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Friedländer-Malheim, Friedrich von

Politisches Gespräch am Wirtshaustisch (Schankstube)

Entstehungsjahr 1863
Technik Öl auf Leinwand
Maße 42,5 x 53 cm
Münchener-Nr. 9885
Linz-Nr. 425
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Friedrich von Friedländer-Malheim (1825-1901) war ein böhmischer Maler.[1] Er studierte ab 1844 an der Wiener Akademie und anschließend im Atelier von Ferdinand Georg Waldmüller. Es folgten Studienreisen nach Italien (1850-1852), Düsseldorf und Paris. Im Jahre 1856 kehrte der Künstler nach Wien zurück. Hier ging er von der Historien- zur Genremalerei über und schuf zahlreiche Schilderungen des Wiener Volkslebens. 1866 wurde von Friedländer-Malheim Mitglied der Wiener Akademie der bildenden Künste sowie Ehrenmitglied der Münchener Künstlergenossenschaft. Im selben Jahr begann er, die Leiden und Freuden der österreichischen Soldaten in seinen Werken festzuhalten und widmete sich später ausschließlich der Schilderung des Invalidenlebens. Im Jahre 1869 war von Friedländer-Malheim einer der Hauptgründer der Wiener Künstlergenossenschaft. Für seine Bemühungen wurde er 1889 mit dem Titel „Ritter von Malheim“ geehrt. Der Künstler verstarb 1901 in Wien.

Das Gemälde zeigt drei Männer um einen Tisch in einem Wirtshaus, einer von ihnen stehend, dabei zeigt er auf einen Punkt der auf dem Tisch ausgebreiteten Karte und blickt den rechts auf einem Fass sitzenden Herrn an. Neben ihm liegt sein Mantel auf der Rückenlehne eines kunstvoll gedrechselten Stuhles. Der dritte Beteiligte sitzt an der anderen Seite des Tisches, einen Bierkrug umfassend, hinter ihm sind Schränke und ein Porträt an der Wand zu erkennen. Links im Hintergrund an einem weiteren Tisch in einer Fensternische sind weitere, ausgelassene Personen mit Bierkrügen zu sehen.

Das Werk ist unten links signiert und datiert "Friedländer 863."

Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden. Im Thieme-Becker[2] und im Boetticher[3] sind mehrere Gemälde mit einer analogen Beschreibung oder mit einem ähnlichen Titel aufgeführt. Allerdings sind diese in den Abmaßen wesentlich größer als das zu Untersuchende. Zahlreiche Gemälde zeigen Invaliden oder Soldaten in Wirtshäusern beim Kartenspiel. Häufig ist als Ort auch eine Kantine genannt.

Darüber hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler überprüft.[4] Das Gemälde konnte auch nicht in einem Katalog zu einer Ausstellung Wiener Malerei ermittelt werden.[5]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: mit blauer Fettkreide „9885“ (Mü-Nr.); weißes, blau umrandetes Etikett „425/386“ (Linz-Nr.); in schwarz „K451“ (Kremsmünster-Nr.); in blau „KV“ (nicht identifiziert) und „4/0/46-2“ (nicht identifiziert); weißes Etikett „9885 (425)“ (Mü-Nr. und Linz-Nr.).

[1] Für das Folgende vgl. Anonym, Friedländer-Malheim, Friedrich von, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Bd. 1, Wien 1957, S. 364 und Kunstmuseum Düsseldorf/Galerie Paffrath (Hgg.), Lexikon der Düsseldorfer Malerschule. 1819–1918, München 1997, S. 373.

[2] Vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker (Hgg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Leipzig 1999, Bd. 12, S. 458.

[3] Friedrich von Boetticher, Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts. Beitrag zur Kunstgeschichte, I. Band, Dresden, 1891-1901, S. 345.

[4] Ohne Treffer: C. von Vincenti, Wiener Kunst-Renaissance. Studien und Charakteristiken, Wien 1876, S. 323ff; Ausst.kat. Gemälde und Zeichnungen in Hamburger Privatbesitz, Hamburger Kunsthalle, 1879; Ausst.kat. Internationale Kunstausstellung, Glaspalast München, 1879/1883/1888/1891/1899/1921 [Eine eindeutige Zuordnung war aufgrund unzureichender Werkangaben nicht möglich.]; Ludwig Hevesi, Österreichische Kunst im 19. Jahrhundert, Bd. 1: 1800–1848, Bd. 2: 1848–1900, Leipzig 1903, S. 198f.; Ludwig Hevesi, Altkunst–Neukunst. Wien 1894–1908, Wien 1909, S. 129ff.; Best.kat. Ludwig Hofelich, Galerie Heinemann, München 1920; Bruno Grimschitz, Die Altwiener Maler, Wien 1961; Bruno Grimschitz, Österreichische Maler vom Biedermeier zur Moderne, Wien 1963; Boetticher 1969, S. 576; Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst. Münchner Maler im 19. Jahrhundert, 2. Bd., München 1982, S. 204f; Kunstmuseum Düsseldorf/Galerie Paffrath 1997, S. 373; Thieme/Becker 1999, Bd. 12, S. 458; Gerbert Frodl (Hg.), Kunst in Österreich. 19. Jahrhundert, München 2005

[5] Ohne Treffer: Ausst.kat. Jubiläums–Ausstellung im Wiener Künstlerhause 1888, Nr. 750 u. Nr. 759 (mit Abb.); Best.kat. Paul Tausig, Die erste moderne Galerie Österreichs in Baden bei Wien 1911. Eine Studie, Im Anhange Neudruck des dazugehörigen Gemälde–Kataloges von 1811, Wien 1909; Best.kat. Gustav Glück, Die Gemäldegalerie Wien, Wien 1923; Ausst.kat. Bruno Grimschitz (Hg.), Meisterwerke österreichischer Malerei aus dem 19. Jhd., Ausstellung Künstlerbund Hagen, Wien 1928; Ausst.kat. Bildnisse österreichischer Künstler des 18. und 19. Jahrhunderts, XXVIII, Ausstellung im Oberen Belvedere, Österreichische Galerie Wien,1939; Ausst.kat. Dr. Leonhardi, Meisterwerke Deutscher und Österreichischer Malerei 1800–1900. Aus Berliner und anderen deutschen und österreichischen Galerien, Ausstellung 17.07.–29.07.1956, Kunsthalle zu Kiel; Ausst.kat. Gisela Scheffler, Von Dillis bis Piloty. Deutsche und österreichische Zeichnungen, Aquarelle, Ölskizzen, 1790–1850, aus eigenem Besitz, Staatl. Graph. Sammlung München, 14.12.1979–16.03.1980.

Provenienz

Zeittafel
(…) 
27.11.1930Versteigerung im Dorotheum, Wien
(…) 
Zwischen Aug.-Dez. 1938Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
17.11.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949Bundesvermögen

Das Gemälde war am 27. November 1930 im Dorotheum in Wien unter dem Titel „Strategen im Wirtshaus“ versteigert worden. [1] Der Startpreis war mit 800 Schilling angesetzt. Weder der Einlieferer noch der Ersteigerer konnten bisher ermittelt werden.[2] Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurde das Gemälde durch das Deutsche Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt dort die Linz-Nr. 425/386.[3] Aufgrund der niedrigen Linz-Nummer ist zu vermuten, dass das Gemälde zwischen August und Dezember 1938 in Reichsbesitz gelangte.[4] Für den Erwerb konnten keine Unterlagen ermittelt werden.[5]

Die Nummer K 451 auf der Property Card sowie auf der Rückseite des Werkes weist auf dessen Lagerung im Depot Kremsmünster hin.[6] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrag Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[7] Aus Sorge vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[8]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 17. November 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[9] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls  bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt nach dem bisherigen Kenntnisstand die Provenienz ungeklärt.[10]

Bearbeitungsstand: 2020

[1] Für das Folgende vgl. Auk.kat. 85. Große Spezialauktion im Franz-Josef-Saal, Dorotheum, Wien, 27.11.–01.12.1930, Los 45, S. 5 (Abb. Tafel VI.).

[2] Diesbezüglich wurde nach Auktionsvor- oder -nachberichten/Preislisten in der „Weltkunst“ zu dieser Versteigerung gesucht, welche nicht nachgewiesen werden konnten, geprüft wurde dabei ein Zeitraum von einigen Wochen vor und nach dem 27.11.1930.

[3] Vgl. Bundesarchiv Koblenz, B323/663, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9885. Weitere auf der Karteikarte vermerkte Inventarnummern lauten „Aussee 5101“ und „K 451“ (Kremsmünster-Nr.).

[4] Vgl. Klaus Beetz, Die Erwerbungen Adolf Hitlers bis zum Führererlass vom 26. Juni 1939 für den Aufbau des Neuen Museums Linz, Berlin 2004 (unpubliziert), S. 14.

[5] So konnten beispielsweise keine Fotos in der Fotothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München zum Werk Friedrich Friedländers nachgewiesen werden.

[6] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9885.

[7] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.

[8] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.

[9] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 9885.

[10] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 04.09.2020].

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