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Kaulbach, Friedrich August von

Brustbild eines Mädchens mit langem Haar

Entstehungsjahr ohne Jahr
Technik Kreide auf Karton
Maße 58,8 x 40 cm
Münchener-Nr. 10053
Linz-Nr. 3114
Lost Art-ID 218800
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Friedrich August von Kaulbach (1850-1920), der einer weit verzweigten Malerfamilie entstammte, profilierte sich als Maler, Zeichner, Graphiker und Radierer vor allem in den Gattungen Porträt, Genre, Landschaften, Stillleben und Karikatur.1 Bevorzugte Themen waren Tanz und Musik, Mythologie, Religion, Krieg und Tod. Nach der Übersiedlung nach München im Jahre 1871 bewegte sich der von der vornehmen Münchener Gesellschaft hochgeschätzte „Malerfürst“ im Kreise seiner Künstlerkollegen Wilhelm von Diez, Franz von Lenbach und Hans Makart. 1886 wurde Kaulbach zum Direktor der Münchner Akademie ernannt. Besonders begehrt waren seine Porträts, da er es vermochte, den momentanen Eindruck seiner Auftraggeber im Bildnis festzuhalten, wobei er sich ebenso wie Lenbach der Fotografie bediente.

Provenienz

Die Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt (TVK) ermittelte zur Provenienz des Pastells, dass dieses zu einem auf der Property Card nicht näher bezeichneten Zeitpunkt von Friedrich August von Kaulbach als Geschenk an „Professor Vollnhals, München“ gelangte und von diesem am 1. Februar 1944 für RM 7.000 von der Sammlung „Sonderauftrag Linz“ erworben wurde.2

Die neuen Recherchen zur Provenienz des Kunstwerkes erbrachten folgende Hinweise: Die Angaben der Property Card zur Provenienz des Pastells sowie die im Juli 1951 von Heim getätigte Aussage konnten im Werkverzeichnis zu Friedrich August von Kaulbach von Klaus Zimmermanns (1980) teilweise bestätigt werden.3 Der Autor datiert das Pastell mit dem Titel „Kinderstudie“ auf 1882-1890. Die Provenienz gibt er wie folgt an: „1944 aus dem Nachlaß Kaulbachs an Prof. Vollnhals, München, von dort in Reichsbesitz“.4 Trotz intensiver Recherchen zur Herkunft des Kunstwerkes konnte Zimmermanns nicht ermitteln, ob das heute in Bundesbesitz befindliche Pastell auf zeitgenössischen Ausstellungen oder Auktionen angeboten wurde. In der zeitgenössischen Literatur zum künstlerischen Werk des Friedrich August von Kaulbach konnte das Kunstwerk nicht nachgewiesen werden.5

In der Folge wurde versucht, den auf der Property Card erwähnten Vorbesitzer des Pastells „Prof. Vollnhals, München“ zu identifizieren. Eine Anfrage an das Stadtarchiv München erbrachte folgenden Hinweis: Überliefert ist hier eine Meldekarte eines Ludwig Vollnhals, verheirateter Professor und von etwa 1886 bis 1926 als Lehrer im Violinspiel und Konzertmeister an der Münchener Akademie der Tonkunst tätig. Ludwig Vollnhals wurde am 6. März 1867 in München geboren und war mit der am 21. August 1871 in Regensburg geborenen Amalie Anna Högner verheiratet. Die Frau verstarb am 1. Mai 1942 in München. Das Sterbedatum des Ludwig Vollnhals ist auf der Meldekarte nicht verzeichnet.6

Über einen Professor Ludwig Josef Vollnhals aus Neumarkt – St. Veit sind wenigstens fünf weitere Kunstwerke nach 1945 in den Central Collecting Point, München gelangt.7 Während des Krieges wurden diese zunächst im Depot der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München deponiert und im Zuge der Kriegswirren nach Gut Berg ausgelagert. Eine Anfrage an die Gemeindeverwaltung Neumarkt – St. Veit verlief negativ. Zu der angefragten Person konnten keinerlei Auskünfte erteilt werden.8 Ob diese Person mit dem ehemaligen Eigentümer des Kaulbach-Pastells „Brustbild eines Mädchens mit langem Haar“ identisch ist, konnte nicht verifiziert werden.
Forschungen zum persönlichen Nachlass von Friedrich August von Kaulbach – eine bedeutende Quelle, welche zur Provenienz des Gemäldes weiterführende Hinweise hätte liefern können - ergaben, dass dieser verloren gegangen ist.9

Auf der Rückseite des Kunstwerkes befindet sich lediglich unten links ein Aufkleber mit der Linzer-Nummer „3114“ sowie oben rechts und unten links die Münchener-Nummer „10053“. Weitere Aufschriften sind nicht verzeichnet.

Trotz intensiver Recherchen in deutschen Ausstellungs- und Auktionskatalogen der Jahre bis 1945 konnte nicht ermittelt werden, ob sich das Pastell vor seinem Ankauf durch die Sammlung „Sonderauftrag Linz“ im Kunsthandel, oder auf Ausstellungen befand.
Dem 1991 erschienenen „Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates“ konnte darüber hinaus entnommen werden, dass zudem keine Unterlagen der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste für München überliefert sind.10 Hier mussten alle Kunsthändler ihre Ausstellungen anmelden.

Inzwischen meldete sich ein Verwandter des Prof. Vollnhals und teilte mit, dass dieser nach dem Krieg auf Gut Berg bei Neumarkt Sankt Veit lebte. Jedoch sei die frühere Gemäldesammlung von Prof. Ludwig Vollnhals bis auf wenige Stücke verschollen.11

Die Provenienz des hier interessierenden Gemäldes ist geklärt. Ein früherer NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust an diesem Kunstwerk kann ausgeschlossen werden.

Stand: 2016

1 Zum Künstler vgl. u.a. Lehmann/Riemer 1978; Zimmermanns 1980; Rosenberg 1900; Friedrich August von Kaulbach 1911.
2 Vgl. BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 10053. Bestätigt wird diese Angabe darüber hinaus durch eine am 16.07.1951 getätigte Aussage des Herrn Heim. Heim war Mitarbeiter im Büro von Bormann und reiste in dessen Auftrag nach Paris. Vgl. hierzu: Office of Strategic Services (OSS)/Art Looting Investigation Unit, Final Report: V. Biographical Index of Individuals involved in Art Looting, 1946, National Archives, Washington D.C. Das Pastell „Brustbild eines Mädchens mit langem Haar“ wurde am 3. Dezember 1943 von Professor Vollnhals in München eingeliefert. Vgl. BArch, B 323/331, Auskunft Heim vom 16.07.1951. Sowie: BArch, B 323/664, Restitutionskartei; Barch, B 323, LF XXVIIa/102/557. Das Kunstwerk befindet sich heute als Leihgabe im Kaulbach-Haus, Bad Arolsen. Die Recherchen wurden im Auftrag des BADV von Frau Dr. Vanessa Voigt durchgeführt.
3 Klaus Zimmermanns, Friedrich August von Kaulbach (1850-1920). Monographie und Werkverzeichnis, München 1980, Kat. 552, Abb. S. 158. Zimmermanns datiert die Entstehungszeit des Kunstwerkes auf etwa 1896.
4 Ebd.
5 Vgl. hierzu u.a.: Pietsch, Ludwig, Friedrich August von Kaulbach, München 1897; Adolf Rosenberg, Friedrich August von Kaulbach, Bielefeld/Leipzig 1900; Habich, Georg, Friedrich August von Kaulbach, in: Die Kunst, Bd. 1, 1900, S. 1-35; Friedrich August von Kaulbach Gesamtwerk, hrsg. von Fritz von Ostini, München 1911; Wolter, Franz, Fritz August von Kaulbach, in: Die Kunst. Monatshefte für freie und angewandte Kunst, 27.1913, München 1913, S. 1-24; Evelyn Lehmann, Elke Riemer, Die Kaulbachs. Eine Künstlerfamilie aus Arolsen, Arolsen 1978.
6 Meldekarte Professor Ludwig Vollnhals, Stadtarchiv München. Ob Ludwig Vollnhals in der Zentralkartei der Verfolgten des NS-Regimes aufscheint, oder sonstige Unterlagen zu ihm übermittelt sind, wird vom Bundesarchiv Berlin derzeit recherchiert. Die Ergebnisse werden nachgereicht.
7 Vgl. hierzu: Mü-Nrn. 25769; 25779; 25782; 25801; 26523.
8 Frdl. Mitteilung der Verwaltungsgemeinschaft Neumarkt – St. Veit vom 17.07.2009.
9 Mitteilung von Mayen Beckmann an die Oberfinanzdirektion Berlin, Berlin, 23.04.2001.
10 Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates 1991, bearb. von Heinz Boberach, München, London, New York, Paris 1991.
11 Email von Dr. Vanessa Voigt am 05.03.2016

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