinischen Hofmaler und Professor, war Irmer zu Lebzeiten wenig bekannt. Es bestehen Zweifel, ob es sich bei dem vorliegenden Werk um eine eigenständige Arbeit des Künstlers handelt .[2]

Das Gemälde zeigt eine deutsche Gebirgslandschaft. Im Vordergrund befindet sich ein steiniges Ufer mit Staffagefiguren. Dahinter ist in der linken Bildhälfte ein Wasserfall dargestellt, der in einen Fluss mündet. Im Hintergrund erstreckt sich eine steinige Landschaft mit reichem Baumbestand, die den Blick auf ein Gebirge freigibt. 

Das Werk ist weder signiert noch datiert. Eine Entstehungszeit um 1850 wird angenommen.[3]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: in blauer Fettkreide „1336“ (Mü-Nr.); in Schwarz „K741“ (Kremsmünster); Stempel, viermal „Eigentum der Bundesrepublik Deutschland“; auf Blau umrandetem Etikett mit perforierten Rändern, in Schwarz „579“ (Linz-Nr.); Etikett „303“ (nicht identifiziert).

[1] Für das Folgende vgl. Thieme/Becker 1999, Bd. 19/20, S. 223.

[2] Vgl. BVA-Archiv, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 1336. Das Gemälde wurde am 03.02.1939 „als Schule Irmer“ von der Reichskanzlei erworben.

[3] Vgl. BVA-Archiv, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 1336.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
Bis 03.02.1939Frau Böninger, Eurasburg/Oberbayern
Ab 03.02.1939Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“), erworben über Gerdy Troost (1904–2003), München
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
27.06.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949Bundesvermögen

Das Gemälde war einst Teil der Sammlung von Frau Böninger, Eurasburg in Oberbayern.[1] Weitere Informationen zur Identität von Frau Böninger sowie der Herkunft des Objektes liegen derzeit nicht vor.[2]

Am 3. Februar 1939 wurde das Gemälde für RM 2.500,- von Frau Böninger unter Vermittlung von Gerdy Troost (1904–2003) von der Reichskanzlei erworben.[3]

Gerdy (eigentlich Gerhardine) Troost war die Witwe von Paul Ludwig Troost (1878–1934). Der Architekt hatte unter anderem die sogenannte „Führerwohnung“ in der Berliner Alten Reichskanzlei eingerichtet. Nach seinem Tod übernahm Gerdy Troost zusammen mit dem Architekten Leonhard Gall (1884–1952) das Architekturbüro. Auch sie erhielten weiterhin Aufträge von Hitler.[4]

Die Nummer K630 auf der Property Card sowie auf der Bildrückseite weist auf die Lagerung des Gemäldes im Depot Kremsmünster hin.[5] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrages Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[6] Aus Angst vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[7]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 27. Juni 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[8] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[9]

 

Bearbeitungsstand: 2019

[1] Vgl. BVA-Archiv, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 1336.

[2] Rückerstattungsverfahren nach Frau Böninger aus Eurasburg konnten nicht ermittelt werden.

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. Timo Nüßlein, Paul Ludwig Troost (1978–1934), Wien 2012 und BArch Berlin, BDC, Akte der Reichskanzlei zu Gerdy Troost.

[5] Vgl. BVA-Archiv, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 1336.

[6] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[7] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

[8] Vgl. BVA-Archiv, zugehörige Property Card des CCP München.

[9] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 12.02.2019].

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