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Stuck, Franz von

Schaukel im Walde

Entstehungsjahr um 1912
Technik Öl auf Karton
Maße 68 x 52,5 cm
Münchener-Nr. 11287
Linz-Nr. 2386
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Um 1912, als das Gemälde „Schaukel im Walde“ entstand, fertigte Stuck noch mindestens zwei weitere Varianten dieses Themas.1 Dargestellt ist eine sitzende nackte Frau auf einer Schaukel, die von einem jungen Faun in Schwung gesetzt wird. Die Szene ist in einem dichten Wald angesiedelt. Stuck, der in seinen Bildern häufig den Kampf zwischen Mann und Frau thematisierte, zeigte hier das erotisch ausgelassene Spiel zwischen den Geschlechtern, dessen Freude und Leichtigkeit durch die schwingende Schaukel versinnbildlicht wird.

Provenienz

Zeittafel
März-April 1922 Ausgestellt in der Kunsthandlung Gerstenberger, Chemnitz2  
 Verkauf von Frau Mary Heilmann-Stuck (Tochter von Franz von Stuck) an Heinrich Hoffmann, München (?)3  
20.6.1942 Von Heinrich Hoffmann für den „Sonderauftrag Linz“ erworben4  

Der Property Card ist zu entnehmen, dass das Gemälde zu einem unbekannten Zeitpunkt in der Kunsthandlung Gerstenberger in Chemnitz ausgestellt wurde.5 Am 20. Juni 1942 erwarb es Hoffmann für den „Sonderauftrag Linz“.6

Zur Galerie sind keine Unterlagen überliefert, da diese 1945 ausgebombt wurde.7 Immerhin konnten die Recherchen in Bibliotheken und Archiven in Chemnitz den Ausstellungskatalog von Gerstenberger nachweisen, in welchem das Werk verzeichnet ist. Die Ausstellung fand von März bis April 1922 statt und zeigte Kunstwerke aus deutschem Besitz.8 Das Gemälde mit dem Titel „Waldschaukel“ war im Katalog ohne Namensnennung, nur allgemein mit Privatbesitz, angegeben. Der dort notierte Titel ist ebenfalls in der Liste für den „Sonderauftrag Linz“ verwendet worden, während Heinrich Voss den Titel im Werkverzeichnis etwas modifizierte und das Werk „Schaukel im Walde“ nannte.9

Heinrich Hoffmann, der als Käufer für den „Sonderauftrag Linz“ mehrfach in Erscheinung getreten war, gehörte zum engsten Kreis um Hitler. Er war nicht nur dessen persönlicher Fotograf, sondern beriet ihn darüber hinaus auch in Kunstfragen für das Linzer „Führermuseum“.10 Er kaufte das Gemälde am 20. Juni 1942 zusammen mit dem Werk „Monna Vanna“, das die Linzer-Nr. 2387 erhielt.11 Am darauf folgenden Tag wurde dieser Kauf persönlich von Hitler bestätigt. Aus welchem Besitz Hoffmann die „Schaukel im Walde“ erworben hat, ist nicht eindeutig belegt. Für das Gemälde „Monna Vanna“ ist überliefert, dass es von Mary Heilmann-Stuck, der Tochter des Künstlers, an den „Sonderauftrag Linz“ verkauft worden ist,12 weswegen angenommen werden kann, das auch die „Schaukel im Walde“ aus dem Familienbesitz des Künstlers stammt. Heilmann-Stuck, die die Alleinerbin nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters im Jahre 1928 war, verkaufte mindestens noch ein weiteres Mal zu einem nicht bekannten Zeitpunkt ein Werk ihres Vaters an den „Sonderauftrag Linz“.13

Fest steht, dass die Kunstwerke von Franz von Stuck dem Geschmack der Nationalsozialisten entsprachen, weswegen sein Oeuvre zum nationalen Kulturerbe erhoben wurde.14 Die große Beliebtheit, die die Arbeiten von Stuck bei Hitler erfuhren, lässt sich auch an der beeindruckenden Anzahl von 58 Kunstwerken manifestieren, die für den „Sonderauftrag Linz“ angekauft worden waren; 42 davon befinden sich noch heute im Besitz der Bundesrepublik Deutschland.15

In Berliner sowie Münchner Ausstellungskatalogen der Jahre 1910 bis 1945 konnte das in Rede stehende Gemälde nicht gefunden werden. Die Villa Stuck, die das künstlerische Erbe von Franz von Stuck bewahrt und wissenschaftlich bearbeitet, besitzt ebenfalls keine Akten aus dem Nachlass des Künstlers, die Auskunft über die Kaufumstände des Gemäldes geben könnten.16

Die hier geschilderte Sachlage bleibt lückenhaft. Es konnte zwar geklärt werden, dass Hoffmann als Käufer des Gemäldes für den „Sonderauftrag Linz“ aufgetreten ist, aber es muss zum jetzigen Zeitpunkt offen bleiben, ob er das Gemälde tatsächlich von Mary Heilmann-Stuck erworben hat, obwohl eine Reihe von Indizien dafür sprechen. Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz daher ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind.

Stand: 2003

1 Bei Voss sind die drei Gemälde verzeichnet. Vgl. Voss 1973, Kat. Nr. 387/213: Schaukel im Walde, um 1912; 386/212: Die Schaukel, um 1912; 385/211: Die Schaukel, um 1912. 1914 folgten weitere Schaukeldarstellungen, beispielsweise Voss 1973, Kat.Nr. 448/214 und 449/215.
2 Jubiläumsausstellung 1922, Kat. Nr. 80: Franz von Stuck, Waldschaukel. Auf der Property Card wurde nur unspezifisch „früher“ vermerkt. Vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 11287. Weitere auf der Inventarkarte vermerkte Nummern lauten Aussee 6501 und K 1159.
3 Der Verkauf ist eine Vermutung, da das Gemälde „Monna Vanna“, mü 1649, aus ihrem Besitz an Hoffmann verkauft wurde. Vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 1649. Bekannt ist, dass dieses Werk und das Gemälde „Die Schaukel im Walde“ von Hoffmann zusammen an den „Sonderauftrag Linz“ verkauft wurden.
4 Hans Regers Register für den „Führerbau“, das Heinrich Hoffmann betraf. Vgl. BArch, B323/191, Linz-Report, Att. 44. Auf der BADV Property Card, mü 11287, steht als Erwerbungsdatum 21.6.1942.
5 BADV Berlin, Property Card, mü 11287.
6 Hans Regers Register für den „Führerbau“ in Bezug auf Heinrich Hoffmann. Vgl. BAK, B323/191, Linz-Report, Att. 44.
7 Schreiben der Kunstsammlungen Chemnitz an die OFD Berlin, Chemnitz, 4.3.2002.
8 Jubiläumsausstellung 1922, Kat.Nr. 80: Franz von Stuck, Waldschaukel, Kat. Nr. 80.
9 Faksimile der für den „Sonderauftrag Linz“ vorgesehenen Werke. Vgl. die Liste der Stuck-Werke bei Haase 2002, S. 286-288, hier: S. 287 und Voss 1973, Kat.Nr. 387/213.
10 Herz 1994, S. 41f.
11 Hans Regers Register für den „Führerbau“, das Heinrich Hoffmann betraf. Vgl. BArch, B323/191, Linz-Report, Att. 44. Das Gemälde “Monna Vanna” mit der Inventarnummer mü 1649 befindet sich auch in Bundesbesitz.
12 BADV Berlin, Property Card, mü 1649.
13 Dabei handelte es sich um das Gemälde „Rodelnde Kinder“. Vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 8670.
14 Voss 1973, S. 68.
15 Haase 2002, S. 286-288.
16 Schreiben der Villa Stuck an die OFD Berlin, München, 8.9.2003.

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