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Hess, Peter von

Rastende Husaren (Im Biwak) 

Entstehungsjahr 1850
Technik Öl auf Leinwand
Maße 29,5 cm x 38 cm
Münchener-Nr. 3806
Linz-Nr. 766/615
Lost Art-ID 219668
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Peter von Hess (1792–1871) war ein deutscher Genre- und Historienmaler.[1] Seine künstlerische Ausbildung erhielt er zunächst vom Vater, dem Kupferstecher Carl Ernst Christoph Hess (1755–1828). Ab 1808 studiert er an der Münchener Akademie, die er jedoch bald wieder verließ. Hess orientierte sich vor allem an der Natur sowie Szenen aus dem städtischen und ländlichen Leben. Darüber hinaus beeinflussten niederländische Meister seine Malweise. In den Jahren von 1813 bis 1815 nahm der Künstler am Feldzug gegen Frankreich teil. 1818 reiste er nach Italien, ging 1833 mit König Otto I. (1815–1867) nach Griechenland und 1839 auf Einladung des Zaren Nikolaus (1796–1855) nach St. Petersburg, wo er den Auftrag erhielt, die Kämpfe des napoleonischen Feldzugs in Russland zu schildern. Hess gilt als der bedeutendste Münchener Schlachtenmaler. Er war Mitglied der Akademien in München, Berlin und St. Petersburg.

Das Gemälde zeigt rastende Husaren im Freien. Im linken Bildteil lehnt an den Überresten einer Mauer ein als alte Frau verkleideter Soldat, der mit einem weiteren Soldaten in Uniform schäkert. Rechts von ihnen sitzt ein sich lachend krümmender Soldat mit gelbem Umhang. Hinter der Personengruppe sind drei Pferde dargestellt. Im Hintergrund befindet sich am rechten Bildrand ein Reiter in Rückenansicht, darüber der bewölkte Himmel. Als Titel ist sowohl „Rastende Husaren“[2] als auch „Im Biwak“[3] überliefert.

Das Werk ist rechts unten signiert und datiert „P. Hess 1850“.

Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden. Darüber hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler überprüft.[4]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: in blauer Fettkreide „3806“ (Mü-Nr.); weißes, blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand „766/615“ (Linz-Nr.); in Schwarz, zweimal „K423“ (Kremsmünster); handschriftlich „2000.[…]“ (nicht identifiziert); handschriftlich, zweimal „23“ (nicht identifiziert); runder, schwarzer Stempel, mit Wappen [unleserlich] (nicht identifiziert);[5] weißes Etikett, in Maschinenschrift „40“ (nicht identifiziert); schwarze Plakette mit weißem Rand „C. Blecken / Spezialfabrik für Gemälderahmen / in allen Stilarten / München 2 NW / Telef.: 57701 Kreittmayrstr. 12“ (Rahmenmanufaktur).

[1] Für das Folgende vgl. Martin Glaubrecht, Heß, Peter von, in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 3–4 [online-Version]. URL: www.deutsche-biographie.de/pnd116768754.html#ndbcontent [Abruf: 11.10.2019].

[2] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 3806.

[3] Vgl. BArch, B323/611, Kontrollnummernkartei, Mü-Nr. 3806.

[4] Kein Treffer: Friedrich von Boetticher, Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte,  Leipzig 1948, Bd. 1, S. 546.

[5] Laut Property Card der Ministerpräsidentenkartei: „Stamp with Eastern language & code [coat] of arms?“. Vgl. BArch Koblenz, B323/763.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
O. J.Galerie Dr. W. A. Luz, Berlin
Bis 1939Galerie Almas-Dietrich, München
Ab 1939Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Mai 1941Eingang in das Kloster Kremsmünster
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
10.07.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949Bundesvermögen

Das Gemälde wurde vor dem Krieg von der Galerie Almas in München durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nr. 766/615.[1] Die Höhe der Linz-Nr. weist auf einen Ankauf zwischen Mai und August 1939 hin.[2] Laut Aussage von Maria Almas-Dietrich (1892–1971) vom 14. August 1951 erwarb sie das Werk von dem Kunsthändler Dr. Wilhelm August Luz (1892–1959), Berlin.[3]

Der promovierte Kunsthistoriker begann seine berufliche Laufbahn als Assistent am Aachener Reiff-Museum.[4] Ab 1922 betätigte er sich als Kunsthändler, zunächst für die Galerie Ludwig Schaller in Stuttgart und die Firma Heinrichshofen in Magdeburg, danach für die Galerie Carl Nicolai, die Galerie van Diemen und Benedict & Co. in Berlin. Im Jahre 1931 machte sich Luz als Kommissionär selbstständig. Die Galerie Dr. W. A. Luz wurde 1935 mit Räumen in der Viktoriastraße in Berlin gegründet.[5] Ihr Schwerpunkt lag auf der Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts, insbesondere auf Werken der Berliner Genremalerei, der Düsseldorfer und Münchener Schule. Vereinzelt wurden altniederländische Gemälde angeboten.[6] Zum Zeitpunkt der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten verstand sich Luz als Kunstschriftsteller und -händler zugleich. Bei der Reichskulturkammer war er als Mitglied der untergliederten Reichsschrifttumskammer in der Rubrik „Wissenschaftlicher und Fachschriftsteller“  gemeldet. Die Galerie Dr. W. A. Luz erlebte ihre Blütezeit während des Nationalsozialismus. Daneben war Luz ab 1938 als Kunstsachverständiger für die Reichskulturkammer. Zwar war er nie Mitglied der NSDAP,[7] gehörte jedoch nachweislich dem „Kampfbund für deutsche Kultur“ an.[8] Nach dem Zweiten Weltkrieg war Luz bis zu seinem Tode im Jahr 1959 als Kunsthändler in Berlin tätig.[9]

Ausstellungskataloge der Galerie Dr. W. A. Luz aus den Jahren 1935 bis 1940 wurden im Rahmen der Recherchen geprüft, enthielten jedoch keine Angaben zum Gemälde.[10]

Aufgrund der lückenhaften Archivlage konnten Zeitpunkt sowie Umstand der Erwerbung durch die Galerie Almas nicht abschließend geklärt werden.[11]

Maria Almas-Dietrich (1892–1971), geborene Dietrich, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.[12] Im Jahre 1921 heiratete sie den türkischen Staatsbürger Ali Almàs-Diamant und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebten sie jedoch in Trennung, 1937 erfolgte die Scheidung. Der Name „Almas“ blieb jedoch für die Galerie erhalten. Nach eigenen Angaben lernte Almas-Dietrich im Jahre 1936 Heinrich Hoffmann (1885–1957), den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen erste Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Fortan entwickelte sie sich zu den aktivsten Vermittlern von Kunst an die Nationalsozialisten. Zwischen 1936 und 1944 verkaufte Almas-Dietrich über eintausend Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas-Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet.[13]

Die Nummer K423 auf der Property Card sowie auf der Rückseite des Werkes weist auf dessen Lagerung im Depot Kremsmünster hin.[14] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrages Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[15] Aus Sorge vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[16]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 10. Juli 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[17] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[18]

 

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. BArch Koblenz, B323/763. Property Card des CCP München, Mü-Nr. 3806.

[2] Vgl. Klaus Beetz, Die Erwerbungen Adolf Hitlers bis zum Führererlass vom 26. Juni 1939 für den Aufbau des Neuen Museums Linz, Berlin 2004, S. 14 (unpubliziert).

[3] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 3806.

[4] Für das Folgende vgl. Sybille Ehringhaus, Dr. Wilhelm August Luz. Kunsthändler ohne Bekenntnis, November 2011, S. 4. URL: www.revidet.de/assets/ms_luz_2_13.pdf [Abruf: 11.10.2019].

[5] Vgl. ebd., S. 7.

[6] Für das Folgende vgl. ebd., S. 1ff.

[7] Vgl. ebd., S. 8.

[8] Vgl. ebd., S. 5.

[9] Vgl. Staatliche Museen zu Berlin, Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin, Galerie Dr. W. A. Luz, Berlin. URL: www.galerie20.smb.museum/kunsthandel/K43.html [Abruf: 21.10.2019].

[10] Ohne Treffer: Ausst.kat. Deutsche Landschaftsmalerei aus zwei Jahrhunderten, Galerie Dr. W. A. Luz, Berlin, Herbst 1935. Ausst.kat. Neuland für Sammler, Galerie Dr. W. A. Luz, Berlin, Oktober/Dezember 1936. Ausst.kat. Kaleidoskop, Galerie Dr. W. A. Luz, Berlin, Herbst 1937. Ausst.kat. Friedrich Loos (1797–1890). Norddeutsche Landschaften, schöne deutsche Frauen und Kinder, monumentale Märchenbilder, deutsche Romantiker, alte Meister, Galerie Dr. W. A. Luz, Berlin, Frühjahr 1938. Ausst.kat. Alt-Wien – Alt-Berlin – Alt-Deutschland, Galerie Dr. W. A. Luz, Berlin, Herbst 1938. Ausst.kat. Neuerwerbungen, Galerie Dr. W. A. Luz, Berlin, 1939. Ausst.kat. Neuerwerbungen, Galerie Dr. W. A. Luz, Berlin, 1940.

[11] Folgende Archive besitzen keine Unterlagen zur Galerie Almas: Staatsarchiv München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Wirtschaftsarchiv München. Lediglich das Stadtarchiv verfügt über eine Gewerbekarte der Galerie Almas. Vgl. Auskunft des Stadtarchivs, München vom 08.05.2008.

[12] Vgl. BWA, K1, XVA, 10c, 264, Akt Fall 33.

[13] Vgl. NARA, RG 260, 519, Box 445.

[14] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 3806.

[15] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[16] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

[17] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

[18] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 07.02.2019].

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