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Reymerswaele (Schule des Quentin Massys), Marinus van

Der Steuereintreiber und sein Gehilfe

Entstehungsjahr vor 1530
Technik Öl auf Holz
Maße 88,5 x 72,5 cm
Münchener-Nr. 3723
Linz-Nr. 876
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das Gemälde „Der Steuereintreiber und sein Gehilfe“ von Marinus van Reymerswaele greift im Bildaufbau auf eine berühmte Bildfindung des Quinten Massys zurück, dem Hauptmeister der südniederländischen Malschule des frühen 16. Jahrhunderts.1 Reymerswaele (1490/95 - um 1567) gehört hinsichtlich seines Schaffens zum Kreis der Quinten-Massys-Nachfolge. Nach seiner Ausbildung als Glasmaler in Antwerpen ist Reymerswaele später als Genre- und Historienmaler dort und in Zeeland tätig. Seine bevorzugten Themen sind Geldwechsler und Steuereinnehmer, die er präzise und in effektvoller Lichtführung darstellt. Stilistisch stehen seine Figuren wiederum dem Vorbild Massys’ sehr nahe. Massys’ 1514 entstandenes Porträt „Der Geldwechsler und Frau“ (Paris, Louvre) bildet die Grundlage für zahlreiche eigene Varianten als auch für die seiner Nachfolger.2 Während in diesem Gemälde das Ehepaar mit einem grazilen Äußeren in einem reichen Ambiente gezeigt wird, erscheinen die Figuren der darauf folgenden Werke in eine Kammer eingezwängt, die von Gier getrieben ihren Geldgeschäften nachgehen. Neuartig bei diesem Motiv ist, dass Massys den Personen groteske Gesichter mit gnomhaftem, geradezu garstigem Äußeren gibt. Reymerswaele steigert den Ausdruck seiner Steuereintreiber und deren Gehilfen noch durch deren groteske Hässlichkeit, so dass er mit seinen Figuren ernsthafte Kritik gegen Lasterhaftigkeit und Gier übt, die in der Personifikation des Geldwechslers manifestiert wird.

Provenienz

Zeittafel
Mind. seit 1798 Kurfürstliche Galerie, München (Vorgänger der Pinakothek)3  
26.3.1940 Von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen für RM 7.000 an die Reichskanzlei verkauft4  
 Inventarisiert für den „Sonderauftrag Linz“  

Die TVK München ermittelte, dass sich das Gemälde „Der Steuereintreiber und sein Gehilfe“ von Marinus van Roymerswaele [sic] früher in der Kurfürstlichen Galerie in München befunden hat.5 Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen veräußerten es im März 1940 für RM 7.000 an die Reichskanzlei.6

Das Archiv der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen kann belegen, dass sich das Gemälde mindestens seit 1798 in den Inventarlisten der Kurfürstlichen Galerie in München, der späteren Pinakothek, befand.7 In diesem Inventar, ebenso wie in den beiden folgenden von 1822 und 1855/56, ist das Gemälde Quintin Messis (Massys) zugeschrieben.8

Die Geschichte des Bildes kann mithilfe der Archivalien aus dem Bestand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen wie folgt rekonstruiert werden: Die Reichskanzlei erwarb im Auftrag von Adolf Hitler am 26. März 1940 fünfzehn Gemälde aus diesem Museum.9 Der Preis für das als „Die beiden Steuereinnehmer“ aus der Schule des Quentin Massys bezeichnete Gemälde betrug RM 7.000. Aus der ebenfalls vermerkten Inventarnummer 699 geht eindeutig hervor, dass es sich um dasselbe Bild handelte. Im Schreiben vom 26. März 1940 wird erwähnt, dass sich vierzehn Gemälde, darunter jenes aus der Massys-Schule, bereits im "Führerbau" befanden.

Die Erwerbung des Gemäldes „Der Steuereinnehmer und sein Gehilfe“, das erst durch die Recherchen der TVK Marinus van Roymerswaele [sic] zugeschrieben wurde, steht mithin in keinem Zusammenhang mit nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen.

Stand: 2001

1 Alte Pinakothek 2005, S. 301.
2 Für das Folgende vgl. Silver 1984, S. 138 f.
3 BADV Berlin, Property Card, mü 3723. Weitere auf der Property Card verzeichnete Inventarnummer ist Aussee 2461.
4 Schreiben von Lammers an Bormann, 23.3.1940. Vgl. BArch, B323/163, LF XXXIV/Nr. 116.
5 BADV Berlin, Property Card, mü 3723.
6 Schreiben von Lammers an Bormann, 23.3.1940. Vgl. BArch, B323/163, LF XXXIV/Nr. 116.
7 BSTGS, Inventar Kurfürstliche Galerie, München, von 1798.
8 BSTGS, Inventar von 1822, Nr. 1195 und Inventar von 1855/56, Nr. 699.
9 Schreiben von J.V. an Lammers, München, 26.3.1940. Vgl. BSTGS, Nr. 630/625.

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