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Altdorfer, Albrecht (Kreis)

Heilige Familie

Entstehungsjahr um 1510
Technik Öl auf Holz
Maße 39,0 x 29,0 cm
Münchener-Nr. 4511
Linz-Nr. 3133
Lost Art-ID 220031
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Halbfigurenbild, links Kopf des Joseph mit erhobener Hand, in der Mitte Maria sitzend, auf dem Schoß das stehende, nackte Kind sich an sie schmiegend. Oben rechts und links Engel.

Provenienz

Chronologie der Provenienz
O. D.

 

Frau Wickhoff, Wien (wahrscheinlich die Schwester von Prof. Franz Wickhoff, Kunsthistoriker in Wien, 1853 bis 1909)
O. D.-08.02.1921Prof. Dr. Max Dvořák (geb. 24.06.1874, gest. 08.02.1921)
Ab 08.02.1921Seine Witwe, Frau Rosa Marie Dvořák, geb.Jovanović (geb. 19.10.1886 in Mitrovitz/Kroatien, gest. 23.12.1960 in Wien)
O.D.Von Frau Rosa Dvořák verkauft an Unbekannt.
26./27.04.1940Versteigerung bei Lempertz, Köln, Kat. Nr. 1a, Abb. T 3 für 20.000 RM an Unbekannt
13./14.04.1943482. Kunstauktion im Dorotheum, Wien, Kat. Nr. 7, Einbringer: Peter Jahn, Wien (Auskunft Dorotheum 24.6.1949 457-B-99 Dorotheum)
 Ab 13./14.04.1943Von dort für 27.500 RM vom „Sonderauftrag Linz“ erworben
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
15.07.1945-10.06.1949Amerikanische Militärregierung, Sicherstellung und Transport in den Central Collecting Point München, Inv-Nr. 4511
10.06.1949-22.02.1952Bayerischer Ministerpräsident, München, treuhänderische Übernahme
22.02.1952-1960Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigem Amt der Bundesrepublik Deutschland, treuhänderische Übernahme
seit 1960Bundesrepublik Deutschland, München/Berlin, Übernahme aus ehemaligem Reichsvermögen auf Grundlage von Artikel 134 Grundgesetz

Das Albrecht Altdorfer zugeschriebene Gemälde ist nicht in den verschiedenen Werksverzeichnissen enthalten und wurde auch nicht 1938 auf der Altdorfer und seinem Kreis gewidmeten Münchener Ausstellung gezeigt.[1] In den Versteigerungen in Köln und Wien wurde das Bild als „Altdorfer-Kreis“ bezeichnet. In einem Schreiben an Prof. Ludwig von Baldaß, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie Wien vom 31. März 1943 bat Voss um eine Stellungsnahme zu dem Gemälde, das im Dorotheum versteigert werden sollte.[2]

Familie Prof. Franz Wickhoff, Wien

Nach den Informationen des Bundesdenkmalamts Wien hatte Prof. Max Dvořák das Gemälde von einer Frau Wickhoff erworben oder erhalten. Vermutlich handelt es sich dabei um Anna Thury von Thurybrugg (1855-1919), die Schwester des unverheirateten akademischen Lehrers Dvořáks, Prof. Franz Wickhoff (1853-1909), der den Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Wiener Universität von 1891 bis zu seinem frühen Tod inne hatte.

Familie Prof. Max Dvořák, Wien

Max Dvořák lebte in Wien und arbeitete wie Wickhoff am Kunsthistorischen Institut der Universität Wien.[3] Er leitete den II. Lehrstuhl für Kunstgeschichte von 1905 bis 1921 (ab 1909 als Ordinarius) und war darüber hinaus Generalkonservator der k. k. Zentralkommission. Dvořák war verheiratet und hatte zwei Töchter, Gisela und Hermine. Seine erste Ehefrau Gisela, geb. Hyhlik, starb jedoch drei Wochen nach der Geburt der zweiten Tochter. Am 6. November 1911 heiratete Dvořák Rosa Jovanović, vormals Ŝeatović (1886-1960).[4] Am 8. Februar 1921 starb Prof. Dvorák unerwartet auf Schloß Grußbach bei Znaim. Seine Witwe lebte bis 1959 in der Wohnung in der Schwarzspaniergasse 7 (IX), in welche sie bereits um 1910 zu ihrem späteren Mann gezogen war. Max Dvořák war Katholik, während Rosas Bekenntnis griechisch-orthodox war. Sie wurde nicht von den Nationalsozialisten verfolgt, jedoch wurde ihr 1942 die Lehrbefugnis der deutschen Sprache an der Universität Wien entzogen, welche sie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wiedererlangte.

Grund für den Verkauf des Gemäldes bereits vor dem Krieg könnte eine finanzielle Notlage nach dem Tode ihres Mannes gewesen sein, welche sie vermutlich auch dazu anregte, beruflich tätig zu werden und als Dozentin der serbokratischen und deutschen Sprache an der Universität Wien sowie als Gerichtsdolmetscherin zu arbeiten.[5]

Versteigerung im Auktionshaus Lempertz, Köln

Das Gemälde „Heilige Familie“ wurde als „Altdorfer Kreis“ am 26./27. April 1940 beim Kölner Auktionshaus Lempertz als Lot 1a versteigert. Der Einlieferer ist nicht bekannt.[6] Der Auktionserlös betrug 20.000 RM.[7] Der Erwerber ist unbekannt.

Versteigerung im Auktionshaus Dorotheum, Wien

Drei Jahre später – am 13./14. April 1943 - lieferte laut Unterlagen des Wiener Bundesdenkmalamts Peter Jahn aus Wien das Gemälde bei der 482. Kunstauktion im Dorotheum in Wien ein.[8] Dort wurde es unter der Katalognummer 7 für 27.500 RM vom „Sonderauftrag Linz“ erworben.[9]

Peter Jahn ist wohl mit dem Kunsthändler und Kunsthistoriker identisch, der ab 1937 beauftragt worden war, die Bilder, die Hitler angefertigt hatte, in österreichischen Sammlungen aufzuspüren.[10]

Fazit

Die Provenienz bleibt für den Zeitraum 1921 bis 1943 ungeklärt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Werk NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde.

Forschungsstand: 2008

Aktualisierung des Datensatzes: 13.12.2024

[1] Franz Winzinger, Albrecht Altdorfer. Die Gemälde, Tafelbilder, Miniaturen, Wandbilder, Bildhauerarbeiten, Werkstatt und Umkreis, München/Zürich 1975; Eberhard Ruhmer, Albrecht Altdorfer, München 1965; Thomas Noll, Albrecht Altdorfer in seiner Zeit. Religiöse und profane Themen in der Kunst um 1500, München Berlin 2004; Ulrich Christoffel, Die Albrecht-Altdorfer-Ausstellung in München, In: Pantheon, XXI/ 1938,S. 205-216, München 1938; Ludwig von Baldass, Albrecht Altdorfer, Wien 1941; Otto Benesch, Der Maler Albrecht Altdorfer, Wien 1939; E. Buchner (Hg.), Albrecht Altdorfer und sein Kreis. Gedächtnisausstellung zum 400. Todesjahr Altdorfers, München 1938; Max J. Friedländer, Albrecht Altdorfer, Berlin 1922; Hans Tietze, Albrecht Altdorfer, Leipzig 1923; Georg Jacob Wolf,Altdorfer, Leipzig 1925

[2] BAK, B 323, Nr. 120.

[3] Neue deutsche Biographie, Bd.: 4, Berlin 1959, S. 209f.

[4] Wiener Stadt- und Landesarchiv Einwohnermeldekartei und Verlassenschaftsakte Rosa Dvorák.

[5] Detailinformationen zu den Familien Dvořák und Wickhoff wurden 2024 freundlicherweise von Sabrina R. Bübl, Universität Salerno/Wien ergänzt bzw. korrigiert.

[6] Katalog der Versteigerung 26./27. April 1940 bei Lempertz, Köln

[7] Die Weltkunst, 14. Jg, Nr. 19/20, 12. Mai 1940, Ergebnisse Lempertz Auktion v. 26.- 27.04.1940

[8] BDA Wien Restitutionsunterlagen, Karton 11/1, M3a.

[9] BAK B 323, Nr. 1202 Liste Wiedemann Ankäufe ab 8. Dezember 1942.

[10] Billy F. Price, Adolf Hitler als Maler und Zeichner, Zug 1985, S. 15ff.

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