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Thoma, Hans

Badende Knaben

Entstehungsjahr 1879
Technik Öl auf Leinwand
Maße 86 x 117 cm
Münchener-Nr. 8692
Linz-Nr. 1127
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Hans Thoma (1839–1924) erlernte das Lithographie-Handwerk und ging bei einem Stubenmaler in die Lehre.[1] Im Jahre 1859 wird er in die Karlsruher Kunstschule aufgenommen, wo er u. a. Landschaftsmalerei bei Johann Wilhelm Schirmer (1807–1863) studierte. Nach Aufenthalten in Düsseldorf und Paris kehrte er 1868 in seinen Heimatort Bernau im Schwarzwald zurück und widmete sich Figurenbildern und Landschaften. In den folgenden Jahren pflegte er Kontakt zum Leibl-Kreis. Ab 1876 wurde Frankfurt am Main für zwei Jahrzehnte sein Lebensmittelpunkt. Erst spät erlangte Thoma Anerkennung als er 1899 zum Galeriedirektor und Vorsteher eines Meisterateliers an der Kunstakademie in Karlsruhe berufen wurde. Beruflicher Höhepunkt war die Eröffnung des Hans-Thoma-Museums in der Karlsruher Kunsthalle 1909 zu seinem 70. Geburtstag. Als Thoma 1924 verstarb hinterließ er ein enorm umfangreiches Lebenswerk. Dieses zeigt wie fest er mit seiner Heimat verbunden war. Folgerichtig schuf er daher zahlreiche Schilderungen des heimatlich-bäuerlichen Lebens zu denen Bildnisse der Mutter, Schwester, Ehefrau, Selbstbildnisse sowie Schwarzwaldbauern und -bäuerinnen zählen.

Das Gemälde zeigt ein von Felsblöcken und Bäumen umstandenes Gewässer, in dem zwei Knaben baden. Im Hintergrund ist eine hügelige Landschaft zu erkennen.

Das Werk ist unten rechts signiert und datiert „HTh 79“.

Das Gemälde ist im Verzeichnis von Thode (1909) enthalten.[2]

[1] Für das Folgende vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker (Hgg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Leipzig 1999, Bd. 33/34, 47ff.

[2] Vgl. Henry Thode (Hg.), Hans Thoma. Des Meisters Gemälde in 874 Abbildungen, in: Klassiker der Kunst, Bd. XV, Stuttgart/Leipzig 1909, S. 123. 

Provenienz

Zeittafel
(...) 
Spätestens ab 1909–1939Adolf Bensinger (1866–1939), Mannheim
1939–22.02.1940Nachlass Adolf Bensinger
22.02.1940–20.11.1940Galerie am Lenbachplatz, Friedrich H. Zinckgraf, München, erworben über Kunst- und Versteigerungshaus Dr. Fritz Nagel, Mannheim
Ab 20.11.1940Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
10.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949-2011Bundesvermögen
2011Restitution

Das Gemälde befand sich spätestens ab 1909 im Eigentum des Mannheimer Industriellen und Kommerzienrates Adolf Bensinger (1866–1939).[1]  Er zählte zum Personenkreis der zwischen 1933 und 1945 aus „rassischen“ Gründen Kollektivverfolgten. Sein Kunstbesitz wurde am 28. Juli 1939 durch den Oberfinanzpräsidenten Baden sichergestellt.[2] Noch am selben Tag verstarb Bensinger verwitwet und kinderlos. Seine Nichten und Neffen, die nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen als „Mischlinge ersten Grades“ galten, traten als Erben ein. Die verfügungsgesperrte Kunstsammlung Bensingers befand sich noch bis Februar 1940 in dessen Wohnung am Werderplatz 12. Mit Wirkung vom 10. Februar 1940 wurde das Gebäude vom Kommando des Flughafenbereichs Mannheim-Sandhofen für Zwecke der Luftwaffe beschlagnahmt und die Auflage erteilt, es bis zum 24. Februar 1940 zu räumen.[3]

Die Erben waren nun gezwungen den Nachlass Bensingers zu veräußern. Bei der am 22. Februar 1940 vom Kunst- und Versteigerungshaus Dr. Fritz Nagel, Mannheim, ausgerichteten Auktion wurde das Gemälde als „Badende Jünglinge am Gebirgsbach, von Felsen und Bäumen umgeben“ unter der Losnummer 53 zum Schätzpreis von RM 10.000,- angeboten.[4]

Über Nagel erwarb es die Münchner Galerie Zinckgraf[5], die das Bild wiederum im November 1940 für RM 32.000,- an den „Sonderauftrag Linz“ veräußerte.[6] Es erhielt dort die Linz-Nr. 1127.[7]

Die Erben Bensingers mussten 1942 ihr gesamtes Vermögen dem Amt Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht übertragen.[8] Durch eine Hilfsaktion deutscher Widerstandskämpfer innerhalb des NS-Staatsapparates konnte so ihre Ausreise über die Schweiz nach Buenos Aires erreicht werden.  

Um das Gemälde vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 10. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht. Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt.

Die Provenienz ist geklärt. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug an diesem Kulturgut und die Rechtsnachfolge des ursprünglichen Eigentümers wurden ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. Thode 1909, S. 123. 

[2] Vgl. Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 237, Zugang: 1967-19, Nr. 123, Schreiben des Oberfinanzpräsidenten Baden an Adolf Bensinger, Karlsruhe, vom 28.07.1939.

[3] Vgl. ebd., Beschlagnahmeverfügung Kommando des Flughafenbereichs Mannheim-Sandhofen an Siegfried Plato, Mannheim, vom 10.02.1940.

[4] Auk.kat. Nachlass-Versteigerung der Gemäldesammlung sowie Einrichtung. Kommerzienrat Adolf Israel Bensinger Mannheim, Werderplatz 12, Kunst- und Versteigerungshaus Dr. Fritz Nagel, Mannheim, 22.02.1940, Los 53.

[5] Das Werk ist unter der Zinckgraf Nr. 20176 erfasst.

[6] Vgl. Rechnung Galerie am Lenbachplatz, Friedrich H. Zinckgraf, München, an Staatliche Gemäldegalerie Dresden vom 20.11.1940 (Abschrift), als Kopie im Archiv der Kunstverwaltung des Bundes.

[7] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 8692.

[8] Für das Folgende vgl. Winfried Meyer, Unternehmen Sieben. Eine Rettungsaktion für vom Holocaust Bedrohte aus dem Amt Ausland/Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht, Frankfurt am Main 1993, S. 82ff. und Schreiben RAe Krämer, Scheuer, Flad, Berlin, an WGÄ, Berlin vom 25.02.1958 (Abschrift), als Kopie im Archiv der Kunstverwaltung des Bundes.

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