Mignard, Nicolas
Entführung der Europa (Françoise-Athénaïs de Rochechouart, Marquise de Montespan, Mätresse Ludwigs XIV. mit ihren Kindern)
Entstehungsjahr | ohne Jahr |
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Technik | Öl auf Leinwand |
Maße | 146 x 179cm |
Münchener-Nr. | 13167 |
Linz-Nr. | Keine |
Lost Art-ID | 219091 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Das Gemälde zeigt Folgendes: Europa, mit einem rosa Gewand leicht bekleidet, mit dem Gesicht zum Beschauer, auf dem bekränzten Stier. Zu ihren Füßen ein blonder Putto, den Stier schmückend, links neben dem Kopf des Stiers ein schwarzer, mit rotem Bändchen in der Hand. Hinter Europa auf dem Stier sitzend ein dritter mit Köcher.
Die BADV-Kartei gibt zu diesem Gemälde den Künstler Nicolas Mignard an. Diese Zuschreibung scheint nicht korrekt zu sein. Das Gemälde ist dessen Bruder Pierre oder seinem Umkreis zuzuschreiben.
Im Werkverzeichnis zu Pierre Mignard wird das Gemälde als unsichere Zuschreibung erwähnt und der Entstehungszeitpunkt mit 1675 als wahrscheinlich angegeben.1
Weitere Angaben zur Herkunft des Gemäldes sind im Werkverzeichnis nicht enthalten.
Provenienz
Vor dem 15. Mai 1942 | München |
Kunsthandlung Eugen Brüschwiler, München | |
Ab 15. Mai 1942 | Sammlung "Schloss Posen" |
Die TVK München ermittelte, dass das Gemälde am 15.5.1942 von der Kunsthandlung Eugen Brüschwiler, München für RM 8.500 an das Schloss Posen verkauft wurde.
Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes:
Über die Münchner Kunsthandlung Eugen Brüschwiler konnten nur wenige Informationen recherchiert werden. Etwa 1916 wurde die Kunst- und Antiquitätenhandlung von den beiden Brüdern Dr. August und Eugen (1889 geb.) Brüschwiler in München gegründet.2
Aufgrund des sehr geringen Kapitals konnten sie die Kunsthandlung offenbar nicht in das Handelsregister eintragen lassen.3
Im Jahre 1931 schied August Brüschwiler aus dem Geschäft aus, weswegen die Kunsthandlung fortan unter dem Namen „Eugen Brüschwiler“ weitergeführt wurde. In den folgenden Jahren zog Brüschwiler geschäftlich innerhalb Münchens mehrfach um und änderte dabei jedes Mal den Schwerpunkt: Antiquariat (1935), Bilderhandlung (1939) und Antiquitäten (ab 1940).4
Eugen Brüschwiler war seit 1925 Mitglied der NSDAP und zudem in der SA organisiert.5
Nach 1945 wurde Brüschwiler vom Central Colleting Point zu einigen Erwerbungen, vor allem der Sammlung für Linz, befragt.6
Laut Datenbank zum CCP wurden für das Schloss Posen von Brüschwiler acht Kunstwerke erworben.7
Es wird ersichtlich, dass die Kunstwerke entweder aus dem Münchner Kunsthandel oder von Privatpersonen aus München bzw. in Frankreich durch Brüschwiler erworben wurden.
In der Restitutionskartei wird angegeben, dass das Mignard-Gemälde von Brüschwiler „aus München“ erworben wurde. Am 15. Mai 1942 verkaufte Eugen Brüschwiler das Gemälde für RM 8.500 an das Schloss Posen.8
Das Königliche Residenzschloss in Posen wurde nach dem Einmarsch der Deutschen 1939 zunächst Dienstsitz von Gauleiter Arthur Greiser. 1940 begannen die Umbauarbeiten zum „Deutschen Schloß Posen“, das eine vierte Residenz für Adolf Hitler werden sollte.9
Ab März 1940 wurde der Münchner Architekt Heinrich Michaelis mit dem Innenausbau und der Möblierung des Schlosses beauftragt.
Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust lässt sich bei diesem Gemälde daher nicht ausschließen. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.
Stand: 2011
1 Lada Nikolenko: Pierre Mignard. The Portrait Painter of the Grand Siecle. Nitz Verlag, München 1982/83, S. 30.
2 BWA, K1/XV A 10c, Akt 89, Fall 40.
3 Es liegen Umsatzzahlen für 1930: 15.000 RM und für das erste Quartal 1931: 2.000 RM vor. Vgl. ebd.
4 Münchener Adressbücher 1915-1943. Laut Auskunft in einem Fragebogen vom 1.10.1940 bezifferte der Kunsthändler das Einkommen seiner Kunsthandlung (Gewerbebetrieb) auf RM 21.000. Vgl. BArch (ehem. BDC), Sammlung: SA, Brüschwiler, Eugen.
5 BArch (ehem. BDC), Sammlung: OPG, Brüschwiler, Eugen.
6 BArch Koblenz, B 323, Nr. 331.
7 www.dhm.de/datenbank/ccp.
8 BArch Koblenz B 323, Nr. 517.
9 Heinrich Schwendemann / Wolfgang Dietsche: Hitlers Schloß. Die 'Führerresidenz' in Posen, Berlin 2003.