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Alt, Rudolf von

Selbstbildnis

Entstehungsjahr 1880
Technik Aquarell
Maße 32,5 x 22,5 cm
Münchener-Nr. 2399/9
Linz-Nr. 315
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Der österreichische Maler, Zeichner und Aquarellist Rudolf von Alt (1812-1905) wurde in der Werkstatt seines ebenfalls künstlerisch tätigen Vaters in Wien ausgebildet.1 Nach anfänglichem Üben im Kopieren und Kolorieren von dessen Bildern fertigte er 1829/30 die ersten selbständigen Aquarelle seiner heimatlichen Landschaft an. Von seinem Vater übernahm er die minutiöse, deskriptive Auffassung von Landschafts- und Vedutenmalerei. Rudolf von Alt arbeitete wie dieser vorrangig in der Technik des Aquarellierens, wobei er seine Werke vereinzelt auch in Öl übertrug. Auf zahlreichen Reisen durch Österreich und Italien widmete er sich dem Darstellen von Landschaften, Stadtansichten und Porträts. Um 1840 erweiterten Interieurs seine Themenpalette. Um diese Zeit änderte er auch seinen Stil, indem er die fast kristalline Klarheit seiner Gegenstände, Farben und der Atmosphäre gegen eine freiere malerische Gestaltung eintauschte. Erste große Erfolge erzielte er ab 1869 mit der offiziellen Anerkennung seiner Arbeiten am Pariser Salon. Außerhalb der Auftragsarbeiten verfolgte er als sein eigentliches Ziel die weitere Entfaltung der Freilichtmalerei, ohne jedoch zum Impressionismus zu gelangen. Am Ende seines Schaffens kehrte er zu den Wiener Themen zurück, die er allerdings nie ganz vernachlässigt hatte.

Im vorliegenden Aquarell „Selbstbildnis“ hat sich der Künstler als knapp Siebzigjährigen in der Pose des Malers dargestellt, was durch den Pinsel in seiner rechten Hand verdeutlicht wird. Im Hintergrund sind Gemälde an der Wand erkennbar.

Provenienz

Zeittafel
Seit vor 1914 Sammlung Dr. Oskar Kolm, Wien2
4.-8.2.1937 Versteigerung im Auktionshaus S. Kende, Wien, aus dem Nachlass von Sophie Kolm, Wien,3 eingeliefert von ihrer Tochter, Marianne Singer4
Vor Juli 1938 Vom „Sonderauftrag Linz“ erworben5

Zur Provenienz der Papierarbeit ermittelte die TVK München keine Hinweise.6 Nur aufgrund der niedrigen Linzer Nummer kann
angenommen werden, dass das Bildnis bereits vor Juli 1938 für den „Sonderauftrag Linz“ erworben wurde.7

Eine Nachfrage bei der Kommission für Provenienzforschung in Wien ergab, dass das betreffende Aquarell von Alt bereits im Jahre 1914 im Katalog der Kunstsammlung Dr. Oskar Kolm verzeichnet war.8 Ferner ist zu erfahren, dass die Gemäldesammlung und die Wohnungseinrichtung aus dem Nachlass von Sophie Kolm in der 116. Versteigerung des Wiener Auktionshauses S. Kende, die vom 4. bis 8. Februar 1937 stattfand, angeboten wurde.9 Die Unterlagen hierzu werden vom Archiv des Bundesdenkmalamtes aufbewahrt, allerdings findet sich in der Mappe zu Sophie Kolm kein Hinweis auf ein Selbstbildnis von Rudolf von Alt. Die Vermutung, dass aus diesem Grund davon auszugehen sei, dass das Bild in der Auktion von 1937 verkauft wurde, bestätigte sich jedoch nicht. Ein Porträt von Alt taucht in den Restitutionsmaterialien zu Stephan Kerlin aus Wien auf, die ebenfalls im Bundesdenkmalamt Wien aufbewahrt werden.10 Die genauere Betrachtung zeigt allerdings, dass es sich nicht um das Selbstporträt in Bundesbesitz handelt. In den erwähnten Unterlagen wird ein Bildnis von Alt genannt, das aus dem beschlagnahmten Eigentum von Karl Ruhmann gesucht wurde. Einem Schreiben des Bundesdenkmalamtes an Dr. Karl Ruhmann vom 7. April 1950, das sich in Abschrift in der Mappe Kerlin befindet, ist zu entnehmen, dass es laut Angabe der Münchener Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich seinerzeit an die Sammlung des „Sonderauftrag Linz“ oder an Martin Bormann weiterverkauft worden sei. Zu diesem Zeitpunkt konnte das Bild jedoch nicht in den in München lagernden Beständen (Bayrische Staatsgemäldesammlung und dem CCP) gefunden werden. Den Restitutionsmaterialien ist ferner zu entnehmen, dass dort ein Selbstbildnis des Künstlers Alt von Ruhmann auf der 116. Kunstauktion von S. Kende angekauft wurde. Als Bildnachweis ist Tafel XIII, Katalognummer 107 angegeben. Die Überprüfung im Katalog ergab, dass unter dieser Katalognummer ein weiteres Gemälde mit dem Titel „Selbstporträt des Künstlers“ verzeichnet ist, das Rudolf von Alt mit einem kleinen Mädchen zeigt, welches vermutlich seine Tochter ist. Aufgrund der Bildbeschreibung und der Abbildung kann damit ausgeschlossen werden, dass das genannte Porträt, welches Ruhmann auf der Versteigerung erwarb, identisch mit dem Porträt in Bundesbesitz ist.

Zu Sophie Kolm und ihrer Familie konnten der Publikation von Sophie Lillie über enteignete Kunstsammlungen in Wien weiterführende Hinweise entnommen werden.11 Unter dem Registereintrag zu Oscar Kolm wird auf Frau Marianne Singer, wohnhaft in Wien IV, Gusshausstraße 4/4, hingewiesen. In dem dort erwähnten Auktionskatalog zur 116. Versteigerung des Wiener Auktionshauses S. Kende ist das in Rede stehende „Selbstbildnis“ von Rudolf von Alt jedoch nicht aus dem Besitz von Marianne Singer angeboten, sondern laut Katalogtitel aus dem Nachlass der Frau Sophie Kolm.12

Sophie Kolm, geb. Lichtwitz (1856-1937), verehelichte Schlesinger, war in zweiter Ehe mit dem Wiener Hof- und Gerichtsadvokaten Dr. Oscar Kolm (1860-1924) verheiratet.13 Sie brachte die Tochter Marianne (1892-1971) mit in diese Ehe, die 1910 von Kolm adoptiert wurde und fortan den Namen Schlesinger-Kolm trug.14 Nach ihrer ersten Eheschließung mit Julius Singer hieß sie Marianne Singer. Im Laufe seines Lebens hatte Oscar Kolm eine bemerkenswerte Sammlung mit rund 300 Bildern und Miniaturen verschiedener Alt-Wiener und neuerer Meister zusammengetragen. Darunter waren Gemälde von Jakob und Rudolf von Alt, Friedrich Amerling, Hans Canon, Joseph Danhauser, Anselm Feuerbach, August Pettenkofen, Emil Jakob Schindler und Ferdinand Georg Waldmüller.15 Nach dem Tod von Oscar Kolm 1924 erbte zunächst seine Ehefrau die Sammlung; als sie 1937 verstarb, wurden Teile der Sammlung und der Einrichtung der Wohnung im Palais in Wien IV, Gusshausstraße 4, von den beiden Töchtern dem Auktionshaus S. Kende zur Versteigerung übergeben. Neben zahlreichen weiteren Gemälden kam das hier interessierende „Selbstbildnis“ Rudolf von Alts zur Versteigerung, von dem ursprünglich 14 Arbeiten in der Sammlung vorhanden waren. Ob es versteigert wurde, konnte auch nicht durch die ausgewerteten Unterlagen von Sophie Lillie geklärt werden.

Im erwähnten Katalog ist das Aquarell von Alt unter der Nummer 105 als „Selbstporträt (Brustbild)“ bezeichnet.16 Es ist signiert und datiert mit „[1]886“. Die Maße weichen mit 33,5 mal 23,5 cm nur unwesentlich von den Angaben auf der Property Card ab. Als Schätzpreis sind im Katalog 800 Schillinge angegeben. An der Identität des Gemäldes mit dem in Bundesbesitz kann kein Zweifel bestehen, da das Selbstbildnis als Tafel X im Katalog abgebildet ist. Ob es verkauft wurde, geht aus dem Katalog nicht hervor.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt daher die weitere Provenienz des Gemäldes nach 1937 ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.

Stand. 2004

1 Für das Folgende vgl. Saur 1992, Bd. 2, S. 660-664.
2 Bundesdenkmalamt- (BDA) Archiv, Restitutionsmaterialien, K 55 Dorotheum, Versteigerungslisten; Katalog der Kunstsammlung Dr. Oskar Kolm Wien, Alt-Wiener und Neuerer Meister, Miniaturen, Plastiken nach dem Stand vom 9.4.1914, S. 5.
3 Auk.kat. 116. Freiwillige Versteigerung der Gemäldegalerie und Palaiseinrichtung aus dem Nachlass Frau Sophie Kolm, Wien, durch S. Kende, Wien, vom 4.-8.2.1937, Kat.Nr. 105 m. Abb.
4 Lillie 2003, S. 1233.
5 Zur Inventarisierung vgl. die Aussage von Reger am 21.7.1951, in: BArch, B 323/332, Reger. Auf der Property Card befinden sich keine Hinweise zur Provenienz. Vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 2399/9.
6 BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 2399/9.
7 Zur Inventarisierung vgl. die Aussage von Reger am 21.7.1951, in: BArch, B 323/332, Reger.
8 Bundesdenkmalamt- (BDA) Archiv, Restitutionsmaterialien, K 55 Dorotheum, Versteigerungslisten; Katalog der Kunstsammlung Dr. Oskar Kolm Wien, Alt-Wiener und Neuerer Meister, Miniaturen, Plastiken nach dem Stand vom 9.4.1914, Leipzig 1914, S. 5.
9 Auk.kat. 116. Freiwillige Versteigerung der Gemäldegalerie und Palaiseinrichtung aus dem Nachlass Frau Sophie Kolm, Wien, durch S. Kende, Wien, vom 4.-8.2.1937, Kat.Nr. 105 m. Abb.
10 Schreiben der Kommission für Provenienzforschung, Wien, an das BARoV, Berlin, am 13.9.2005.
11 Lillie 2003, S. 1232-1235.
12 Auk.kat. 116. Freiwillige Versteigerung der Gemäldegalerie und Palaiseinrichtung aus dem Nachlass Frau Sophie Kolm, Wien, durch S. Kende, Wien, vom 4.-8.2.1937, Kat.Nr. 105 m. Abb.
13 Für das Folgende vgl. Lillie 2003, S. 1233-1235.
14 Durch ihre erste Ehe mit Julius Singer hieß sie dann Marianne Singer. Vgl. Lillie 2003, S. 1233.
15 Katalog der Gemäldesammlung Dr. Oscar Kolm Wien: Alt-Wiener und Neuere Meister, Miniaturen, Plastiken nach dem Stand vom 9. April 1914, Leipzig 1914, in: Karton Dorotheums-Kataloge, Restitutionsmaterialien, BDA [zit. nach Lillie 2003, S. 1233].
16 Auk.kat. 116. Freiwillige Versteigerung der Gemäldegalerie und Palaiseinrichtung aus dem Nachlass Frau Sophie Kolm, Wien, durch S. Kende, Wien, vom 4.-8.2.1937, Kat.Nr. 105 m. Abb.

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