Codde, Pieter Jacobsz.
Drei Männer und vier Frauen mit Musikinstrumenten (Gesellschaftsszene, Musikalische Gesellschaft)
Entstehungsjahr | ohne Jahr |
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Technik | Öl auf Holz |
Maße | 33,5 x 48,5 cm |
Münchener-Nr. | 37052 |
Linz-Nr. | 3676 |
Lost Art-ID | 219663 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Der holländische Maler und Zeichner Pieter Codde (1599 – 1678) malte vorwiegend Genreszenen und Porträts.1 In seinen zahlreich gefertigten „cortegaertjes“ zeigte er sich vergnügende Soldaten in Wach- und Wirtsstuben. Daneben malte er reiche Bürger, die er im Freien, zumeist jedoch in Innenräumen, häufig musizierend, in seinen Bildern agieren ließ. Codde kleidete die Personen zumeist in kostbare Stoffe, deren Falten er meisterlich komponierte. Indem er mit Licht und Schatten spielte und die Menschen häufig vor einfarbigen Wänden zeigte, komponierte er sorgfältig miteinander agierende Gruppen, wie dies auch im vorliegenden Bild der Fall ist. In der Literatur konnte das Gemälde nicht nachgewiesen werden.2 Im Archiv des Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie in Den Haag konnte es ebenfalls nicht ermittelt werden.3
Die hier interessierende Gesellschaftsszene zeigt in der Mitte einen sitzenden Mann, vor dem eine Frau steht, die sich gegen einen Tisch lehnt. Rechts davon befindet sich eine kleine Gruppe, bestehend aus einer stehenden und einer sitzenden Frau neben denen ein Mann in Rückenansicht steht. Vor ihnen ist an einem Hocker eine Laute angelehnt. Im linken Bildbereich sind ein Mann und eine Frau dargestellt vor denen sich ein quer stehender Bass befindet. Die Personengruppen sind in für Codde typische kostbare Gewänder gekleidet, die vor kargen Wänden im Gespräch vor oder nach einer musikalischen Darbietung vertieft sind.
Provenienz
20. Juni 1944 | Für 46.000 Reichsmark vom „Sonderauftrag Linz“ erworben |
Die TVK München ermittelte, dass das Gemälde von der Hamburger Kunsthandlung Kurt Köster am 20. Juni 1944 für den „Sonderauftrag Linz“ zu einem Preis von RM 46.000 erworben hatte.4
Die erneuten Recherchen ergaben folgendes:5 Insgesamt waren sieben Gemälde von Pieter Codde vom „Sonderauftrag Linz“ erworben worden. Der Ankauf des Gemäldes unter dem Titel „Gesellschaftsszene“ für den „Sonderauftrag Linz“ am 20. Juni 1944 vom Hamburger Kunsthändler Kurt Köster ist dokumentiert.6
Das Staatsarchiv Hamburg gab zur Kunsthandlung Köster folgende Auskunft: „Als Inhaber der Hamburger Kunsthandlung Kurt Köster wurde Kurt Köster, geboren am 3. März 1894 in Moskau, identifiziert. Der Betrieb war nicht im Handelsregister eingetragen, sondern basierte auf einem 1939 im Stadtteil Altona ausgestellten Gewerbeschein (376-3 Zentralgewerbekartei Altona). Am 14. April 1945 fanden der Kunsthändler Kurt Köster und seine Ehefrau Anneliese, geb. Fink, geb. 14.10.1897 in Güstrow, bei einem Bombenangriff in ihrer Wohnung den Tod (331-5 Polizeibehörde, Unnatürliche Sterbefälle, Bombenopfer, K 2772 und K 2773). Ihr einziges Kind Wolfgang Köster, geb. 18.04.1920 in Güstrow, ist am 11.10.1944 als Soldat gefallen. Den Nachlass der Eheleute Köster wollte, wie in der genannten Polizeiakte vermerkt ist, Kurt Kösters Schwager (Oberfeldwebel Fink, Güstrow, Feldstr. 36) regeln. Zur Hamburger Quellensituation teile ich mit, dass vom 25.10.1941 bis zum 14.02.1945 5883 Juden aus Hamburg deportiert wurden. Die Versteigerung ihres beschlagnahmten Eigentums wurde vom staatlichen Auktionator und von privaten Auktionatoren durchgeführt. Gleiches gilt für die im Februar 1941 begonnenen Versteigerungen der im Freihafen gelagerten Mobilien jüdischer Flüchtlinge nach Übersee. Nachweise über die Ersteigerer sind in ca. 700 erhalten gebliebenen Akten des staatlichen Auktionators erhalten, wobei in rund 25 Fällen die Versteigerung von Kunstgegenständen dokumentiert ist. Diese Akten wurden mit negativem Ergebnis durchgesehen. […] Meldedaten von Kurt Köster finden sich in 332-8 Meldewesen, A 34/2, Flottbeker Chaussee 242 und A 51/1, Alsterterrasse 1)".7
Eine Anfrage beim Historischen Archiv der Dresdner Bank zu Kontounterlagen der Kunsthandlung verlief negativ.8 Kurt Köster verkaufte laut Linzer Katalog 36 Kunstwerke an den „Sonderauftrag Linz“. Er begann damit 1943. Im Jahr 1944 fanden die meisten der Verkäufe statt, so auch der Verkauf des Codde-Gemäldes.9
Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für weitere Recherchen liegen derzeit nicht vor.
Stand: 2008
1 Saur 1998, Bd. 20, S. 95-97.
2 U.a. Brandt 1947; Meisterwerke holländischer Genremalerei 1984, insbes. Kat. Nr. 27-29.
3 Vgl. die Dokumentation zu Alte Niederländische Kunst (ONK/Gruppe 295 – Nördliche Niederlande 17. Jahrhundert; Künstler geboren von 1575 bis 1674) und zum Künstler (PDO- Niederländische Künstler: C) im RKD.
4 BADV Berlin, Property Card, mü 37052. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Inventarnummern sind Gräfelfing 38 und auf der Rückseite 54, 194 und DG 7.
5 Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV von Facts & Files, Berlin, durchgeführt.
6 BArch, B323, Nr. 153.
7 Auskunft des Staatsarchivs Hamburg an Facts & Files vom 13. Februar 2008.
8 Auskunft des Historischen Archivs der Dresdner Bank an Facts & Files vom 7. März 2008.
9 Rechnung von Kösters, Hamburg, vom 20.6.1944 sowie Schreiben vom „Sonderauftrag Linz“ an den Reichsminister und Chef der Reichskanzlei, Berlin, vom 21.6.1944. Vgl. BArch, B 323, Nr. 153.