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Heinlein, Heinrich

Romantische Gebirgslandschaft mit Wasserfall (Landschaft mit Wasserfall und Bären)

Entstehungsjahr um 1860
Technik Öl auf Leinwand
Maße 59,5 x 51,5 cm
Münchener-Nr. 13097
Linz-Nr. Keine
Lost Art-ID 219079
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Heinrich Heinlein (3. Dezember 1803 Weilburg bis 8. Dezember 1885 München), Vertreter der Münchner Malerschule des 19. Jahrhunderts,  studierte Architektur als Schüler von Jakob Friedrich Dyckerhoff und war in Mannheim und Bayreuth als Architekt tätigt.1

Im Herbst 1822 trat er in die Münchner Akademie ein, wechselte von der Architektur zur Malerei  und wurde Schüler Friedrich Gärtners. Er ging kurzfristig nach Mannheim und beschickte von dort erfolgreich die Karlsruher Kunstausstellungen. Es folgten Reisen in die Schweiz und nach Oberitalien, ein Aufenthalt in Wien und mehrjähriger Aufenthalt in Mannheim. 1829 ging Heinlein wieder nach München und nahm dort seinen festen Wohnsitz. Er hatte bald großen Erfolg und wurde 1846 Ehrenmitglied der Münchner Akademie. Heinrich Heinlein gehört zu den Landschaftsmalern in München, für welche die nordische, wild bewegte Landschaftsauffassung verbindlich war. Meist malte er alpenländische Motive in weiträumiger Staffelung, bei denen die Naturgewalten sichtbar werden. In seiner Komposition ist er noch mit der klassizistischen Landschaftsauffassung verbunden.

Heinleins meist großen Bilder behandeln gewöhnliche Motive aus den bayrischen und tiroler Alpen und dem Salzkammergut: entlegene Alpentäler mit tiefen Schluchten und düsteren Bergseen, Wasserfällen und steilen Gipfeln als dramatische Naturauffassungen. Heinlein orientierte sich in seinen Darstellungen insbesondere an Franz Joachim Beich.2  

Auf dem vorliegenden Gemälde stürzt in der linken Bildhälfte ein Wasserfall über einem überwucherten Fels herab, der durch eine Schlucht zur unteren linken Bildhälfte fließt. Im Bildvordergrund befinden sich zwei Bären. Im Bildhintergrund steile Felsformationen.

Heinrich Heinlein bringt in seinem Bildtypos barokker Prägung eine Ansicht, die mehr vom Bühnenbild ausgeht und eine gestaffelte, konstruierte Auffassung des späten 19. Jahrhundert vermittelt. Die Münchner Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts haben den Wasserfall in zahlreichen Variationen wiedergegeben.

Friedrich von Bötticher beschreibt in seinen Ausführungen zu Heinrich Heinlein das Ölgemälde Schweizer Büender Alpen in Unter Engadin dar. Das Motiv zeigt Jäger und Hirten beim Auffinden eines Bärenlagers.3

Provenienz

Zeittafel
Fickert, München
Kunsthandlung Ludwig Bretschneider / München4
5.11. 1942an „Deutsches Schloss Posen“ für RM 9.000,005

Der Münchner Kunsthändler Ludwig Bretschneider sagte am 25.07.1951 aus, er habe das Gemälde am 05.11.42 für 9.000 RM an Schloss Posen (P53) verkauft.6 Die entsprechende Rechnung der Kunsthandlung Bretschneider an den Reichsstatthalter im „Warthegau“ ist im Bundesarchiv erhalten. Bretschneider sagte nach dem Krieg außerdem aus, dass das Gemälde zuvor einer Person „Fickert, München“ gehört habe, möglicherweise ist der Münchner Künstler Alber Fickert gemeint. Im Münchner Adressbuch von 1938 sind unter dem Namen Fickert vier Personen aufgeführt.7

Nach dem deutschen Überfall auf Polen beauftragte Adolf Hitler seinen Chefarchitekten Albert Speer mit dem Ausbau des Posener Schlosses im annektierten Reichsgau Wartheland zu einer repräsentativen „Führerresidenz“. Ab Frühjahr 1940 begannen die aufwendigen Umgestaltungen des Gebäudes, das zugleich als Amtssitz für den Reichsstatthalter und Gauleiter Arthur Greiser geplant war.8 Vorgesehen waren außerdem private und repräsentative Räume für Hitler und seine Gäste. Für die Innenausstattung und den Erwerb von Möbeln und Kunstwerken war der Münchner Innenarchitekt Heinrich Michaelis verantwortlich.

Geschäftsunterlagen zur Kunsthandlung Ludwig Bretschneider konnten – unter anderem im Stadtarchiv München und im Bayerischen Wirtschaftsarchiv – nicht ermittelt werden. Die Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München sind nicht überliefert.9 Recherchen zu Ludwig Bretschneider lieferten folgende Informationen: Der Kunsthändler wurde am 19.11.1909 in London geboren und war 1942 in der Theresienstraße 68 in München gemeldet. Er war förderndes Mitglied der SS, gehörte der Reichskulturkammer an und war ab 1941 Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste sowie der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Bretschneider war bis 1938 englischer Staatsangehöriger. Im Juni 1941 beantragte Bretschneider die Mitgliedschaft in der Reichskammer der bildenden Künste. Auf Anfrage der Reichskammer der bildenden Künste konnte die Gauleitung München-Oberbayern „in politischer Hinsicht nichts Nachteiliges“ über Bretschneider sagen.10 Nach dem Zweiten Weltkrieg war Ludwig Bretschneider weiter im Kunst- und Antiquitätenhandel tätig, 1951 war seine Firma in der Leopoldstraße 38a eingetragen, später befand sie sich in der Possartstraße 6 in München.11

Ludwig Bretschneider verkaufte (mindestens) 13 Gemälde an das Deutsche Schloss Posen12 und zwei Gemälde – über die Galerien Almas–Dietrich und Maria Gillhausen – an den „Sonderauftrag Linz“.

Die kunsthistorischen Recherchen ergaben keine neuen Hinweise zur Provenienz des Gemäldes. Im Verzeichnis von Boetticher ist das interessierende Gemälde nicht verzeichnet.13

Somit bleibt derzeit unklar, seit wann „Fickert, München“ das Werk besaß und ob es sich dabei tatsächlich um den Künstler Albert Fickert handelt. In dieser Hinsicht bleibt die Provenienz ungeklärt. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug kann nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2009

1 Für Folgendes: Ludwig, Horst, 1982, Bd. 2, S. 138ff.
2 Für Folgendes: Wiechmann, 1981, S. 259f.
3 Boetticher, 1891, Bd. 1, S. 511, Nr. 54: Motiv aus den Wildnissen in der Schweiz, Buedner Alpen Unter – Engadines, Silvretta. Jäger und Hirten bei Auffindung eines Bärenlagers vom alten Bärenpaar überrascht.
4 BArch Koblenz, B 323/ 517, BA Koblenz, B 323/ 517, Nr 53.
5 Ebenda.
6 BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 13097.
7 Münchner Adressbuch, Ausg. 87, Teil 1, München 1937, S. 139. Schreiben vom Stadtarchiv München, Aktenzeichen 842/3232.0/2009.
8 Schwendemann, Dietsche, 2003.
9 Mitteilung Bayrisches Wirtschaftsarchiv, 06.11.2008; Mitteilung Stadtarchiv München, 09.11.2008; Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates, 1991.
10 BArch Berlin, R-11, Nr. 1010012648.
11 Mitteilung Bayrisches Wirtschaftsarchiv, 06.11.2008.  
12 BArch Koblenz, B 323/ 517.
13 Boetticher, 1891, Bd. 1, S. 510 f., 62; Börsch-Supan, 1832, Bd. 2, Nr. 1259.

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