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Ritter von Max, Gabriel Cornelius

Bildnis eines Mädchens (Die Bitte)

Entstehungsjahr 1891
Technik Öl auf Leinwand
Maße 58 x 48 cm
Münchener-Nr. 8780
Linz-Nr. 3401
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Der Figuren- und Bildnismaler sowie Illustrator Gabriel Cornelius Ritter von Max (1840 – 1915) entstammte einer böhmischen Künstlerfamilie.1 Er studierte zunächst in seiner Geburtsstadt Prag und ging 1859 als kaiserlicher Stipendiat nach Wien. Entscheidenden Einfluss erhielt er durch die Ausbildung bei Karl Piloty in München in den Jahren von 1864 bis 1867. Insbesondere seine Illustrationen zu Goethes Faust ebenso wie zu Märchen und Volksliedern gehören zu den Besten, was die Illustration der Spätromantik hervorgebracht hat. Obwohl Max vom Publikum beachtet wurde, trat er öffentlich kaum hervor. Seine Vorliebe galt einem melancholisch-träumerischen Frauentypus, den er in psychologisch interessanten Situationen und ekstatisch-visionären Zuständen schilderte wie dies bei diesem Bildnis der Fall ist. Das Mädchen im schwarzen Kleid schaut versonnen nach oben, während sie ihre gefalteten Hände zum Gesicht führt.

Provenienz

Zeittafel
22. April 1944 Aus Münchener Privatbesitz an die Galerie Maria Almas-Dietrich 
Unbekannt Von dort an den „Sonderauftrag Linz“ für RM 12.000 verkauft 

Den Angaben der Property Card ist zu entnehmen, dass das Gemälde zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt aus Münchener Privatbesitz an die Galerie Almas, München verkauft wurde.2 Maria Almas-Dietrich gab am 11. März 1949 weiter zu Protokoll, dass das Gemälde des Gabriel von Max dann am 22. April 1944 von der Sammlung „Sonderauftrag Linz“ für RM 12.000 erworben wurde.3

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes: Der Literatur zum künstlerischen Werk des Gabriel von Max konnten keine eindeutigen Hinweise zu den Vorbesitzern des Gemäldes entnommen werden.4 In Friedrich von Boettichers Beitrag über die Kunst Gabriel von Max aus dem Jahre 1898 findet sich eine Liste von Ölgemälden, Aquarellen und Zeichnungen.5 Unter den im Jahre 1891 entstandenen Ölgemälden findet sich lediglich eines, welches mit dem hier zu behandelnden Gemälde „Bildnis eines Mädchens (Die Bitte)" in Verbindung gebracht werden könnte. Mit der Nummer 144 führt Boetticher das Gemälde „Die Betende. Kniende weibl. Gestalt“ in seiner Liste der Ölgemälde.6 Der Autor verzichtet jedoch auf die Maßangaben des Werkes, anhand derer eine genaue Identifizierung vorzunehmen wäre. Da das heute in Bundesbesitz befindliche Gemälde unten links mit dem vom Künstler gewählten Titel „Die Bitte“ bezeichnet ist, wäre nicht erklärbar, warum Boetticher dies ignoriert haben sollte, da eine Betitelung bei anderen Werken des Künstlers zumeist fehlt.

Dennoch wurde versucht, dass hier von Boetticher erwähnte Gemälde mit dem Titel „Die Betende“ genauer einzuordnen. Eigentümer war nach Angabe von Boetticher 1898 „Baron Erlanger“. 1891 entlieh dieser aus seiner Sammlung unter anderem das Gemälde „Die Betende“ für die Frankfurter Ausstellung „Internationale Elektrotechnische Ausstellung. Ausstellung moderner Bilder aus Frankfurter Privatbesitz–Elektrisch beleuchtet“. Im gleichnamigen Ausstellungskatalog taucht das Gemälde mit der Katalognummer 150 „Die Betende“ aus dem Besitz des „Baron L. von Erlanger“, jedoch ohne Angabe der Maße auf.7

Ludwig Freiherr von Erlanger, geboren am 8. September 1836 in Frankfurt am Main, war ein in Frankfurt lebender Bankier. Sein Vater Raphael von Erlanger gründete 1848 das Bankhaus Erlanger & Söhne in Frankfurt mit Niederlassungen in Paris und Wien. Ludwig von Erlanger leitete das Frankfurter Haupthaus bis zu seinem Tod am 15. Februar 1898.8 Dem Frankfurter Ausstellungskatalog aus dem Jahre 1891 ist zu entnehmen, dass der Baron jeweils ein Gemälde von Anton Braith, von Dielmann, von Alfred de Dreux, von Karl von Piloty und „Die Betende“ von Gabriel von Max für die Ausstellung entlieh.9 Ob diese Kunstwerke nach seinem Tod 1898 zunächst in Familienbesitz verblieben, oder verkauft wurden, konnte nicht ermittelt werden.10

Da auch im Frankfurter Ausstellungskatalog auf die Maßangabe des Gemäldes „Die Betende“ verzichtet wurde, konnte ein Vergleich mit dem heute in Bundesbesitz befindlichen Gemälde mit dem Titel „Bildnis eines Mädchens (Die Bitte)“ nicht vorgenommen werden. Ob es sich tatsächlich um ein und dasselbe Gemälde mit lediglich variierendem Titel handelt, konnte somit nicht beantwortet werden.

Da Gabriel von Max’ Wirkungskreis neben Prag und Wien vor allem auch München war, wurde des Weiteren versucht, das Gemälde „Bildnis eines Mädchens (Die Bitte)“ in Münchener Ausstellungskatalogen der Jahre von 1891 bis 1945 nachzuweisen. Aber auch hier ließ sich kein konkreter Anhaltspunkt ermitteln.

Die weiterführenden Recherchen im Deutschen Künstlerarchiv „Künstlernachlass Gabriel von Max“ im Archiv des Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg11 sowie in einem vom Lenbachhaus, München im Sommer 2008 ersteigerten wissenschaftlichen Nachlass über die geplante Erstellung eines Werkverzeichnisses des Künstlers erbrachten ebenfalls keine konkreten Hinweise zur Provenienz des Gemäldes.12

Die Recherchen zur Galerie Maria Almas-Dietrich verliefen ergebnislos, da keine für die Provenienz relevanten Akten in Münchener Archiven vorhanden sind.13 Dem 1991 erschienenden „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ konnte darüber hinaus entnommen werden, dass keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.14 Hier mussten alle Kunsthändler während der NS-Zeit ihr Gewerbe und ihre Ausstellungen anmelden. Da diese Akten fehlen, konnte die im März 1949 von Maria Almas-Dietrich getätigte Aussage zum Vorbesitzer des Gemäldes: „Münchener Privatbesitz“15 nicht verifiziert werden.16

Ohne genaue Kenntnisse zu den Erwerbungsumständen, insbesondere zu den Vorbesitzern des Gemäldes bleibt die Provenienz des Werkes vor dem hier geschilderten Hintergrund zu jetzigen Zeitpunkt ungeklärt.

Stand: 2010

1 Für das Folgende vgl. Thieme/Becker 1999, Bd. 24, S. 288f.
2 Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 8780. Sowie: Aussage von Maria Almas-Dietrich vom 11.03.1949, BArch, B 323/331, Kunsthändler A-J, Almas-Dietrich. LF (Linz Film) XXVII/77/147.
3 Mit Schreiben vom 30. April 1944 bestätigte der Reichsminister der Reichskanzlei, Berlin dem Beauftragten des „Sonderauftrages Linz“, Prof. Hermann Voss, dass das Gemälde „Die Bitte“ des Gabriel von Max für 12.000 Reichsmark von der Münchener Galerie Almas-Dietrich erworben wurde. Vgl. hierzu: Bundesarchiv Koblenz, B 323/583.
4 Nicolaus Mann, Gabriel von Max – eine kunsthistorische Skizze, Leipzig 1890; Agathon Klemt, Gabriel von Max und seine Werke, hrsg. von der Gesellschaft für moderne Kunst, Wien 1886; Franz H. Meißner, Gabriel von Max, München 1899; F. H. Meißner, Gabriel Max, in: Die Kunst unserer Zeit, 10, 1899, S. 30 ff.; Theodor Lamprecht, Gabriel Max. Eine Studie zu seinem 70. Geburtstag, in: Der Sammler, 79, 1910, S. 2-4; Ausst.-Kat. Der Geister Bahnen. Eine Ausstellung zu Ehren Gabriel von Max 1849-1915, hrsg. von Johannes Muggenthaler, München 1988; Ausst.-Kat. Gabriel von Max, Haus Ammerland, Ammerland, 3.-30. Juli 1990; Andrea Zistl, Gabriel von Max: Der Anatom, unveröffentliche Magisterarbeit, Ludwig-Maximilians-Universität München 1990; Harald Siebenmorgen, Gabriel von Max und die Moderne, in: Festschrift für Johannes Langner zum 65. Geburtstag am 1. Februar 1997, Karlsruher Schriften zur Kunstgeschichte 1, S. 215-240; Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begr. von Ulrich Thieme und Felix Becker, München 1999, Bd. 24, S. 288 f.
5 Friedrich von Boetticher, Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte, Band 2, Dresden 1898, S. 952-958.
6 Vgl. Friedrich von Boetticher 1898, Nr. 144. Sowie: Nicolaus Mann, Gabriel von Max – eine kunsthistorische Skizze, Leipzig 1890, S. 57: „Betende“.
7 Ausst.-Kat. Internationale Elektrotechnische Ausstellung. Ausstellung moderner Bilder aus Frankfurter Privatbesitz – Elektrisch beleuchtet, Frankfurt 1891, Nr. 150.
8 Zu Ludwig Freiherr von Erlanger siehe: Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt am Main, Bestand: Sammlung Personengeschichte, S2, 7544.
9 Ausst.-Kat. Internationale Elektrotechnische Ausstellung. Ausstellung moderner Bilder aus Frankfurter Privatbesitz – Elektrisch beleuchtet, Frankfurt 1891, Nr. 30, 75, 82, 150, 179.
10 Im Adressbuch der Stadt Frankfurt konnten Daten für eine Familie von Erlanger in den Jahren 1933 bis 1939 nicht ermittelt werden. Die Ehe des Ludwig von Erlanger blieb laut Mitteilung des Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt am Main kinderlos. Eine Anfrage an das Hessische Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden nach Nachweisen der Familie von Erlanger im Bestand Wiedergutmachungsakten verlief ergebnislos. Mitteilung des Hessischen Hauptstaatsarchivs, Wiesbaden vom 19.09.2008.
11 Bestand des künstlerischen Nachlasses Gabriel von Max, I, B – 6 b-d, Archiv des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg.
12 Das Lenbachhaus in München konnte 2008 eine Sammlung zusammengetragener Recherchen für ein geplantes Werkverzeichnis Gabriel von Max erwerben.
13 Folgende in Frage kommenden Münchener Archive besitzen keine Unterlagen zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Wirtschaftarchiv München. Lediglich das Stadtarchiv verfügt über eine Gewerbekarte der Galerie Almas. Mitteilung des Stadtarchivs München vom 8.05.2008.
14 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.
15 Aussage von Maria Almas-Dietrich vom 11.03.1949, BArch, B 323/331, Kunsthändler A-J, Almas-Dietrich. LF (Linz Film) XXVII/77/147. Vgl. BADV Berlin, Property Card, mü 8780.
16 Eine Anfrage zu dieser Angabe an Münchener ProvenienzforscherInnen erbrachte ebenfalls keinen konkreten Hinweis.

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