Syrlin der Jüngere, Jörg
Madonna mit Kind
Entstehungsjahr | ohne Jahr |
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Technik | Holzplastik |
Maße | 134,5 x 44 x 27 cm |
Münchener-Nr. | 22325 |
Linz-Nr. | Keine |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Die Bildschnitzerarbeit, die auch als „Stehende Mutter Gottes mit Kind“ oder als "Maria mit Kind" bezeichnet wurde, entstand im 16. Jhd. aus der Hand des Ulmer Zunftmeisters Jörg Syrlin d.J. Der schwäbische Künstler entstammte einer Schreinerfamilie, die über drei Generationen nachweisbar ist. Jörg Syrlin d. J. wurde um 1455 geboren und starb nach 1523. Seine Holzarbeiten hatte er durch Inschriften gekennzeichnet.
Provenienz
Ermittlungen haben ergeben, dass dieses Kunstwerk in einer Veröffentlichung aus dem Jahre 1927 abgebildet und dort als Teil der Sammlung Schwarz, Berlin, bezeichnet wurde.1 Die Autorin äußerte die Vermutung, dass es sich bei der Madonna von Syrlin d.J. um die anlässlich einer Restaurierung aus der Feldkapelle in Dürnau entfernte „Mutter Gottes“ handeln dürfte, die dann in den Kunsthandel gelangte, während dessen der Gemeinde in Dürnau eine moderne Kopie untergeschoben wurde.
Näheres über die Sammlung Schwarz in Berlin konnte nicht ermittelt werden. Hinweise darauf, dass die Sammlung Schwarz aus Gründen der NS-Verfolgung veräußert wurde, liegen bislang keine vor.
Die Sammlung Schwarz wurde gemeinsam mit dem II. Teil der Sammlung von Geheimrat Ottmar Strauss, dem Nachlass von Geheimrat Preetorius, Mainz, und Kunstwerken anderer nicht namentlich genannter Eigentümer2 auf einer Auktion am 21./24.05.1935 in der Kunsthandlung Hugo Helbing in Frankfurt am Main versteigert.3 Der Kunsthändler Hugo Helbing war jüdischer Abstammung. Seine Kunsthandlung wurde nach dem 09.11.1938 arisiert, so dass es sich bei Verkäufen durch Hugo Helbing im Jahre 1935 um den ordnungsgemäßen üblichen Geschäftsverkehr eines Kunsthändlers handeln dürfte. Die Holzplastik „Madonna mit Kind“ wurde auf der o.g. Auktion allerdings nicht angeboten.Laut den Aufzeichnungen der früheren Treuhandverwaltung Kulturgut München, die auf den protokollierten Ergebnissen von Verhören der US – amerikanischen Kunstschutzoffiziere basieren, gelangte die Holzplastik von Syrlin d.J. bereits vor dem Krieg in die Sammlung von H. Göring.4 Im Inventarverzeichnis der Kunstwerke in Görings Wohnsitz Carinhall vom 01.02.1940 ist das Kunstwerk jedenfalls unter „Gotische Plastiken“ mit aufgelistet.5 Laut den TVK – Aufzeichnungen war die Madonna am 31.03.1944 aus der Sammlung von Hermann Göring zusammen mit einer Plastik „Heiliger Georg mit dem Drachen“ (Stein-Plastik) im Tausch gegen zwei andere Kunstwerke nach Paris in den Louvre gelangt. Der Louvre hatte im Gegenzug eine Holzplastik „Die heilige Magdalena“ genannt die „Schöne Deutsche“ und ein Tryptichon, gemalt vom Meister der Heiligen Familie, an Göring abgegeben. Offenbar wurde das Tauschgeschäft nach dem Ende des Krieges rückgängig gemacht, denn die Plastik „Madonna mit dem Kind“ wurde am 21.03.1946 durch den französischen Beauftragten beim CCP München wieder nach Deutschland gebracht. Ob bei dem Tauschhandel tatsächlich das hier in Rede stehende Kunstwerk involviert war, ist insofern fraglich, da im „Göring-Report“ tatsächlich Steinskulptur „Madonna und Kind“ Nürnberger Schule, Leinberger zugeschrieben, mit einer Höhe von 133 cm steht.
In der Inventarliste für Carinhall ist wiederum nur eine „Heilige Anna mit Maria und Jesusknaben“, Höhe 128 cm, von Hans Leinberger verzeichnet.
Auf welchem Wege das hier abgebildete Kunstwerk von Syrlin d.J. aus der Sammlung Schwarz in den Besitz von Göring gelangt ist, konnte nicht ermittelt werden. Anhaltspunkte für einen NS- verfolgungsbedingten Vermögensverlust liegen bislang keine vor.
Stand: 2007
1 Gertrud Otto, Die Ulmer Plastik der Spätgotik, Gryphius-Verlag, Reutlingen 1927
2 Einlieferer sind im Katalog nur mit Initialen genannt
3 Auktionskatalog Hugo Helbing, 21./24.05.1935, lfd. Nr. , Tafel mit Abb.
4 confidatial interrogation report, Seite 141
5 Günther Haase, Die Kunstsammlung des Reichsmarschalls H.G., Anhang 1, Berlin 2000