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Kaiser, Friedrich

Fourage im 66er Krieg

Entstehungsjahr O. J.
Technik Öl auf Leinwand
Maße 33,5 x 52,5 cm
Münchener-Nr. 10729
Linz-Nr. 2984
Herkunft Kulturgüter aus ehem. Reichsvermögen

Beschreibung

Friedrich Kaiser (1815–1890) war ein deutscher Historien- und Schlachtenmaler.[1] Er erhielt seine künstlerische Ausbildung in Paris unter Horace Vernet (1789–1863) und an der Münchener Schule. Im Jahre 1850 zog Kaiser nach Berlin. Dort gaben ihm der Deutsch-Dänische Krieg sowie die Deutschen Einigungskriege zahlreiche künstlerische Anregungen, die er zumeist in kleineren Formaten umsetzte. Darüber hinaus machte sich der Künstler als talentierter Zeichner und Lithograf  einen Namen. Kaiser verstarb 1890 in Berlin.

Das Gemälde zeigt eine Fourage im Freien mit reicher Staffage. Im Vordergrund sind rastende Soldaten und Bauern auf einer Holzplanke dargestellt, die sich über die gesamte Bildbreite erstreckt. Dahinter befinden sich zahlreiche Planwagen und Pferde sowie hohe Heuberge. Es herrscht reges Treiben. Im Hintergrund sind zwei Häuser zu sehen, darüber der bewölkte Himmel. Als Werktitel sind „Fourage im 66er Krieg“[2], „Szene aus dem Deutsch-österreichischen Krieg“[3], „Sanitätskolonne“[4] sowie „Fouragierende Soldaten“[5] sowie überliefert.

Das Werk ist links unten signiert mit „Kaiser“, jedoch nicht datiert.

Ein Werkverzeichnis des Künstlers konnte nicht ermittelt werden. Darüber hinaus wurde die einschlägige Literatur zum Künstler überprüft.[6]

Folgende Hinweise können der Rückseite entnommen werden: in blauer Fettkreide „16[…] 16098“ (nicht identifiziert); weißes, blau umrandetes Etikett mit perforiertem Rand „2984“ (Linz-Nr.); in Schwarz „K1951“ (Kremsmünster).

[1] Für das Folgende vgl. Ulrich Thieme/Felix Becker (Hgg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Leipzig 1999, Bd. 19/20, S. 445f. und Th. Cathiau, Friedrich Kaiser, in: Badische Biografien, Bd. 4, Heidelberg 1975–1935, S. 214.

[2] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 10729.

[3] Vgl. Auk.kat. Besitz L.-M. Villa Maassenstrasse 28, Berlin W. Altes und modernes Kunstgewerbe, China-Porzellan, Mobiliar, Gemälde, Teppiche, Silber, Porzellan, Auktions-Haus „Union“, Berlin, 06./07.06.1934, S. 15, Los 234, Abb. Tafel 3 und Kataloge der Sammlung Rudolf Mosse aus den Jahren 1915 (S. 30 bzw. 31) und 1921 (S. 32 bzw. 33).

[4] Vgl. Katalog der Sammlung Rudolf Mosse aus dem Jahr 1908 (S. 10, o. Nr.).

[5] Vgl. Auk.kat. Verschiedener deutscher Kunstbesitz. Gemälde alter und neuerer Meister (zum größten Teil aus Sammlung Budge, Hamburg), Plastik, Bronzen, Möbel, Tapisserien, Textilien, Silber, Porzellan, Majoliken, Fayencen, Versteigerungshaus Hans W. Lange, Berlin, 06./07.12.1937, S. 20, Los 60.

[6] Ohne Treffer: Ausst.kat. Catalog von Originalwerken deutscher Künstler. Eine Ehrengabe der deutschen Kunstgenossen an die deutschen Heere, Königlicher Glaspalast zu München, München 1871, S. 23, Kat. Nr. 366?, „Vor Alsen“. Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Bd. 1, Teil 2, 1895. Thieme/Becker 1999,S. 445f.

Provenienz

Zeittafel
(…)
Spätestens ab 1908Rudolf Mosse (1843–1920), Berlin
Mindestens bis 06./07.06.1934Rudolf Mosse Treuhandverwaltung GmbH, Berlin, angeboten beim Auktions-Haus „Union“, Berlin
(…)
Bis 06./07.12.1937Paul Glaser, Berlin
06./07.12.1937–21.05.1943Galerie Wimmer & Co., München, erworben bei Hans W. Lange, Berlin
Ab 21.05.1943Reichsvermögen („Sonderauftrag Linz“)
Ab Sommer 1943Eingang in das Bergwerk Alt-Aussee
19.10.1945Eingang in den Central Collecting Point München
Seit 1949–Ene 2019Bundesvermögen
Ende 2019Restitution

Das Gemälde war spätestens ab 1908 Teil der Sammlung von Rudolf Mosse (1843–1920), Berlin.[1] Dieser legte im Jahre 1867 mit der Gründung der „Annoncen-Expedition Rudolf Mosse“ den Grundstein für sein Verlagsimperium.[2] Das von ihm ab 1871 herausgegebene „Berliner Tageblatt“ zählte zu den meistgelesenen Zeitungen Deutschlands. Mit seinem Vermögen begann Mosse Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Aufbau einer eigenen Kunstsammlung. Diese machte er im Mosse-Palais am Leipziger Platz 15 in Berlin zu ausgewählten Zeiten auch der Öffentlichkeit zugänglich. Der Schwerpunkt der Sammlung lag auf der deutschen Malerei des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1910 trat Hans Lachmann-Mosse (1885–1944) als persönlicher Gesellschafter in den hiesigen Mosse-Konzern ein. Dieser war verheiratet mit Felicia Lachmann-Mosse (1888–1972), der Tochter Rudolf Mosses. Kurz vor dessen Tod im Jahre 1920 trat auch sie als Gesellschafterin in das Unternehmen ein. Im Zuge der Inflation sowie der Weltwirtschaftskrise geriet der Mosse-Konzern Ende der 1920er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten. Das als liberal geltende „Berliner Tageblatt“ wurde zudem mehrfach verboten, was dem Konzern weiter zusetzte. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden erneut Publikationsverbote gegenüber dem Verlag angeordnet. Die Arisierung des Mosse-Konzerns erfolgte schrittweise ab April 1933.[3] Im Dezember desselben Jahres wurde zudem die „Rudolf Mosse Treuhandverwaltung GmbH“ gegründet, deren Geschäftszweck die Abwicklung der Vergleiche sowie die treuhänderische Verwaltung und Verwertung des privaten Vermögens der Familie Lachmann-Mosse war. Diese umfasste auch die Übertragung des gesamten inländischen Privatvermögens des Ehepaares Lachmann-Mosse, einschließlich der Kunstsammlung im Mosse-Palais sowie der Einrichtung und der Kunstgegenstände in der Maaßenstraße und auf Gut Schenkendorf.[4] Anfang 1934 beauftragte die „Rudolf Mosse Treuhandverwaltung GmbH“ den Kunsthändler Karl Haberstock (1878–1956) sowie den Kunsthistoriker und Mitinhaber des Berliner Auktionshauses Lepke, Hans-Carl Krüger (1870–1949), mit der Verwertung der Kunstsammlung.

Eine erste Auktion fand am 29./30. Mai 1934 durch das Auktionshaus Lepke direkt im Mosse-Palais statt.[5] Weiterhin versteigerte das Berliner Auktions-Haus „Union“ am 6./7. Juni 1934 das Inventar der Villa in der Maaßenstraße und von Gut Schenkendorf.[6] Im zugehörigen Auktionskatalog ist das Gemälde unter der Losnummer 234 verzeichnet und abgebildet. Ob das Werk im Rahmen der Auktion einen Käufer fand ist derzeit nicht bekannt.

Der nächste bekannte Eigentümer des Werkes war Paul Glaser (1885–1946).[7] Der Kunsthändler lebte mit seiner Ehefrau Elly Glaser (1887–?), geborene Kolker, in Berlin. Sein Bruder war der Kunsthistoriker und Kunstsammler Dr. Curt Glaser (1879–1943), der von 1924 bis 1933 die Kunstbibliothek in Berlin leitete. Als Person jüdischen Glaubens gehörte Paul Glaser zum Kreis der während der Zeit des Nationalsozialismus rassisch Verfolgten. Am 24. August 1935 wurde er als „nichtarischer“ Kunsthändler aus der Fachgruppe Kunstverleger- und Händler aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen.[8] Der Kunsthistoriker Dr. Rolph Grosse übernahm im Folgenden sein Geschäft.

Glaser versuchte im April 1937 insgesamt 42 Objekte, darunter vornehmlich kunsthandwerkliche Erzeugnisse, beim Berliner Versteigerungshaus „Union“ Inhaber Leo Spik zum Verkauf anzumelden. Sein Versteigerungsauftrag wurde jedoch von der Reichskammer der bildenden Künste abgelehnt.[9] Am 6./7. Dezember 1937 standen schließlich 56 Objekte aus dem Eigentum Glasers, darunter Gemälde, Möbel und Kunsthandwerk, beim Auktionshaus Hans W. Lange in Berlin zum Verkauf.[10] Als Anlass der Versteigerung ist im Versteigerungsauftrag vom 30. Oktober 1937 „Liquidation“ vermerkt. Im zugehörigen Auktionskatalog ist das Gemälde „Fourage im 66er Krieg“ unter der Los Nummer 60 verzeichnet.[11] Das Gemälde wurde im Rahmen der Auktion von der Münchener Kunsthandlung Wimmer & Co. erworben.[12] Der Kaufpreis betrug RM 620,- und lag somit über dem zuvor festgelegten Schätzpreis von RM 400,-.[13]

Die Kunsthandlung Wimmer & Co. wurde im Jahre 1825 von Johannes M. Herrmann gegründet. 1841 übernahm dessen Tochter gemeinsam mit ihrem Ehemann Heinrich Wimmer (1806–1854) die Kunsthandlung, die fortan unter dem Namen „Heinrich Wimmer’sche Hofkunsthandlung“ firmierte. Nach dem Tode Heinrich Wimmers verkaufte seine Frau das Unternehmen an August Humpelmayr (1829–1885), der das Geschäft unter dem Namen „Galerie Wimmer & Co.“ weiterführte. Ende der 1920er Jahre wurde die Galerie von Alfons Kolb übernommen. Nach seinem Tode Anfang der 1960er Jahre trat dessen Tochter die Nachfolge an.[14] Die Galerie ist noch heute aktiv. Geschäftsunterlagen aus den Jahren vor 1945 haben sich nicht erhalten.[15]

Bereits im Jahre 1938 unternahmen die Eheleute Glaser den Versuch, Deutschland zu verlassen. Ihr Einreisegesuch wurde jedoch von der Fürstlichen Regierung Lichtenstein abgelehnt.[16] In Berlin verblieben, waren sie 1939 gezwungen, aufgrund der „Verordnung über die Ablieferung des Vermögens von Juden“ vom 21. Februar 1939 antike Silberwaren an die Städtische Pfandleihanstalt in Berlin abzuliefern.[17] Im selben Jahr gelang ihnen die Emigration nach Brasilien.[18] Die Ausbürgerung Paul Glasers wurde am 16. April 1941 durch die Geheime Staatspolizei Berlin eingeleitet. Laut der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 verfiel sein Vermögen an das Deutsche Reich. Das bis dato im Hamburger Freihafen gelagerte Umzugsgut der Eheleute Glaser wurde versteigert und eine Überweisung des Erlöses von der Staatspolizeileitstelle Hamburg an die  Oberfinanzkasse Berlin beantragt. Paul Glaser verstarb am 1. Dezember 1946 in Rio de Janeiro.[19]

Am 21. Mai 1943 erwarb der „Sonderauftrag Linz“ das Gemälde von der Galerie Wimmer & Co. für RM 7.500,-. Es erhielt dort die Linz-Nr. 2984.[20]

Um das Werk vor Kriegseinwirkungen zu schützen, erfolgte ab 1943 die Einlagerung in das Salzbergwerk Alt-Aussee in der Steiermark. Nach Sicherstellung durch US-Soldaten wurde es am 19. Oktober 1945 in den Central Collecting Point in München verbracht.[21] Am 1. Dezember 1948 übergab die amerikanische Militärregierung das Kunstwerk mit allen ebenfalls bis dahin nicht bereits restituierten Kunstgegenständen in die Treuhänderschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten, Hans Ehard (1887–1980). Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Werk 1949 gemäß Artikel 134 Grundgesetz Bundesvermögen.

Die Provenienz ist geklärt.[22] Ein früherer NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust wurde ermittelt. Die Restitution ist durch Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung erfolgt.

Bearbeitungsstand: 2019

[1] Das Werk ist in den Katalogen der Sammlung Rudolf Mosse aus den Jahren 1908, 1915 und 1921 verzeichnet. Besonderer Dank gilt der Mosse Art Research Initiative für die Bereitstellung der Scans der entsprechenden Katalogseiten, Mai 2019.

[2] Für das Folgende vgl. Claudia Marwede-Deng, Die Enteignung der Familie Lachmann-Mosse, o. D., online abrufbar: Mosse Art Research Initiative. URL: www.mari-portal.de/page/die-enteignung-der-familie-lachmann-mosse [Abruf: 05.07.2019].

[3] Für eine detaillierte Schilderung Zwangsübertragung des Konzerns siehe ebd.

[4] Davon ausgenommen waren lediglich Darstellungen, die die Familie zeigten. Vgl. ebd.

[5] Vgl. Claudia Marwede-Dengg, Die Lepke-Auktion, o. D., online abrufbar: Mosse Art Research Initiative. URL: www.mari-portal.de/posts/378 [Abruf: 05.07.2019]. Siehe auch: Auk.kat. Kunstsammlung Rudolf Mosse, Berlin, Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus, Berlin, 29./30.05.1934.

[6] Für das Folgende vgl. Auk.kat. Auktions-Haus „Union“, Berlin, 06./07.06.1934, S. 15, Los 234, Abb. Tafel 3.

[7] Für das Folgende vgl. BADV-Archiv, AZ 22 WGA 1445/57.

[8] Für das Folgende vgl. Auskunft Berlinische Galerie, Berlin vom 17.08.2018.

[9] Vgl. LAB, A Rep. 243-04, Nr. 40 und Nr. 52.

[10] Für das Folgende vgl. LAB, A Rep. 243-04, Nr. 52.

[11] Vgl. Auk.kat. Versteigerungshaus Hans W. Lange, Berlin, 06./07.12.1937, S. 20, Los 60.

[12] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 10729.

[13] Vgl. LAB, A Rep. 243-04, Nr. 28, Bl. 151 und 175.

[14] Vgl. Stadtarchiv München, Gewerbeakte der Galerie Wimmer & Co., München.

[15] Vgl. Auskunft der Galerie Wimmer & Co., München vom 26.08.2008.

[16] Vgl. Fürstentum Liechtenstein, Landesarchiv, LI LA RF 184/270/004.

[17] Vgl. BADV-Archiv, AZ 22 WGA 1445/57, Bl. 25. Beschluss der WGA-Ämter, Berlin vom 12.06.1959. Im Rahmen eines Rückerstattungsverfahrens nach dem Geschädigten Paul Glaser wurde seine Witwe im Jahre 1959 nach dem Bundesrückerstattungsgesetz für diesen Verlust finanziell entschädigt.

[18] Für das Folgende vgl. BLHA, Rep. 36 A, Nr. 11347.

[19] Vgl. BADV-Archiv, AZ 22 WGA 1445/57.

[20] Vgl. Bundesrepublik Deutschland, Kunstverwaltung des Bundes, Property Card des CCP München, Mü-Nr. 10729.

[21] Vgl. ebd.

[22] Überprüft wurden folgende Verlustdatenbanken und digitalisierte Archivunterlagen zum verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgütern im Nationalsozialismus sowie historische Auktionskataloge: (1) LostArt Datenbank, Deutschland (www.lostart.de) (2) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933–1945, Object Database, Großbritannien (www.lootedart.com) (3) Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Database of Art Objects at the Jeu de Paume (www.errproject.org) (4) Répértoire des biens spoliés, Frankreich (www.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm) (5) The Getty Research Institute, German Sales Catalogs, 1930–1945, USA (http://piprod.getty.edu/starweb/pi/servlet.starweb?path=pi/pi.web) (6) Universität Heidelberg, Auktionskataloge – digital, Deutschland (http://artsales.uni-hd.de) (7) Galerie Heinemann online, Deutschland (http://heinemann.gnm.de/de/recherche.html) (8) Lootedart, Polen (http://lootedart.gov.pl/en) (9) NARA, Holocaust-Era Assets, USA (www.fold3.com) [Abruf: 29.11.2018].

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