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Amerling, Friedrich von

Brustbild eines jungen Mannes mit Hut

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Öl auf Leinwand
Maße 51 x 41 cm
Münchener-Nr. 9584
Linz-Nr. 493
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Der aus Wien stammende Friedrich Amerling (1803–1887), später Ritter von Amerling, war neben Ferdinand Waldmüller (1793–1865) einer der angesehensten Porträtisten Österreichs des 19. Jahrhunderts.[1] Von 1816-1823/4 besuchte er die Wiener Akademie. Im Anschluss ging er zunächst nach London, um bei Thomas Lawrence (1769–1830) zu studieren, dann nach Paris zu Horace Vernet (1789–1863). Zurück in Wien porträtierte Amerling besonders Personen aus dem Hochadel und dem Großbürgertum. Aufenthalte in Italien trugen zu seiner weiteren Ausbildung bei. Amerling schuf zahlreiche Werke, darunter rund tausend Porträts.

Das Gemälde zeigt Andreas Amerling (1821–1879), den jüngsten Bruder des Künstlers, mit Zylinder. Der Hintergrund ist dunkel gehalten, nur in der unteren linken Bildhälfte ist eine hügelige Landschaft in dämmrigem Licht zu erkennen.

Das Werk ist weder signiert noch datiert.

Das Kunstwerk ist im Werkverzeichnis von Probszt (1927) enthalten.[2]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: weißes, blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand „493/434“ (Linz-Nr.); mehrschwach in Schwarz „78“ (nicht identifiziert); in Rot „[unleserlich]“ (nicht identifiziert); Stempel in Blauschwarz „Eigentum der / Bundesrepublik Deutschland“; mehrfach in Schwarz „K 55i“ (Kremsmünster); in blauer Fettkreide „10[36?]“ (nicht identifiziert), „9584“ (Mü-Nr.), „[unleserlich]“ (nicht identifiziert), „4[…]“ (nicht identifiziert); weißes Etikett, handschriftlich „R. 35 Amerling“ (nicht identifiziert); in Bleistift „[9]584“ (Mü-Nr.); vergilbtes Etikett, maschinenschriftlich „Amerling Männliches Bildnis / mit Zylinder  PNM 812/ 9584“ (nicht identifiziert); weißes Etikett ehemaliger Leihnehmer (nach 1945); schwarzes Etikett „C. BLECKEN / Spezialfabrik für Gemälderahmen / in allen Stilarten / MÜNCHEN 2 NW / Telef.: 57701 Kreittmayrstr. 12“ (Rahmengeschäft); auf Leinwand, Schablonierung in Weiß „PNM 812 / 9584“ (nicht identifiziert).

[1] Für Folgendes vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker (Hgg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 2, Leipzig 1999, S. 403f.

[2] Vgl. Günther Probszt, Friedrich von Amerling. Der Altmeister der Wiener Porträtmalerei, Zürich/Leipzig/Wien 1927, lfd. Nr. 733, hier lautet der Werktitel „Andreas Amerling mit Hut“.

Provenienz

Zeittafel
03.–06.05.1916Nachlassversteigerung Amerling, Dorotheum, Wien
(…) 
Spätestens ab 1927–1937Theodor Abelmann (1867–1937), Wien
1937– mindestens April 1938Louise Abelmann (1874–1949), Wien
(…) 
Sommer/Ende 1938Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Mai 1941Eingang in das Kloster Kremsmünster
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
15.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
1949–2018Bundesvermögen
2018Restitution

Das Porträt wurde im Mai 1916 bei der Nachlassversteigerung des Künstlers im Dorotheum Wien unter der Losnummer Nr. 33 zum Verkauf angeboten.[1]

Für 1927 ist der Ingenieur Theodor Abelmann (1867–1937) aus Wien als Eigentümer des Porträts belegt.[2] Abelmann, der 1937 verstarb, wurde von seiner Ehefrau Louise Lea Abelmann (1874–1949), geb. Steinsberg, beerbt. Mit der Besetzung Österreichs im März 1938 zählte die Witwe zum Personenkreis der aus rassischen Gründen Kollektivverfolgten. Entsprechend den damals geltenden gesetzlichen Vorschriften war sie gezwungen eine Anmeldung über ihr Vermögen abzugeben.[3] In der Anlage zu dieser Vermögensanmeldung befindet sich ein vom vereidigten Sachverständigen Franz Strasky (?–?) am 7. Juli 1938 angefertigtes „Verzeichnis über Luxusgegenstände der Frau Abelmann“.[4] Dort ist auch ein „Porträt in Rahmen von Amerling“ enthalten, dessen Wert mit RM 200, - angegeben wurde.

Mit Bescheid vom 17. April 1939 wurde die sogenannte Reichsfluchtsteuer für Frau Abelmann in Höhe von RM 35,685,- festgesetzt.[5] Aus Unterlagen der Gestapo Wien ergibt sich, dass sie am 18. Mai 1939 zunächst nach Paris ausgereist war.[6] Anschließend gelang ihr die Emigration nach Australien.

Am 9. August 1939 verkaufte das Finanzamt den Schmuck von Frau Abelmann an die Versteigerungsanstalt Dorotheum Wien.[7]

Das Gemälde Amerlings befand sich schließlich im Bestand des „Sonderauftrag Linz“, wo es die Linz-Nr. 493/434 erhielt.[8] Die genauen Umstände, wie und zu welchem Zeitpunkt das Werk dorthin gelangte, konnten nicht ermittelt werden.[9] Entsprechend der Höhe der Linz-Nummer wurde es hier zwischen Sommer bis Ende 1938 inventarisiert.

Die Nummer K 551 auf der Property Card bzw. K 55i auf der Rückseite des Werkes weist auf dessen Lagerung im Depot Kremsmünster hin. Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrag Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[10] Aus Sorge vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[11]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 15. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht. Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug an diesem Kulturgut und die Rechtsnachfolge des ursprünglichen Eigentümers wurden Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Nachlaß Friedrich von Amerling (Stiftung für die Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens), Dorotheum K.K. Versteigerungsamt Wien, 263. Auktion, 03. -06.05.1916, S. 3, Kat. Nr. 33 („Bildnis eines Künstlers im Alt-Wiener Kostüm“), Tafel 4.

[2] Vgl. Probszt 1927, lfd. Nr. 733.

[3] Vgl. Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26.04.1938 (Reichsgesetzblatt I S. 414).

[4] Für Folgendes vgl. Österreichisches Staatsarchiv, Vermögensverzeichnis von Louise Abelmann zum Stand vom 27.04.1938, Wien, 15.07.1938, als Kopie im Archiv der Kunstverwaltung des Bundes. 

[5] Finanzamt Innere Stadt-Ost, Reichsfluchtsteuerstelle für das Land Österreich, Reichsfluchtsteuerbescheid an Luise Abelmann, Wien, 17.04.1939, als Kopie im Archiv der Kunstverwaltung des Bundes. 

[6] Vgl. Österreichisches Staatsarchiv, Archivbestände der Vermögensverkehrsstelle und der Finanzlandesdirektion, Dokumente Frau Abelmann betreffend, als Kopie im Archiv der Kunstverwaltung des Bundes. 

[7] Vgl. Dorotheum Wien, Öffentliche Ankaufsstelle, Rechnung vom 9.08.1939, als Kopie im Archiv der Kunstverwaltung des Bundes. 

[8] Für das Folgende vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9584.

[9] Auf der entsprechenden Property Card des CCP München ist vermerkt: „Vor dem Kriege erworben“.

[10] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[11] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

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