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Wenglein, Josef

Landschaft aus den Isarauen bei Tölz (Die Isarauen bei Tölz)

Entstehungsjahr 1882
Technik Öl auf Leinwand
Maße 71 x 90 cm
Münchener-Nr. 13493
Linz-Nr. Keine
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das Gemälde zeigt Folgendes: im Vordergrund Geröll und Baumwurzeln; quer durch die Mitte zwei umgeschlagene Bäume übers Wasser liegend; links kleiner Wald; rechts ansteigende Wiese mit hohen Bäumen und Büschen, wolkiger Himmel.

Es ist mit "J. Wenglein Tölz 82" bezeichnet und datiert.

Provenienz

Zeittafel
Hugo Helbing, München
Ab 1938Galerie a.d. Wagmüllerstr. /München
14. Januar 1943von dort für RM 12.800,-- an Schloss Posen (P 63) (Nachricht Dr. Hess v. 5.6.51)

Die TVK München ermittelte, dass das Gemälde seit ca. 1933 im Besitz der Fir-ma Helbing/München war und von dort an die Galerie an der Wagmüllerstraße/München verkauft wurde. Am 14. Januar 1943 wurde das Gemälde von dort durch Schloss Posen (P 63) für RM 12.800,-- erworben (Nachricht Dr. Hess v. 5.6.1951).

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes:

Aus den Wiedergutmachungsakten der Wiedergutmachungsbehörde Oberbayern in München zum Nachlass des Münchner Kunsthändlers Hugo Helbing ist ersichtlich, dass das Gemälde als „Isarwiesen bei Tölz“ auf Wunsch des Reichsleiters Bormann 1942/43 durch Jakob Scheidwimmer, den „Ariseur“ der Kunsthandlung Helbing, an das Museum in Posen verkauft wurde. Jakob Scheidwimmer identifizierte es bei einem Besuch im Münchener Collecting Point 1949 und teilte dies dem Nachlasspfleger Hugo Helbings mit.1
Die Münchener Kunsthandlung Hugo Helbing wurde 1885 gegründet. Hugo Helbing war am 23. April 1863 in München geboren worden. In erster Ehe war er mit Sophie, geborene Liebermann verheiratet und hatte mit ihr zwei Söhne, Rudolf und Friedrich David (Fritz). Fritz wurde am 16. Dezember 1888 in München geboren und war drei Mal verheiratet. Alle Ehen blieben kinderlos.Die dritte Ehefrau war Doris, geborene Goldstein.2 Fritz und Doris Helbing wurden 1942 oder 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Hugo Helbing heiratete am 16. Juni 1926 seine zweite Frau Lydia Ludwina, geborene Vorndran.3

Die Firma Hugo Helbing wurde 1885 als OHG in das Handelsregister München eingetragen. In die Firma wurde 1906 Theodor Neustätter als Gesellschafter aufgenommen. 1915 traten Dr. Ernst Spiegel und Fritz Helbing als Gesellschafter ein. Am 31. Dezember 1935 trat Fritz Helbing aus, am 7. April 1936 verstarb Neustätter und am 1. Dezember 1936 schied Dr. Spiegel aus. Am 14. Januar 1938 wurde die OHG aufgelöst und das Vermögen mit Aktiva und Passiva auf Hugo Helbing als Alleininhaber eingetragen.4
Am 9. November 1938 wurde die Firma Hugo Helbing zwangsweise geschlossen, weil ihr alleiniger Inhaber, Kommerzienrat Hugo Helbing, Jude war. Von der Reichskunstkammer wurde als Treuhänder Max Heiß, Referent für Kunsthandelsfragen beim Landesleiter der Reichskammer für bildende Künste, eingesetzt.5 In der Reichspogromnacht wurde Hugo Helbing verhaftet und zusammengeschlagen, er starb in Folge seiner Verletzungen am 30. November 1938.
Die Witwe Hugo Helbings, Lydia Helbing, versicherte 1956 eidesstattlich, dass kurz nach dem Tode ihres Mannes am 30. November 1938 die privaten Kunstgegenstände Hugo Helbings auf Anordnung von Max Heiß in die Geschäftsräume der Kunsthandlung gebracht wurden.6

Bei der Testamentseröffnung im Amtsgericht München war Heiß gleichfalls anwesend. Er erklärte, dass für den Fall, dass Lydia Helbing das Erbe antreten würde, die Firma im Auftrag der NSDAP binnen weniger Stunden geschlossen würde. Frau Helbing und Hugo Helbings Sohn, Fritz Helbing, schlugen darauf das Erbe aus.7
Auf Antrag der IHK München bestellte das Gewerbeamt München am 24. Mai 1939 Heiß zum Treuhänder mit der Auflage, das Geschäft zu „arisieren“. Ab August 1940 sollte die Firma abgewickelt werden.8
Max Heiß sagte 1957 vor der Wiedergutmachungskammer beim Landgericht München I aus.9 Darin beschrieb er, wie er als Treuhänder der Firma agierte. So konnte der Prokurist Alt weiterhin Gemälde verkaufen, wobei er bei einem Wert von über 1.000 RM um Genehmigung bei Heiß bitten musste. Die Kunstgegenstände der Firma waren an verschiedenen Orten gelagert. Nach Aussage von Max Heiß hatten die privaten Kunstgegenstände Hugo Helbings ein oranges Etikett, die des Geschäfts blaue oder grüne und die von jüdischen Sammlern in Kommission genommenen, grüne Schilder. Ohne Etiketten blieben die Lagerbestände der Firma.
Am 15. März 1941 schloss Heiß mit Jakob Scheidwimmer einen Kaufvertrag über die Firma Hugo Helbing für Aktien im Werte von 30.000 RM. Die Übernahme der Ware sollte laut Vertrag später näher geregelt werden.10
Jakob Scheidwimmer übernahm einen Teil des Warenlagers und mietete Geschäftsräume innerhalb der Kunsthandlung Helbing an, er führte die Firma als Galerie an der Wagmüllerstraße Jakob Scheidwimmer, vormals Hugo Helbing weiter. Einen anderen Teil des Bestandes ließ Heiß durch den Versteigerer Hellmut Lüdtke in München auktionieren.11
Am 16. Juni 1949 schrieb ein Rechtsanwalt, der Pfleger des Nachlasses Hugo Helbings war, an den Collecting Point und an die Wiedergutmachungskammer.12 Er berichtete, dass Jakob Scheidwimmer von 1942 bis 1943 Kunstgegenstände aus dem Besitz Hugo Helbings an den Reichsleiter Bormann oder das Schloss Posen verkauft hatte. Darin nennt er das Gemälde von Wenglein als „Isarauen bei Tölz“ 90X71. In den zahlreichen anderen Listen, die zu Kunstwerken aus dem Geschäft und der Privatsammlung angefertigt waren, tauchen diese an Bormann oder nach Posen verkauften Stücke nicht auf.
Jakob Scheidwimmer deklarierte das Gemälde gegenüber dem Central Collecting Point am 31. Mai 1949 als aus dem Nachlass Hugo Helbings erworben.13 Er bezeichnete es als für die „J-Sammlung“ erworben.14
Die Wiedergutmachungskammer fasste am 19. Juni 1957 den Beschluss, einen Vergleich zwischen den Erben Hugo Helbings und dem Deutschen Reich vorzuschlagen, so dass für die aus dem Privatvermögen genommenen Bilder vom Deutschen Reich ein Schadensersatz gezahlt wurde. Die Parteien nahmen diesen Vorschlag an.15

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind.

Stand: 2009

1 StaM, WB Ia, 2519, Wiedergutmachungsbehörde I Oberbayern München, Erben nach Helbing, Hugo Nachlass, Aktenzeichen I WKV 48/56, Antiquitäten und Geschäftsausstattung der Fa. Hugo Helbing, München, Wagmüllerstraße 15.
2 StaM, WB I N 7035, Wiedergutmachungsbehörde I Oberbayern München, Erbengemeinschaft nach Helbing Hugo, Hölzermann Alwine Maria gegen das Deutsche Reich, 1964 Rücker-stattungsantrag /Wegen Versagung der Versteigerungserlaubnis, Verkauf von Aktiven des Unternehmens, Kosten der treuhänderischen Verwaltung und Liquidationskosten.
3 StaM, WB I N 7035
4 StaM, WB I N 7035
5 BWA, K1_XXI, 16b, 24. Akt, Fall 31, „Arisierungs“akte zur Firma Hugo Helbing.
6 StaM, WB Ia, 2519.
7 StaM, WB Ia, 2519.
8 BWA, K1_XXI, 16b, 24. Akt, Fall 31, „Arisierungs“akte zur Firma Hugo Helbing
9 StaM, WB Ia, 2519.
10 StaM, WB Ia.2520, Wiedergutmachungsbehörde I Oberbayern München, Erben nach Helbing, Hugo gegen Scheidwimmer, Jakob; Verband der Theater und verwandter Unternehmen e.V.; Fremdenheim „Galerie“ Inhaber Max Koller, 1948 Rückerstattungsantrag beim Zentralmeldeamt Bad Nauheim, Fa. Hugo Helbing, München, Wagmüllerstraße 15.
11 StaM, WB I N 7035.
12 StaM, WB Ia, 2519.
13 BArchK, B 323, Nr. 12.
14 BArchK, B 323, Nr. 12.
15 StaM, WB Ia, 2519.

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