Kaulbach, Friedrich August von
Junge Frau mit Laute sitzend
Entstehungsjahr | 1919 |
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Technik | Öl auf Leinwand |
Maße | 131 x 102,5 cm |
Münchener-Nr. | 1670 |
Linz-Nr. | 2070/990 |
Lost Art-ID | 219212 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Friedrich August von Kaulbach (1850-1920), der einer weit verzweigten Malerfamilie entstammte, profilierte sich als Maler, Zeichner, Graphiker und Radierer vor allem in den Gattungen Porträt, Genre, Landschaft, Stillleben und Karikatur.1 Bevorzugte Themen waren Tanz und Musik, Mythologie, Religion, Krieg und Tod. Nach der Übersiedlung nach München im Jahre 1871 bewegte sich der von der vornehmen Münchener Gesellschaft hochgeschätzte „Malerfürst“ im Kreise seiner Künstlerkollegen Wilhelm von Diez, Franz von Lenbach und Hans Makart. 1886 wurde Kaulbach zum Direktor der Münchner Akademie ernannt. Besonders begehrt waren seine Porträts, da er es vermochte, den momentanen Eindruck seiner Auftraggeber im Bildnis festzuhalten, wobei er sich ebenso wie Lenbach der Fotografie bediente.
Provenienz
Die Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt (TVK) ermittelte zur Provenienz des Gemäldes mit dem hier vergebenen Titel „Junge Frau mit einer Laute sitzend“ (1919), dass dieses auf der am 13. März 1941 im Berliner Auktionshaus H. W. Lange mit der Katalognummer 141 an die Münchener „Galerie Almas“ verkauft wurde. Im Januar 1942 wurde es dann für RM 10.000 von Maria Almas-Dietrich für die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ angekauft.2
Der sogenannten Restitutionskartei im Bestand B 323/652 im Bundesarchiv Koblenz ist darüber hinaus zur Provenienz des Gemäldes zu entnehmen, dass dieses nach Aussage von Mimi Tho-Rade im Juni 1949 seinerzeit von Frieda von Kaulbach angekauft worden ist.3
Die neuen Recherchen zur Provenienz des Gemäldes erbrachten folgende Hinweise:
Im Werkverzeichnis zu Friedrich August von Kaulbach von Klaus Zimmermanns (1980) werden die Angaben zur Provenienz der Property Card bestätigt: „Aus der Versteigerung Lange von der Galerie Almas, München erworben; von dort für 10 000,- RM in Reichsbesitz“.4 Das Gemälde trägt bei Zimmermanns den Titel „Hilde mit Gitarre“. Trotz intensiver Recherchen zur Herkunft des Gemäldes konnte Zimmermanns nicht ermitteln, ob das heute in Bundesbesitz befindliche Gemälde neben der am 13. März 1941 erwähnten Berliner Auktion im Auktionshaus H. W. Lange in weiteren Versteigerungen oder Ausstellungen der Jahre bis 1945 vertreten war.
In der zeitgenössischen Literatur zum künstlerischen Werk des Friedrich August von Kaulbach konnte das heute in Bundesbesitz befindliche Gemälde nicht identifiziert werden.5
Bestätigt werden konnte in der Folge die Angabe zu der Versteigerung des Gemäldes im Jahre 1941 im Berliner Auktionshaus H. W. Lange. Mit der Katalognummer 141 und dem Titel „Tochter des Künstlers“ wurde das Gemälde auf der am 13. März 1941 im Berliner Auktionshaus H. W. Lange veranstalteten Versteigerung „Gemälde des 19. Jahrhunderts – Gold- und Kupferemaildosen des 18. Jahrhunderts – Kleinasiatische Knüpfteppiche“ mit einem Schätzpreis von RM 3.000 zum Kauf angeboten.6 Das Verzeichnis der Auftraggeber des Auktionskataloges nennt für die Katalognummer 141 und 153 „K., Berlin“.7 Der Einlieferer gab neben dem Kaulbach-Gemälde ein weiteres Gemälde von Franz von Lenbach und Johann B. Hofner mit dem Titel „Schafe und Kaninchen“ mit einem Schätzpreis von RM 1.500 zum Verkauf in die Versteigerung.8 Letzteres wurde jedoch nicht verkauft. Hinweise zu dem im Katalog erwähnten Einlieferer „K., Berlin“ konnten weder in der kunsthistorischen Literatur zum Werk des Friedrich August von Kaulbach noch in jener zum Werk des Franz von Lenbach ermittelt werden.9 Forschungen zu Geschäftsunterlagen des Berliner Auktionshauses H. W. Lange ergaben darüber hinaus, dass im Landesarchiv Berlin lediglich Anmeldeformulare und Auktionsprotokolle für das Jahr 1937 überliefert sind.10
Fehlende Annotationen in den überlieferten Auktionskatalogen der Versteigerung vom 13. März 1941 führten in der Folge zu keinem Ergebnis den Einlieferer beziehungsweise Käufer des Kaulbach-Gemäldes betreffend. Im Bundesarchiv Koblenz konnten ebenfalls keine aussagekräftigen Akten zur Identifizierung dieser Personen ermittelt werden.
Forschungen zum persönlichen Nachlass von Friedrich August von Kaulbach – eine bedeutende Quelle, welche zur Provenienz des Gemäldes weiterführende Hinweise hätte liefern können - ergaben, dass dieser verlorengegangen ist.11 In Bundesbesitz befinden sich insgesamt 29 Kunstwerke des Friedrich August von Kaulbach. Wenigstens fünfzehn dieser Werke wurden von der Sammlung „Sonderauftrag Linz“ über die Münchener Galeristin Maria Almas-Dietrich aus dem Nachlass des Künstlers von dessen Witwe Frieda Kaulbach erworben.12 Vierzehn dieser Werke nachweislich im Jahre 1941.13 Das hier zu erforschende Gemälde „Junge Frau mit einer Laute, sitzend“ wurde allerdings im März 1941 im Berliner Auktionshaus H. W. Lange angeboten und vermutlich hier von der Münchener Galeristin Maria Almas-Dietrich erworben. Ob es sich bei dem im Auktionskatalog erwähnten Einlieferer „K., Berlin“ um ein Familienmitglied der von Kaulbachs handelte, konnte nicht ermittelt werden. Wie die vierzehn Gemälde, die Almas-Dietrich 1941 aus dem Nachlass des Künstlers erworben hatte, wurde im Januar 1942 ebenfalls das Gemälde „Junge Frau mit einer Laute, sitzend“ von ihr an den „Sonderauftrag Linz“ für RM 10.000 weiterverkauft. Ebenso wie die vierzehn an die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ verkauften Kunstwerke Kaulbachs, die Almas-Dietrich aus dem Nachlass des Künstlers, von dessen Witwe erworben hatte, besitzt auch die „Junge Frau mit einer Laute, sitzend“ eine Linzer-Inventarnummer zwischen 2075 und 2093, nämlich die Inventarnummer 2076. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass diese Werke im Januar 1942 vom „Sonderauftrag Linz“ im Konvolut von Maria Almas-Dietrich angekauft worden sind.14
Nach Auskunft des Leihnehmers befinden sich folgende Aufschriften auf dem Keilrahmen der Gemälderückseite: Oben mittig in Blau die Münchener-Nummer „1670 (2076)“. In schwarzer Farbe oben rechts auf dem Keilrahmen ist handschriftlich die Nummer: „K. 1.127“ angebracht. Auf dem unteren Keilrahmen mittig in weißer Kreide die Auktionsnummer „141“ der Auktion bei H.W. Lange, Berlin am 13. März 1941. Auf dem Keilrahmen oben rechts ein weißer Aufkleber mit der Aufschrift „Almas München 2 Ottostr. 9 – F. A. von Kaulbach“. Links daneben ein weiterer weißer Aufkleber mit der Nummer „98“. Ein weiterer Aufkleber der Galerie Almas weist den handschriftlichen Vermerk: „F. A. Kaulbach 129 / 102 cm – „Tochter des Künstlers“ auf.15
Trotz intensiver Recherchen in deutschen Ausstellungs- und Auktionskatalogen der Jahre bis 1945 konnte nicht ermittelt werden, ob sich das Gemälde vor der Versteigerung im Berliner Auktionshaus H. W. Lange am 13. März 1941 sowie dem Ankauf durch die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ im Januar 1942 im Kunsthandel oder auf Ausstellungen befand.
Die Recherchen zur Münchener Galerie Maria Almas-Dietrich verliefen ebenfalls ergebnislos, da keine Akten in Münchener Archiven überliefert sind.16 Dem 1991 erschienenen „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ konnte darüber hinaus entnommen werden, dass keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.17 Angesichts dieser lückenhaften Archivlage ist nicht exakt belegbar, wann genau Maria Almas-Dietrich das Gemälde an den „Sonderauftrag Linz“ verkauft hat.
Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft.
Stand: 2010
1 Zum Künstler vgl. u.a. Lehmann/Riemer 1978; Zimmermanns 1980; Rosenberg 1900; Friedrich August von Kaulbach 1911.
2 Vgl. Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) Berlin, Property Card, Mü-Nr. 1670.
3 Vgl. hierzu: BArch, B 323/652, Restitutionskartei; BArch, B 323/763; BArch, B 323/332, Mimi Tho-Rade.
4 Klaus Zimmermanns, Friedrich August von Kaulbach (1850-1920). Monographie und Werkverzeichnis, München 1980, Kat. 111, Abb. S. 94. Zimmermanns führt insgesamt vier Vorstudien des Gemäldes an, die sich heute im Kaulbach-Haus, Ohlstadt befinden. Vgl. hierzu: Zimmermanns 1980, Kat. 112-115.
5 Vgl. hierzu u.a.: Pietsch, Ludwig, Friedrich August von Kaulbach, München 1897; Adolf Rosenberg, Friedrich August von Kaulbach, Bielefeld/Leipzig 1900; Friedrich August von Kaulbach Gesamtwerk, hrsg. von Fritz von Ostini, München 1911. Ostini erwähnt zwei weitere Gemälde mit dem Titel „Lautenspielerin“, Tafel 6 und 110. Hierbei handelt es sich jedoch nicht, um das heute in Bundesbesitz befindliche Kunstwerk. Wolter, Franz, Fritz August von Kaulbach, in: Die Kunst. Monatshefte für freie und angewandte Kunst, 27.1913, München 1913, S. 1-24; Evelyn Lehmann, Elke Riemer, Die Kaulbachs. Eine Künstlerfamilie aus Arolsen, Arolsen 1978.
6 Kat. Nr. 141: Friedrich August von Kaulbach, Tochter des Künstlers. Eine Gitarre in der Hand sitzt sie unter zwei jungen Birken. Seelandschaft im Hintergrund. Unten links bez.: „F.A. v. Kaulbach 1919“. H. 129 cm, Br. 102 cm. Schätzpreis laut Liste: 3000 RM. Vgl. hierzu: Auktionskatalog H. W. Lange, Berlin, Gemälde des 19. Jahrhunderts. Gold- und Kupferemaildosen des 18. Jahrhunderts. Kleinasiatische Knüpfteppiche, Berlin, 13.03.1941, Nr. 141.
7 ebd., Verzeichnis der Auftraggeber, Nr. 141 und 153.
8 Vgl. Kat. Nr. 153: Franz von Lenbach und Johann B. Hofner, Schafe und Kaninchen. Auf einer Wiese am Waldesrand drei Schafe und Kaninchen. Unten rechts bezeichnet: „J.B. Hofner & F. Lenbach“. Leinwand. H. 85 cm, Br. 130 cm, Tafel 10.
9 Vgl. Sonja von Baranow, Franz von Lenbach: Leben und Werk, Köln 1986; Ausst.kat. Franz von Lenbach: 1836-1904, Städtische Galerie im Lenbachhaus, hrsg. von Rosel Gollek und Winfried Ranke, München 1986; Ausst.kat. Franz von Lenbach: Sonnenbilder und Portraits, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, hrsg. von Reinhold Baumstark, München 2004.
10 Mitteilung Landesarchiv Berlin vom 19.07.2008.
11 Mitteilung von Mayen Beckmann an die Oberfinanzdirektion Berlin, Berlin, 23.04.2001.
12 Im Jahre 1941 erwarb Maria Almas-Dietrich insgesamt vierzehn Gemälde von Frieda von Kaulbach aus dem Nachlass von deren verstorbenen Mann. Die Münchener Galeristin verkaufte diese Gemälde im Januar 1942 vermutlich en bloc an die Sammlung „Sonderauftrag Linz“, darunter die Münchener-Nummern: 10739; 10792; 13393; 1541/1; 1541/2; 45062; 8596; 9211; 9220; 9327; 9756; 9826; 11180 und 45072. Zu einem früheren Zeitpunkt erwarb Maria Almas-Dietrich vermutlich ebenfalls aus dem Nachlass Kaulbachs von dessen Witwe Frieda Kaulbach das Gemälde „Damenbildnis“, Mü-Nr. 2278/1.
13 Darunter die Münchener-Nummern: 10739; 10792; 13393; 1541/1; 1541/2; 45062; 8596; 9211; 9220; 9327; 9756; 9826; 11180 und 45072.
14 ebd.
15 Frdl. Mitteilung der Städtischen Museen Heilbronn vom 23.07.2009.
16 Folgende in Frage kommenden Münchener Archive besitzen keine Unterlagen zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Wirtschaftarchiv München. Lediglich das Stadtarchiv verfügt über eine Gewerbekarte der Galerie Almas. Mitteilung des Stadtarchiv München vom 10.05.2009.
17 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.