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Cranach der Ältere, Lukas

Herrenbildnis

Entstehungsjahr 1525
Technik Öl auf Holz
Maße 53 x 45 cm
Münchener-Nr. 6137
Linz-Nr. Keine
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Lucas Cranach d.Ä. (1472-1553) ist der Hauptmeister der „sächsischen-mitteldeutschen Schule“. Er ist der Begründer eines außerordentlich erfolgreichen Stils und Werkstattbetriebs sowie einer Künstlerdynastie, deren Dauer und Wirksamkeit über mehrere Generationen in der Epoche ohne Parallele ist.1
Nach mutmaßlicher Wanderschaft arbeitete Cranach ca. 1495-1498 in der Werkstatt seines Vaters. Im Jahre 1504 wurde er als Nachfolger von Jacopo de’Barbari zum Hofmaler des kursächsischen Herzogs, Friedrich III. des Weisen, berufen. Im darauf folgenden Jahr eröffnete er eine Werkstatt in Wittenberg. Neben religiösen Themen traten ab 1509 auch profane hinzu. Weitreichende künstlerische und persönliche Folgen hatte für Cranach die Reformation ab 1517. Er wurde nicht nur zum Porträtisten Luthers, dem er auch persönlich verbunden war, sondern auch als Bildschöpfer zu einem Protagonisten der protestantischen Bewegung und zum Begründer der protestantischen Ikonographie.

Das nicht näher identifizierte „Herrenbildnis“ von Lukas Cranach d.Ä. zeigt einen Mann mit Vollbart vor einem dunkelgrünen Vorhang im Brustbild. Auf seinem Kopf trägt er ein schwarzes Barett. Sein schwarzer Rock gibt ein weißes Hemd mit Spitzenkragen frei. Das Porträt, welches um 1535 entstand, konnte bisher keiner Persönlichkeit zugeordnet werden. Aufgrund der fehlenden Zuordnung und vor allem vor dem Hintergrund der zahlreichen Bildnisse, die Lukas Cranach d.Ä. und seine Werkstatt anfertigten, ist die Vorgeschichte nur schwer ermittelbar.

In Bundesbesitz befinden sich 17 Gemälde, die von Lukas Cranach d.Ä. oder seiner Werkstatt gefertigt wurden.

Provenienz

Zeittafel
Bis 1934Sammlung Baron von Schweppenburg, Düsseldorf-Rodersheim
1934Im Kunsthandel bei Julius Böhler, München
Ausstellung „Altdeutsche Kunst“ in der Kunsthandlung Böhler
3.7.1941Von der Kunsthandel AG Luzern an Galerie Fischer, Luzern, für sfrs. 35.000 verkauft
20.7.1941Von dort im Tausch gegen beschlagnahmte Bilder aus dem ERR an Hermann Göring (Tauschwert des Gemäldes sfrs. 45.000)
(Göring Report, S. 129; MFA&A 239/125; 457-08-68 Fischer Rev. Ber. 19.4.1952, S. 19; Schr. Saxer 28.1.1949 Anlage d.)

Die Ermittlungen der TVK München erbrachten, dass die Tafel früher in der Sammlung des Barons Geyer von Schweppenburg aus Düsseldorf-Rodersheim war.2 Am 3. Juli 1941 wurde sie von der Kunsthandel AG Luzern an die Luzerner Galerie Fischer verkauft. Von dort gelangte sie am 20. Juli 1941 im Tausch in die Sammlung Göring.

Dem Göring-Report ist zu entnehmen, dass Walter Andreas Hofer für Hermann Göring Verhandlungen mit anderen Kunsthändlern führte, um für ihn Kunstwerke zu erwerben.3 Zu diesen Mittelsmännern gehörten Hans Wendland und Carl Buemming, die für die Galerie Fischer Kunstwerke aussuchten und diese dann in die Schweiz transportierten. Die Transaktionen fanden Anfang 1941 in Locarno und Berlin statt. Ferner ist zu erfahren, dass ein „Portrait of a Young Man with Beard“ von Lucas Cranach d.Ä. durch Fischer von Böhler für sfrs. 45.000 angekauft wurde. Aufgrund des Etiketts auf der Rückseite des Gemäldes, das „Lucas Cranach d.Ä., Männerbildnis“ sowie „Hofer – Fischer, Luzern, 19.4.1941“ nennt, kann davon ausgegangen werden, dass das Porträt im Göring Report identisch mit dem in Bundesbesitz befindlichen Kunstwerk ist. Als Preis sind sfrs. 45.000 genannt.

Im Inventarverzeichnis der Sammlung Göring ist ein „’Portrait of a Man Against Dark Green Curtains’ (Fischer, Luzern)“ vermerkt.4 Während die Beschreibung des Gemäldes und die Provenienz Fischer mit dem Kunstwerk in Bundesbesitz übereinstimmt, weichen die Maße allerdings erheblich ab (68 x 54), weswegen nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, dass es sich dabei um das oben erwähnte Werk handelt.

Die Schweizerische Verrechnungsstelle fertigte im Jahr 1952 einen Revisionsbericht über die Galerie Fischer in Luzern an.5 Zum Inhalt des Berichtes vgl. mü 5877. Unter der Nr. 24 wird dort ein Männerporträt von Cranach genannt, das einen Exportwert von sfrs. 45.000 besitzt. Weiteren Angaben zufolge hat Fischer das Gemälde laut Beleg der Verrechungsstelle am 3. Juli 1941 von der Kunsthandel AG Luzern für sfrs. 35.000 gekauft. Im Bericht wurde festgehalten, dass sich der Anschaffungspreis des Porträts auf sfrs. 35.000 belief. Der Weiterverkaufswert betrug sfrs. 45.000. Der Käufer wurde im Revisionsbericht nicht genannt. Er geht jedoch aus dem Göring Report hervor, den die amerikanischen Kunstschutzoffiziere erarbeiteten.6 Göring hatte dieses Gemälde zusammen mit sechs weiteren Altmeistern im Tausch gegen französische impressionistische Werke erworben, wobei er für jedes Werk auch zusätzlich einen Preis zahlte. Im Fall des „Männerbildnis“ betrug dieser sfrs. 45.000.

Der Kauf des Bildnisses durch die Galerie Fischer von der Kunsthandel AG Luzern ist weiterhin durch eine Rechnung im Bayrischen Wirtschaftsarchiv überliefert.7 Dieser ist zu entnehmen, dass die Kunsthandel AG Luzern, an der die Münchener Kunsthandlung Böhler beteiligt war, das „Herrenbrustbild“ von Lucas Cranach d.Ä., 53,3 x 45,3 cm, aus der Sammlung Baron Geyr von Schweppenburg, Düsseldorf-Ruddersheim für sfrs. 35.000 gekauft hatte. Gleichzeitig wurde auf die Veröffentlichung in der Zeitschrift „Pantheon“ hingewiesen. Das dort abgebildete „Männliche Bildnis“ von Cranach bezieht sich auf die Ausstellung „Altdeutsche Kunst“ bei Julius Böhler; nähere Angaben zur Provenienz sind dort nicht zu finden.8 Demnach befand sich das Gemälde bereits 1934 im Kunsthandel, bevor es 1941 von Fischer erworben und weiterverkauft wurde.

Die Recherchen zu Baron Geyr von Schweppenburg ergaben, dass es sich hier um Leo Freiherr Geyr von Schweppenburg (1886-1974) handelte, der bis 1945 eine führende Position in der deutschen Wehrmacht eingenommen hatte.9 Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes, die zu einem Zwangsverkauf des Gemäldes geführt haben könnten, sind nicht erkennbar.

Stand: 2002

1 Für das Folgende vgl. Saur 1999, Bd. 22, S. 169f.
2 Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 6137. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Inventarnummern sind R 5296 und R of 05374.
3 Göring Report, S. 128.
4 Göring Report, S. 129, Nr. 4. Laut Schweizer Revisionsbericht vom 19.4.1952, S. 18, handelt es sich bei dieser Summe jedoch um die Verkaufssumme an Göring. Fischer hatte Böhler bzw. der Kunsthandel AG Luzern sfrs. 35.000 gezahlt. Vgl. Ebd., S. 19.
5 Das Etikett wird auf der Karteikarte zum Gemälde erwähnt. Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 6137.
6 Inventarverzeichnis der Sammlung Göring vom 4. August 1945. Vgl. Haase 2000, S. 275.
7 Revisionsbericht vom 19.4.1952, S. 18.
8 Ebd., S. 19. Dieser Kauf ist auf einer Inventarkarte Nr. B 2252 (Beleg Nr. 426 der Verrechnungsstelle) vermerkt.
9 Göring Report, S. 129.

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