Leefdael , Jan van
Scipio führt dem Alcius seine Braut zu
Entstehungsjahr | um 1660 |
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Technik | Weberei aus Wolle und Seide (Wandteppich) |
Maße | 410 x 400 cm |
Münchener-Nr. | 6393 |
Linz-Nr. | Keine |
Lost Art-ID | 220443 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Der hier interessierende Wandteppich aus Wolle und Seide hat die Maße 410 x 400 cm. Er wurde in der Werkstatt des Brüsseler Meisters Jan van Leefdael um 1660 hergestellt und trägt die entsprechende Signatur „J. v. Leefdael“ und die Stadtmarke für Brüssel BB. In der oberen Bordüre befindet sich eine Kartusche mit einer Inschrift.
Provenienz
Die Darstellung der „Taten des Scipio“ als Bilderfolge auf Wandteppichen wurde mehrfach und in verschiedenen Manufakturen wiederholt. Im Ressortvermögen der Bundesfinanzverwaltung befinden sich mehrere Wandteppiche aus verschiedenen Werkstätten, auf denen die historisch überlieferten Taten des Publius Cornelius Scipio Africanus gestaltet wurden. Dieser römische Feldherr und Staatsmann lebte in der Zeit von 235 v. Chr. bis 183 v. Chr. P.C. Scipio entstammte einer römischen Patrizierfamilie. Im Zweiten Punischen Krieg, den Rom gegen Karthago führte, errang er mit seinen Truppen bei Zama einen entscheidenden Sieg über den Heerführer Hannibal. Dieser Sieg brachte ihm die Anerkennung als einer der besten Kommandeure der Militärgeschicht und den Beinamen „Africanus“ ein.
Im Standardwerk1 von Heinrich Göbel „Wandteppiche“ Teil 1 „Die Niederlande“ sind neben der Stadtmarke von Brüssel - BB - (in div. Variationen) etliche gedeutete und ungedeutete Meistermarken abgebildet. Das Gebiet Flanderns2 war um 1600 die Hochburg der europäischen Bildwirkerei, deren Webarbeiten seltene Prestigeobjekte waren. In der Publikation von Göbel sind diverse Wandteppiche mit der Darstellung der „Taten des Scipio“ abgebildet und beschrieben, die sich damals in Museen oder im Kunsthandel befanden. Die Meister van Leefdael und van der Strecken wiederholten die Romanosche Scipio –Folge mehrmals. Eine Folge mit acht Teppichen befand sich laut Heinrich Göbel im Schweizer Saal des Quirinals in Rom. Auf einer Brüsseler Ausstellung im Jahre 1905 wurde eine Bilderfolge mit fünf Wandteppichen gezeigt, die sich damals im Eigentum von Lord Iveagh befanden. Eine weitere Wiederholung der Scipio- Folge wurde in der Österreichischen Staatssammlung aus dem Nachlass von Prinz Vaudemont nachgewiesen. Eine Scipio - Folge, an der noch die flämischen Meister Leyniers und Reydams mitgewirkt hatten, befand sich bei Graf Antonio Doná della Rose in Venedig. Eine fünfte Wiederholung gelangte aus dem Nachlass des letzten Herzogs von Modena an den Händler Cattaneo in Mailand und von dort nach Ungarn in das Schloss Kethely.3
Die frühere Treuhandverwaltung Kulturgut hatte zur Provenienz ermittelt, dass dieser Wandteppich zusammen mit vier weiteren Tapisserien dieser Folge noch vor dem Krieg in die Sammlung von H. Göring gelangte. Sie wurden von den bekannten Großindustriellen Hermann und Philipp Reemtsma erworben und Hermann Göring am 04.11.1938 zum Geschenk gemacht. Es befindet sich aus dieser Folge nur dieser eine Teppich in Bundesbesitz.
Weitere Angaben zur Herkunft der Tapisserie konnten nicht ermittelt werden, so dass ein früherer NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust nicht ausgeschlossen werden kann.
Stand: 2010
1 Heinrich Göbel „Wandteppiche“. Verlag Klinkhart & Biermann, Leipzig 1923
2 1648 wurde die Unabhängigkeit der (nördlichen) Niederlande international bestätigt, während Flandern mit den südlichen Provinzen unter spanischer Herrschaft verblieb.
3 Vgl. Göbel S. 388.