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Wenglein, Josef

Waldlandschaft mit drei blumenpflückenden Kindern

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Leinwand
Maße 60 cm x 52,5 cm
Münchener-Nr. 11058
Linz-Nr. 599
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Josef Wenglein (1845–1919) war ein oberbayerischer Landschaftsmaler der Münchner Schule.[1] Er studierte ab 1866 bis 1873 an der Münchner Akademie der Künste zunächst bei J. G. Steffan, danach bei Adolf Lier und wurde außerdem von Eduard Schleich beeinflusst. 1883 wurde er zum Professor berufen, drei Jahre darauf wurde er zum Ehrenmitglied der Akademie ernannt. Wenglein gilt als Biedermeiertraditionalist, sowie als der letzte bedeutende Vertreter der Münchner Plein-Air-Malerei in der Folge der Schule von Barbizon.

Das Gemälde zeigt links vorn einen Bach, an dem drei Mädchen, verteilt auf der grünen Wiese rechts des Baches, spielen. Neben ihnen liegen zwei umgestürzte Bäume, den Mittelgrund rechts hinter ihnen bildet ein kleiner herbstlicher Wald, links ist der flache Horizont im Hintergrund sichtbar. Darüber ist ein blauer, locker bewölkter Himmel zu sehen, der mehr als die Hälfte des Bildträgers einnimmt.

Das Werk ist unten rechts signiert „J. Wenglein“, jedoch nicht datiert.

Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden. Darüber hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler überprüft.[2]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: in blauer Fettkreide „11058“ (Mü-Nr.); weißes, blau umrandetes Etikett „599/510“ (Linz-Nr.); in schwarz „K562“ (Kremsmünster-Nr.); weißes, angepinntes Etikett „[…]058 (599)“ (Mü-Nr. und Linz-Nr.).

[1] Für das Folgende vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker (Hgg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 35, S. 375, Leipzig 1999 und Horst Ludwig (u.a.), Münchner Maler im 19. Jahrhundert, Bd. 4, München 1983, S. 361f.

[2] Ohne Treffer: Ausst.kat. Verzeichnis der Werke lebender Künstler auf der LXII. Ausstellung der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin im Landes-Ausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof vom 29.06.–05.10.1890. Friedrich von Boetticher, Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte, zweiter Band, Dresden, 1891–1901, S. 997. Ausst.kat. Kollektiv–Ausstellungen. Professor Joseph Wenglein, Theodor von Stein, Galerie Heinemann München, Oktober–November 1905. Ausst.kat. Kollektiv-Ausstellung Prof. Joseph Wenglein, München, Galerie Heinemann München, München 1912. Ausst.kat. Münchener Jahresausstellung 1916 im königlichen Glaspalast, 01.07.–Ende Sept. 1916. Hermann Uhde-Bernays, Die Münchner Malerei im neunzehnten Jahrhundert, II. Teil, München 1922, S. 154ff. Horst Ludwig (u.a.), Münchner Maler im 19. Jahrhundert, Bd. 4, München 1983, S. 361f. Siegfried Wichmann, Münchner Maler des 19. Jahrhunderts und die Schule von Barbizon, Weyarn 1996, S. 74f.

Provenienz

Zeittafel
Vor 1939Münchener Kunsthandel
[…]Galerie Almas, München
Anfang 1939Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
20.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949Bundesvermögen

Zur Provenienz des Gemäldes konnten keine Hinweise gefunden werden, die über die Erkenntnisse der Treuhandverwaltung von Kulturgut hinausgehen. In der Restitutionskartei wurde vermerkt, dass das Gemälde „vor dem Kriege“ erworben wurde.[1]

Die Wiedergutmachungsunterlagen der Galerie Helbing enthalten einige Hinweise auf Wenglein-Bilder, jedoch sind die Beschreibungen für das hier zu untersuchende Gemälde nicht zutreffend.[2]

Das Gemälde wurde vor dem Krieg von der Galerie Almas in München durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nr. 599/510.[3] Die Höhe der Linz-Nr. weist auf einen Ankauf zwischen Januar und Februar 1939 hin.[4] Laut Aussage von Maria Almas-Dietrich vom 14. August 1951 gegenüber der Treuhandverwaltung erwarb sie das Gemälde Wengleins aus dem „Münchner Kunsthandel“.[5] Für die Erwerbung des Bildes durch die Galerie Almas fehlt eine Rechnung oder eine zeitgenössische Korrespondenz.

Maria Almas-Dietrich (1892–1971), geborene Dietrich, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.[6] Im Jahre 1921 heiratete sie den türkischen Staatsbürger Ali Almàs-Diamant und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebten sie jedoch in Trennung, 1937 erfolgte die Scheidung. Der Name „Almas“ blieb jedoch für die Galerie erhalten. Nach eigenen Angaben lernte Almas-Dietrich im Jahre 1936 Heinrich Hoffmann (1885–1957), den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen erste Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Fortan entwickelte sie sich zu den aktivsten Vermittlern von Kunst an die Nationalsozialisten. Zwischen 1936 und 1944 verkaufte Almas-Dietrich über eintausend Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas-Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet.[7]

Die Nummer K 562 auf der Property Card sowie auf der Rückseite des Werkes weist auf dessen Lagerung im Depot Kremsmünster hin.[8] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrag Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[9] Aus Sorge vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[10]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 20. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[11] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[12]

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. Bundesarchiv (BArch Koblenz), B323/664, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9885.

[2] Staatsarchiv München, WB Ia, 2519, Wiedergutmachungsbehörde Oberbayern, München, Erben nach Helbing, Hugo Nachlass, Aktenzeichen I WKV 48/56, Antiquitäten und Geschäftsausstattung der Fa. Hugo Helbing, München, Wagmüllerstraße 15.

[3] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11058. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Inventarnummern lauten „Aussee 6272“ und „K 562“ (Kremsmünster-Nr.).

[4] Vgl. Klaus Beetz, Die Erwerbungen Adolf Hitlers bis zum Führererlass vom 26. Juni 1939 für den Aufbau des Neuen Museums Linz, Berlin 2004 (unpubliziert), S. 14.

[5] Vgl. Bundesarchiv (BArch Koblenz), B323/331.

[6] Vgl. Bayerisches Wirtschaftsarchiv München, K1, XVA, 10c, 264, Akt Fall 33.

[7] Vgl. National Archives, Washington, DC, RG 260, 519, Box 445.

[8] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11058.

[9] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[10] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“, Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

[11] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 11058.

[12] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 04.09.2020].

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