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Defregger, Franz von

Brautwerbung

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Leinwand
Maße 93,0 x 111,0 cm
Münchener-Nr. 11033
Linz-Nr. 1117
Lost Art-ID 218904
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Franz von Defregger (1835–1921) war ein österreichischer Genre- und Historienmaler.[1]

Das Gemälde zeigt eine Figurengruppe in einer Bauernstube. In der Mitte des Bildes steht ein Tisch mit weißer Decke. Um ihn herum sind sechs Personen versammelt, davon links am Tisch ein Sitzender in Rückenansicht sowie dahinter zwei Bäuerinnen und ein Bauer, die einander zugewandt lebhaft miteinander diskutieren. Am rechten Tischrand steht ein junges Paar, das zu den Älteren hinüberblickt. Im Hintergrund links ist eine Tür zusehen, am rechten Bildrand ein Fenster. Davor steht eine Kommode, auf der ein Hut liegt.

Das Werk ist signiert „F. D.“, jedoch nicht datiert. Eine Entstehungszeit in den 1890er Jahren wird angenommen.[2]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: in blauer Fettkreide „11033“ (Mü-Nr.); in Schwarz „K176“ (Kremsmünster); weißes, blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand „1117/795“ (Linz-Nr.).[3]

Das Kunstwerk ist im Werkverzeichnis von Hans Peter Defregger (1983), dem Enkel des Künstlers, enthalten.[4] Darüber hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler überprüft.[5]

[1] Für weitere Informationen zum Künstler siehe: Ulrich Thieme/Felix Becker (Hgg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Leipzig 1999, Bd. 8, S. 539–541 und Ausst. Kat. Franz Defregger. Ein Bauernsohn aus Tirol, Städtische Galerie Rosenheim, 04.03.–10.04.1983.

[2] Vgl. Hans Peter Defregger, Defregger 1835–1921, Rosenheim 1983, S. 345.

[3] Laut Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11033.

[4] Vgl. ebd.

[5] Ohne Treffer: Franz von Defregger, Franz Defregger Album, München um 1890. Ausst.kat. Gemälde, Studien und Skizzen von Franz von Defregger, Königliche Akademie der Künste, Berlin, 01.11.–16.12.1900. Verlag Dr. Franz Stoedtner (Hg.), Die Kunst des XIX. Jahrhunderts in Lichtbildern, Bd. 3, M. v. Schwind, Kanus, Vautier, Defregger und Grützner, Berlin um 1910. Ausst.kat. Franz von Defregger (1835–1921). Ehrenausstellung anläßlich seines 100. Geburtstages, Kunstverein München, 17.07.–15.08.1935. Heinrich Hammer, Franz von Defregger, Innsbruck 1940. Horst Ludwig, Münchner Malerei im 19. Jahrhundert, München 1978. Hans Peter Defregger, Defregger II, Rosenheim 1991.

Provenienz

Chronologie der Provenienz:
(…)Ungeklärt
O. J.Dr. Knopf, München, Erwerbsweg ungeklärt
Bis Ende 1940Galerie Almas, München, Erwerbsweg ungeklärt
Ab Ende 1940Deutsches Reich („Sonderauftrag Linz“), Ankauf
Ab 20.10.1945Amerikanische Militärregierung, Central Collecting Point München, Sicherstellung
Seit 1949Bundesrepublik Deutschland, Übernahme aus ehemaligem Reichsbesitz

Laut Auskunft von Hans Defregger (1886–1956), dem Sohn des Künstlers, vom Juni 1951, wurde ihm das Gemälde zu einem unbekannten Zeitpunkt von dem Münchener Kunsthändler Fritz Hanold (1889–?), Karlstraße 82 II, vorgelegt.[1] Ein Eigentümer- oder Käufername war ihm nicht bekannt.

Über die Person Hanold liegen derzeit nur wenige Informationen vor.[2] In den Münchener Adressbüchern erscheint er als Kunsthändler in den Jahren 1934 bis 1943, zunächst mit Räumen in der Karlstraße 82, spätestens ab 1943 in der Jägerstraße 81. Auch in den Adressbüchern der Nachkriegszeit ist Hanold verzeichnet, nun unter der Anschrift Georgenstraße 30 in München. Die von Hans Defregger erwähnte Adresse Hanolds, Karlstraße 82 II, könnte darauf hindeuten, dass ihm das Gemälde in den Jahren 1934 bis 1943 vorgelegt wurde.

Das Gemälde wurde am 16. Oktober oder 6. November 1940 von der Galerie Almas in München und Heinrich Hoffmann (1885–1957) durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ angekauft und erhielt die Linz-Nr. 1117.[3] Über die Herkunft des Gemäldes ist derzeit nichts bekannt. Laut Aussage von Maria Almas-Dietrich (1892–1971) vom 16. August 1951 erwarb sie das Werk „Münchener Priv. Bes. Dr. Knopf“.[4] Aufgrund der lückenhaften Archivlage konnten Zeitpunkt sowie Umstand der Erwerbung nicht abschließend geklärt werden.[5] Weitere Informationen zur Person „Dr. Knopf“ sind derzeit nicht bekannt.[6]

Auch im Werkverzeichnis von Hans Peter Defregger aus dem Jahre 1983 sind keine weiteren Informationen zur Provenienz des Werkes enthalten.[7]

Maria Almas-Dietrich (1892–1971), geborene Dietrich, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.[8] Im Jahre 1921 heiratete sie den türkischen Staatsbürger Ali Almàs-Diamant und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebten sie jedoch in Trennung, 1937 erfolgte die Scheidung. Der Name „Almas“ blieb jedoch für die Galerie erhalten. Nach eigenen Angaben lernte Almas-Dietrich im Jahre 1936 Heinrich Hoffmann (1885–1957), den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen erste Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Fortan entwickelte sie sich zu den aktivsten Vermittlern von Kunst an die Nationalsozialisten. Zwischen 1936 und 1944 verkaufte Almas-Dietrich über eintausend Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas-Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet.[9]

Hoffmann war Fotograf und Verleger in München mit späteren Ladengeschäften u.a. in Wien.[10] Durch seine Tätigkeit als Hitlers Fotograf konnte er exklusiv die von seinem Verlag publizierten Hitler-Bildbände gewinnbringend vermarkten. Seine Ernennung zum alleinigen Juror der 1. Großen Kunstausstellung 1937 in München umfasste ebenfalls die Vermarktung der Postkarten und Mappen von den dort präsentierten Kunstwerken. Im darauffolgenden Jahr erwarb Hoffmann die Zeitschrift „Kunst dem Volk“, in der er u.a. auch seine eigene Kunstsammlung publizierte. Seine ab 1930 begonnene Sammlung umfasste 282 Gemälde und Aquarelle, die er 1941/1942 in einem Fotoalbum dokumentierte. Die wichtigste Kunsthändlerin für ihn war Almas-Dietrich.

Nach der Eröffnung einer Filiale in Wien im Herbst 1938 bediente sich Hoffmann fortan auch der dort ansässigen Galerien und Kunsthandlungen. Weitere Filialen eröffnete er nach Beginn des Zweiten Weltkrieges in den besetzten Ländern. Von dort erwarb er u.a. Kunstwerke aus beschlagnahmten jüdischen Sammlungen. Hoffmann legte den Schwerpunkt seiner Sammlung, ebenso wie Hitler, auf niederländische Malerei des 17. und deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts. Durch seine Nähe zu Adolf Hitler gehörte er zu den erfolgreichsten Profiteuren des NS-Regimes. Nach Kriegsende wurde seine Sammlung beschlagnahmt, im CCP München inventarisiert und in den folgenden Jahren sukzessive an Familienangehörige bzw. die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen übergeben.

Die Nummer K176 auf der Property Card sowie auf der Rückseite des Werkes weist auf dessen Lagerung im Depot Kremsmünster hin.[11] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrages Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[12] Aus Sorge vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[13]

Laut zugehöriger Property Card des Central Collecting Point (CCP) München wurde das Werk zum Schutz vor Kriegseinwirkungen im Salzbergwerk Altaussee in der Steiermark ausgelagert.[14] Dieses wurde ab August 1943 zunächst vom Institut für Denkmalpflege in Wien als Auslagerungsort genutzt.[15] Ab Januar 1944 erfolgte zudem die Einlagerung von Kunstwerken aus dem „Sonderauftrag Linz“. Am 8. Mai 1945 traf die 3. US-Panzerarmee in Altaussee ein und der Salzberg wurde dem amerikanischen Militär übergeben. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde das Werk am 20. Oktober 1945 in den CCP in München verbracht.[16] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980).[17] Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland erfolgte im Jahre 1949 die Übernahme in Bundesbesitz.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[18]

 

Bearbeitungsstand: 2021

[1] Für das Folgende vgl. NARA, M1946. URL: www.fold3.com/image/312510636 [Abruf: 28.10.2019].

[2] Für das Folgende vgl. GenWiki, München/Adressbuch, 1930–1947 (Jahrgänge 1939, 1942 und 1944–1946 fehlen). URL: http://wiki-de.genealogy.net/Kategorie:Adressbuch_f%C3%BCr_M%C3%BCnchen [Abruf: 06.11.2019]. 

[3] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11033.

[4] Vgl. BArch Koblenz, B 323/664, Restitutionskartei, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11033. Aussage von Almas-Dietrich, München vom 16.08.1951.

[5] Folgende Archive besitzen keine Unterlagen zur Galerie Almas: Staatsarchiv München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Wirtschaftsarchiv München. Lediglich das Stadtarchiv verfügt über eine Gewerbekarte der Galerie Almas. Vgl. Auskunft des Stadtarchivs, München vom 08.05.2008.

[6] Im Münchener Adressbuch von 1939 und 1940 sind verschiedene Personen mit dem Familiennamen Knopf verzeichnet. Ohne Vornamen lässt sich der gesuchte Voreigentümer des Gemäldes jedoch nicht eindeutig identifizieren. Vgl. Auskunft des Stadtarchivs München vom 11.12.2008 und GenWiki, München/Adressbuch, 1939/1940. URL: http://wiki-de.genealogy.net/Kategorie:Adressbuch_f%C3%BCr_M%C3%BCnchen [Abruf: 06.11.2019].

[7] Vgl. Defregger 1983, S. 345 Abb. und Katalogeintrag. „Brautwerbung“, ÖL/Leinwand, 93 x 110 cm, signiert r.u., 90er Jahre, Besitzer unbekannt (Archivbild).

[8] Vgl. BWA, K1, XVA, 10c, 264, Akt Fall 33.

[9] Vgl. NARA, RG 260, 519, Box 445.

[10] Für das Folgende vgl. Sebastian Peters, Der „Millionär von Hitlers Gnaden“ und die Kunst. Zu Entstehung und Verbleib der Sammlung Heinrich Hoffmann, in: Ausst.kat. NS-Raubkunst. Lokal und Europäisch, Celle 2018, S. 122–143.

[11] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11033.

[12] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[13] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

[14] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, KVdB, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11033, Inv.-Nr. Aussee 6247.

[15] Für das Folgende vgl. Anneliese Schallmeiner, Salzbergwerk Altaussee, 07.01.2019, in: Lexikon der österreichischen Provenienzforschung, URL: www.lexikon-provenienzforschung.org/altaussee-salzbergwerk [Abruf: 30.03.2021].

[16] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, KVdB, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11033.

[17] Vgl. Angelika Enderlein, Der Kunstbestand der Bundesrepublik Deutschland. Kunstschätze aus sieben Jahrhunderten. Geschichte einer Sammlung, In: Henning Rader/Vanessa-Maria Voigt (Hgg.), „Ehem. jüdischer Besitz“. Erwerbungen des Münchner Stadtmuseums im Nationalsozialismus, München 2018, S. 246–257, hier S. 249, URL: https://kunstverwaltung.bund.de/DE/Provenienzforschung/Fachaufsaetze/_documents/6Kunstbestand.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [Abruf: 30.03.2021].

[18] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 28.10.2019].

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