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Hlavaček [Hlavacek], Anton

Landschaft mit Blick auf die Burg Kreuzenstein ( Unter dem Ahorn; Ein Sommertag an der Donau bei Wien; Landschaft Blick auf die Donau mit Schloss Kreuzenstein)

Entstehungsjahr 1897
Technik Öl auf Leinwand
Maße 155 x 225 cm
Münchener-Nr. 7727
Linz-Nr. 3212
Lost Art-ID 220575
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das Gemälde zeigt Folgendes: rechts Wald; am Waldrand links spazierengehende Dame mit Hund; links vorn sitzende Dame mit Sonnenschirm (Rückenfigur); links im Hintergrund die Burg.

Es ist bezeichnet mit "Hlavacek Wien 1897".

Das Gemälde von Hlavacek ist im Thieme-Becker unter dem Titel „Unter dem Ahorn“ als Besitz der Liechtensteinischen Galerie erwähnt.1 Bei einer Nachfrage an das Archiv des Liechtenstein Museums in Wien stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Kunstwerk um ein Aquarell auf Papier mit den Maßen H. 44,5; B. 86,5 handelt, das nicht mit dem hier zu untersuchenden identisch ist (Z. 1196 Hlawacek. Aquarell. sig. Landschaft, links am Berg mit Ruine, nach rechts herunter Laubwald. Rechts im Tal ein Fluss, Hintergrund rechts eine Hügelkette". Papier H. 44,5; B. 86,5 Am 17. 11. 1921 ins Majoratshaus übergeben.).2

Provenienz

Zeittafel
15. Juli 1943von Kunsthandlung C.F. Ernst Schmidt, Berlin für RM 32.000,-
Sammlung „Sonderauftrag Linz“

Die TVK München ermittelte, dass das Gemälde früher im Besitz der Galerie Liechtenstein in Wien war und am 15. Juli 1943 von der Kunsthandlung C.F. Ernst Schmidt, Berlin für RM 32.000,- für den Sonderauftrag Linz erworben wurde.

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes:

Am 15. Juli 1943 wurde das hier zu untersuchende Gemälde vom „Sonderauftrag Linz“ von der Kunsthandlung C. F. Ernst Schmidt, Berlin, für RM 32.000 erworben.3 Laut den Nachkriegsberichten der OSS Art Looting Investigation Unit war Schmidt als Freund von Voss Einkäufer für den „Sonderauftrag“.4 1944 war Schmidt auch in Wien für den „Sonderauftrag“ tätig.
Die Berliner Einwohnermeldekartei liefert zu Schmidt folgende Informationen: Ernst Karl Friedrich Schmidt wurde am 16. Dezember 1888 in München geboren und war mit Ottilie geb. Geijda verheiratet. Die Ehe wurde 1942 geschieden. Zunächst wohnte Schmidt in Berlin-Wilmersdorf in der Prager Straße 4 a und zog 1935 in die Landgrafenstraße 1. Als Beruf gab er Kunsthändler an. 1944 zog er an die Adresse Kurfürstendamm 200. Dort lebte er bis 1955.5
Recherchen des Oberösterreichischen Landesmuseums haben ergeben, dass Schmidt in Österreich 1944 ein Gemälde erwarb, das aus dem Besitz einer jüdischen Wiener Familie von der VUGESTA beschlagnahmt worden war.6 Außerdem hatte Schmidt ein Vierteljahr nach dem Verkauf des Hlavacek-Gemäldes ein weiteres Gemälde von Roos an den „Sonderauftrag“ veräußert.7

Nach einer Auswertung der CCP-Unterlagen (www.dhm.de) ist ersichtlich, dass C. F. Ernst Schmidt vor allem ab 1943 Kunstwerke an den „Sonderauftrag“ verkaufte und diese auch aus niederländischem jüdischen Besitz (bspw. Goudstikker oder Antonie von Friedländer-Fuld) oder auch österreichischem Eigentum stammten.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind. Ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust lässt sich bei diesem Gemälde daher nicht ausschließen.

Stand: 2011

1 Thieme/Becker 1999, Bd. 17, S. 156/157.
2 Email des Liechtensteinmuseums Wien vom 21. Januar 2010.
3 BArch Koblenz B 323, Nr. 100, Rechnung, BArch Koblenz B 323, Nr. 142 Rechnung.
4 NARA, OSS Art Looting Investigation Unit Reports, 1945-46, M1782, Reports by the Art Looting Investigation Unit of the OSS relating to jewels, paintings, and other art objects appropriated during WWII. Consolidated Interrogation Reports (CIR) Report Number: 4 Report Name: Linz: Hitler's Museum and Library.
5 Landesarchiv Berlin, Einwohnermeldekartei Berlin.
6 Aus dem Provenienzbericht des Oberösterreichischen Landesmuseums: 17. Melchior d`Hondecoeter (zugeschrieben) Knabe im Hühnerhof, Öl auf Lwd, 189x249, bzw. Niederländisch, 17. Jh, Geflügelszene, 190x250 Inventarnummer Landesmuseum: G 1681, NS-Inventarisierung: unbekannt. Für dieses Bild konnte als bislang einziges die Provenienz vollständig geklärt werden. Im Jahr 2003 erfolgte die Restitution. Das Bild wurde 1910 vom Kaufmann Julius Neumann in Wien aus der Sammlung des Baron Tucher angekauft. 1942 war es als "beschlagnahmtes Umzugsgut" aus dem Besitz der Familie Neumann von der "VUGESTA" (Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut) im Wiener Dorotheum eingebracht und von einem Wiener Kunsthändler namens Löscher gekauft worden. Dieser verkaufte es wiederum an einen deutschen Kunsthändler. Dabei muss es sich um C. F. Ernst Schmidt gehandelt haben, der das Bild am 26. Februar 1944 dem Sonderbeauftragten für Linz um RM 180.000 (!) anbot, der Kauf wurde am 16. März 1944 bestätigt. Gemeinsam mit anderen Gemälden wurde es 1944/45 in ein Depot in Goisern eingelagert, von den Amerikanern übernommen und in den 1950er Jahren zur Deponierung in das Oberösterreichische Landesmuseum überstellt. Das Gemälde befand sich in stark beschädigtem Zustand und wurde vor seiner Restitution aufwändig restauriert. Es zeigt einen erschreckten Knaben im Hühnerhof, in den Raubvögel eingedrungen sind. Zur Besichtigung und Rückgabe des Bildes kamen die Tochter und die Enkelin der mittlerweile 92-jährigen Besitzerin aus den USA nach Linz gereist. Für die Besitzerin bedeutet die Übergabe des Gemäldes durch Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer ein wichtiges Objekt aus der einst großen Kunstsammlung ihrer Familie nach Jahrzehnten wiederzuerhalten. Auch die kunsthistorische Zuordnung des Bildes erwies sich im Zuge seiner Restitution als interessant: Das Gemälde, von dem inzwischen vier weitere, weitgehend identische Fassungen nachge-wiesen werden konnten, wurde bisher meist Melchior d’Hondecoeter (1636-1695) zugeschrieben, während die Figur des Knaben unbestritten als Werk von Jacob Jordaens (1593-1678) galt. Hondecoeter war Mitglied einer holländischen Malerfamilie flämischen Ursprungs und schuf vor allem Vogel- und insbesondere Hühnerdarstellungen, während Jordaens dem Kreis um Peter Paul Rubens angehörte. Bei der damaligen Spezialisierung der Maler war eine derartige Zusammenarbeit mehrerer Künstler an einem Bild durchaus üblich. Der Einfall von Raubvögeln in einen friedlichen Hühnerhof gehörte zu Hondecoeters Lieblingsthemen, bot er doch Gelegenheit zu besonders dramatischen, barocken "Inszenierungen". Die eben vollendete Restaurierung lässt nun erst wieder die sehr hohe Qualität des Bildes erkennen, die für ein Werk aus d’Hondecoeters bester Zeit um 1670 spricht.
7 Aus dem Provenienzbericht des Oberösterreichischen Landesmuseums: 10. Philipp Peter Roos Hirte mit Herde, Öl auf Lwd, 142x206 Inventarnummer Landesmuseum: G 1644 NS-Inventarisierung: Keine "Linz-Nummer" bekannt, K-Nummer: K 1840. Das Bild wurde von Hermann Voss, dem "Sonderbeauftragten für Linz", am 6. September 1943 aus dem Berliner Kunsthandel, konkret von der Kunsthandlung C. F. Ernst Schmidt, für RM 15.000 erworben. Der Kunsthändler Schmidt stand in engem Kontakt mit dem "Sonderauftrag Linz". Er war wie viele deutsche Kunsthändler auch häufig in Wien und erwarb immer wieder Gemälde am Wiener Dorotheum. Auf der Rechnung Schmidts für das Roos-Bild findet sich noch der Hinweis, dass das Bild ursprünglich aus der Sammlung Schloss Klessheim bei Salzburg aus dem Besitz von Erzherzog Ludwig Victor stammt. Die Kunstsammlung von Ludwig Victor, des Bruders von Kaiser Franz Joseph, wurde nach Ludwig Victors Tod und dem Verkauf Klessheims durch dessen Erben 1921 am Wiener Dorotheum versteigert. Es ist unbekannt, wann und von wem C. F. Ernst Schmidt das Gemälde erworben hatte. Über die Besitzverhältnisse des Bildes zwischen 1921 und 1943 ist somit nichts bekannt, eine möglicherweise unrechtmäßige Herkunft des Bildes kann nicht ausgeschlossen werden.

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