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Schenau, Johann Eleazar (eigentlich Johann Elias Zeißig)

Die Ammenprobe

Entstehungsjahr 1775
Technik Öl auf Leinwand
Maße 80 x 99 cm
Münchener-Nr. 11412
Linz-Nr. 911
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Johann Elias Zeißig; der sich in Anlehnung an den Namen seines Geburtsortes Schenau nannte, wurde im Jahre 1737 als Sohn einer armen Weberfamilie in Großschönau geboren. Er wurde in Dresden zum Kunst- und Geschichtsmaler ausgebildet. Ab 1756 lebte Schenau in Paris und vervollkommnete hier sein Können. Seine künstlerische Stärke fand er in der besonders für das Rokoko typischen Genre- sowie in der Porträtmalerei. Er schuf u.a. Porträts von der sächsischen Prinzessin Maria Josepha, der Gemahlin des Dauphins von Frankreich, sowie von Madame Pompadour. 1770 kehrte er nach Sachsen zurück und erhielt dort eine Lehramtsstelle an der 1764 neu gegründeten Dresdner Kunstakademie. Er wurde 1773 Direktor der Zeichenschule der Meißner Porzellanmanufaktur, wo er unter anderem zahlreiche Entwürfe für Porzellanfiguren schuf. Seit 1774 war er Professor an der Königlich-Sächsischen Akademie der bildenden Künste zu Dresden. Er starb im Jahre 1806. 

Im Ressortvermögen der Bundesfinanzverwaltung befinden sich zwei Gemälde des sächsischen Malers. Die beiden Gemälde bilden Gegenstücke und zeigen Familienszenen. Die Ölgemälde sind signiert und in den Jahren 1775 bzw. 1776 entstanden. Auf den Rückseiten der Bilder befinden sich Klebezettel mit der jeweiligen Beschreibung der Darstellung. 

Provenienz

Die frühere Treuhandverwaltung für Kulturgut München hatte zur Provenienz der Gemälde ermittelt, dass sie sich lange in der Sammlung des Dresdener Bankiers Otto von Weissenberger befanden. Dessen Sammlung wurde dann im Jahre 1937 auf einer Auktion des Auktionshauses Rudolf Lepke versteigert. Gemäß einem Eintrag im Katalog zur Versteigerung1 der Kunstsammlung Geheimrat W., Dresden, in Rudolph Lepkes Kunst-Auktions-Haus in Berlin (Inhaber H.C.Krüger), war die Verwertung des Kunstbesitzes Geheimrat W. Dresden den Herren Hans Carl Krüger und Karl Haberstock übertragen worden. Die zunächst in das Finanzamt Dresden gebrachten Kunstwerke wurden schon dort durch Karl Haberstock gesichtet. Laut dessen Geschäftsunterlagen hat er im Oktober 1936 unmittelbar vom Finanzamt vierzehn Kunstwerke aus der Sammlung Weissenberger erworben. Darunter befanden sich die hier in Rede stehenden Gemälde von Schenau. Die als „Ammenprobe“ und „Besuch bei der Amme“ verzeichneten Gemälde hat Haberstock laut seinen Geschäftsunterlagen im April 1940 an das Deutsche Reich, Reichskanzlei Berlin, verkauft.

Die Erben nach dem Bankier und Sammler machten dann in der Bundesrepublik Deutschland rückerstattungsrechtliche Ansprüche geltend, weil O. Weissenberger wegen seiner Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge als ein politischer Gegner des Nationalsozialismus verfolgt worden sei und er deshalb sein Vermögen verloren hätte. Diese Ansprüche wurden abgewiesen. Mit Beschluss des Obersten Rückerstattungsgerichts für Berlin, GZ: ORG/A/7075/7086 vom 30.11.1977 wurde der Überprüfungsantrag der Antragsteller gegen den Beschluss des Kammergerichts vom 02.12.1974 zurückgewiesen. Damit waren alle rückerstattungsrechtlichen Rechtsmittel, die zur Restitution der im Bundesbesitz befindlichen Gemälde aus der früheren Sammlung Weissenberger hätten führen können, zum damaligen Zeitpunkt ausgeschöpft.

Vom Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, bei dem die Erben nach Otto von Weissenberger die Rückgabe der Kunstsammlung nach dem Vermögensgesetz beantragt hatten, wurde der Sachverhalt der Vermögensentziehung erneut untersucht. Der 1864 in Wien geborene Otto Weissenberger betrieb ein Bankhaus in Dresden und wurde später in den Adelsstand erhoben. Gegen ihn wurde dann 1935 ein Steuer- und Devisenprüfungsverfahren eröffnet, in dessen Folge er am 28.08.1935 inhaftiert und des Volksverrats angeklagt wurde. Gegen Zahlung einer Kaution i.H.v. 200.000,- RM wurde er freigelassen und reiste nach Wien aus.
Otto Weissenberger hat sich in einem Unterwerfungsverfahren zur Zahlung einer Steuerschuld in Höhe von 1.2 Mio RM verpflichtet. Sein Grundstück in Dresden und seine Kunstsammlung wurden beschlagnahmt und zugunsten des Fiskus versteigert. Das Bankhaus Weissenberger war am 16.06.1936 durch stille Liquidation aufgelöst worden. Otto Weissenberger verlor sein Vermögen und verstarb am 12.02.1938 in Dresden.
Herr Dr. Bohlmann, früher Leiter des Sekretariats des Bankgeschäfts Weissenberger, erklärte als Zeuge im Rückerstattungsverfahren der Erben nach Otto Weissenberger, dass Weissenberger als Jude verfolgt worden sei. Er selbst war gezwungen die „arische Abstammung“ von Weissenberger innerhalb eines gegen ihn gerichteten NSDAP-Parteiverfahren zu beweisen. Weil die Zweifel an der Abstammung Weissenbergers erst nach dem Steuerstrafverfahren bei der NSDAP auftraten, galten sie im Rückerstattungsverfahren nicht als maßgeblich für die Beschlagnahmen der Vermögenswerte.
Mit Beschluss des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen Dresden vom 25.11.2002 wurde der Antrag der Erben nach O.v.Weissenberger auf Rückgabe oder Entschädigung der Kunstsammlung nach dem Vermögensgesetz abgelehnt. Dem Widerspruch der Erben wurde nicht stattgegeben. Inzwischen ist im Januar 2007 ein Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden in der Sache ergangen. Die geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche wurden rechtskräftig abgelehnt.
Die von den Erben nach O.v. Weissenberger im Jahre 2002 beantragte Restitution der im Bundesbesitz befindlichen Gemälde auf der Grundlage der Washingtoner und der Berliner Erklärungen über die Restitution von in der NS-Zeit verfolgungsbedingt beschlagnahmten Kulturgutes wurde mit Hinweis auf die rückerstattungsrechtliche Rechtsprechung von der damals zuständigen Oberfinanzdirektion Berlin abgelehnt.Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle bekannten Quellen ausgeschöpft sind. Ein NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust kann nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2008

1 Ausstellung vom 20.-23.02.1937, Versteigerung vom 24.-26.02.1937

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