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van de Velde, Adriaen

Landschaft mit Hirten, Pferd, Kuh und Schafen

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Holz
Maße 26,5 x 23 cm
Münchener-Nr. 9322
Linz-Nr. 2828
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Adriaen van de Velde (1635‒1672) war ein holländische Maler und Radierer.[1] Er lernte unter Jan Wynants (um 1632‒1684) in Harleem und war später in Amsterdam tätig. Der Künstler ist vor allem als Landschaftsmaler bekannt, ist jedoch auch ein sicherer Figuren- und Tierzeichner. Trotz seiner kurzen Lebenszeit hinterließ van de Velde ein umfangreiches Œuvre, das über 400 Gemälde umfasst. Seine Werke befinden sich heute in den Museen in Amsterdam, London, Straßburg, München, Kassel, Berlin und Dresden.

Das Gemälde zeigt eine rastende Herde mit Hirten unter Bäumen. Im Vordergrund sind ein liegender Ochse sowie drei Schafe dargestellt. Am linken Bildrand steht ein weiteres Schaf grasend. Im Mittelgrund ist ein ruhender Hirte zusehen, links davon die Hirtin mit Hund. In der Bildmitte befindet sich ein Baum, der über den oberen Bildrand hinausragt. Links davon steht ein Pferd vor einem Felsen. Im Hintergrund erstreckt sich eine weite Hügellandschaft in die Ferne.

Das Werk ist weder signiert noch datiert.

Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden.

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: „2828“ (Linz-Nr.); „K1514“ (Kremsmünster); Fragment eines Etiketts „[…]erch“ (nicht identifiziert); in Ölkreide „H16“ (nicht identifiziert); in Rot „14“ (nicht identifiziert); weißes Etikett ehemaliger Leihnehmer (nach 1945); auf Heftpflaster „Bl 907“ (nicht identifiziert); Rundsiegel [unlesbar]; Stempel „12 ES“ (nicht identifiziert); Stempel „Eigentum der Bundesrepublik Deutschland“ (Provenienzmerkmal, nach 1945).[2]

[1] Für das Folgende vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker (Hg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 33/34, Leipzig 1999, S. 198f.

[2] Angaben gemäß Zustandsprotoll, o. D. [2001?]. Rückseitenvermerk laut zugehöriger Property Card: Linz 2828; K1514; Br 907; mit Rotstift: Dietrich. Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9322.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
Bis 16.07.1928C. Huggins (?‒?), London
Ab 16.07.1928Douwes, erworben auf Auktion bei Christie’s, London
(…) 
Bis 26./27.04.1935Galerie van Diemen & Co. GmbH, Berlin, verkauft auf Auktion bei Paul Graupe, Berlin
(…) 
Bis 16./17.04.1943Unbekannt, Berlin
Ab 16./17.04.1943Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“), erworben auf Auktion bei H. W. Lange, Berlin, über Galerie Almas, München
Nach April 1943Eingang in das Kloster Kremsmünster
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
15.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949‒2001Bundesvermögen
2001Restitution

Das Gemälde war einst Teil der Sammlung von C. Huggins (?‒?), London.[1] Dieser lieferte das Werk am 16. Juli 1928 beim Londoner Auktionshaus Christie’s ein. Im zugehörigen Auktionskatalog ist es unter der Losnummer 136 verzeichnet, jedoch nicht abgebildet. Als Käufer trat „Douwes“ auf. Vermutlich handelt es sich um die Kunsthandlung „Gebroeders Douwes“, die ihren Ursprung in den Niederlanden hatte, jedoch ab 1922 eine Zweigstelle in London unterhielt.[2]

Bis zum Jahre 1935 befand sich das Gemälde im Eigentum der Galerie van Diemen & Co.[3] Wann und von wem sie das Werk erwarb konnte im Rahmen der Recherchen nicht ermittelt werden. Die Galerie wurde im Jahre 1918 von Albert Loeske (1869‒1928) und dem Juwelier Georg van Diemen (?‒?) in Berlin gegründet. Zusammen mit den Kunsthandlungen Dr. Otto Burchard & Co. sowie Altkunst Antiquitäten gehörte sie dem Margraf-Konzern an. Nach Loeskes Tod im Jahre 1929 vermachte dieser seine Gesellschaftsanteile der Margraf & Co. einschließlich ihrer Tochterfirmen dem Ehepaar Jakob Oppenheimer (1879‒1941) und Rosa Oppenheimer (1877‒1943). Diese wurden während der Zeit des Nationalsozialismus als Juden verfolgt und emigrierten bereits 1933 nach Frankreich. Im Jahre 1935 wurde der Margraf-Konzern von den Nationalsozialisten liquidiert. Die Bestände der Galerie van Diemen & Co. kamen infolgedessen beim Berliner Auktionshaus Paul Graupe zur Versteigerung.[4] Das Gemälde „Landschaft mit Hirten, Pferd, und Kuh und Schafen“ stand dort am 26./27. April 1935 zum Verkauf.[5] Im zugehörigen Auktionskatalog ist es unter der Losnummer 103 verzeichnet und abgebildet. Der Schätzpreis für das Werk betrug RM 2.000,-. Es wurde für RM 830,- von einem unbekannten Käufer erworben.[6]

Am 16./17. April 1943 wurde das Gemälde im Auktionshaus Hans W. Lange in Berlin erneut zur Versteigerung gebracht.[7] Im zugehörigen Auktionskatalog ist es unter der Losnummer 94a verzeichnet, jedoch nicht abgebildet. Im Verzeichnis der Auftraggeber ist zur Herkunft des Werkes „Berlin“ vermerkt.[8] Das Werk wurde im Rahmen der Auktion für RM 6.000,- über die Münchener Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich (1892–1971) durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nummer 2828.[9]

Almas-Dietrich, geborene Dietrich, betrieb nach eigenen Angaben seit 1918 eine Kunsthandlung in München.[10] Im Jahre 1921 heiratete sie den türkischen Staatsbürger Ali Almàs-Diamant und trat zum Judentum über. Seit 1926 lebten sie jedoch in Trennung, 1937 erfolgte die Scheidung. Der Name „Almas“ blieb jedoch für die Galerie erhalten. Nach eigenen Angaben lernte Almas-Dietrich im Jahre 1936 Heinrich Hoffmann (1885–1957), den Fotografen Adolf Hitlers, kennen und erhielt über diesen erste Aufträge, Kunst für Hitler zu erwerben. Fortan entwickelte sie sich zu den aktivsten Vermittlern von Kunst an die Nationalsozialisten. Zwischen 1936 und 1944 verkaufte Almas-Dietrich über eintausend Kunstwerke an Hitler und zählt damit zu den Kunsthändlern mit der größten Anzahl an Hitler verkauften Kunstwerken. Am 15. Januar 1940 wurde sie aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung, dass sie keine Jüdin sei, im Deutschen Reich eingebürgert. Nach der Zerstörung ihrer Galerie bei einem Luftangriff am 20. April 1944 wurde der Betrieb in die eigene Villa an der Gustav-Freytag-Str. 5 im Herzogpark verlagert. Die amerikanische Besatzungsbehörde vernahm Maria Almas-Dietrich nach 1945 mehrfach zu ihren Geschäften. Dabei wurden auch Unterlagen wie Geschäftsbücher beschlagnahmt und durch die Division MFA&A ausgewertet.[11]

Die Nummer K1514 a auf der Property Card sowie auf der Rückseite des Werkes weist auf dessen Lagerung im Depot Kremsmünster hin.[12] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrag Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[13] Aus Sorge vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[14]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 15. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[15] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887‒1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug an diesem Kulturgut und die Rechtsnachfolge des ursprünglichen Eigentümers wurden ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Für das Folgende vgl. Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis (RKD), RKD Images, Circle of Adriaen van de Velde, Landschap met rustend vee en enkele herders. URL: https://rkd.nl/en/explore/images/70345 [Abruf: 08.07.2020].

[2] Zur Geschichte der Galerie Douwes siehe: Douwes Fine Art, About Douwes, Full History of Douwes Fine Art. URL: www.douwesfineart.com/uploaded_files/Douwes%20Fine%20Art%20history%20%28complete%29%20okt%202014.24c7e214e88861eb8800e4954626ae36c250f3eb.pdf [Abruf: 08.07.2020].

[3] Für das Folgende vgl. Proveana. Datenbank Provenienzforschung, Projekt, Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, Provenienz Margraf & Co. (Galerie van Diemen, Altkunst, Dr. Otto Burchard), 01.01.2013 - 31.12.2013 und zugehöriger Arbeitsbericht, 08.01.2014. URL: www.proveana.de/de/link/pro10000176 [Abruf: 08.07.2020].

[4] Siehe: Auk.kat. Die Bestände der Berliner Firmen Galerie van Diemen & Co. / GmbH, Altkunst / Antiquitäten / GmbH, Dr. Otto Burchard & Co. / GmbH sämtlich in Liquidation. I. Teil, Paul Graupe, Berlin, 25./26.01.1935; Auk.kat. Die Bestände der Berliner Firmen Galerie van Diemen & Co. / GmbH, Altkunst / Antiquitäten / GmbH beide in Liquidation. II. Teil, Paul Graupe, Berlin, 26./27.04.1935.

[5] Für das Folgende vgl. Auk.kat. Paul Graupe, Berlin, 26./27.04.1935, S. 40, Los 103, Abb. Tafel 42, „Gutachten: Hofstede de Groot. März 1929. – Friedländer („... gut erhaltenes Werk…“). 14.1.1930.“.

[6] Vgl. Getty Provenance Index, Sale Catalog D-1518, Lot 0103. URL: www.getty.edu [Abruf: 08.07.2020].

[7] Für das Folgende vgl. Auk.kat. Verschiedener deutscher Kunstbesitz. Gemälde alter und neuerer Meister. Möbel, Tapisserien, Golddosen, Hans W. Lange, Berlin, 16./17.04.1943, S. 22, Los 94a, o. Abb.

[8] Vgl. ebd., o. S. Auf der Property Card der Ministerpräsidentenkartei zum Werk ist hingegen vermerk „Lt Versteigerungskatalog aus Wiener Besitz / nicht jüdisch“. Vgl. Bundesarchiv (BArch) Koblenz, B323/663.

[9] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9322.

[10] Vgl. Bayerisches Wirtschaftsarchiv München (BWA), K1, XVA, 10c, 264, Akt Fall 33.

[11] Vgl. National Archives and Records Administration (NARA), Washington, D. C., RG 260, 519, Box 445.

[12] Vgl. ebd.

[13] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[14] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

[15] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, zugehörige Property Card des CCP München.

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