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Stuck, Franz von

Quellnymphe von Faunen belauscht

Entstehungsjahr 1911
Technik Öl auf Pappe
Maße 70 cm x 62,2 cm
Münchener-Nr. 31568
Linz-Nr. 3294
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Franz von Stuck, der in seinen Werken häufig Pane, Nymphen und Kentauren verwandte, malte um 1911 hier das in der Mythologie angesiedelte Motiv einer Quellnymphe, die von Faunen belauscht wird.1
Nymphen sind in der griechischen Vorstellungswelt niedere Naturgottheiten, während Faune die Söhne des altrömischen, bocksbeinigen Fruchtbarkeitsgottes und Schirmherr des Ackerbaues Faunus, sind.2
Während dieser Zeit beschäftigte sich Stuck noch weitere zwei Male in sehr ähnlicher Weise mit dieser Thematik.3

Provenienz

Zeittafel
Bis 19.12.1916 Sammlung Kommerzienrat Fritz Eckel, Deidesheim 
19.12.1916 Nachlassversteigerung Fritz Eckel, Deidesheim, im Auktionshaus Hugo Helbing, München4  
 Galerie Thannhauser, München (Kat.-Nr. 6677)5  
 Von Wehdeking, Seefeld (Tirol) über H. Roth, Darmstadt, an das Antiquariat Carl W. Buemming, Darmstadt6  
18.2.1944 Von Buemming für den „Sonderauftrag Linz“ für RM 15.500 erworben7  

Der Property Card ist zu entnehmen, dass sich das Werk „früher“ in der Galerie Thannhauser in München befunden hat.8 Von Wehdeking, Seefeld (Tirol), gelangte die Arbeit über den Darmstädter H. Roth an die Kunsthandlung Buemming, ebenfalls Darmstadt. Der Galerist verkaufte das Bild am 18. Februar 1944 für RM 15.000 an den „Sonderauftrag Linz“.

Die Recherchen ergaben folgende Ergebnisse. Das Gemälde wurde als Teil der Sammlung des Kommerzienrates Fritz Eckel aus Deidesheim am 19. Dezember 1916 im Münchener Auktionshaus Hugo Helbing versteigert.9 Unter welchen Umständen das Gemälde in die Münchener Kunsthandlung Thannhauser gelangte, konnte nicht geklärt werden. Diese Galerie wurde von dem jüdischen Besitzer Justin Thannhauser geführt, der Filialen in Berlin (1927) und in Paris (1933) gegründet hatte. Im Jahre 1936 emigrierte er über Frankreich und die Schweiz in die USA. Infolge seiner Auswanderung wurden die zurückgelassenen Kunstwerke in der Münchener Kunsthandlung durch die Reichskulturkammer der bildenden Künste beschlagnahmt und während der Kriegseinwirkungen vernichtet.

Aufgrund der geringen Angaben zu Wehdeking und H. Roth konnten keine eindeutigen Hinweise auf diese Personen von den angeschriebenen Archiven erfolgen. Über Karl W. Buemming, der das Gemälde am 18. Februar 1944 aus ungenannten Besitz an den „Sonderauftrag Linz“ verkaufte, konnte folgendes erfahren werden. Buemming, der Buchverkäufer und Antiquar in Darmstadt war, galt als der Hauptrepräsentant für die Schweizer Galerie Fischer in Deutschland.10 Er war ein wichtiger Mittler bei den Geschäften zwischen Fischer und Hofer und war somit eine der Schlüsselfiguren für Raubkunst zwischen Deutschland und der Schweiz. Wie Buemming in den Besitz des Stuck-Gemäldes gelangte, konnte nicht nachvollzogen werden, da keine Akten über das Antiquariat überliefert sind. Die Akte „Erloschene Sachverständige 1952 – 1964“ beim Regierungspräsidium Darmstadt, die möglicherweise vielversprechende Anhaltspunkte hätte geben können, wurde als nicht archivwürdig eingestuft und in den 1990er Jahren vernichtet.11 Durch die im Bundesarchiv Koblenz vorhandenen Akten zum Verkaufsvorgang ist bekannt, dass Buemming das Werk „Quellnymphe von Faunen belauscht“ Mitte Januar 1944 dem „Sonderauftrag Linz“ anbot.12 Als Kaufsumme forderte er RM 15.000.13 Bereits am 9. Februar 1944 telegrafierte Hermann Voss dem Galeristen, dass er das Bild für die geforderte Summe erwerben wolle.14 Spätestens am 18. Februar 1944 wurde das Werk von Buemming an den „Sonderauftrag Linz“ nach Dresden verschickt.15 Wenige Tage darauf bestätigte die Geschäftsstelle des „Sonderauftrag Linz“ dem Galeristen, dass sie die Reichskanzlei angewiesen habe, den Betrag in Höhe von RM 15.500 für das Werk von Stuck auf dessen Konto zu überweisen.16 Aus welchem Besitz der Galerist Buemming das Bild erworben hatte, geht aus den Unterlagen zum Verkauf nicht hervor. Da die Akten der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste in München nicht überliefert sind und zudem in keinem Münchener Archiv Akten der Galerie vorhanden sind, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachzuvollziehen, aus welchem Besitz Buemming das Werk erworben hatte.17

Bei der Durchsicht von Berliner und Münchener Ausstellungskatalogen der Jahre 1910 bis 1945 konnte das Gemälde nicht nachgewiesen werden. Die Villa Stuck, die das künstlerische Erbe von Franz von Stuck bewahrt und wissenschaftlich bearbeitet, besitzt ebenfalls keine Akten aus dem Nachlass des Künstlers.18

Trotz eingehender Recherchen in Archiven wie in der Literatur konnte nicht geklärt werden, aus welchem Besitz das Gemälde in den Bestand des „Sonderauftrag Linz“ gelangte. Aufgrund der Schlüsselrolle, die Buemming für den Kunsthandel während der NS-Zeit eingenommen hatte, ist ein NS-verfolgungsbedingter Verkauf jedoch nicht auszuschließen.

Die Provenienz bleibt ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.

Stand: 2003

1 Voss 1973, Kat.Nr. 378/42
2 Die Gemälde 1990, S. 364.
3 Voss 1973, Kat.Nr. 379/43 und Kat.Nr. 380/44.
4 Auk.kat. Sammlung Kommerzienrat Fritz Eckel (gestr.), Deidesheim, Ölgemälde moderner Meister, durch Hugo Helbing, München, am 19.12.1916, Kat.Nr. 128 „Faun und Nymphe“, m. Abb. Tafel XII.
5 Auf der Property Card wurde die Galerie fälschlicherweise „Tannhauser“ geschrieben. Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 31568. Eine weitere auf der Inventarkarte vermerkte Bezeichnung lautet Arcisstr. 367.
6 Auskunft Buemming am 14.3.1949. Inv.Nr. 457-B-99 Buemmning. Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 31568.
7 BArch, B323/131, LF XVI/28/134; XXVIIa/110/592.
8 Für das Folgende vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 31568.
9 Auk.kat. Sammlung Kommerzienrat Fritz Eckel (gestr.), Deidesheim, Ölgemälde moderner Meister, durch Hugo Helbing, München, am 19.12.1916, Kat.Nr. 128 „Faun und Nymphe“, m. Abb. Tafel XII.
10 Für das Folgende vgl. Yeide, Akinsha, Walsh 2001, S. 261.
11 Freundlicher Hinweis vom Stadtarchiv Darmstadt.
12 Schreiben von Buemming an Voss, Darmstadt, 15.1.1944. Vgl. BArch, B 323/131, LF XVI/31/143.
13 Schreiben von Buemming an Voss, Darmstadt, o. Datum. Vgl. BArch, B 323/131, LF XVI/30/139.
14 Telegramm von Voss an Buemming, Dresden, 9.2.1944. Vgl. BArch, B 323/131, LF XVI/28/134.
15 Schreiben von Buemming an Voss, Darmstadt, 18.2.1944. Vgl. BArch, B 323/131, LF XVI/28/133.
16 Schreiben von der Geschäftsstelle des „Sonderauftrag Linz“ an Carl Buemming, Dresden, 24.2.1944. Vgl. BArch, B 323/131, LF XVI/27/130.
17 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991.
18 Schreiben der Villa Stuck an die OFD Berlin, München, 8.9.2003.

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