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Blechen, Carl

Eine Mühle in felsigem Talgrund (Sächsische Schweiz)

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Papier auf Holz
Maße 18,5 x 26,5 cm
Münchener-Nr. 9386
Linz-Nr. 2278
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Karl Blechen (1798–1840) war ein deutscher Maler und Zeichner der Romantik.[1] Nach einer Anstellung im Bankenwesen, besuchte Blechen ab 1822 die Akademie der Bildenden Künste in Berlin, wo er unter Peter Ludwig Lütke studierte. Eine mehrmonatige Reise nach Dresden, dem damaligen Zentrum romantischer Malerei, folgte eine Anstellung als Bühnenmaler am Königstädtischen Theater. Einen Wendepunkt im künstlerischen Schaffen Blechens, stellte eine ausgedehnte Italienreise ab Herbst 1828 dar. Nach der Rückkehr des Künstlers nach Berlin, erhielten seine Werke erstmals die Aufmerksamkeit eines größeren Kreises. 1831 wurde er als Nachfolger seines einstigen Lehrers Lütke zum Lehrer der Landschaftsklasse an der Berliner Akademie ernannt. Im Jahre 1835 folgte die Aufnahme als Akademiemitglied. Blechen verstarb an schwerer Krankheit bereits im Alter von 42 Jahren. Er gehört zu den herausragenden Vertretern der romantischen Landschaftsmalerei.

Das Gemälde zeigt eine Mühle in einem felsigen Tal. Am linken sowie rechten Bildrand türmen sich schroffe Felsen. Dazwischen fließt ein Bach, an dessen Ufer sich eine Mühle, umgeben von Bäumen befindet. Im Hintergrund ist eine bewaldete Landschaft zu sehen. Als Titel ist sowohl „Eine Mühle in felsigem Talgrund (Sächsische Schweiz)“[2] als auch „Mühle in der Sächsischen Schweiz“[3] überliefert.

Das Werk ist weder signiert noch datiert.

Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden.

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: „2278“ (Linz-Nr.); „Kunstmus. Luzern / KH 170“ (Kunstmuseum Luzern); Fragment eines Etiketts „Bln, Haberlandstr. 7“ (Adresse Julius Freund); Etikett „37“ (Losnummer, Auktion Luzern 1937).[4]

[1] Für das Folgende vgl. Paul Ortwin Rave, Blechen, Karl, in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 295. URL: www.deutsche-biographie.de/pnd118511645.html#ndbcontent [Abruf: 07.09.2018]. Vgl. auch: Günter Meißner (Hg.), Saur. Allgemeines Künstlerlexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Bd. 2, Berlin 1995, S. 472–275.

[2] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9386

[3] Vgl. Auk.kat. Sammlung Julius Freund. Aus dem Besitz von Frau Dr. G. Freund, Buenos Aires. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgraphik, Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942, S. 12, Los 37.

[4] Laut Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9386.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
Spätestens ab September 1933–11.03.1941Julius Freund (1869–1941), Berlin, als Dauerleihgabe an Schweizer Museen
11.03.1941–21.03.1942Erben nach Julius Freund
21.03.1942–14.05.1942Dr. Alexander von Frey (?–1951), Luzern, erworben auf Auktion bei Galerie Fischer, Luzern
Ab 14.05.1942Hermann Göring (1893–1946), erworben durch Tausch
O. J.Adolf Hitler (1889–1945), erworben als Geschenk
O. J.Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
15.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949–2009Bundesvermögen
2009Restitution

Das Gemälde war einst Teil der Sammlung des Berliner Kaufmanns Julius Freund (1869–1941). Als Person jüdischen Glaubens gehört Freund zum Kreis der während der Zeit des Nationalsozialismus rassisch Verfolgten.[1] Seine Sammlung umfasste vornehmlich Zeichnungen und Gemälde des 19. Jahrhunderts, darunter Werke von Caspar David Friedrich (1774–1840), Karl Blechen, Franz Krüger (1797–1857), Theodor Hosemann (1807–1875), Eduard Gärtner (1801–1877), Carl Gustav Carus (1789–1869), Adolph von Menzel (1815–1905), Anselm Feuerbach (1829–1880), Hans von Marées (1837–1887) und Hans Thoma (1839–1924).[2] Infolge der Wirtschaftskrise sowie der Liquidierung seiner Firma standen Teile der Sammlung Freund bereits im Jahre 1930 zum Verkauf.[3] An einer angestrebten Übernahme der Kollektion durch das Museum Winterthur zeigte dieses jedoch zunächst kein Interesse. Erst im September 1933 änderte das Museum seine Haltung und übernahm über 350 Werke aus der Sammlung Freund als Dauerleihgabe, darunter das Gemälde „Eine Mühle in felsigem Talgrund (Sächsische Schweiz)“ von Blechen.[4] Es wurde am 14. September 1933 von Berlin an das Kunstmuseum Winterthur übersandt und von dort am 3. Dezember 1941 an die Galerie Fischer, Luzern übergeben.

Im Februar 1939 emigrierte Julius Freund zusammen mit seiner Ehefrau Clara Freund (1878–1947), geborene Dresel, nach Großbritannien, wo er am 11. März 1941 verstarb.[5] Seine Tochter Dr. Gisèle (Gisela) Freund (1908–2000) bemühte sich im Folgenden gemeinsam mit dem Schweizer Kunsthändler Fritz Nathan (1895–1972) um den Verkauf der Sammlung.[6] Am 21. März 1942 fand in der Galerie Fischer in Luzern die Versteigerung von über 350 Objekten aus der Sammlung Freund statt, darunter Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafiken sowie Buchminiaturen. Das Geleitwort zum zugehörigen Auktionskatalog verfasste Dr. Gisèle Freund selbst. Das Gemälde von Blechen ist hier unter dem Titel „Mühle in der Sächsischen Schweiz“ als Los Nummer 37 gelistet und abgebildet.[7]

Im Rahmen der Auktion wurde das Werk durch Dr. Alexander von Frey (?–1951), Luzern für CHF 2.500,- erworben.[8] Dieser war deutsch-ungarischer Herkunft und seit 1920 als Kunsthändler tätig.[9] Während der nationalsozialistischen Herrschaft war Frey an Transaktionen verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter in Frankreich und der Schweiz beteiligt.

Das Gemälde war im Folgenden Gegenstand eines Tauschgeschäfts zwischen Frey und Hermann Göring (1893–1946).[10] Laut Tauschvertrag vom 14. Mai 1941 erhielt Frey für das Werk von Blechen sowie eine Studie von Hans Makart (1840–1884) drei Arbeiten von Pierre-Auguste Renoir (1841–1919), Pablo Picasso (1881–1973) und Camille Pissarro (1830–1903) aus dem Beschlagnahmebestand des Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR).[11] Das Gemälde befand sich nun im Eigentum von Göring, der es zu einem unbekannten Zeitpunkt Adolf Hitler (1889–1945) als Geschenk übergab.[12] Es folgte die Übernahme durch den  „Sonderauftrag Linz“, wo das Werk die Linz-Nummer  2278 erhielt.[13]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 15. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[14] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt. Ein früherer NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust wurde ermittelt. Die Emigration und die damit einhergehenden finanziellen Einbußen der Eheleute Freund standen in Zusammenhang mit der Verfolgungssituation in Deutschland. Hinzu treten die bereits in Deutschland, aufgrund der gegen Juden gerichteten Maßnahmen des NS-Regimes, erlittenen Vermögensschäden. Auf Empfehlung der „Be­ra­ten­de Kom­mis­si­on im Zu­sam­men­hang mit der Rück­ga­be NS-ver­fol­gungs­be­dingt ent­zo­ge­nen Kul­tur­guts, ins­be­son­de­re aus jü­di­schem Be­sitz“ wurde das Gemälde aus der früheren Sammlung von Julius Freund im Jahre 2009 an die legitimierten Rechtsnachfolger zurückgegeben.[15]

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Vgl. Schreiben des Centrum Judaicum, Berlin an die OFD, Berlin vom 13.12.2000.

[2] Vgl. Auk.kat. Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942, o. S., Geleitwort.

[3] Für das Folgende vgl. Kommission für Provenienzforschung Österreich, Beiratsbeschluss, Julius Freund, 23.06.2016. URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Freund_Julius_2016-06-23.pdf [Abruf: 09.11.2018].

[4] Für das Folgende vgl. Schreiben des Kunstmuseums Winterthur an die OFD, Berlin vom 18.09.2000.

[5] Für das Folgende vgl. Kommission für Provenienzforschung Österreich, Beiratsbeschluss, Julius Freund, 23.06.2016. URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Freund_Julius_2016-06-23.pdf [Abruf: 09.11.2018].

[6] Dr. Gisèle Freund emigrierte bereits 1933 nach Paris und lebte zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters in Buenos Aires. Einen Teil der Sammlung schenkte Julius Freund der Tochter wohl noch zu Lebzeiten. Um welche Werke es sich im Einzelnen handelte, ist nicht bekannt. Vgl. ebd.

[7] Vgl. Auk.kat. Galerie Fischer, Luzern, 21.03.1942, S. 12, Los Nr. 37, Tafel 4.

[8] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9386.

[9] Für das Folgende vgl. Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Lost Art, Modul „Provenienzrecherche“, NS-Raubkunst, Beteiligte Privatpersonen und Körperschaften am NS-Kulturgutraub, Alexander von Frey. URL: www.lostart.de/Content/051_ProvenienzRaubkunst/DE/Beteiligte/F/Frey_Alexander-von.html [Abruf: 27.04.2020].

[10] Vgl. Nancy H. Yeide, Beyond the Dreams of Avarice. The Hermann Goering Collection, Dallas 2009, S. 423, Nr. B11.

[11] Vgl. BArch Koblenz, B323/72, Bl. 35. Tauschvertrag zwischen Kurt von Behr, Paris und Alexander von Frey, Paris vom 14.05.1941.

[12] Vgl. Yeide 2009, S. 423.

[13] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9386. Siehe auch: Esther Tisa Francini/Anja Heuß/Georg Kreis, Fluchtgut – Raubgut. Der Transfer von Kulturgütern in und über die Schweiz 1933–1945 und die Frage der Restitution, Zürich 2001, S. 230. Beide Quellen vermerken den 05.05.1941 als Übernahmedatum durch den „Sonderauftrag Linz“. Dieses liegt jedoch zeitlich vor der Unterzeichnung des Tauschvertrages zwischen Frey und dem ERR.

[14] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9386.

[15] https://www.beratende-kommission.de/Content/06_Kommission/DE/Empfehlungen/05-01-12-Empfehlung-der-Beratenden-Kommission-im-Fall-Freund-Deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=6

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