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Hiltensperger, Johann Georg

Die Nymphe Kalypso (Die Nymphe Calypso)

Entstehungsjahr 1841
Technik Öl auf Leinwand
Maße 118 x 106 cm
Münchener-Nr. 8910
Linz-Nr. 2464 / 1059
Lost Art-ID 220716
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Johann Georg Hiltensperger (21.02.1806 Haldenwang bei Kempten im Allgäu - 13.06.1890 München), Münchner Monumentalmaler, studierte ab 1821 zunächst in die Münchner Akademie als Schüler Johann Peter von Langers und anschließend bei Peter von Cornelius in Düsseldorf. 1825 kehrte er nach München zurück. Er übertrug vor allem, wie zahlreiche Monumentalmaler Münchens, Entwürfe von Ludwig von Schwanthaler, Julius Schnorr von Carolsfeld und Peter von Cornelius in Fresko. Hiltensperger führte unter anderem nach Entwürfen von Ludwig von Schwanthaler 27 Szenen nach Aristophanes im Ankleidezimmer des Königs in der Münchner Residenz aus und nach Vorzeichnungen Schnorr von Carolfelds Darstellungen aus den Hymnen Homers im Servicezimmer des Königsbaus. In der Alten Pinakothek führte er Entwürfe nach Cornelius aus. Auf Anweisung Ludwig I. wurde er nach Pompeji und Neapel gesandt, um dort die enkaustische Technik zu studieren, die in der Münchner Residenz angewendet werden sollte. Hiltensperger wurde auch von Maximilliam II. als Mitarbeiter für die Historienbilder im Maximilaneum herangezogen. Später wandte er sich vor allem der religiösen Malerei zu.1

Das dargestellte Bild zeigt die trauernde Nymphe Kalypso vor dem Eingang ihrer Höhle. Ihr Blick geht wohl zu Odysseus, der ihre Insel verlässt um zu Penelope zurückzukehren. Der fünfte Gesang der Odysseebeschreibt die Liebe Kalypsos zum schiffbrüchigen Odysseus, die ihn sieben Jahre lang auf der Insel Ogygia festhält.

Vorbild für das vorliegende Gemälde sind Hiltenspergers Fresken mit Szenen aus der Odysee in 6 Sälen des Erdgeschosses des Festsaalbaues der Münchner Residenz (so genannte sechs Odyssee-Sälen) nach einer Folge von Wandbildern Ludwig von Schwanthalers, die sich über insgesamt 24 Wände erstreckten. Sie zählen zu Hitenspergers Hauptarbeiten. Die Realisation der Wandbilder, an der König Ludwig I. auch nach seiner Abdankung noch lebhaft Anteil nahm, zog sich über viele Jahre hin und wurde nie völlig abgeschlossen.2  Im Zweiten Weltkrieg wurden die Wandbilder zerstört.

Bereits am 30. Oktober 1836 wurde mit Hiltensperger der Vertrag zur Ausführung der Wandbilder in Wachsmalerei geschlossen. Im August 1838 begann Hiltensperger seine Arbeit im zweiten Saal. Als erstes Bild vollendete er zwei Monate später die Szene mit dem Abschied des Odysseus von Kalypso. Von Schwanthaler liegen mehrere Entwürfe für dieses Bild vor. Eine Zeichnung, Feder und Bleistift auf braun getöntem Papier, 37,6 x 41 cm in der Archäologischen Staatssammlung München im Burgmuseum Grünwald zeigt eine in allen Einzelheiten geklärte Komposition als Umrisszeichnung mit der trauernden Kalypso vor dem Eingang ihrer Höhle und Odysseus, der mit einem selbstgezimmerten Boot die Insel verlässt.

Provenienz

Zeittafel
Münchner Privatbesitz, Fürstenstr.3
Alexander u. C. Gebhardt, München4
15.8.1942über Galerie Maria Almas-Dietrich für RM 4.000,00 an den „Sonderauftrag Linz“5

Die TVK München ermittelte, dass das Gemälde über die Galerie Almas, München von dem Kunsthändler Gebhardt, München aus Münchner Privatbesitz für RM 4.000 nach Aussage von Gebhardt am 14.6.1951 erworben worden ist.6

Die erneuten Recherchen ergaben Folgendes: In den Unterlagen im Bundesarchiv Koblenz im Bestand Treuhandverwaltung für Kulturgut der OFD München konnten die Rechnungsunterlagen und die Aussage von Gebhardt zum interessierenden Gemälde nicht nachgewiesen werden.7 Die Angaben konnten im Dresdner Katalog bestätigt werden, mit dem Zusatz aus Privatbesitz, Fürstenstraße.8

Die Recherchen zur Galerie Maria Almas-Dietrich ergaben, dass keine zur Provenienz des Gemäldes relevanten Akten in Münchener Archiven überliefert worden sind. Die Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München sind nicht überliefert. Akten der Reichskammer der bildenden Künste sind im Bestand der Reichskulturkammer und ihrer Einzelkammern im Bundesarchiv Berlin nicht überliefert. Im Bundesarchiv Berlin sind keine personenbezogenen Unterlagen zu Maria Almas–Dietrich überliefert.9

Maria Almas–Dietrich wurde am 28. Juli 1892 in München geboren, ihr Vater war Jude. Sie handelte seit 1919 mit Kunst und meldete im November 1937 die Kunsthandlung Almas offiziell an. 1940 stieg ihr Einkommen mit der Besetzung Frankreichs auf eine halbe Million Reichsmark. Maria Almas–Dietrich erwarb vor allem ab 1940 Kunstwerke aus dem besetzten Frankreich und aus Österreich.

Insgesamt verkaufte Frau Dietrich über 900 Werke an Hitler. Sie hatte engen Kontakt zu Heinrich Hoffmann, er ermöglichte ihr ab 1936 den Zutritt zu Hitler und verkaufte mit ihr bis 1940 Bilder an Hitler. Später konnte sie selbstständig, ohne die Zustimmung von Hans Posse oder Hermann Voss Gemälde an Hitler einliefern. Sie hatte zahlreiche Kontakte zu Kunsthändlern und Versteigerungshäusern, unter anderem auch zum Auktionshaus Hans W. Lange, der als Verkäufer der Berliner Finanzbehörden agierte. Zu ihren Lieferanten in München gehörte unter anderem die Galerie Maria Gillhausen. Nachdem Hermann Voss die Leitung des Sonderauftrages Linz übernommen hatte, verkaufte sie weniger Bilder an Hitler.10

1944 brannte ihr Geschäft nach Luftangriffen auf München in der Ottostraße aus und 1945 wurde ihr Privathaus zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte Maria Almas–Dietrich die Kunstgalerie weiter, die später von ihrer Tochter übernommen wurde.11

Geschäftsunterlagen zur Kunsthandlung Gebhardt sind nach Anfragen im Stadtarchiv München und im Wirtschaftsarchiv München nicht überliefert.12 Die Kunsthandlung Alexander u. C. Gebhardt, Alte Kunst und Gemälde wurde 1918 gegründet. Sie befand sich im Mai 1942 in München am Lenbachplatz 1.13 Die Kunsthandlung verkaufte zwei weitere Gemälde über die Galerie Almas um 1937 und 1940 an den „Sonderauftrag Linz“ und im Mai 1942 zwei Gemälde von Joseph Wengelein für RM 2.700 an das Deutsche Schloss Posen.14 1953 befanden sich die Geschäftsräume der Kunsthandlung im Hotel Continental in der Max Joseph Straße 1.15

Kunsthistorische Recherchen zum Gemälde ergaben keine neuen Erkenntnisse zur Provenienz des Gemäldes.16

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle bekannten Quellen ausgeschöpft sind. Ein NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust kann nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2009

1 Für Folgendes: Thieme Becker, 1924, Bd. 17 S. 106; Ludwig, 1982, Bd. 2, S. 188.
2 Für Folgendes: Volk, in: Mitteilungen der Freunde des Bayrischen Vor- und Frühgeschichte, Nr. 105, 3.4.2003.
3 BArch Koblenz, B 323/49, S. 64.
4 BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 8910.
5 Ebenda.
6 Ebenda.
7 BArch Koblenz, B 323/132.
8 BArch Koblenz, B 323/49, S. 64; BArch Koblenz, B 323/82. S. 433.
9 Nach Recherchen des BADV zu Mü-Nr. 9458 besitzen folgende Archive keine Akten zur Galerie Maria Almas-Dietrich: Staatsarchiv München, Stadtarchiv München, Bayrisches Hauptstaatsarchiv München und Wirtschaftsarchiv München. Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates, 1991. BArch Berlin, R 56. Mitteilung Bundesarchiv Berlin. Vgl. E-Mail vom 12.11.2008.
10 Eichhorn, 2003, S. 272. Löhr, 2005, S. 127f.
11 BArch Koblenz, B 323/436. Eichhorn, 2003, S. 272.
12 Nach Mitteilung Bayrisches Wirtschaftsarchiv. Vgl. E-Mail vom 6.11.2008, Stadtarchiv München. Vgl. E-Mail vom 9.11.2008.
13 Auk.kat. Alexander Gebhardt, 1. Mai 1953, Max Joseph Straße 1 (im Hotel Continental). BArch Koblenz, B 323/517.
14 Datenbank „Sammlung des Sonderauftrages Linz“. Vgl. http://www.dhm.de/datenbank/linzdb/, Linz – Nummer: 0029,1141. BArch Koblenz, B 323/517.
15 Auk.kat. Alexander Gebhardt, 1. Mai 1953, Max Joseph Straße 1 (im Hotel Continental).
16 Thieme Becker, 1924, Bd. 17; Bierhaus – Rödiger, in: Zweite, Armin, 1979. S. 126 – 131.

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