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Stuck, Franz von

Selbstbildnis an der Staffelei

Entstehungsjahr um 1905
Technik Öl auf Holz
Maße 72,5 x 76 cm
Münchener-Nr. 8965
Linz-Nr. 2703
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Das von Franz von Stuck um 1905 gefertigte Selbstporträt zeigt ihn vor der Staffelei.1 Schemenhaft ist ein Akt auf der Leinwand zu erkennen. Stuck stellt sich im Halbprofil dar, wie er mit prüfendem Blick sein gerade in Arbeit befindliches Gemälde betrachtet. In den Händen hält er Pinsel und Farbpalette. Er hat sich wie auf einer Bühne in seinem weit nach hinten erstreckenden Atelier positioniert. Die Eleganz seiner Villa wird durch die reich geschmückte Kassettendecke unterstrichen. Umgeben wird das Porträt von einem monumental wirkenden Rahmen, wie sie von Stuck häufig verwendet wurden.

Provenienz

Zeittafel
Zwischen 1905-1909 Erwerbung direkt vom Künstler durch die Galerie Heinemann, München2  
1909 Weiterverkauf an Baurat Walther, Berlin3  
27.-29.1.1943 Aus der Versteigerung bei H.W. Lange, Berlin, Kat. Nr. 207, in Reichsbesitz übergegangen4  

Der Property Card ist zu entnehmen, dass sich das Gemälde 1909 bis 1911 in der Galerie Heinemann befand. Am 27. bis 29. Januar 1943 wurde das Porträt im Berliner Auktionshaus H.W. Lange versteigert. Des Weiteren ist vermerkt, dass der Rückerstattungsantrag von Otto Cosmann am 2. Mai 1961 zurückgewiesen wurde.

Die Recherchen konnten die Aussagen auf der Property Card bestätigen und zum Teil ergänzen. Die Galerie Zinckgraf, welche die Galerie Heinemann im November 1938 „arisiert“ hatte, teilte nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit, dass das betreffende Porträt zusammen mit dem „Bildnis der Olga Lindpaintner“ (vgl. Mü-Nr. 11194) 1909 direkt von Stuck erworben und gemeinsam 1911 an den Berliner Baurat Walther verkauft wurde.5 Aufgrund der niedrigeren Inventarnummer der Galerie Heinemann im Vergleich zum „Bildnis Olga Lindpaintner“ muss das „Selbstporträt“ jedoch eher erworben worden sein.6 Gegen den gemeinsamen Verkauf spricht ebenfalls, dass bei Ostini nachzulesen ist, dass das „Selbstporträt“ bereits 1909 im Besitz von Walther war. Laut Zinckgraf konnte die Adresse des Baurates in den Unterlagen der Galerie nicht mehr ermittelt werden. Zur Identität des Baurates konnte dem Berliner Adreßbuch von 1911 entnommen werden, dass Wilhelm Walther königlicher Baurat war, der sein Architekturbüro in der Potsdamer Str. 127 hatte.7 Trotz der näheren Angaben zur Person von Walther erbrachten die Anfragen im Landesarchiv Berlin sowie im Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin keine Klärung der Kaufumstände.8 Ob Walther die beiden fraglichen Gemälde 1943 dem Auktionshaus H.W. Lange zur Versteigerung gab oder ob es noch einen weiteren Besitzer in der Zwischenzeit gab, konnte aufgrund der fehlenden Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste im Landesarchiv Berlin ebenfalls nicht geklärt werden.9

Im Bundesarchiv Koblenz befinden sich auch keine Akten zu den Erwerbungsumständen der beiden Gemälde. Dort gibt es allerdings einen Rückerstattungsantrag von Otto Cosmann. Dieser stellte 1958 einen Antrag auf Rückgabe des „Bildnisses der Olga Lindpaintner“, da es sich angeblich vor der Enteignung durch die Nationalsozialisten in seinem Eigentum befunden hatte.10 Das Gemälde wurde auf der Ausstellung „München 1869-1958. Aufbruch zur Moderne“ im Haus der Kunst in München im Jahre 1958 gezeigt.11 Aufgrund der eidesstattlichen Aussage einer Verwandten des Antragstellers, wurde der Antrag auf Rückgabe auf das „Selbstporträt an der Staffelei“ von Stuck erweitert, da diese angab, dass sie beide Gemälde in der Münchener Ausstellung aus dem ehemaligen Besitz ihres Onkels wiedererkannt hatte. Im Antrag auf Rückerstattung an die TVK München teilte der Antragsteller mit, dass die beiden Gemälde zusammen mit zwei weiteren von seinem Schwager in der Berliner Sezessionsausstellung oder der Berliner Kunstausstellung im Winter oder Frühjahr 1914 für insgesamt M 14.000 erworben worden sind. Seither wären sie bis zu seiner Emigration in seinem Besitz gewesen. Die beiden Gemälde waren nicht Gegenstand eines Rückerstattungsantrages nach MRG 59. Ansprüche nach dem BRÜG konnten ebenfalls nicht geltend gemacht werden, da keine Naturalrestitution vorgesehen war. Der Antragsteller erklärte in seinem Antrag, dass die beiden Porträts bis zum Januar 1942 in seinem Besitz gewesen waren. Vor seiner Emigration stellte er die Bilder bei einem Freund in Köln unter, bei dem die Werke dann durch die Gestapo beschlagnahmt wurden.
Den Antrag auf Rückerstattung wies das Bundesministerium der Finanzen am 2. Mai 1961 unter anderem mit der Begründung ab, dass die beiden Gemälde bereits 1911 von der Galerie Heinemann an Baurat Walther verkauft worden sind. Daher wäre es nicht glaubhaft, dass Stuck die Gemälde zurückgekauft hatte, um sie erneut auf der Secessionsausstellung 1914 zu verkaufen. Wegen der Schwierigkeit, die beiden Gemälde eindeutig zu identifizieren, wurden sie damals nicht restituiert.

Auch die heutigen Recherchen haben nicht zur sicheren Identifizierung der beiden Gemälde geführt, die eine Rückerstattung hätten rechtfertigen können. Schwierigster Punkt ist die zweifelsfreie Zuordnung des „Selbstporträts vor der Staffelei“, da Stuck sich mehrfach porträtierte. Nach Auskunft des Werkverzeichnisses von Voss wurde das Porträt in den Jahren 1905-1909 mindestens dreimal in der Galerie Heinemann ausgestellt,12 von wo es dann nach Ostini 1909 an den Berliner Baurat Walther verkauft wurde.13 Heinemann muss das Bildnis daher spätestens 1909 erworben haben, vermutlich jedoch schon eher, weil die Inventarnummer darauf schließen lässt. Auf jeden Fall ist es nicht möglich, dass das „Selbstbildnis“ zusammen mit dem „Bildnis von Olga Lindpaintner“ 1909 von Stuck gekauft und 1911 an den Baurat weiterverkauft wurde, wie es Zinckgraf 1949 aussagte.14 Denn entsprechend der Angaben in der Publikation von Ostini aus dem Jahre 1909 wurde das Gemälde dort bereits als Eigentum von Walther ausgewiesen.

Die Durchsicht der Ausstellungskataloge der Jahre um 1914 erbrachte auch nicht die Bestätigung der Auskunft von 1949, nach der die Gemälde zusammen mit zwei anderen 1914 in Berlin gekauft worden sind. Im Jahre 1914 wurden auf der Großen Berliner Kunstausstellung keine Stuck-Werke angeboten, in der Sommerausstellung der Freien Secession, deren Mitglied Stuck war, nur das Bildnis „Tilla Durieux als Circe“ darstellend.15 Im Jahr zuvor zeigte dagegen die Große Berliner Kunstausstellung zwei Säle mit Kunstwerken von Stuck ezeigt. Unter den Werken befand sich jedoch kein Selbstporträt.16 Auf dieser Ausstellung hätten die vier Gemälde gekauft sein können, da das Angebot sehr groß war. Allerdings spricht dagegen, dass sich unter den Gemälden kein Selbstporträt von Stuck befand und das Porträt „Olga“ stand nicht zum Verkauf. Eine Ausstellung der Freien Secession gab es 1913 noch nicht, da diese erst 1914 gegründet wurde. Im Jahr 1915 war Stuck ebenfalls nicht mit Werken auf der Großen Berliner Kunstausstellung vertreten.17 Von der Freien Secession konnte für dieses Jahr kein Katalog gefunden werden. Eine telefonische Anfrage in der Akademie der Künste konnte keine weiteren Hinweise auf Ausstellungen mit Stuck-Werken für diesen Zeitraum bringen. Über diesen zeitlich eng gefassten Rahmen hinaus wurden Berliner und Münchener Ausstellungskataloge der Jahre 1900 bis 1945 durchgesehen. Es konnte auf Berliner Ausstellungen kein Selbstporträt von Stuck gefunden werden, jedoch mehrfach auf Münchener Ausstellungen so 1906, 1917, 1927 und 1929. Ob es sich dabei um das hier in Rede stehende Selbstporträt handelte, konnte ohne Abbildung bzw. näherer Bezeichnung nicht eindeutig festgestellt werden.18

Die Villa Stuck, die das künstlerische Erbe von Franz von Stuck bewahrt und wissenschaftlich bearbeitet, besitzt ebenfalls keine Akten aus dem Nachlass des Künstlers, der Auskunft über die Kaufumstände des Gemäldes geben könnte.19

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt, zumal alle Quellen ausgeschöpft sind.Ein NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust kann nicht ausgeschlossen werden.

Stand: 2003

1 Voss 1973, Kat.Nr. 266/359: Selbstbildnis an der Staffelei.
2 Das Gemälde wurde zwischen 1905 und 1909 von der Galerie Heinemann direkt vom Künstler erworben. In diesen Jahren war es mehrfach in der Galerie ausgestellt. Vgl. Ausst.kat.: Galerie Heinemann, München, 1905/06, Abb. 11; Ausst.kat.: Galerie Heinemann, München, 1907/08, Abb. S. 23 und Ausst.kat.: Galerie Heinemann, München, 1908/09, Abb. S. 121. Zit. nach Voss 1973, S. 287. Die Inventarnummer der Galerie Heinemann lautete 7539. Das Gemälde wurde spätestens 1909 an Baurat Walther, Berlin, verkauft. Vgl. Ostini 1909, Abb. 104: Selbstbildnis an der Staffelei. Als Besitzer wurde dort Baurat Walther, Berlin, angegeben, S. XVI. Die Aussage von Friedrich Zinckgraf, "Ariseur" der Galerie Heinemann, vom 25.5.1949 kann daher nicht stimmen, denn er behauptete, das Gemälde wäre zusammen mit dem „Bildnis der Olga Lindpaintner“ (Mü-Nr. 11194), ebenfalls von Stuck, im Jahre 1911 an Walther verkauft worden. Die Inventarnummer der Galerie Heinemann lautete 9659. Der Nachlass Heinemann befindet sich im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Vgl. GNM, ABK, NL Heinemann, II. Liste Zinckgraf, 25.5.1949. Auf der BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 8965, wurde vermerkt, dass sich das Gemälde von 1909-1911 in der Galerie Heinemann befand. Weitere auf der Property Card vermerkte Inventarnummer ist Aussee 4185.
3 Ostini 1909, Abb. 104. Besitzer war Baurat Walther, Berlin, S. XVI.
4 H.W. Lange, Berlin, 27.-29.1.1943, Nr. 207, zusammen mit dem Gemälde „Porträt Olga Lindpaintner“ (Mü-Nr. 11194) angeboten, welches ebenfalls in Bundesbesitz ist. Vgl. auch BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 8965.
5 Schreiben der Galerie Zinckgraf an das Office of Military Government for Bavaria, München, 25.5.1949, sowie Liste Zinckgraf vom 5.1.1951. Vgl. GNM, ABK, NL Heinemann.
6 Die Heinemann- bzw. Zinckgraf-Nr. lautete im Fall des „Selbstporträts“ 7539, im Fall des „Bildnis der Olga“ 9659. Vgl. ebd.
7 Eintrag unter Walther im Berliner Adreßbuch 1911.
8 Schreiben vom Landesarchiv Berlin an die OFD Berlin, Berlin, 27.9.2001 sowie Email mit dem Zentralarchiv der SMB-PK am 15.6.2003.
9 Schreiben vom Landesarchiv Berlin an die OFD Berlin, Berlin, 27.9.2001. Im Landesarchiv sind zum Auktionshaus nur Akten aus dem Jahre 1937 überliefert.
10 Der Schriftwechsel dazu befindet sich in den Akten der OFD Berlin (heute BADV).
11 Aufbruch zur Moderne, München 1958, Nr. 968.
12 AK Galerie Heinemann, München, 1905/06, Abb. 11; AK Galerie Heinemann, München, 1907/08, Abb. S. 23 und AK Galerie Heinemann, München, 1908/0, Abb. S. 121. Zit. nach Voss 1973, S. 287.
13 Ostini 1909, Abb. 104: Selbstbildnis an der Staffelei. Als Besitzer wurde Baurat Walther, Berlin, angegeben, S. XVI.
14 GNM, ABK, NL Heinemann, II. Liste Zinckgraf, 25.5.1949.
15 Große Berliner Kunstausstellung 1914 und Katalog der Freien Secession 1914, Kat.Nr. 232: Tilla Durieux als Circe.
16 Große Berliner Kunstausstellung 1913.
17 Große Berliner Kunstausstellung 1915.
18 Internationale Kunstausstellung Secession 1906, Nr. 159: Stuck, Profil und Nr. 159a: Stuck, Selbstbildnis (Besitzer: Uffizien, Florenz); Kunstausstellung München 1917, Nr. 2461: Stuck, Selbstporträt; Münchener Kunstausstellung 1927, Nr. 2622: Selbstporträt; Kunstausstellung München 1929, Nr. 2674: Selbstporträt, 1899 (Besitzer: Martin Flersheim, Frankfurt a.M.).
19 Schreiben des Museums Villa Stuck, an die OFD Berlin, München, 8.9.2003.

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