Wisinger-Florian , Olga
Aus einer Bilderserie: Die 12 Monate, September-Oktober
Entstehungsjahr | ohne Jahr |
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Technik | Öl auf Holz |
Maße | 104,5 cm x 80 cm |
Münchener-Nr. | 10695 |
Linz-Nr. | 334 |
Lost Art-ID | 218863 |
Herkunft | Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen |
Beschreibung
Olga Wisinger-Florian (1844–1926) war eine österreichische Malerin.[1] Nach dem sie ihre Karriere als Konzertpianistin aufgrund eines Handleidens abbrechen musste, erhielt Wisinger-Florian im Jahre 1874 erste Unterrichtsstunden in Malerei bei Melchior Fritsch (1826–1889) und August Schaeffer (1833–1916). Später wurde sie Schülerin von Emil Schindler (1842–1892), mit dem sie mehrere Studienreisen unternahm. Die Künstlerin malte vornehmlich Landschaften und Blumenstilleben. Für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Mention Honorable des Salon Paris (1888), das Ehrendiplom London sowie die Goldene bayerische Medaille von König Ludwig (1891), die Kleine goldene Staatsmedaille der Stadt Wien (1897) und die Große goldene Staatsmedaille der Stadt Salzburg (1905). Zudem war sie 17 Jahre lang Präsidentin der Vereinigung der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien.
Das Gemälde zeigt ein Herbststillleben im Freien. Im Vordergrund befinden sich Herbstzeitlose, dahinter Gebüsch mit Blüten und roten Beeren. Am rechten Bildrand ist ein Holunderstrauch dargestellt, der sich über den oberen Bildrand hinaus erstreckt. In der oberen linken Ecke ist ein Stück des blauen Himmels zu sehen. Grün-, Braun- und Rottöne dominieren das Werk.
Das Gemälde stammt aus dem Zyklus „Die 12 Monate“.[2] Dieser besteht aus sechs Tafeln, wobei jeweils zwei Monate in einer Darstellung zusammengefasst sind. Die Malerin wurde dazu offenbar von Schindler angeregt.[3]
Das Werk ist unten links signiert „O. Wisinger-Florian“, jedoch nicht datiert.
Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: auf dem Keilrahmen, in Schwarz “K 337” (Kremsmünster); in blauer Fettkreide, zweimal “10695” (Mü-Nr.), „A 12314/9“ (nicht identifiziert); vergilbtes weißes Etikett „Heinr. Blum, Rahmen & Vergoldergeschäft / Gegründet […] Landwehrstr. 44 Fernsprecher 55050[?]“ (nicht identifiziert); weißes Etikett „R“ (nicht identifiziert); angepinntes weißes Etikett „10695(334)“ (Mü-Nr., Linz-Nr.)“; auf der Parkettierung, blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand “334” (Linz-Nr.); in Schwarz „K 337“ (Kremsmünster); vergilbtes Etikett “Die 12 Monate / September October / Ölgemälde von / Olga Wisinger Florian / Wien IV. [...]”, darauf sowie darüber blauer Stempel „Von der Zentralstelle für Denkmalschutz zur Ausfuhr freigegeben“ (Ausfuhrstempel Zentralstelle für Denkmalschutz Wien); Stempel „Zentralstelle für Denkmalschutz im Bundesmin. F. Unterricht“ (Zentralstelle für Denkmalschutz Wien, 1934–1. April 1938).
[1] Für das Folgende vgl. Thieme/Becker 1999, Bd. 35/36, S. 106 und Universität Wien, Biografie Olga Wisinger-Florian. URL: www.univie.ac.at/biografiA/daten/text/bio/wisinger-florian.htm [Abruf: 01.03.2019].
[2] Vgl. Peter Weniger, Peter Müller, Die Schule von Plankenberg, Graz 1991, S. 46.
[3] Vgl. Heinrich Fuchs, Emil Jakob Schindler. Zeugnisse eines ungewöhnlichen Künstlerlebens. Werkkatalog, Wien 1970, S. 29.
Provenienz
(…) | |
Vermutlich bis 20.05.1931 | Privatbesitz, Wien, angeboten auf Auktion bei Kende, Wien |
(…) | |
Vor 1937/1938 | Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“) |
Ab Sommer 1943 | Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee |
19.10.1945 | Eingang in den Central Collecting Point München |
Seit 1949 | Bundesvermögen |
Am 20. Mai 1931 stand das Gemälde im Rahmen einer gemeinschaftlichen Auktion Kunsthändler Samuel Kende (1858–1928) und Albert Kende (1872–1942) in Wien zum Verkauf. Im zugehörigen Auktionskatalog ist es unter Los Nummer 254 gelistet.[1] Der Schätzpreis betrug 1.200 Schilling. Der Einlieferer sowie ein möglicher Käufer des Gemäldes konnten nicht ermittelt werden.
Albert und Samuel Kende waren Brüder und beide seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als Kunsthändler und Auktionatoren in Wien tätig. Das Kunstantiquariat und Auktionshaus S. Kende wurde im Jahre 1888 von Samuel Kende gegründet und 1918 in das Handelsregister eingetragen.[2] Der Schwerpunkt des Geschäfts lag anfänglich auf dem Handel mit Kupferstichen, Lithografien, Aquarellen und Ölgemälden. Ab 1920 gehörten auch Möbel, Teppiche, Juwelen sowie Gold- und Silberwaren zum Programm. Nachdem Samuel Kende im Jahre 1928 verstorben war, führten dessen Witwe Melanie Kende und der Sohn Herbert Kende das Geschäft fort. Albert Kende begann seine Geschäftstätigkeit in den 1890er Jahren als Buchhändler.[3] Auktionskataloge und Zeitungsannoncen belegen, dass er spätestens ab 1902 Auktionen an unterschiedlichen Standorten in Wien durchführte. Zu seinem Angebot gehörten Werke der bildenden Kunst, Handschriften und Urkunden. In der Zwischenkriegszeit bot er vermehrt komplette Nachlässe und Sammlungen zum Kauf an.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde das Auktionshaus Samuel Kende im Jahre 1938 von dem Münchener Kunsthändler Adolf Weinmüller „arisiert“, der es unter seinem Namen weiterführte.[4] Das Auktionshaus Albert Kende wurde zunächst unter die kommissarische Verwaltung von Ferdinand Josef Nagler (1898–1980) gestellt und im Oktober 1940 durch den Kaufmann Josef Gruber „arisiert“.[5] Ein Jahr später wurde Nagler jedoch als neuer Inhaber ins Firmenbuch eingetragen und der Firmenname in „Ferdinand Nagler. Handel mit Kunstgegenständen und Versteigerungen“ geändert. Das Auktionshaus spielte während der NS-Zeit eine wichtige Rolle, insbesondere als Umschlagplatz für NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut. So wurden hier im Jahre 1941 Teile der Sammlung von Ferdinand Bloch-Bauer (1864–1945) sowie zahlreiche Objekte aus der Silbersammlung von Ernst Egger (1866–1944) angeboten.
Das Gemälde wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt vom Deutschen Reich für den „Sonderauftrag Linz“ erworben und erhielt die Linz-Nummer 334.[6] Die Höhe der Nummer weist auf einen Erwerb in den Jahren 1937/1938 oder früher hin. Weiterhin belegt ein Stempel der Zentralstelle für Denkmalschutz in Wien auf der Rückseite des Werkes dessen Ausfuhr aus Österreich zwischen 1934 und April 1939.[7]
Die Nummer K337 auf der Property Card sowie auf der Bildrückseite weist auf die Lagerung des Gemäldes im Depot Kremsmünster hin.[8] Das beschlagnahmte Stift Kremsmünster in Österreich war das erste Auslagerungsdepot des „Sonderauftrages Linz“. Ab Mai 1941 wurden hier Kunst- und Kulturgüter untergebracht, die für das „Führermuseum“ erworben wurden.[9] Aus Angst vor Luftangriffen, wurde das Depot bereits 1943 aufgelöst und dort gelagerte Objekte zunächst in Depots in Hohenfurt sowie Thürntal umgelagert.[10]
Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es 19. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[11] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.
Vor dem hier geschilderten Hintergrund bleibt die Provenienz ungeklärt. Alle hier bekannten Quellen sind ausgeschöpft.[12]
Bearbeitungsstand: 2019
[1] Vgl. Auk.kat. Kunstauktion aus aristokratischem und anderem Wiener Privatbesitz. Antiquitäten, antikes Kunstmobiliar, Luster, Uhren, Arbeiten aus Glas, Porzellan, Bronze, Kacheln und Steinzeugkrüge, Silber, Teppiche, Brokate und Spitzen, Holzskulpturen, Kupferstiche usw. Gemälde alter und neuerer Meister, Aquarelle und Miniaturen. 1 Theater-Bibliothek aus dem Besitze eines bekannten Wiener Schriftstellers, S. Kende/A. Kende, Wien, 20.–22.05.1931, S. 35, Los 254.
[2] Für das Folgende vgl. Gabriele Anderl, Bilder als stumme Zeugen. Die „Arisierung“ des Kunstantiquariats und Auktionshauses S. Kende durch Adolph Weinmüller, in: DAVID. Jüdische Kulturzeitschrift. URL: www.david.juden.at/kulturzeitschrift/66-70/69-anderl.htm [Abruf: 26.02.2019].
[3] Für das Folgende vgl. Gabriele Anderl, Albert Kende, in: Lexikon der österreichischen Provenienzforschung. URL: www.lexikon-provenienzforschung.org/kende-albert [Abruf: 26.02.2019].
[4] Vgl. ebd.
[5] Für das Folgende vgl. Gabriele Anderl, „Euer armer, unglücklicher, vollständig gebrochener alter Albert Kende“. Die „Arisierung“ des Kunstauktionshauses Kärnterstraße 4 in Wien, in: DAVID. Jüdische Kulturzeischrift. URL: www.david.juden.at/kulturzeitschrift/76-80/79-anderl.htm [Abruf: 26.02.2019].
[6] Für das Folgende vgl. NARA, M1946. URL: www.fold3.com/image/312607478 und folgende [Abruf: 26.02.2019].
[7] Vgl. NARA, M1946. URL: www.fold3.com/image/269943518 [Abruf: 04.03.2019].
[8] Vgl. BVA-Archiv, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 10695.
[9] Vgl. Kathrin Iselt, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln 2010, S. 217.
[10] Vgl. Hanns Christian Löhr, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbeschaffung im Nationalsozialismus, Berlin 2016, S. 54.
[11] Vgl. BVA-Archiv, zugehörige Property Card des CCP München.
[12] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 20.02.2019].