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Palamedesz, Anthonie

Jahrmarktszene mit Vorführung eines musizierenden Affen

Entstehungsjahr um 1650
Technik Öl auf Holz
Maße 47,5 x 63 cm (ohne Rahmen); 69,2 x 85,7 x 7,8 cm (mit Rahmen)
Münchener-Nr. 3874
Linz-Nr. 117
Lost Art-ID 219679
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Anthonie Palamedesz (1602–1673) war ein niederländischer Maler.[1]

Das Gemälde zeigt eine Gesellschaftsszene mit zahlreichen Figuren. Im Zentrum des Werkes befindet sich ein stehender Mann nach rechts mit gelbem Rock und blauem Hüftband, der in eine Trompete bläst. Rechts von ihm ist ein weiterer stehender Mann nach links in gehobener Kleidung zu sehen, der seine linke Hand auf einen Gehstock stützt. Am rechten Bildrand befindet eine Frau in langem Kleid, auf deren rechten Oberschenkel ein Kind sitzt. Die Frau ist zum rechten Bildrand gebeugt und hört einem Mann zu, der hinter ihr steht. In der rechten unteren Bildecke ist ein Hund, im linken Bildteil ein Affe dargestellt. Im Bildmittelgrund befinden sich zahlreiche Figuren, die zumeist der Figurengruppe im Vordergrund zugewandt sind. Im Hintergrund ist Architektur zu erkennen, links ein Torbogen, in dem zwei Jungen stehen.

Als Werktitel sind „Jahrmarktszene mit Vorführung eines musizierenden Affen“[2], „street-scene and soldiers and officers“[3]; „street secene + soldiers and officers“[4], „Offiziersgesellschaft“[5] überliefert.

Das Gemälde ist links unten signiert „A. Palamedes“.

[1] Für weitere Informationen zum Künstler siehe: https://rkd.nl/en/explore/artists/61543 [Abruf: 01.11.2023].

[2] Vgl. Kunstverwaltung des Bundes, Berlin, Provenienzdatenbank.Bund, URL: https://kunstverwaltung.bund.de/SharedDocs/Provenienzen/DE/3000_3999/3874.html [Abruf: 01.11.2023].

[3] Vgl. Bundesarchiv, Koblenz, B 323/763, Alte Ministerpräsidentenkartei, Property Card, Mun. 3874.

[4] Vgl. Bundesarchiv, Koblenz, B 323/655, Restitutionskartei, Property Card, Mun. 3874.

[5] Vgl. Birgit Schwarz: Hitlers Museum. Die Fotoalben Gemäldegalerie Linz, Wien/Köln/Weimar 2004, S. 106, Nr. III/15, Abb. S. 224.

Provenienz

Chronologie der Provenienz
Um 1650–o. D.Anthonie Palamedesz (1602–1673)
(…)Verbleib unbekannt
o. D.–Dezember 1934 Fürstliche Hofkammer, Bückeburg, Sitz des Fürstenhauses Schaumburg-Lippe, Erwerbsweg unegklärt
Dezember 1934–24.04.1937Kunsthändler Karl Haberstock (1878–1956), Berlin, Ankauf von der Fürstlichen Hofkammer, Bückeburg
24.04.1937–12.07.1945Reichskanzlei, Berlin, Ankauf von Karl Haberstock, Berlin, später Auswahl des Werkes für Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“
12.07.1945–10.06.1949Amerikanische Militärregierung, Central Collecting Point München, Sicherstellung
10.06.1949–22.02.1952Bayerischer Ministerpräsident, München, treuhänderische Übernahme
22.02.1952–1960Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland, München, treuhänderische Übernahme
1960–heuteBundesrepublik Deutschland, München/Berlin, Übernahme aus ehemaligem Reichsbesitz auf Grundlage von Artikel 134 Grundgesetz

Fürstliche Hofkammer, Bückeburg

Das Gemälde befand sich bis Dezember 1934 im Besitz der Fürstlichen Hofkammer, Bückeburg, dem Sitz des Fürstenhauses Schaumburg Lippe.[1]

Kunsthändler Karl Haberstock (1878–1956), Berlin

Von der Fürstlichen Hofkammer, Bückeburg, wurde das Werk im Dezember 1934 durch den Berliner Kunsthändler Karl Haberstock (1878–1956), zusammen mit neun weiteren Kunstwerken für insgesamt 14.000,- RM, angekauft. Der Ankauf des Gemäldes ist in den Geschäftsbüchern Haberstocks dokumentiert.[2]

Auf den Property Cards zum Werk wurden verschiedene Angaben zu dessen Provenienz vermerkt. Die Property Card aus der Alten Ministerpräsidentenkartei enthält die Angaben: „Haberstock has had it 1936“, „Lt. Aussage Haberstock aus Deutschland 10.3.1949“ sowie „Lt. Aussage Haberst. 10.4.51 an […] C.C.P. a. deutschem arischen Bes. vor 1933.“[3] Im Dresdner Katalog (2. Fassung) sowie auf der Property Card im Bestand der Kunstverwaltung des Bundes wurde notiert, dass Haberstock das Gemälde laut eigener Aussage vom 10. April 1951 „vor 1937 von Galerie Paffrath, Düsseldorf“ erworben hatte.[4] Diese Information konnte anhand der Geschäftsbücher Haberstocks widerlegt werden.[5]

Reichskanzlei, Berlin, später Auswahl des Werkes für Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“, München/Kremsmünster/Altaussee

Am 24. April 1937 verkaufte Haberstock das Werk für 4.500,- RM an die Reichskanzlei in Berlin.[6] Später erfolgte die Auswahl des Gemäldes für Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“.[7]

Zum Schutz vor Kriegseinwirkung wurde das Gemälde zunächst in das von den Nationalsozialisten beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich verbracht. Die Nummer „K 514“ auf der zugehörigen Property Card des Central Collecting Points München verweist auf die Lagerung des Werkes im Depot Kremsmünster.[8] Nach der Auflösung des Depots gelangte das Gemälde nach Januar 1944 in das Auslagerungsdepot im Salzbergwerk Altaussee in der Steiermark.[9] Dieses wurde ab August 1943 zunächst vom Institut für Denkmalpflege in Wien als Auslagerungsort genutzt. Ab Januar 1944 erfolgte zudem die Einlagerung von Kunstwerken aus dem „Sonderauftrag Linz“.[10]

Provenienz nach 1945

Am 8. Mai 1945 traf die 3. US-Panzerarmee in Altaussee ein, die dorthin ausgelagerten Kulturgüter befanden sich fortan im Verantwortungsbereich des amerikanischen Militärs. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde das Gemälde am 12. Juli 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht und unter der Nummer 3874 registriert.[11] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980),[12] der den Bestand 1952 treuhänderisch an die bundesdeutsche Treuhandverwaltung von Kulturgut weitergab. Auf Grundlage von Artikel 134 Grundgesetz ging das Gemälde 1960 als ehemaliges Reichsvermögen in Bundesvermögen über.

Fazit

Die Provenienz ist für den Zeitraum vor Dezember 1934 ungeklärt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Werk NS-verfolgungsbedingt entzogen worden ist.

Forschungsstand: 2023

Letzte Bearbeitung des Datensatzes: 19.12.2023

[1] Vgl. Horst Kessler: Karl Haberstock. Umstrittener Kunsthändler und Mäzen, München/Berlin 2008, S. 267 [Ankauf], 281 [Verkauf], Abb. S. 296.

[2] Vgl. Horst Kessler: Karl Haberstock. Umstrittener Kunsthändler und Mäzen, München/Berlin 2008, S. 267 [Ankauf], 281 [Verkauf], Abb. S. 296.

[3] Vgl. Bundesarchiv, Koblenz, B 763, Alte Ministerpräsidentenkartei, Mun. 3874, Aussee 2612. Auf der Restitutionskartei sind ähnliche Angaben handschriftlich notiert. Vgl. Bundesarchiv, Koblenz, B 323/655, Restitutionskartei, Property Card, Mun. 3874.

[4] Vgl. Bundesarchiv, Koblenz, B 323/78, Dresdner Katalog, 2. Fassung, Bl. 114; Kunstverwaltung des Bundes, Berlin, Registratur, Property Card, Mü-Nr. 3874.

[5] Vgl. Horst Kessler: Karl Haberstock. Umstrittener Kunsthändler und Mäzen, München/Berlin 2008, S. 267 [Ankauf], 281 [Verkauf], Abb. S. 296.

[6] Horst Kessler: Karl Haberstock. Umstrittener Kunsthändler und Mäzen, München/Berlin 2008, S. 267 [Ankauf], 281 [Verkauf], Abb. S. 296; Nachlass Haberstock, Geschäftsbücher, HA XXIV, S. 19.

[7] Vgl. Birgit Schwarz: Hitlers Museum. Die Fotoalben Gemäldegalerie Linz, Wien/Köln/Weimar 2004, S. 106, Nr. III/15, Abb. S. 224; Bundesarchiv, Koblenz, B 323/193, Verzeichnis der für Linz in Aussicht genommenen Gemälde, Stand vom 31. Juli 1940, 1940–1940, fol. 12.

[8] Vgl. Kunstverwaltung des Bundes, Berlin, Registratur, Property Card, Mü.-Nr. 3874. Ab Mai 1941 wurden im Stift Kremsmünster Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden. Aus Sorge vor Luftangriffen wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert, bis sie ab Januar 1944 zum Schutz vor Kriegseinwirkungen ins Salzbergwerk Altaussee in der Steiermark verbracht wurden, vgl. Anneliese Schallmeier, Salzbergwerk Aussee, 07.01.2019, in: Lexikon der österreichischen Provenienzforschung, URL: www.lexikon-provenienzforschung.org/altaussee-salzbergwerk [Abruf 16.11.2021].

[9] Vgl. Kunstverwaltung des Bundes, Berlin, Registratur, Property Card, Mü.-Nr, 3874, Aussee-Nr. 1513.

[10] Vgl. Anneliese Schallmeiner, Salzbergwerk Altaussee, 07.01.2019, in: Lexikon der österreichischen Provenienzforschung. URL: www.lexikon-provenienzforschung.org/altaussee-salzbergwerk [Abruf: 30.03.2021].

[11] Vgl. Kunstverwaltung des Bundes, Berlin, Registratur, Property Card, Mü.-Nr, 3874.

[12] Vgl. Angelika Enderlein, Der Kunstbestand der Bundesrepublik Deutschland. Kunstschätze aus sieben Jahrhunderten. Geschichte einer Sammlung, In: Henning Rader/Vanessa-Maria Voigt (Hgg.), „Ehem. jüdischer Besitz“. Erwerbungen des Münchner Stadtmuseums im Nationalsozialismus, München 2018, S. 246–257, hier S. 249, URL: https://kunstverwaltung.bund.de/DE/Provenienzforschung/Fachaufsaetze/_documents/6Kunstbestand.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [Abruf: 30.03.2021].

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