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Alt, Rudolf von

Wien, Michaelerplatz beim Burgtheater

Entstehungsjahr 1880er Jahre (?)
Technik Aquarell
Maße 35 x 45,6 cm
Münchener-Nr. 2399/25
Linz-Nr. 807
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Der österreichische Maler, Zeichner und Aquarellist Rudolf von Alt (1812-1905) wurde in der Werkstatt seines ebenfalls künstlerisch tätigen Vaters in Wien ausgebildet.1 Nach anfänglichem Üben im Kopieren und Kolorieren von dessen Bildern fertigte er 1829/30 die ersten selbständigen Aquarelle seiner heimatlichen Landschaft an. Von seinem Vater übernahm er dessen minutiöse, deskriptive Auffassung von Landschafts- und Vedutenmalerei. Rudolf von Alt arbeitete wie der Vater vorrangig in der Technik des Aquarellierens, wobei er seine Werke vereinzelt auch in Ölmalerei übertrug. Auf seinen zahlreichen Reisen durch Österreich und Italien widmete er sich dem Darstellen von Landschaften, Stadtansichten und Porträts. Um 1840 erweiterten Interieurs seine Themenpalette. Um diese Zeit änderte er auch seinen Stil, indem er die fast kristalline Klarheit seiner Gegenstände, der Farben und der Atmosphäre gegen eine freiere malerische Gestaltung eintauschte. Erste große Erfolge erzielte er seit 1869 mit der offiziellen Anerkennung seiner Arbeiten am Pariser Salon. Außerhalb der Auftragsarbeiten verfolgte er jedoch als sein eigentliches Ziel die weitere Entfaltung der Freilichtmalerei, ohne zum Impressionismus zu gelangen. Am Ende seines Schaffens kehrte er zurück zu den Wiener Themen, die er allerdings nie ganz vernachlässigt hatte.

Das in Bundesbesitz befindliche Aquarell „Wien, Michaelerplatz“ soll Alt nach Angaben auf der Property Card nach 1890 gemalt haben. Vergleiche mit anderen Werken Alts, die ebenfalls den Michaelerplatz mit der Hofburg zeigen, lassen jedoch die Vermutung zu, dass es ein Jahrzehnt früher entstanden ist. So stellt beispielsweise das Aquarell „Der Michaelerplatz in Wien“ aus dem Jahre 1883, welches sich in der Graphischen Sammlung München befindet, nahezu denselben Ausschnitt dar.2 Zu Alts Zeiten war der Ort noch eine Straßenkreuzung, an der Herrengasse, Kohlmarkt, Augustinerstraße und die Durchfahrt in die Hofburg zusammenliefen. Dieser hatte offenbar eine besondere Faszination auf Theaterfreunde ausgeübt, denn das alte Burgtheater in der direkten Nachbarschaft der Hofburg am Michaelerplatz zählt zu den am häufigsten gewählten Motiven im Oeuvre des Künstlers. Alt hatte den Ort bereits 1846 gemalt, denen mindestens acht weitere Fassungen in den Jahren zwischen 1880 und 1890 folgten. Während allerdings das Münchener Blatt von großstädtischem Treiben mit seinen zahlreichen Menschen geprägt ist, zeigt das Aquarell in Bundesbesitz den Platz eher in einem ruhigen Moment, auf dem sich nur wenige Menschen befinden.

Provenienz

Zeittafel
Von Dr. Friedrich-Adolf Martens, Bremen, durch die Kunsthandlung Eugen Brüschwiler, München, erworben (Auskunft Dr. Brüschwiler 14.3.1951)3  
Nach Juli 1938 Von dort an den „Sonderauftrag Linz“ verkauft
 

Zur Provenienz der Papierarbeit ermittelte die TVK München, dass das Bild zu einem nicht bekannten Zeitpunkt von der Münchener Kunsthandlung E. Brüschwiler von einem Dr. Mantens aus Bremen für den „Sonderauftrag Linz“ erworben wurde.4 Aufgrund der Linzer Nummer erfolgte der Weiterverkauf nach Juli 1938.5 Eine von der TVK genannte spätere Variante des Bildmotivs datiert aus dem Jahre 1840.6 Es befand sich im Besitz des Fürsten Liechtenstein und ist nicht mit dem Werk in Bundesbesitz identisch.

Weiterführende Recherchen wurden im Folgenden durchgeführt: Das Böttcherstraße GmbH – Archiv in Bremen konnte zweifelsfrei mitteilen, dass es sich bei dem von der TVK erwähnten Dr. Mantens um den promovierten Kunsthistoriker Dr. Martens aus Bremen handelt.7 Dieser war für die Bremer Werkschau GmbH, der Vorgängerin der Böttcherstraßen GmbH, Abteilung „Galerie für Alte Kunst“, tätig. Darüber hinaus arbeitete er in der Zeit von 1940 bis etwa 1943 ebenfalls für die „Alte Deutsche Kunst GmbH“, einer Tochter der Bremer Werkschau GmbH. Martens war hauptsächlich als Vermittler auf Provisionsbasis im Kunsthandel tätig. Dr. Friedrich-Adolf Karl Martens (1907-1943) war laut Handelsregisterakte von August 1938 bis April 1940 Geschäftsführer der „Alte Deutsche Kunst GmbH“.8 Über vermittelte An- und Verkäufe Martens’ konnte von keinem Archiv Auskunft gegeben werden.

Über die Münchener Kunsthandlung Eugen Brüschwiler konnten nur wenige Informationen recherchiert werden. Etwa 1916 wurde die Kunst- und Antiquitätenhandlung von den beiden Brüdern Dr. August und Eugen (1889 geb.) Brüschwiler in München gegründet.9 Aufgrund des sehr geringen Kapitals konnten sie die Kunsthandlung offenbar nicht in das Handelsregister eintragen lassen.10 Im Jahre 1931 schied August Brüschwiler aus dem Geschäft aus, weswegen die Kunsthandlung fortan unter dem Namen „Eugen Brüschwiler“ weitergeführt wurde. In den folgenden Jahren zog Brüschwiler geschäftlich innerhalb Münchens mehrfach um und änderte dabei jedes Mal den Schwerpunkt: Antiquariat (1935), Bilderhandlung (1939) und Antiquitäten (ab 1940).11 Eugen Brüschwiler war seit 1925 Mitglied der NSDAP und zudem in der SA organisiert.12 Aufgrund dessen wurde er vermutlich von den nationalsozialistischen Machthabern bevorzugt für Ankäufe von Kunstwerken für den „Sonderauftrag Linz“ beauftragt.

Die Kommission für Provenienzforschung beim Bundesdenkmalamt Wien konnte für das vorliegende Aquarell ebenfalls keine Angaben zur Herkunft machen. Gleichwohl teilte die Kommission mit, dass in ihren Archivunterlagen drei Bilder von Rudolf von Alt mit gleichlautenden Titeln gefunden werden konnten, die jedoch aufgrund der Maß- und Technikangaben nicht in Frage kommen.13

Rudolf von Alt fertigte im Laufe seines Lebens mehr als 5000 Zeichnungen, Aquarelle, Skizzen und Ölgemälde an. Nur für rund 1500 Werke existiert ein Werkverzeichnis, wobei nicht jedes Werk mit einer Abbildung versehen ist.14 In der umfangreichen Literatur konnte das Aquarell nicht nachgewiesen werden. Die Rückseitenbetrachtung ergaben keine Hinweise zur Provenienz.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.

Stand: 2007

1 Für das Folgende vgl. Saur 1992, Bd. 2, S. 660-664.
2 Rudolf von Alt 2005, Kat.Nr. 153 mit Abb.
3 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 2399/25. Der dort verzeichnete Name lautet: Dr. Mantens.
4 BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 2399/25.
5 Zur Inventarisierung vgl. die Aussage von Reger am 21.7.1951, in: BArch, B 323/332, Reger.
6 Hevesi 1911, S. 106.
7 Schreiben des Böttcherstraße GmbH – Archivs, Bremen, an das BARoV Berlin am 8.2.2005.
8 Martens wurde am 17.3.1907 in Gressow/Mecklenburg geboren und fiel am 12.7.1943 im Osten. Die Abmeldung der Familie aus Bremen nach Breslau erfolgte am 1.8.1942. Vgl. Staatsarchiv Bremen, Handelsregisterakte 4,75/5 Akz. 1 HRB 3313.
9 Für das Folgende vgl. BWA, K1/XV A 10c, Akt 89, Fall 40.
10 Es liegen Umsatzzahlen für 1930: 15.000 RM und für das erste Quartal 1931: 2.000 RM vor. Vgl. ebd.
11 Münchener Adressbücher 1915-1943. Laut Auskunft in einem Fragebogen vom 1.10.1940 bezifferte der Kunsthändler das Einkommen seiner Kunsthandlung (Gewerbebetrieb) auf RM 21.000. Vgl. BArch (ehem. BDC), Sammlung: SA, Brüschwiler, Eugen.
12 BArch (ehem. BDC), Sammlung: OPG, Brüschwiler, Eugen.
13 Schreiben der Kommission für Provenienzforschung, Wien, an das BADV, am 20.1.2006.
14 Koschatzky 2001.

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